Tanit
(
tnt
, auch
Tannit
,
Thanit
,
Tinnit
) ist die
punische
Gottin der
Fruchtbarkeit
, Schutzgottin von
Karthago
. Ihr Beiname ist ?Klagende im Angesicht des
Baal
“. Sie war die weibliche Hauptgottheit Karthagos und loste in dieser Rolle
Astarte
ab. Sie gilt als Jungfrau, aber auch als Mutter des Baal. Als Spenderin der Fruchtbarkeit hat sie den Namen ?
Nutrix
“ (=
Amme, Ernahrerin
). Sie erweckt den Fruchtbarkeitsgott Baal jedes Jahr zu neuem Leben. Ihre Attribute sind Granatapfel, Feige, Ahre und die Taube. Ihr Symbol ist das Tanit-Zeichen: ein Dreieck mit waagrechtem Balken daruber, auf dem eine Scheibe liegt. Sie durfte auch die dargestellte Frau auf den karthagischen Munzen ab dem 3. Jh. v. Chr. sein. Die Etymologie des Namens ist umstritten.
Ursprunglich eine niedere Erdgottheit, losten Tanit und
Baal-Hammon
im
5. Jahrhundert v. Chr.
Astarte
und
Melkart
als Hauptgotter der Punier ab.
Tanit sollen auch Kinder im Feuer (siehe auch
Moloch
und
Menschenopfer
) geopfert worden sein. Nach neueren Erkenntnissen konnte dies jedoch auch romische Kriegspropaganda sein. Unter Steinstelen fanden sich tatsachlich Urnen mit verkohlten Kinder-Knochen, fur viele Forscher ein Beweis fur Kinderopfer. Der Archaologe Fethi Chelbi sieht dies anders: ?Heute glauben wir, dass es sich beim
Tophet
eher um eine Art Friedhof fur Kinder handelt. Die Analyse der Asche aus den Urnen ergab, dass sie hauptsachlich von Foten und Totgeburten stammte. Es herrschte damals eine hohe Kindersterblichkeit ? dennoch sind Kindergraber auf den Friedhofen Karthagos sehr selten. Daraus schließen wir, dass es sich beim Tophet um einen ganz besonderen Friedhof handelt. An diesem Ort gab man die verstorbenen Kinder den Gottern Baal Hammon und Tanit zuruck.“
[1]
Tanit wurde bis zum Untergang der phonizischen Kultur verehrt. Als Dea Caelestis
lunare
ist sie auf Votivstelen abgebildet. In einem in Karthago 1916 von Carton gefundenen kleinen Heiligtum, einer
cella
, ist der Gott
Hermes
auf einer Statuette verewigt, der mit dem Rucken am Thron der Tanit/Caelestis lehnt. Diese
cella
wurde beim Bau des Salammbo-Bahnhofs freigelegt, fiel nach Bergung einiger Artefakte allerdings dem Bahnbau zum Opfer.
[2]
[3]
Die Romer setzten sie mit
Ops
und
Nutrix
, der Nahrerin des
Saturnus
, gleich, die Griechen mit der Jagd- und Fruchtbarkeitsgottin
Artemis
. In gewissen Darstellungen entspricht sie auch der
Venus
lugens.
Im phonizischen Mutterland ist der Name Tanit nicht nachweisbar. Nachgewiesen wurde ihre Verehrung auch auf
Malta
.
Besonders lang hielt sich der Tanit-Kult auf der
Balearen
-Insel
Ibiza
, wo die Gottin noch lange nach der
Christianisierung
der Inselbevolkerung im
2. Jahrhundert
n. Chr. verehrt wurde. Auf Ibiza sind mehrere Kultstatten ausgegraben worden. Am bekanntesten ist die Hohle
Es Culleram
bei
Sant Vicent de sa Cala
.
Das tunesische Fahrschiff
Tanit
wurde nach ihr benannt.
- Antonio Planells Ferrer:
El Culto a Tanit en Ebysos.
Editorial LA Hormiga DE ORO, S.A. Barcelona 1970,
OCLC
13139691
.
- E. Lipinski:
Dieux et deesses de l'univers phenicien et punique.
(=
Studia Phoenicia.
XIV). Utgeverij Peeters & Dpartement Oosterse Studies, Leuven 1995,
ISBN 2-87723-190-9
.
- ↑
Siehe auch die Studie von J. H. Schwartz, F. Houghton, R. Macchiarelli, L. Bondioli:
Skeletal Remains from Punic Carthage Do Not Support Systematic Sacrifice of Infants.
In:
PLoS ONE.
Band 5, Nr. 2, 2010, Artikel e9177.
doi:10.1371/journal.pone.0009177
.
- ↑
L. Carton:
Un sanctuaire punique decouvert a Cathage.
Paris 1929.
- ↑
Gilbert und Colette Charles-Picard:
Karthago - Leben und Kultur.
Reclam, Stuttgart 1983, Originaltitel:
La Vie quotidienne a Carthage au temps d'Hannilbal.
Librairie Hachette, Paris 1958, 1982, S. 51, 53, 86 f.