Unter einem
Territorialstaat
versteht man seit dem
hohen Mittelalter
einen
Staat
, in dem sich der Herrschaftsanspruch des Regierenden, dem Territorialfursten, uber ein gewisses Territorium und dessen Bevolkerung erstreckt. Die
Verfassung
eines solchen Staates wird entsprechend als
Territorialverfassung
bezeichnet.
Im Gegensatz zu den alten Stammesherzogtumern oder als
Personenverbandsstaat
organisierten Herrschaften ist im Territorialstaat das Territorium und nicht die Stammeszugehorigkeit oder andere personenbezogene Rechte Grundlage der Herrschaft. Bis ins 16. Jahrhundert hinein und zum Teil daruber hinaus waren Territorialstaaten dualistisch gepragt, so dass dem Territorialherren (den Landesfursten) die
Landstande
gegenuberstanden und beide Seiten oft einander gegenuberstehende Rechte und getrennte
Institutionen
bzw. Verwaltungen besaßen. Dies gilt insbesondere fur das
Heilige Romische Reich
, dessen 300 Einzelterritorien nach und nach die Landesherrschaft erlangten.
Schon ca. 3000 vor Christus sind durch die Vereinigung von Ober- und Unteragypten erste Merkmale eines Territorialstaates zu erkennen. Die furstlichen Teilstaaten des Heiligen Romischen Reiches verkorperten sinnbildlich den Aufbau und die Herrschaftsformen eines Territorialstaats.
Der Territorialstaat entstand als Folge der Ubertragung koniglicher Hoheitsrechte fur ein bestimmtes Gebiet an einen Feudalherrn seit dem 12. Jahrhundert. Der Territorialstaat ging aus dem
Personenverbandsstaat
hervor, welcher nicht auf Herrschaft uber ein abgrenzbares Gebiet, sondern auf Herrschaftsrechten gegenuber Personen beruhte. Dennoch verkorpert der Territorialstaat nicht das ausschließende Gegenteil eines Personenverbandsstaates, da beide Formen von Staatlichkeit oft in ein und demselben Staatswesen anzutreffen waren.
Nur in den definierten Gebieten des Territorialstaats galten die
Gesetze
, die der dortige Territorialfurst erlassen hat. Die Gesetze, die sich uber den gesamten Herrschaftsbereich des Staates erstreckten, galten zudem fur alle Einwohner im Staatsgebiet, also nicht nur fur eingetragene
Staatsburger
. Abgeleitet wurde dies von dem Territorialitatsprinzip, das aussagt, dass alle Personen der
Oberhoheit
und den Gesetzen des Staates unterworfen sind, auf dessen
Territorium
sie sich befinden.
Durch Vereinbarungen zwischen Territorialstaaten konnen rechtliche Regelungen auch uberstaatlich gelten. Anhand der Europaischen Union ist zu erkennen, dass sich dieses Prinzip auf Dauer bewahrt und letztendlich auch in der Gegenwart durchgesetzt hat.
Ziel der jeweiligen Territorialfursten war es, alle Rechtstitel eines Gebietes ihrer Herrschaft einzuverleiben und so ihren personlichen Machtanspruch durchzusetzen. Ein erster diesbezuglicher Versuch wurde von Heinrich dem Lowen im
Stammesherzogtum Sachsen
unternommen, doch scheiterte der Welfe mit seinen Planen noch am Widerstand konkurrierender Herrschaften, die im gleichen
Territorium
gegensatzliche Herrschaftsrechte bewahren konnten. Ein fruhes gelungenes Beispiel der Durchsetzung einer Territorialherrschaft ist das
Erzherzogtum Osterreich
, das durch das gefalschte
Privilegium maius
aus dem Jahr 1359 in eine
Landesherrschaft
umgewandelt werden konnte.
- Die deutschen Territorialstaaten verfolgten eine strikte
Hausmachtpolitik
, was zu zahlreichen, oftmals kriegerischen Konflikten innerhalb des Reiches fuhrte.
- Im Idealfall sollten dem Territorialfursten keinerlei Institutionen, welche der Beratung dienten oder selbst die Macht besaßen, Gesetze zu erlassen oder in anderer Weise zu regieren, zur Seite stehen.
- Durch die
Goldene Bulle
von 1356 wurde die
Primogenitur
garantiert, welche besagt, dass nur der Erstgeborene das komplette Erbe antritt und somit auch den Machtanspruch des Vorgangers ubernimmt.