Συνασπισμ?? Ριζοσπαστικ?? Αριστερ??
Synaspismos Rizospastikis Aristeras
Koalition der Radikalen Linken
|
|
Parteivorsitzender
|
Stefanos Kasselakis
[1]
|
|
Grundung
|
2004 (als Wahlbundnis)
22. Mai 2012 (als Partei)
|
Hauptsitz
|
Athen
,
Griechenland
|
|
Ausrichtung
|
Demokratischer Sozialismus
[2]
Sozialdemokratie
[3]
Progressivismus
[4]
historisch
Linkspopulismus
[5]
|
|
Sitze
Parlament
|
36 / 300
(12 %)
|
Mitgliederzahl
|
35.000
|
Sitze
EU-Parlament
|
3 / 21
(14,3 %)
|
Europapartei
|
Europaische Linke
(EL)
|
EP-Fraktion
|
Die Linke
|
Website
|
www.syriza.gr
|
Synaspismos Rizospastikis Aristeras
(
Syriza
);
griechisch
Συνασπισμ?? Ριζοσπαστικ?? Αριστερ??, ΣΥΡΙΖΑ
, ubersetzt ?Koalition der Radikalen Linken“, ist eine
sozialistische
griechische Partei
. Politikwissenschaftler verorten sie im
Linkspopulismus
.
[6]
Syriza war ab 2004 zunachst ein
Wahlbundnis
, das aus der postkommunistischen und
neulinken
Partei
Synaspismos
sowie zehn kleineren,
kommunistischen
,
okosozialistischen
,
maoistischen
und
trotzkistischen
Gruppen bestand. Mit Wahlergebnissen zwischen 3 und 5 % der Stimmen
[7]
war sie bis 2012 viertstarkste Kraft im Parlament. Angesichts zunehmender Popularitat wurde das Bundnis im Mai 2012 in Hinblick auf die
Wahlen im darauf folgenden Juni
in eine Partei umgewandelt.
[8]
[9]
Aus dieser Wahl ging sie als zweitstarkste Kraft hervor, noch vor der
sozialdemokratischen
PASOK
. 2015 schließlich gewann sie die meisten Stimmen, mehr als die
konservative
Nea Dimokratia
.
Nach dem
Wahlsieg im Januar 2015
? mit kurzer Unterbrechung aufgrund der
Neuwahlen im September
? stellte Syriza mit dem Parteivorsitzenden
Alexis Tsipras
erstmals den Ministerprasidenten Griechenlands. Sie bildete eine Koalitionsregierung mit der rechtspopulistischen Partei
Anexartiti Ellines
. Seit dem 8. Juli 2019 befindet sich die Partei wieder in der Opposition. Nachdem sie bei den Wahlen im
Mai
und
Juni 2023
große Verluste erlitten hatte, verkundete Tsipras am 29. Juni seinen Rucktritt von der Parteifuhrung.
[10]
[11]
Am 24. September 2023 gewann der
Reeder
Stefanos Kasselakis
mit Unterstutzung eines Tsipras-Beraters die Wahl zum neuen Vorsitzenden der Partei.
[12]
Die Vorgangerorganisation Syriza bildete sich vor den
Parlamentswahlen 2004
als Bundnis aus neun linken
Parteien
und Organisationen,
[13]
unter denen die Partei
Synaspismos
die großte war.
Neben dem Synaspismos gehorten dem Bundnis Gruppen an, die aus der Kommunistischen Partei
KKE
, der sozialdemokratischen
PASOK
und aus den okologisch-grunen
Ikologi Prasini
entstanden waren, zudem kleine Organisationen mit
trotzkistischem
Anspruch sowie
Maoisten
.
Grundungsparteien von Syriza waren:
[14]
- die
Koalition der Linken, der Bewegungen und der Okologie
(
griechisch
Συνασπισμ?? τη? Αριστερ?? των κινημ?των και τη? Οικολογ?α?
,
Synaspismos tis aristeras ton kinimaton ke tis ikologias
), meist
Synaspismos
oder kurz
SYN
- die
eurokommunistische
und
okologische
Erneuernde Kommunistische und Okologische Linke
(
griechisch
Ανανεωτικ? Κομμουνιστικ? Οικολογικ? Αριστερ?
