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Tenochtitlan

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Modell des Tempelbezirks von Tenochtitlan mit dem Templo Mayor in der Mitte (Museo Nacional de Mexico, Mexiko-Stadt). Die Rekonstruktion ist durch die Ausgrabungen im Stadtzentrum rund um den Templo Mayor zum Teil uberholt.

Tenochtitlan ( Nahuatl Ten?chtitlan / ? , IPA : [ te.noː?.'ti.t?an ] mit langem o und Betonung auf dem i, spanisch Tenochtitlan ) war vom 14. bis Anfang des 16. Jahrhunderts die Hauptstadt des Reiches der Azteken , bis sie von den spanischen Konquistadoren erobert und zerstort wurde.

Vermutlich lebten zu Beginn des 16. Jahrhunderts, als die ersten Spanier dort eintrafen, mehr als einhunderttausend Menschen in der Stadt. Sie war damit die großte Stadt des amerikanischen Kontinents und eine der großten weltweit . Ihre Uberreste sind fast vollstandig von der heutigen mexikanischen Hauptstadt Mexiko-Stadt uberbaut. Die wenigen verbliebenen Ruinen im modernen Stadtzentrum gehoren seit 1987 zum Weltkulturerbe der UNESCO .

Der Name bedeutet ?Stadt des Ten?ch “. Der Name Ten?ch ist wiederum gebildet aus te(tl) ?Stein“ und n?ch(tli) ?Kaktusfeige“ (die Frucht von Opuntia vulgaris ). Die haufig vorgetragene Deutung als ?Stadt des Steinkaktus“ ist deshalb schwer zu rechtfertigen. [1]

Tenochtitlan lag auf mehreren Inseln im westlichen Teil des Texcoco-Sees , der im Tal von Mexiko auf etwa 2240 Metern Hohe liegt. Im Norden, Osten und Suden wird das Tal von einem Gebirgszug umgeben, der von den Vulkanen Popocatepetl und Iztaccihuatl beherrscht wird. Die Stadt war uber funf Dammwege nach Norden, Westen und Suden mit dem Festland verbunden. Auf einer Nachbarinsel im Norden, von Tenochtitlan nur durch einen Kanal getrennt, lag die zunachst noch unabhangige Stadt Tlatelolco .

Heute gibt es den Texcoco-See nicht mehr in seiner fruheren Ausdehnung, da er von den Spaniern schrittweise trockengelegt wurde. Nur in Xochimilco im Suden der heutigen Mexiko-Stadt bilden noch kleine Gewasser einen letzten Uberrest des Sees.

Aufbau der Stadt

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Calpulli (Stadtteile) von Tenochtitlan uber modernem Stadtplan. Das graue Rechteck ist der als ?traza“ bezeichnete Wohnbezirk der Spanier nach der Eroberung, die dort gelegenen Stadtteile sind nicht bekannt. Zustand Ende des 18. Jahrhunderts.

Die Inseln, auf denen Tenochtitlan und Tlatelolco lagen, nahmen rund 13 Quadratkilometer Gesamtflache ein. [2] Die Stadt war mit dem Festland durch funf Damme verbunden, die aus Stein und Erde gebaut waren. Sie wiesen mehrere Unterbrechungen auf, die durch bewegliche holzerne Brucken geschlossen wurden. Diese Tatsache nutzten die Azteken besonders im Jahre 1521 aus, als sie ihre Stadt gegen die Spanier verteidigten. Da Tenochtitlan nur uber die Dammstraßen und den Seeweg zu erreichen war, besaß es keine Stadtmauer.

