Theo Pirker

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Theo Pirker (* 2. Marz 1922 in Munchen ; † 31. August 1995 ebenda) war ein deutscher Sozialwissenschaftler .

Theo Pirker wurde als Arbeiterkind und Wehrmachtsangehoriger im Zweiten Weltkrieg zum Gegner der NS-Diktatur. Als Fallschirmjager in Kreta und Russland eingesetzt, wurde er dreimal schwer verwundet und verlor ein Bein. [1]

Als christlicher Sozialist baute der Student Pirker nach 1945 die bayerischen Gewerkschaften mit auf und arbeitete bis 1949 an der katholischen Zeitschrift ?Ende und Anfang“ mit. Zum Marxismus und zum Interesse an empirischer Forschung gelangte er nicht zuletzt durch die abstrakt- neothomistischen Definitionen der katholischen Soziallehre. [2] Er verfasste Artikel und politische Gedichte und wandte sich gegen Restauration und Wiederbewaffnung. 1953/54 wurde er wichtigster Mitarbeiter von Viktor Agartz am Wirtschaftswissenschaftlichen Institut (WWI) des DGB . Im Zuge seiner Mitarbeit an empirischen Studien uber Arbeiter und Management, Arbeitsorganisation und betriebliche Hierarchie in der Stahlindustrie gelangte er zu einem Verstandnis von Mitbestimmung , durch welches er in einen Konflikt mit den gewerkschaftlichen Funktionstragern geriet. Seine Analyse uber die Blinde Macht zahlt heute zu den Klassikern der DGB-Geschichtsschreibung. Nachdem Agartz und sein Mitarbeiter 1955 aus dem WWI herausgedrangt worden und in die politische Isolation geraten waren, betrieb er Auftragsforschung und ging als Journalist und Dozent ins Ausland, u. a. nach Algerien, wo er die Nationale Befreiungsfront beriet, sowie nach Agypten, Afghanistan und Israel.

Theo Pirker setzte sich in seinen Werken kritisch mit der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und mit der Politik der deutschen Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg auseinander. Dabei kritisierte er die von den Westalliierten begrundete Parteien- und Verbandsherrschaft als Form abgeleiteter, indirekter Demokratie sowie die restaurative , systemimmanente Rolle der Gewerkschaftsfuhrer , aber auch den Stalinismus . Pirker pladierte stattdessen fur eine direkte Beteiligung der Kollektive und eine umfassende Vetoposition der Gewerkschaften gegenuber dem parlamentarischen System.

1972 erhielt Pirker eine Professur am Institut fur Soziologie der Freien Universitat Berlin fur empirische Methodenlehre und Statistik . Er gilt u. a. durch seine Studien zur Buromechanisierung und -automation sowie zur Angestelltensoziologie als ein Pionier der deutschen Industriesoziologie . Mehrere Jahre lang war er Vorsitzender des Zentralinstituts fur sozialwissenschaftliche Forschung der FU Berlin. Nach 1989 galt sein gesellschaftstheoretisches Interesse, das ihn als politischen Soziologien ebenso kennzeichnete wie sein Insistieren auf datengestutzter Argumentation, der Tatigkeit der intermediaren Organisationen und ihrer Rolle als Garanten fur die Anpassungselastizitat demokratischer Gesellschaften.

Einzelnachweise

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  1. http://userpage.fu-berlin.de/~fupresse/FUN/1995/10-95/l2.htm
  2. Archivierte Kopie ( Memento des Originals vom 13. September 2014 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.cda-merzig-wadern.de Interview mit Theo Pirker

Werke (Auswahl)

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  • Der Plan als Befehl und Fiktion. Westdeutscher Verlag, Opladen 1995.
  • Die bizonalen Sparkommissare . Westdeutscher Verlag, Opladen 1992.
  • Soziologie als Politik. Schelzky und Jeep, Berlin 1991
  • FDGB - Wende zum Ende . Bund-Verlag, Koln 1990
  • Restauration und Reform Zentralinstitut fur Sozialwissenschaftliche Forschung, Berlin 1990
  • Autonomie und Kontrolle . Schelzky und Jeep, Berlin 1989
  • Regulative Funktionen intermediarer Institutionen . Zentralinstitut fur Sozialwissenschaftliche Forschung, Berlin 1988
  • Technik und industrielle Revolution Westdeutscher Verlag, Opladen 1987
  • Rechnungshofe als Gegenstand zeitgeschichtlicher Forschung . Duncker & Humblot, Berlin 1987
  • Vom ?Ende der Arbeiterbewegung“ . Deutscher Freidenker-Verband, Wuppertal 1985
  • Das Ende der Arbeiterbewegung in Deutschland? Westdeutscher Verlag, Opladen 1984
  • Schreibdienste in obersten Bundesbehorden . Campus, Frankfurt/Main 1981
  • Stadtplanung, Sanierung und Burgerbeteiligung am Beispiel Berlin-Kreuzberg . Projektleiter: Theo Pirker. Institut fur Wohnungsbau und Stadtteilplanung ( IWOS ), TU Berlin 1977
  • Die verordnete Demokratie Grundlagen und Erscheinungen der ?Restauration‘. Olle & Wolter, Berlin 1977
  • Theo Pirker (Hrsg.): Komintern und Faschismus, 1920?1940 . Dokumente zur Geschichte und Theorie des Faschismus. Herausgegeben und kommentiert von Theo Pirker. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1965
  • Die Histadrut. Gewerkschaftsprobleme in Israel . Kyklos, Basel 1965
  • Die SPD nach Hitler. Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, 1945?1964 . Rutten & Loening, Munchen 1965. Olle & Wolter, Berlin 1977.
  • Theo Pirker (Hrsg.): Utopie und Mythos der Weltrevolution. Zur Geschichte der Komintern 1920-1940 . Dtv, Munchen 1964
  • Theo Pirker (Hrsg.): Die Moskauer Schauprozesse 1936?1938 . Dtv, Munchen 1963
  • Jenseits von Sicherheit . Desch, Munchen 1967
  • Burotechnik . Enke, Stuttgart 1963
  • Buro und Maschine . Kyklos, Basel/Mohr, Tubingen 1962. Studien des List-Instituts
  • Arbeiter, Management, Mitbestimmung (gemeinsam mit Siegfried Braun, Burkart Lutz und Fro Hammelrath). Ring-Verlag, Stuttgart 1955
  • Die Blinde Macht. Die Gewerkschaftsbewegung in Westdeutschland. 2 Bande. 1960 Munchen. Nachdruck: Olle & Wolter, Berlin 1979
  • Die Gewerkschaft als politische Organisation. In: Gewerkschaftliche Monatshefte , Jg. 3, 1952, S. 76?80.
  • Die zehn Lieder von der Methode . Burger, Lorch 1948