,
Ananeotiki Kommounistiki ke Ikologiki Aristera
, AKOA)
- die
trotzkistische
Internationalistische Werktatige Linke
(
griechisch
Διεθνιστικ? Εργατικ? Αριστερ?
, ΔΕΑ, Diethnistiki Ergatiki Aristera, DEA), eine Abspaltung der
IST
- die
Bewegung fur die vereinte Aktion der Linken
(
griechisch
Κ?νηση για την Εν?τητα Δρ?ση? τη? Αριστερ??
, ΚΕΔΑ, Kinisi gia tin Enotita Drasis tis Aristeras, KEDA), aus einer Abspaltung der
KKE
entstanden
- die Wahlervereinigung
Aktive Burger
(
griechisch
Ενεργο? Πολ?τε?
, Energi Polites) um
Manolis Glezos
Spater kamen hinzu:
- die
populistische
[15]
und
sozialistische
Demokratische Soziale Bewegung
(
griechisch
Δημοκρατικ? Κοινωνικ? Κ?νημα
, ΔΗΚΚΙ,
Dimokratiko Kinoniko Kinima
, DIKKI), eine Linksabspaltung der PASOK
[16]
- die maoistische
Kommunistische Organisation Griechenlands
(
griechisch
Κομμουνιστικ? Οργ?νωση Ελλ?δα?
,
Kommounistiki Organosi Elladas
, KOE), Mitglied der
ICOR
- die trotzkistische Gruppe
Rot
(
griechisch
Κ?κκινο
, Kokkino)
- die links-okologischen
Okosozialisten Griechenlands
(
griechisch
Οικοσοσιαλιστ?? Ελλ?δα?
)
- die linksradikale
Roza
(
griechisch
Ρ?ζα
), politischer Arm des ?Netzwerks fur Politische und Soziale Rechte“ (
griechisch
Δ?κτυο για τα Πολιτικ? και Κοινωνικ? Δικαι?ματα
)
- die
Antikapitalistische Politische Gruppe APO
(
griechisch
Αντικαπιταλιστικ? Πολιτικ? Ομ?δα
, ΑΠΟ)
- die
Radikalen
(
griechisch
Ριζοσπ?στε?
)
Abspaltungen oder ehemalige Teile:
- 2010 spaltete sich ein Teil des innerparteilichen
Erneuerungs
-Flugels des Synaspismos um
Fotis Kouvelis
ab und grundete die gemaßigte, linksgerichtete und dezidiert proeuropaische Partei
Demokratische Linke
(
griechisch
Δημοκρατικ? Αριστερ?
, ΔΗΜΑΡ,
Dimokratiki Aristera
, DIMAR)
- die trotzkistische
Bewegung
(
griechisch
Ξεκ?νημα
,
Xekinima
), Mitglied des
CWI
, verließ 2011 das Bundnis
[17]
- Im Juli 2015 beendete die KOE ihre Mitarbeit in und die Unterstutzung von Syriza.
[18]
Dazu kamen einige bekannte linke Einzelpersonen.
Auf dem Parteikongress im Juli 2013 wurde beschlossen, die einzelnen Unterorganisationen aufzulosen; dagegen gibt es jedoch Widerstand.
[19]
Bei den
Parlamentswahlen 2004
errang Syriza 3,26 % der Wahlerstimmen und sechs Mandate. Das Bundnis zerfiel danach jedoch weitgehend, da sich die Gruppen vom Synaspismos dominiert fuhlten. 2005 wurde die Allianz wiederbelebt, als der SYN-Vorsitzende Alekos Alavanos (* 1950) den 31-jahrigen Aleksis Tsipras als Burgermeisterkandidaten bei der Kommunalwahl in Athen ankundigte. Dieser verkorperte eine ?Offnung zur jungeren Generation“. Die Gastgeberrolle beim Vierten
Europaischen Sozialforum
in Athen im Mai 2006 starkte die Bindungen innerhalb der Allianz. Bei den
Parlamentswahlen 2007
erreichte Syriza mit 5,04 % der Stimmen und 14 Sitze in der
Vouli
ihr bis dahin bestes Ergebnis.