Die Dammwege mundeten aus Norden, Westen und Suden kommend vor dem Templo Mayor auf den großen Marktplatz von Tlatelolco und den Platz vor dem Templo Mayor in Tenochtitlan. Dieser bildete das Zentrum der Stadt. Um den Platz herum wurden im Laufe der Geschichte der Azteken die Palaste der Herrscher Moctezuma I. , Axayacatl und Moctezuma II. errichtet. Die rechtwinklig zueinander verlaufenden Hauptstraßen teilten Tenochtitlan gleichzeitig in die vier Stadtteile Moyotlan, Zoquiapan, Atzacualco und Cuepopan, die wiederum in kleinere Stadtteile gegliedert waren. Der Verkehr innerhalb der Stadt bewegte sich auf einem Labyrinth aus Gassen und Kanalen. Fur den Handel mit anderen Siedlungen wurde neben den Dammstraßen auch der Hafen im Osten Tenochtitlans benutzt.

Dicht gedrangt standen die oft mehrstockigen Wohnhauser der unteren Gesellschaftsschichten; ein Teil war als Pfahlbauten errichtet. Die Wohngrundstucke besaßen, besonders in den außeren Stadtteilen, haufig einen eingezaunten Garten. Dahinter schlossen sich die so genannten Chinampas an, Felder, die oft nur wenige Meter breit, dafur im Verhaltnis zu ihrer Breite sehr lang waren. Die Chinampas waren Anbauflachen, die aus dem sumpfigen Boden gewonnen wurden und die aufgrund ihrer gunstigen Bodenfeuchtigkeit haufig mehrere Ernten im Jahr ermoglichten. Dennoch reichten die Chinampas allein nicht aus, um die stetig wachsende Bevolkerung Tenochtitlans zu ernahren. Zudem wurde der Landbesitz mit der Vergroßerung der Stadt und des aztekischen Reiches mehr und mehr zu einem Privileg des Adels. Allerdings war der Anteil der hohergestellten Schichten an der Bevolkerung verhaltnismaßig hoch.  [3]

Eine herausragende Bedeutung nahm der ausgedehnte Tempelbezirk ein. Um den Templo Mayor gruppierten sich einige großere und kleinere Tempel, die verschiedenen Gottheiten und bestimmten Kulten einzelner Gesellschaftsschichten geweiht waren. Des Weiteren gab es im Tempelbezirk einen eigens angelegten Platz fur das rituelle Ballspiel .

Den Nordteil der Stadt bildete die bis 1473 unabhangige Stadt Tlatelolco . Die Siedlung war bereits vor ihrer Eroberung eng mit Tenochtitlan verbunden und ein wirtschaftliches Zentrum der Region gewesen. Nach der Unterwerfung durch die Bewohner Tenochtitlans behielt Tlatelolco diesen Charakter großtenteils bei; selbst die Spanier waren beeindruckt von der Große und Warenvielfalt des Marktes von Tlatelolco.  [4] Insgesamt durften bei Ankunft der Spanier in den beiden nun vereinigten Stadten mehrere zehntausend Menschen gelebt haben, [2] moglicherweise sogar mehr als 150.000.  [5] Tenochtitlan ware damit zu dieser Zeit eine der großten Stadte der Welt gewesen.

Das heutige Wappen Mexikos greift den Grundungsmythos von Tenochtitlan auf: Es zeigt einen Adler, der mit einer Schlange in den Krallen auf einem Kaktus sitzt.

Grundung und erste Jahre

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Rekonstruktion der Lage von Tenochtitlan, Tlatelolco, Tlacopan, weiteren Orten am Festland und den zugehorigen Inseln im Texcoco-See

Der Legende nach liegt der Ursprung der Azteken in einem Ort namens Aztlan , dessen genaue Lage unbekannt ist. Von dort aus wanderten sie auf Weisung ihres Gottes Huitzilopochtli in Richtung Sudwesten, bis sie nach einigen Zwischenstationen ins Tal von Mexiko gelangten. Die Priester weissagten dort, man solle sich niederlassen, wo ein Adler auf einer Opuntie sitzt und mit einer Schlange kampft. Der Ort wurde schließlich auf einer Insel im Westteil des Texcoco-Sees gefunden, wo man unter dem mythischen Anfuhrer Tenoch begann, die Stadt zu errichten. Bei Tenoch handelt es sich um eine aus dem Ortsnamen abgeleitete Figur.

