Thomas Erastus
oder
Thomas Erast
, eigentlich
Luber
oder
Liebler
(*
7. September
1524
in
Baden
(
Aargau
/
Schweiz
); †
31. Dezember
1583
in
Basel
), war ein
reformierter
Theologe aus der Schweiz, Arzt und Professor und Lehrstuhlinhaber fur Medizin in
Heidelberg
. Durch zahlreiche Schriften nahm er Einfluss auf den theologischen und medizinischen Gelehrtenstreit im suddeutschen Raum des 16. Jahrhunderts.
Thomas Liebler, Sohn armer Landleute, studierte 1540 an der
Universitat Basel
Theologie sowie neun Jahre spater in
Bologna
(drei Jahre) und
Padua
(sechs Jahre) Philosophie und Medizin. Humanistischer Sitte entsprechend hatte er seinen Namen bereits in Basel in ≪Erast≫ umgeformt.
[1]
Nach seiner Ruckkehr aus Italien wurde Thomas Erast
Leibarzt
der
Grafen von Henneberg
und 1558 des Kurfursten
Ottheinrich von der Pfalz
(† 1559) und zugleich (neben
Jacob Curio
zweiter) Professor der Medizin an der
Universitat Heidelberg
. Er wurde durch seine mit scharfen Reden gegen
Paracelsus
versehenen medizinischen Schriften bekannt
[2]
wie der
Disputationum de medicina Paracelsi
. Auch im
Aderlass-Streit
(im Rahmen des im 16. Jahrhundert aufgekommenen Widerstandes gegen den arabistischen Galenismus) bezog er (gegen den sich auf Hippokrates beziehenden
Pierre Brissot
) Stellung fur
Galen
. Mit seiner Schrift uber das
Brotbrechen beim Abendmahl
hat der
Lutheraner
Erastus die Einfuhrung des
Heidelberger Katechismus
unterstutzt.
[2]
Im kurpfalzischen Disziplinistenstreit vertrat Erastus als Antidisziplinist die Position, dass Strafmassnahmen allein der weltlichen und nicht der kirchlichen Macht zukommen sollte
[3]
. Hierbei stand er u. a. mit
Johannes Sylvanus
und
Johann Hasler
in Verbindung. Erastus pragte die aufgeworfene Frage der kirchlichen Angelegenheiten so tief, dass in
Grossbritannien
noch bis heute die Richtung, welche die Kirche der Staatsgewalt unterordnen will, als
Erastianismus
bezeichnet wird. Entscheidend hierfur war auch die aus seinem Nachlass herausgegebene Schrift
Explicatio gravissimae quaestionis, utrum excommunicatio mandato nitatur divino an excogitata sit ab hominibus
(
Behandlung der sehr schwierigen Frage, ob eine Exkommunikation auf einen gottlichen Auftrag gestutzt wird oder von Menschen erfunden ist
[4]
).
In schroffem Gegensatz zum
Calvinismus
, den Ottheinrichs Nachfolger
Friedrich III.
vertrat, der von dem Juristen und Kanzler Christoph Eheim eingefuhrt wurde und dem sich die von Ottheinrich berufenen Professoren ? allen voran Erastus ? widersetzten,
[5]
kampfte Erastus gegen
Kirchenzucht
und
Presbyterialverfassung
und vertrat auch in mehreren Schriften die
Zwinglische
Abendmahlslehre
. Nach der Flucht des Heidelberger Antitrinitariers
Adam Neuser
und der Hinrichtung von Sylvanus 1572 selbst des
Unitarismus
verdachtigt, wechselte er 1580 als Professor der Medizin nach Basel und lehrte dort von 1580 bis zu seinem Tod 1583 jedoch als Professor der Ethik an der theologischen Fakultat, deren Lehrstuhl er erhielt.
Nach seinem Tod gingen die Zinsen einer von ihm veranlassten Stiftung von 4000 Gulden an ein Stipendium fur je zwei protestantische Studenten der theologischen und medizinischen Fakultat der Universitat Basel und Heidelberg.
- Disputationum de medicina nova Philippi Paracelsi partes quattuor.
Basel 1572?1575.
- Repetitio disputationis de Lamiis seu strigibus.
Basel 1578.
- De cometis.
Basel 1580
online
.
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, Albert Schumann:
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- Ruth Wesel-Roth:
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In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959,
ISBN 3-428-00185-0
, S. 560 (
Digitalisat
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- Erastus, Thomas.
In:
Johann Heinrich Zedler
:
Grosses vollstandiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Kunste
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- Friedrich Wilhelm Bautz
:
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In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveranderte Auflage. Hamm 1990,
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, Sp. 1532?1533
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
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- G. B. Lechler, R. Stahelin:
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. In:
Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche
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- Veronika Feller-Vest:
Erastus, Thomas.
In:
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- Rolf Heyers:
Dr.
Georg Marius
, genannt Mayer von Wurzburg (1533?1606).
(Zahn-)Medizinische Dissertation Wurzburg 1957, S. 15?19.
- Johannes Karcher:
Thomas Erastus (1524-1583), der unversohnliche Gegner des Theophrastus Paracelsus
, in: Gesnerus, 1957
online, PDF
- ↑
Rolf Heyers:
Dr. Georg Marius, genannt Mayer von Wurzburg (1533-1606).
1957, S. 15.
- ↑
a
b
Wolfgang U. Eckart
:
Erastus (Erast), Thomas
. In:
Wolfgang U. Eckart
,
Christoph Gradmann
(Hrsg.):
Arztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart
. 3. Auflage. Springer, Heidelberg/Berlin/New York 2006,
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, S. 109 (
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- ↑
Manfred Kuhn und Joachim Weinhardt:
Die Verantwortlichkeit Friedrichs III: fur das Todesurteil uber Joahnnes Sylvanus und seine Motive
. In: Heidelberger Geschichtsverein (Hrsg.):
Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Heidelberg 2023 Jg. 27
. Kurpfalzischer Verlag, Heidelberg 2023,
S.
12
.
- ↑
vgl. Rochus Leonhardt:
Religion und Politik im Christentum: Vergangenheit und Gegenwart eines spannungsreichen Verhaltnisses.
Nomos, Baden-Baden 2017,
ISBN 978-3-8487-2104-7
, S. 201 (
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche)
- ↑
Rolf Heyers:
Dr. Georg Marius, genannt Mayer von Wurzburg (1533?1606).
1957, S. 15 f.