[20]
Im Februar 2008 ubernahm Alexis Tsipras die Fuhrung sowohl der SYN-Partei als auch des Syriza-Bundnisses. Weitere Gruppierungen schlossen sich Syriza an. Die Popularitat nahm in der Folgezeit stark zu, Umfragen sagten Syriza Unterstutzungsraten von bis zu 18 Prozent voraus. Diese gingen aber wieder deutlich zuruck angesichts interner Fuhrungsstreitigkeiten, positiver Außerungen uber die
Ausschreitungen im Dezember 2008
(die eine Mehrheit der Griechen negativ sah) und einer unklaren Haltung gegenuber der Europaischen Union.
[7]
Wahrend der Synaspismos vor der Vereinigung eindeutig fur eine weitere Europaische Integration eingetreten war (die EU allerdings harmonischer, demokratischer und egalitarer gestalten wollte),
[7]
werden in Syriza starker
euroskeptische
Positionen vertreten. Ihre Abgeordneten stimmten gegen den
Vertrag uber eine Verfassung fur Europa
und den
Vertrag von Lissabon
. Allerdings gab es hierbei keine eindeutige Linie: vier eher proeuropaische Abgeordnete enthielten sich bei der Lissabon-Abstimmung.
[21]
Dieser Konflikt zeigte sich spater auch bei der Abspaltung des ausdrucklich proeuropaischen Flugels
Erneuerung
von Syriza und der Grundung der
Dimokratiki Aristera
(DIMAR) im Juni 2010.
[22]
Bei den
Parlamentswahlen 2009
ging der Stimmenanteil auf 4,6 % zuruck; damit erhielt Syriza 13 Sitze.
Die nicht ausdiskutierte Streitfrage innerhalb des Bundnisses, ob bei entsprechenden Mehrheitsverhaltnissen eine Koalition mit der sozialdemokratischen
PASOK
in Betracht kame, gipfelte im Juni 2010 darin, dass sich
DIMAR
vom Synaspismos abspaltete. DIMAR zog nach den Wahlen 2012 ins Parlament ein; von Juni 2012 bis Juni 2013 unterstutzte sie die
Regierung von Andonis Samaras
.
Bei der
Parlamentswahl vom 6. Mai 2012
erhielt Syriza mit 16,8 % nach der
Nea Dimokratia
die meisten Wahlerstimmen, mehr als PASOK. Sie erhielt 52 Mandate im
griechischen Parlament
. Nach dem Vorsitzenden der starksten Partei wurde am 8. Mai 2012 Tsipras mit der Regierungsbildung beauftragt. Er nutzte dies zu offentlichkeitswirksamen Auftritten; den Fuhrern der Europaischen Union teilte er schriftlich mit, das griechische Volk habe die ihm aufgezwungene Zusage von Sparmaßnahmen mit der Wahl fur null und nichtig erklart. Der Versuch der PASOK, mit Nea Dimokratia und DIMAR eine Regierungskoalition zu schmieden, scheiterte daran, dass DIMAR zur Bedingung machte, dass Syriza an der Regierung beteiligt werden musse.
[23]
[24]
Nach dem Wahlerfolg bei der
Wahl im Mai 2012
sahen Meinungsumfragen Syriza Kopf an Kopf mit der
Nea Dimokratia
an der Spitze der Wahlergunst. Fur die
Neuwahlen am 17. Juni 2012
sah Syriza daher die Moglichkeit, am meisten Stimmen zu erhalten. Da das griechische Wahlgesetz von 2008 der starksten Partei einen Bonus von 50 zusatzlichen Parlamentssitzen gewahrt, dies aber nur fur selbstandige Parteien, nicht fur Wahlbundnisse gilt,
[25]
reichte Syriza bei dem fur die Zulassung der Parteien zur Wahl zustandigen Obersten Gerichtshof eine Grundungserklarung ein, mit der sie sich als Partei mit dem Namen
SYRIZA ? Vereinte Soziale Front
(ΣΥΡΙΖΑ Ενωτικ? Κοινωνικ? Μ?τωπο, ΣΥΡΙΖΑ-ΕΚΜ/SYRIZA-EKM) neu grundete.