Der Zeitpunkt der ersten aztekischen Besiedelung lasst sich auf die Zeit zwischen 1320 und 1350 datieren. [6] Vermutlich bestand aber schon vorher eine Siedlung an dieser Stelle. Wenige Jahre nach der Grundung wurde auf einer Insel nordlich der Stadt eine weitere Siedlung, Tlatelolco , gegrundet. Wenngleich beide Orte politisch immer wieder gemeinsam agierten, gab es zuweilen auch Feindseligkeiten, bis im Jahre 1473 der Herrscher von Tlatelolco, Moquixhuix, getotet und die Stadt von Tenochtitlan aus regiert wurde.

Als erster historisch gesicherter Herrscher lasst sich der Konig Acamapichtli nachweisen, der gegen Ende des 14. Jahrhunderts regierte.  [7] Bereits unter seinem Nachfolger Huitzilihuitl begann die Integration der jungen Stadt in das lokale Machtgefuge, denn er heiratete die Tochter des Herrschers von Tlacopan , wodurch sich unter anderem durch die Erlassung von Tributpflichten eine gewisse Gleichberechtigung mit anderen Stadten einstellte.

Die Symbole der drei Mitglieder des aztekischen Dreibundes Texcoco , Tenochtitlan und Tlacopan (von links) auf Seite 34 des Kodex Osuna

Die Sicherung der Hegemonie Tenochtitlans

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Chimalpopoca , Huitzilihuitls Sohn, bestieg den Thron von Tenochtitlan als Jugendlicher, doch wurde er auf Betreiben von Maxtla ermordet, des Herrschers von Azcapotzalco . An Chimalpopocas Stelle trat sein Onkel Itzcoatl , der nun Maxtla ebenso unterwarf wie die von ihm eingesetzten Herrscher in anderen Stadten. Dies gelang erst nach einem Krieg, in dessen Verlauf Texcoco und die tepanekische Hauptstadt Azcapotzalco erobert wurden. Nach dem Krieg versprachen sich die nun verbundeten Stadte Tenochtitlan, Tlacopan und Texcoco ihre gegenseitige Treue und schlossen den sogenannten Aztekischen Dreibund . Mit der Niederlage der Tepaneken war die aztekische Vorherrschaft uber das Tal von Mexiko endgultig gesichert.

Wahrend der Herrschaft des Itzcoatl kam es auch in Tenochtitlan zu weitreichenden Veranderungen. Durch den Bau eines Trinkwasseraquadukts sowie der drei Dammwege wurde einerseits die Verbindung zum Festland gestarkt, andererseits die Trinkwasserversorgung der wachsenden Stadt gesichert. Gleichzeitig wurde Landbesitz zunehmend ein Privileg des Adels und somit zu einem Machtsymbol. Daneben wurden auf Itzcoatls Anweisung hin viele alte Bilderhandschriften vernichtet; der Grund dafur ist in der modernen Forschung umstritten.  [8] Ein relativ wahrscheinlicher Grund fur die Verbrennung der Handschriften durfte darin bestanden haben, die bestehenden Herrschaftsverhaltnisse und somit die Existenz der eigenen Dynastie zu legitimieren.

Nach dem Tod von Itzcoatl im Jahre 1440 kam Moctezuma I. an die Macht. In die Zeit seiner Herrschaft fallen mehrere Naturkatastrophen: zwischen 1446 und 1450 ereigneten sich eine Heuschreckenplage, eine Uberschwemmung und eine Hungersnot. Besonders das letztere Ereignis veranlasste viele Bewohner, die Stadt zu verlassen. Zwar wurde zur Verhinderung einer weiteren Uberschwemmung ostlich von Tenochtitlan ein 16 Kilometer langer Deich quer uber den See gebaut, doch war es offenkundig geworden, dass die Stadt ihre Bewohner nicht langer aus eigener Kraft ernahren konnte. Deshalb unternahm Moctezuma Feldzuge in Richtung Suden, um die dortigen Stadtstaaten zu unterwerfen und ihnen Tribute aufzuerlegen.