[26]
Das neue Programm von Syriza fur die
Wahl am 17. Juni 2012
wurde am 1. Juni 2012 veroffentlicht.
[27]
Die erste Aktion einer Regierung der Linken sollte die Annullierung des Memorandums sein.
[A 1]
und seiner Durchfuhrungsgesetze sein, kundigte Parteifuhrer Tsipras an.
[27]
Aus den
Parlamentswahlen am 17. Juni
ging Syriza erneut als zweitstarkste Partei hervor, wobei sie ihren Stimmanteil auf 26,89 % erhohen und 71 Mandate erzielen konnte.
[28]
Der Vorsitzende Tsipras erklarte daraufhin, dass er mit seiner Partei in die Opposition gehen und sich nicht an einer Regierung unter Samaras’ Nea Dimokratia beteiligen werde. Syriza protestiere weiterhin gegen die geplanten Sparmaßnahmen. Vor allem im Raum Athen, wo Syriza eine großere Zustimmung erhielt als Nea Dimokratia, werde Tsipras die Bevolkerung hinter sich haben.
[29]
[30]
Trotz guter Werte in neueren Meinungsumfragen erklarte Tsipras, Syriza strebe keine vorzeitigen Neuwahlen an: ?Es ist nicht die Zeit fur Tricks, und es ist auch nicht die Zeit, die Regierung zu sturzen.“
[31]
Im Gegensatz zu den Traditionen des griechischen Parteiensystems ist Syriza nicht auf eine dominierende Fuhrungsfigur zugeschnitten, sondern eher mit den linken Parteien Nord- und Mitteleuropas vergleichbar. Aufgrund der Herkunft ihrer Mitglieder und Funktionare aus verschiedenen ideologischen Stromungen ist die Partei eine sehr heterogene Organisation, in der interne programmatische Konflikte offen ausgetragen werden. Auf dem Parteitag 2013 erreichte die ?Linke Plattform“, die wichtigste oppositionelle Gruppe innerhalb der Partei, zwischen 25 und 40 Prozent der Stimmen der Delegierten. Etwa ein Dutzend der Parlamentsabgeordneten der damaligen 70 Mitglieder umfassenden Syriza-Fraktion in der Athener Vouli wurden der ?Linken Plattform“ zugerechnet. Der linke Flugel tritt fur eine starkere Orientierung auf die sozialen Bewegungen und eine Konzentration der Krafte auf die gesellschaftspolitisch zentralen Konflikte ein, um die Partei in breiten Teilen der Bevolkerung starker zu verankern.
[32]
Neben der Heterogenitat der Partei stellt die kooperative Ausrichtung von Syriza auf die sozialen Bewegungen eine weitere Besonderheit dar, die sie von allen anderen Parteien unterscheidet. So hat sich etwa die PASOK in den 1970er und 1980er Jahren selbst als Bewegung begriffen und Gewerkschaften und Genossenschaften als ihre Vorfeldorganisationen betrachtet. Aufgrund des mittlerweile ausgepragten Misstrauens gegenuber politischen Parteien in der griechischen Bevolkerung hat sich dieses Verhaltnis umgedreht: Viele Aktivisten betrachten Syriza zwar als politischen Ausdruck ihrer politischen Bestrebungen, die sozialen Bewegungen selbst jedoch als zentralen gesellschaftspolitischen Akteur einer sozialen Transformation.
[33]
Zur Unterstutzung der vielen im Zuge der Krise entstandenen sozialen Projekte hat Syriza neben anderen Parteien und Organisationen zur Grundung der landesweiten Koordination
Solidaritat fur Alle
beigetragen.
[34]
Diese genossenschaftlichen Formen der Selbsthilfe sind vor allem nach den Protestwellen im Dezember 2008 sowie im Sommer 2011 entstanden. Dazu gehoren unter anderem soziale Kliniken und Apotheken, Suppenkuchen, Konsumgenossenschaften, Umsonstmarkte, Tauschringe und andere Formen der solidarischen Okonomie.
[35]
Bei der
Europawahl 2014
wurde Syriza mit 26,6 % die starkste Kraft vor den regierenden Konservativen.