Innen- und außenpolitische Konsolidierung der Hegemonie

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Wer direkt nach Moctezumas Tod 1469 auf den Thron von Tenochtitlan gelangte, ist nicht sicher geklart.  [9] Es scheint jedoch 1471 nach langen Verhandlungen eine Einigung auf Axayacatl stattgefunden zu haben, einen Enkel des Itzcoatl. Er unterwarf 1473 endgultig die Nachbarstadt Tlatelolco , die daraufhin immer mehr mit Tenochtitlan verschmolz und bis zur spanischen Eroberung Mexikos vollstandig ein Teil von Tenochtitlan geworden war. Mit der Eroberung der Stadt erlangten die Azteken nun auch die Kontrolle uber ein wichtiges Handelszentrum im Tal von Mexiko.

Modell des großen Tempels

Unter Axayacatls Bruder Tizoc wurde mit einer massiven Erweiterung des Templo Mayor begonnen, der als zentraler Tempel der Stadt den Gottern Tlaloc und Huitzilopochtli geweiht war. Anlasslich seiner feierlichen Einweihung, die bereits vom nachsten Konig Auitzotl vorgenommen wurde, wurden vier Tage lang moglicherweise bis zu zwanzigtausend Menschen geopfert, die bei den vorangegangenen Feldzugen des Herrschers als Kriegsgefangene gemacht worden waren. [10] Auitzotl gelang unter anderem die Unterwerfung der fernen Provinz Xoconochco an der heutigen Grenze Mexikos mit Guatemala. Beim Versuch, einen weiteren Aquadukt von einem See sudwestlich der Stadt nach Tenochtitlan hinein zu bauen, wurde die aztekische Hauptstadt jedoch uberflutet und zum großen Teil zerstort. Die Wasserleitung musste aufgegeben werden; in Tenochtitlan selbst war ein fast volliger Neuaufbau notig.

Herrschaft Moctezumas II. und Zerstorung der Stadt durch die Spanier

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1502 wurde Moctezuma II. Konig der Azteken. Er unternahm einige Feldzuge nach Norden sowie in die sudlich gelegene Region Oaxaca , um die wirtschaftliche Position Tenochtitlans zu starken. Der neue Herrscher vertiefte allerdings auch bewusst die Kluft zwischen Adel und Volk, da er viele Nicht-Adelige aus dem Staatsdienst entließ. Bekannt ist Moctezuma jedoch vor allem aufgrund seiner Rolle bei der Eroberung Mexikos durch die Spanier. Er akzeptierte, dass sich die Spanier 1519 in Tenochtitlan niederlassen konnten, und ließ sich von ihnen in eine Marionettenrolle zwingen. Bei einer Rebellion, wahrend der Moctezuma getotet wurde, wurden die Spanier zusammen mit ihren tlaxcaltekischen Verbundeten zwar unter großen Verlusten aus der Stadt vertrieben, doch kehrten sie mit Verstarkung aus der Heimat einige Monate spater zuruck. Viele Bewohner starben durch Hunger und eingeschleppte Krankheiten wahrend der nun folgenden Belagerung . Mit Schiffen und Kanonen unterbanden die Konquistadoren die Versorgung der Stadt uber den See mit Kanus. [11] Beim Frontalangriff uber die Dammwege verwickelten die Verteidiger die Spanier in erbitterte Hauserkampfe . Die Invasoren rissen nahezu jedes Haus in Tenochtitlan nieder und konnten den Widerstand am 13. August 1521 in Tlatelolco endgultig brechen. Der letzte Konig Cuauhtemoc wurde auf der Flucht in einem Kanu gefangen genommen.

Nach dem Sieg gestattete Hernan Cortes den Einwohnern freien Abzug. Bald nach der Eroberung der Stadt wurde mit der Reparatur der Straßen begonnen und auch die Wasserversorgung wurde wiederhergestellt. Die Kanale wurden mit dem Schutt der niedergerissenen Hauser zugeschuttet. Die Spanier erlaubten nach zwei Monaten die Ruckkehr der Bewohner in die zerstorte Stadt, wahrend sie sich selbst im Zentrum der ehemaligen aztekischen Hauptstadt niederließen. [12] Doch statt die alten Hauser wiederherzustellen, errichteten sie neue Gebaude aus den Trummern der Ruinen. So entstand der Palast der spanischen Vizekonige aus den Uberresten des Palastes des Moctezuma und die Kathedrale auf dem Gelande vor dem Templo Mayor . Auch die Pyramiden wurden abgerissen und als Steinbruch verwendet. Mit der Errichtung des Vizekonigreichs Neuspanien 1535 wurde Tenochtitlan schließlich zur Hauptstadt des neuen Vizekonigreichs und in Ciudad de Mexico ( Mexiko-Stadt ) umbenannt.

Der Großteil der Kenntnis uber Tenochtitlan stammt aus Berichten der Konquistadoren, der Monche und indianischer Autoren des 16. und 17. Jahrhunderts. Da die Stadt unmittelbar nach der Eroberung auf den Trummern neu errichtet wurde, sind die materiellen Uberreste von der modernen Stadt vollstandig uberdeckt, archaologische Grabungen sind deshalb nur auf den wenigen freien Platzen und im Zusammenhang mit Neubauten moglich. Vereinzelt kann man in den heutigen Gebauden Teile der aztekischen Baumasse erkennen, doch der Großteil der alten Stadt durfte unwiederbringlich verloren sein. Das Straßen- und Kanalnetz von Tenochtitlan ist jedoch im modernen Straßenbild des Stadtzentrums weitgehend erhalten geblieben.

Rekonstruktion durch Analyse des Stadtbildes

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Rekonstruktiver Plan der Hauptstraßen und Kanale von Tenochtitlan und Tlatelolco uber modernem Stadtplan
Markt in Tlatelolco, Bild von Diego Rivera

Ein gutes Beispiel fur die Konstanz des Straßenbildes ist die Lage der vier Tempel der Stadtviertel von Tenochtitlan. Sie zeichnen sich im modernen Stadtbild noch deutlich einschließlich der zu ihnen fuhrenden Zugangsstraßen und kleine Platze ab:

  • Zoquiapan ? Plaza San Lucas
  • Moyotla ? Calle Victoria
  • Cuepopan ? Calle Obispo
  • Atzacualco ? Plaza del Estudiante

Zufallige Funde

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Rundtempel des Ehecatl in der Station Pino Suarez

Im Laufe der Jahrhunderte gab es zahlreiche Zufallsfunde aztekischer Relikte, insbesondere von Steinmonumenten und Keramikdepots. Zu diesen gehoren die nahe der Sudwestecke des Palacio Nacional gefundene monumentale Figur der Gottin Coatlicue und das ?Teocalli de la Guerra Sagrada“, ein Steinmonument in Gestalt einer Tempelpyramide, auf dessen Ruckseite eine Darstellung der Szene mit dem Adler auf dem Kaktus zu sehen ist, und der Sonnenstein .

Aztekisches Monument ?Teocalli de la Guerra Sagrada“, Ruckseite

Die ersten systematischen Ausgrabungen kleineren Umfangs wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchgefuhrt. Weitere Ausgrabungen wurden durch Arbeiten an Versorgungsleitungen (Strom, Kanalisation) oder den das Stadtzentrum durchquerenden U-Bahn-Linien (insbesondere Linie 2, die den Zocalo im Osten und Norden umfahrt und dabei den Templo Mayor beinahe beruhrt, und die Linie 8 im Bereich des Theaters ?Palacio de Bellas Artes“) ausgelost. Beim Bau der Station Pino Suarez am Schnittpunkt der Linien 1 und 2 wurde ein kleiner Rundtempel angeschnitten, der vermutlich dem Windgott Ehecatl geweiht war. Er wurde rekonstruiert und durch Umplanung in die Station einbezogen. Weitere Funde im Raum um den Zocalo wurden als Blocke geborgen und ins Museum transportiert. Der enge Zeitplan der Bauarbeiten erschwert die archaologische Untersuchung erheblich.