[36]
Bei den gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen konnte Syriza von den 13 Regionen Griechenlands zwei gewinnen: In der bevolkerungsreichsten
Region Attika
um Athen-Piraus, in der 30 % der griechischen Bevolkerung leben, gewann die Syriza-Kandidatin
Rena Dourou
knapp mit 50,82 %. Die
Region Ionische Inseln
eroberte Syriza deutlich mit 59,9 %. Alle ubrigen, hauptsachlich landlichen Regionen gingen an die Nea Dimokratia.
Die okologisch-grune Partei
Ikologi Prasini
vereinbarte am 9. Januar mit Syriza die Unterstutzung mit 20 Kandidaten in 17 Wahlbezirken auf der Kandidaten-Liste von Syriza. Auf der Gesamtstaatsliste trat
Giannis Tsironis
an.
[37]
Aus der
Parlamentswahl vom 25. Januar 2015
ging Syriza mit deutlichem Abstand zur zweitplatzierten
Nea Dimokratia
als starkste politische Kraft hervor. Die Partei erreichte 36,34 Prozent der Wahlerstimmen und beinahe eine absolute Mehrheit der Sitze.
[38]
Aufgrund des griechischen Wahlrechts, das einen Bonus von 50 zusatzlichen Mandaten fur die starkste Partei vorsieht, ist Syriza mit 149 von 300 Abgeordneten im griechischen
Einkammerparlament
vertreten. Am Tag nach der Wahl wurde Parteichef Tsipras als neuer Ministerprasident Griechenlands vereidigt. Die Parteifuhrung gab bekannt, eine Koalitionsregierung mit den rechtspopulistischen
Anexartiti Ellines
? den
Unabhangigen Griechen
? bilden zu wollen, mit denen Syriza bereits in der Opposition zeitweise zusammengearbeitet hat.
Bei der vorgezogenen
Neuwahl am 20. September 2015
gelang mit 35,46 % der Stimmen (Wahlbeteiligung rund 56,5 %) erneut der Wahlsieg mit 145 von 300 Parlamentsitzen.
Der als linke Plattform organisierte linke Flugel der Partei, angefuhrt von
Panagiotis Lafazanis
, vertrat einen strikt gegen die Austeritatspolitik gerichteten Kurs und verweigerte der Regierung unter
Alexis Tsipras
die Gefolgschaft, nachdem diese sich bereit zeigte, die Auflagen der Geldgeber fur das dritte Hilfsprogramm zu erfullen. Lafazanis sowie zwei Vizeminister mussten daraufhin im Juli 2015 die Regierung verlassen. Nachdem Tsipras mit seinem Rucktritt den Weg zu Neuwahlen eingeschlagen hatte, grundeten 25 Abgeordnete des linken Flugels am 21. August 2015 die
Laiki Enotita
, die bei der
Parlamentswahl in Griechenland im September 2015
an der 3%-Hurde knapp scheiterte.
Yanis Varoufakis
trat im Juli 2015 von seinem Amt als griechischer Finanzminister zuruck und grundete 2018 die Partei
MeRA25
, die bei den
Wahlen 2019 ins griechische Parlament
einziehen konnte.
Nach dem Amtsantritt Kasselakis' kam es im November 2023 zu einer Austrittswelle von hunderten Funktionaren,
[39]
darunter mindestens 11 Parlamentsabgeordnete, die Kasselakis die Abkehr von linken Positionen vorwarfen. Das
6+6
genannte Bundnis strebt demnach die Grundung einer eigenen Fraktion an (Stand: Ende November 2023).
[40]
[41]
Auf dem ersten gemeinsamen Parteikongress der vereinigten Partei Syriza-EKM im Juli 2013 beschloss die Partei, fur eine Uberwindung der ?erstarrten Strukturen des politischen Systems“ und fur
direkte Demokratie
einzutreten. Sie strebt laut ihrer Resolution ?radikale Anderungen der Verfassung“ an. Danach sollen zur Vertiefung der politischen und wirtschaftlichen Demokratie direktdemokratische Institutionen geschaffen werden, die die ?kooperative Interaktion“ sozialer Bewegungen und Basisinitiativen mit der Gesetzgebung ermoglichen.