Planmaßige Grabungen

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Neben der flachendeckenden Bebauung des Stadtzentrums wird die archaologische Untersuchung durch die geologischen Verhaltnisse behindert: Das gesamte Stadtzentrum und weite Teile der Stadt daruber hinaus sind auf dem Boden des im 16. Jahrhundert trockengelegten Texcoco-Sees errichtet. Die tiefreichenden Sedimente des Seebodens fuhren dazu, dass die alte Oberflache mehrere Meter unter der modernen und meist im Bereich des Grundwassers liegt. Eine fur Grabungen erforderliche kunstliche Grundwasserabsenkung wurde benachbarte Bauten in ihrer Stabilitat gefahrden. Die Auswirkungen der prekaren Bodenverhaltnisse sind besonders gut bei der Kathedrale am Zocalo zu erkennen, die sich nach Westen neigt, wahrend das unmittelbar angrenzende Babtisterio nach Osten einsinkt. Zahlreiche Kirchen im Stadtzentrum liegen heute bereits rund 2 m unter dem Straßenniveau. Großere vorspanische Bauten zeichnen sich manchmal durch Hugel im Straßenverlauf ab.

Haupttempel von Tenochtitlan

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Die Lage des alten Haupttempels war seit kleineren Freilegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahe der Ecke der Straßen ?Republica de Argentina“ und dem heute aufgelassenen Teil der Straße ?Republica de Guatemala“ grob bekannt. Die dichte Bebauung hatte jedoch weitergehende Grabungen verhindert. Der zufallige Fund eines großen Reliefs, das die tote Gottin Coyolxauhqui darstellte, wurde 1978 zur Initiierung des ?Proyecto Templo Mayor“ genutzt. Ziel des Vorhabens unter der Leitung des mexikanischen Archaologen Eduardo Matos Moctezuma , fur das eine Reihe von Hausern abgerissen werden musste, war die vollstandige Ausgrabung der Reste des Haupttempels von Tenochtitlan.

Die Ausgrabungsstatte des Templo Mayor

Bei den Ausgrabungen von 1978 bis 1982 wurden mindestens sieben Bauphasen des Haupttempels freigelegt, der immer wieder erweitert worden war, sowie eine Reihe von Nebengebauden. Von der jungsten Bauphase des Tempels, den die spanischen Eroberer angetroffen und zerstort hatten, sind nur geringe Reste erhalten. Die vermutete fruheste Bauphase, die dem nach den Legenden an dieser Stelle errichteten Altar aus Erde entsprechen wurde, wurde nicht gesucht, da vermutlich schwer zu finden und außerdem zu tief im Bereich des Grundwassers. Die Zuweisung der Bauphasen zu einzelnen Herrschern und damit deren Datierung sind hypothetisch. Die uberaus große Menge von Fundstucken stammt aus den letzten zwei Jahrhunderten vor der spanischen Eroberung. Viele der archaologischen Fundstucke lassen sich heute im Nationalmuseum fur Anthropologie (spanisch Museo de Antropologia ) und im unmittelbar hinter dem Ausgrabungsgebiet gelegenen neuen Museo del Templo Mayor besichtigen.

Nordlich des Haupttempels wurde ein Baukomplex freigelegt, der offenbar Versammlungsraume fur Wurdentrager oder Krieger darstellt. In ihm laufen den Wanden entlang gemauerte Sitzbanke, die in Form und Dekoration sehr deutlich an entsprechende Konstruktionen in den Saulenhallen von Tula erinnern und von diesen inspiriert sein mussen.

Auch unter der von den Spaniern erbaute Kathedrale wurden seit den 1970er-Jahren bei Bauarbeiten zur Stabilisierung des in den weichen Boden einsackenden Gebaudes Reste von Bauten des Vorplatzes des Tempels gefunden, die jedoch nicht sicher zuzuordnen sind.

Das an verschiedenen Stellen ausgestellte Modell des Tempelbezirkes geht auf Studien des mexikanischen Archaologen Ignacio Marquina zuruck, der sich ausschließlich an den schriftlichen Berichten orientierte, und ist durch die Grabungen inzwischen in vielen Teilen uberholt.