[42]
Den angeblich seit den Regierungen von
Konstantinos Mitsotakis
und
Konstantinos Simitis
in den 1990er-Jahren herrschenden
Neoliberalismus
will Syriza uberwinden. Dazu sollen Kreditabkommen von der Regierung einseitig gekundigt und die jungsten Privatisierungen gestoppt bzw. ruckgangig gemacht werden. Der Staat soll die entscheidende Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung ubernehmen und das Bankensystem verstaatlichen. Fur Landwirte, Kleinunternehmen und Wohnungsbau sollen neue staatliche Kreditinstitute geschaffen werden.
[42]
Die Europaische Union lehnte Syriza diesem Programm nach ?in ihrer gegenwartigen Form“ ebenso ab wie die bisherige Architektur des Euro und die ?neoliberale Logik“ der Eurozone. Der Befriedigung sozialer Bedurfnisse raumt der beschlossene Text ?absolute Prioritat“ vor den von der damaligen Regierung eingegangenen Verpflichtungen ein. Dies fasste sie in dem Slogan ?Kein Opfer fur den Euro“ zusammen.
[42]
Syriza forderte
[43]
- die Bestandsaufnahme der offentlichen Verschuldung und Neuverhandlung der falligen Zinsen sowie Aussetzung von Zahlungen, bis sich die Wirtschaft wieder belebt hat und Wachstum und Beschaftigung zuruckgekehrt sind,
- die Europaische Union auf, die Rolle der
Europaischen Zentralbank
zu andern, so dass sie Staaten und Programme fur offentliche Investitionen finanziert,
- die Anhebung der Einkommensteuer auf 75 % fur alle Einkommen uber 500.000 Euro,
- die
Verstaatlichung
der Banken und will auch ehemals offentliche Dienstleistungs- und Versorgungsunternehmen (Eisenbahnen, Flughafen, Post, Wasser), die privatisiert wurden, wieder in offentliche Hand geben.
[44]
Syriza versprach einen ?ausgeglichenen Primarhaushalt“, der damals allerdings einen Uberschuss aufwies ? dies allerdings nur, wenn man die Bedienung der Staatsschulden nicht berucksichtigt. Die laufenden Einnahmen waren also hoher als die Ausgaben ohne Zinsen.
[45]
Tsipras forderte entsprechend, die ubrigen Euro-Staaten sollten Griechenland zumindest einen Teil der 320 Milliarden Euro hohen Schulden erlassen.
[46]
Hatte Griechenland seinen Schuldendienst eingestellt oder drastisch reduziert, hatten die konsumtiven Staatsausgaben auf Kosten der Glaubiger erhoht werden konnen. In den Glaubigerlandern wurde die griechische Strategie als Erpressung aufgefasst.
[47]
Die Partei verfugte uber keinen ?Plan B“ fur den Fall, dass die Vorschlage in der EU keine Resonanz gefunden hatten.
[48]
Syriza spricht sich fur eine Demokratisierung des politischen Systems, der Verwaltung und der Sicherheitsorgane aus.
[49]
- Das Wahlrecht soll zu einem
Proporzsystem
umstrukturiert werden.
- Privilegien von Abgeordneten sollen wegfallen. Die
Immunitat
der Minister, die die Gerichte daran hindert, gegen Mitglieder der Regierung vorzugehen, soll wegfallen.
- Die
Trennung von Staat und Kirche
soll garantiert werden.
- Das Recht auf Bildung und Gesundheitsversorgung soll verankert werden.
- Fur Vertrage und Abkommen, die mit Europa geschlossen werden, sollen
Referenden
eingefuhrt werden.
- Der Polizei soll das Tragen von
Masken
und die Verwendung von
Schusswaffen
bei Demonstrationen verboten werden. Die Partei sieht eine Schulung fur Polizisten in sozialen Themen vor.
- Anhebung der Steuern auf große Unternehmen auf den europaischen Durchschnitt.
- Einfuhrung einer
Finanztransaktionssteuer
und einer Sondersteuer auf Luxusguter.
- Verbot von spekulativen
Finanzderivaten
.
- Abschaffung von finanziellen Privilegien fur die
Kirche
und die Schiffbauindustrie.
- Maßnahmen zur Bekampfung des Bankgeheimnisses und der Kapitalflucht ins Ausland.