Einen Hauserblock nordlich der Kathedrale (Calle Donceles) wurden um 2008 bei Rettungsgrabungen fur die Errichtung eines Neubaues die mehr als 5 m tief liegenden Fundamente von zwei Bauten gefunden, von denen eines als calmecac interpretiert wird. Es handelt sich um eine von gemauerten Pfeilern getragene und uber eine im Suden vorgelagerte Treppe zu erreichende Saulenhalle mit einer gemauerten, die Ruckwand entlanglaufenden Bank. Im Bereich des Gebaudes wurden mehrere ?bestattete“ Dachzinnen aus gebranntem Ton in Form einer aufgeschnittenen Schnecke gefunden sowie eine große Skulptur eines cuauhxicalli in Gestalt eines uberdimensionalen Adlers. [13]

  • Hanns J. Prem : Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. Verlag C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 .
  • Felipe Solis Olguin, Eduardo Matos Moctezuma: Aztecs. Royal Academy of Arts, London 2002, ISBN 1-903973-13-9 . (englisch)
  • David E. Stannard: American Holocaust. The conquest of the New World. Oxford University Press, New York 1993, ISBN 0-19-508557-4 . (englisch)
  • Charles C. Mann: 1491. New revelations of the Americas before Columbus. Alfred A. Knopf, New York 2005, ISBN 1-4000-4006-X . (englisch)
  • Jose Luis de Rochas: Tenochtitlan: Capital of the Aztec Empire. University Press of Florida, 2012, ISBN 978-0-8130-4220-6 . (englisch)

Literarische Rezeptionen

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  • Jose Leon Sanchez: Tenochtitlan. Die letzte Schlacht der Azteken. (Originaltitel: Tenochtitlan ? La ultima batalla de los aztecas. ) Unionsverlag Taschenbuch, Zurich 2004, ISBN 3-293-20306-X .
  • Gary Jennings: Der Azteke. (Originaltitel: AZTEC. ) Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-596-16522-9 .
  • Colin Falconer: Die Aztekin. (Originaltitel: Feathered Serpent. ) Heyne 1997, ISBN 3-453-12338-7 .
Commons : Tenochtitlan  ? Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ursula Dyckerhoff , Hanns J. Prem : Toponyme und Ethnonyme im Klassischen Aztekischen. Verlag von Flemming, Berlin 1990, ISBN 3-924332-06-1 .
  2. a b Heinrich Pleticha (Hrsg.): Weltgeschichte in 12 Banden. Band 7, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gutersloh 1996, S. 73.
  3. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. (= Beck'sche Reihe. C.-H.-Beck-Wissen. 2035) 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S. 34.
  4. Bernal Diaz del Castillo : Geschichte der Eroberung von Mexiko. (= Insel-Taschenbuch. 1067) Herausgegeben und bearbeitet von Georg A. Narciß. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-32767-3 , S. 215ff. (spanischer Originaltitel: Historia verdadera de la conquista de la Nueva Espana . )
  5. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S. 29.
  6. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S. 76.
  7. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S. 77.
  8. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S. 86.
  9. Hanns J. Prem: Die Azteken. Geschichte ? Kultur ? Religion. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, Munchen 2006, ISBN 3-406-45835-1 , S, S. 94.
  10. Geoffrey Parker (Hrsg.): The Times ? Große Illustrierte Weltgeschichte. Verlag Orac, Wien 1995, S. 268.
  11. Bernal Diaz del Castillo: Geschichte der Eroberung von Mexiko. 1988, S. 501.
  12. Bernal Diaz del Castillo: Geschichte der Eroberung von Mexiko. 1988, S. 525.
  13. Raul Barrera Rodriguez, Gabino Lopez Arenas: Hallazgos en el recinto ceremonial de Tenochtitlan. In: Arqueologia mexicana. 16, 93, 2008, ISSN   0188-8218 , S. 18?25.

Koordinaten: 19° 26′ 6″  N , 99° 7′ 53″  W