- Drastische Kurzung der Militarausgaben.
Arbeitspolitisch forderte Syriza
[50]
- die Erhohung des
Regelmindestlohnes
auf das fruhere Niveau von 750 Euro pro Monat,
- gleiche Bezahlung von Frauen und Mannern.
- Weiterhin sollen prekare Arbeitsverhaltnisse beschrankt und unbefristete Arbeitsvertrage gefordert werden.
- Des Weiteren mochte Syriza die
Arbeiterschutzrechte
erweitern und die Gehalter von Teilzeitbeschaftigten erhohen. Außerdem sollen kollektive Arbeitsvertrage wiederhergestellt werden.
- Die Inspektionen von Arbeitsbedingungen und die Anforderungen an Unternehmen, die sich um offentliche Auftrage bewerben, sollen zunehmen.
In der Sozialpolitik setzt sich Syriza vor allem fur sozial Benachteiligte in der Gesellschaft ein.
[51]
- Erwerbslose
,
Obdachlose
und Menschen mit niedrigem Einkommen sollen die Gesundheitseinrichtungen kostenfrei nutzen durfen.
- Gebaude der Regierung, Banken und Kirchen sollen fur Obdachlose Verwendung finden.
- Steuersenkungen fur Guter des Grundbedarfs werden angestrebt.
- Kinder sollen in Kantinen offentlicher Schulen kostenfrei Fruhstuck und Mittagessen erhalten.
- Menschen mit Migrationshintergrund soll die Familienzusammenfuhrung erleichtert werden.
- Zuschuss bis zu 30 % der Hypothekenzahlungen fur arme Familien, die fallige Zahlungen nicht leisten konnen.
- Erhohung der Arbeitslosenunterstutzung.
- Steigerung des sozialen Schutzes fur Familien mit einem Elternteil, Alte, Behinderte und Familien ohne Einkommen.
- Garantie der Menschenrechte in Haftanstalten fur Einwanderer.
Fur das Gesundheitswesen halt Syriza eine Aufstockung der Mittel fur die offentliche Gesundheit auf das durchschnittliche europaische Niveau fur unabdingbar; der europaische Durchschnitt liege bei 6 % des BIP, in Griechenland bei 3 %.
[52]
- Burger sollen nicht mehr fur die nationalen Gesundheitsdienste zuzahlen mussen. Privatkliniken sollen verstaatlicht und die private Beteiligung am Gesundheitswesen beendet werden.
- Syriza mochte den Drogenkonsum entkriminalisieren, um dem
Drogenhandel
entgegenzuwirken. Mittel fur die Drogen-Reha-Zentren sollen bereitgestellt werden.
Die Partei spricht sich fur eine Begunstigung von Bestrebungen zum Ausbau
erneuerbarer Energien
aus und will den Schutz der Umwelt fordern.
Syriza fordert
[53]
- den sofortigen Ruckzug der griechischen Truppen aus
Afghanistan
und dem
Balkan
? keine Soldaten sollen außerhalb der Landesgrenzen stationiert oder im Einsatz sein.
- die
Entmilitarisierung
des Kustenschutzes und der Spezialtruppen gegen Aufstande.
- Das Recht auf
Kriegsdienstverweigerung
aus Gewissensgrunden soll gesetzlich gewahrleistet werden.
- Die militarische Zusammenarbeit mit
Israel
soll beendet und die Schaffung eines palastinensischen Staates mit den Grenzen von 1967 ermoglicht werden.
- Zur
Turkei
sollen stabilere Verhaltnisse ausgehandelt werden.
- Die Schließung aller auslandischen Basen in Griechenland und Austritt aus der
NATO
wird angestrebt.
Zu starken Reaktionen fuhrte der Wahlerfolg von Syriza in Bulgarien, Kroatien, Slowenien und Serbien. Eine Analyse der
Rosa-Luxemburg-Stiftung
fuhrt dies auf ahnliche Erfahrungen mit der okonomischen Krise, das Anwachsen von Sozialprotesten, ein Vakuum auf der
politischen Linken
und einen Generationenwechsel zuruck.
In Serbien hat Syriza ein Bundnis mit der
Bewegung der Sozialisten
, einer Abspaltung der
Sozialistischen Partei Serbiens
, geschlossen. Deren Parteivorsitzender
Aleksandar Vulin
gilt als nationalistischer Hardliner, steht der
Serbisch-Orthodoxen Kirche
nahe und tragt als langjahriger Redakteur der Zeitschrift Pe?at (Der Stempel) Verantwortung fur die Verbreitung von aggressiver Homophobie und Xenophobie. Begrundet wird das Bundnis mit der Zelebrierung der historisch und religios begrundeten serbisch-griechischen Freundschaft. Ein Besuch Tsipras' bei Vulin in Belgrad im Dezember 2014 fuhrte in der progressiven serbischen Offentlichkeit zu Kopfschutteln.
[54]
Im Februar 2013 entließ Syriza Nassos Theodoridis als ihren Vertreter in der Menschenrechtskommission des griechischen Parlaments. Dieser hatte zuvor geaußert, die
Imia
-Inseln gehorten zur
Turkei
und Griechenland solle die internationale
12-Seemeilen
-Zone der Turkei respektieren. Außerdem nannte er die Inseln beim turkischen Namen ?Kardak“ und bezeichnete die nationale Souveranitat Griechenlands als eine Erfindung, die dazu diene, ?die unterdruckten Massen zu kodern“. Syriza distanzierte sich von den Außerungen.
[55]
[56]
[57]
Anlasslich der
zyprischen Finanzkrise
im Marz 2013 bildete Syriza mit den rechtspopulistischen
Anexartiti Ellines
(Unabhangigen Griechen) eine ?gemeinsame soziale und politische Front zur Unterstutzung Zyperns“. Im linken Spektrum stieß dieser Vorstoß auf teils heftige Kritik. So kommentierte die kommunistische
KKE
lakonisch: ?Die Maske ist gefallen. […] Die neue
PASOK
wird Schritt fur Schritt geformt.“
[58]
Wahl
|
abgegebene Stimmen
|
Stimmenanteil
|
Abgeordnete
|
Parlamentswahl in Griechenland 2004
|
0
241.637
|
0
3,26 %
|
0
0
6
|
Parlamentswahl in Griechenland 2007
|
0
361.101
|
0
5,04 %
|
0
14
|
Parlamentswahl in Griechenland 2009
|
0
315.665
|
0
4,60 %
|
0
13
|
Parlamentswahl in Griechenland Mai 2012
|
1.061.928
|
16,79 %
|
0
52
|
Parlamentswahl in Griechenland Juni 2012
|
1.655.022
|
26,89 %
|
0
71
|
Parlamentswahl in Griechenland Januar 2015
|
2.245.978
|
36,34 %
|
149
|
Parlamentswahl in Griechenland September 2015
|
1.925.904
|
35,46 %
|
145
|
Parlamentswahl in Griechenland 2019
|
1.781.174
|
31,53 %
|
0
86
|
Parlamentswahl in Griechenland Mai 2023
|
1.184.500
|
20,07 %
|
0
71
|
Parlamentswahl in Griechenland Juni 2023
|
0
930.013
|
17,83 %
|
0
47
|
- ↑
Auf den Hund gekommen.
In:
junge Welt
.
26. September 2023,
abgerufen am 27. September 2023
.
- ↑
http://parties-and-elections.eu/greece.html
- ↑
http://users.ntua.gr/jmilios/Subversion_to_Centre-Left_Pragmatism.pdf
- ↑
https://books.google.com/books?id=nbD5DwAAQBAJ&dq=progressive+Syriza&pg=PA133
- ↑
https://www.academia.edu/5812717
- ↑
Siehe dazu etwa
Heinz-Jurgen Axt
:
Griechenland, das Kalkul der Linkspopulisten und der Euro
. In:
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SYRIZA ? Independent Greeks Agree on ‘Common Front’ to Support Cyprus
Anmerkungen
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Als ?Memorandum“ werden in Griechenland die Vereinbarungen mit EU, EZB und IWF bezeichnet, in denen als Bedingung fur Finanzhilfen harte Spar- und Reformmaßnahmen akzeptiert wurden.
Parteien mit Beobachterstatus
Partnerparteien und -bewegungen