Die
Synagoge an der Westenriederstraße Munchen
war die erste neu erbaute
Synagoge
der 1815 gegrundeten
Israelitischen Kultusgemeinde
in
Munchen
. Sie lag wenige Schritte vom heutigen
Viktualienmarkt
entfernt und bestand bis zur Einweihung der damals neuen
Hauptsynagoge
an der Herzog-Max-Straße im Jahr 1887.
Mit dem Entwurf der Synagoge war
Jean Baptiste Metivier
betraut worden, seit 1824 war er koniglicher Baurat. Das Baugrundstuck lag in der bestehenden, in Ost-West-Richtung verlaufenden Hauserzeile. Da bei Synagogen der
Thoraschrein
grundsatzlich an der nach
Jerusalem
gelegenen Seite liegen muss, in diesem Fall also der ostlichen, dort und an der Westseite aber Hauser anschlossen, war es unmoglich, den Eingang, wie sonst ublich, dem Thoraschrein gegenuber anzulegen. Metivier baute daher die Eingange fur Manner und Frauen an den beiden Seiten der zur Straße hin gelegen
klassizistischen
Fassade in jeweils einen kleinen Vorbau. Eine Vorhalle fuhrte in den Tempel. Die Innenausstattung der Synagoge stammte ebenfalls von Metivier. Die Fassade fugte sich in das Bild der umliegenden Bauten und ließ die religiose Nutzung des Gebaudes nicht erkennen. Dies war wohl in der anhaltenden Ausgrenzung der judischen Gemeinde begrundet.
[1]
Gleich nach ihrer Grundung beschloss die neue Munchner Israelitische Kultusgemeinde im Februar 1815 den Bau einer Synagoge. Auch die Behorden hatten Interesse an diesem Projekt, sollte doch dadurch eine bessere Uberwachung der judischen Gemeinde moglich werden, die sich bis dahin verstreut in verschiedenen Privathaushalten und eigenen ? inzwischen allerdings viel zu klein gewordenen ? Raumlichkeiten im Tal 13 getroffen hatte. Die Gemeinde favorisierte einen zentralen Standort, seitens der Stadt wunschte man einen Platz weiter außerhalb. In der Gemeinde bildete sich eine Gruppe um Eduard Max, Zweiter Administrator, die fur einen Standort innerhalb des
Burgfriedens
eintrat. Sie erhofften sich die Bereitstellung eines ungenutzten Grundstucks der Stadt an der Ledergasse. Eine pragmatischere Gruppe um Israel Hirsch Pappenheimer, den Ersten Administrator, trat fur den Vorschlag der Polizeidirektion an der damals noch nicht zentral gelegenen Theaterstraße ein, die 1848 in
Westenriederstraße
umbenannt wurde. Pappenheimer erwarb 1822 einen Garten an der Theaterstraße als Grundstuck und kaufte 1824 einen weiteren Gartenanteil zu. Eine Bitte Eduard Marxs an den Magistrat um das Grundstuck an der Ledergasse wurde von den Gemeindebevollmachtigten abgelehnt und stattdessen der Bau an der Theaterstraße genehmigt. Damit war die Entscheidung fur den Standort gefallen und am 26. Juli 1824 fand die feierliche Grundsteinlegung statt.
[1]
Die Bauzeit der Synagoge betrug zwei Jahre und wurde unter der Leitung des Hofbaurats Jean Baptiste Metivier ausgefuhrt.
[1]
Der Einweihung 1826 wohnte der neue Konig
Ludwig I.
personlich bei ? sieben Jahre bevor es die erste
protestantische
Kirche in Munchen gab; die Einweihungsrede hielt Rabbi
Hirsch Aub
.
[2]
Konig Ludwigs I, Vater,
Max I. Joseph
, hatte vier Saulen aus Tegernseer Marmor fur den Bau gestiftet. Fur musikalische Umrahmung sorgte das konigliche Hoforchester mit einer von
Johann Nepomuk von Poißl
komponierten Hymne. Die Anwesenheit des Konigs und hochrangiger Beamten war ein deutliches Symbol von zunehmender Akzeptanz gegenuber der judischen Gemeinde.
[1]
Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Synagoge zu klein fur die rasch angewachsene Gemeinde, so dass ab Mitte der 1860er Jahre ein Neubau erwogen wurde, der allerdings erst 1887 mit der neuen Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße eingeweiht werden konnte ? diesmal an zentraler Stelle der Stadt. Im Jahr 1888 wurden die Grundstucke an der Westenriederstraße versteigert, die baufallig gewordenen Gebaude 1889 abgebrochen.
Noch im selben Jahr wurde an deren Stelle ein Wohn- und Geschaftshaus errichtet, das im
Zweiten Weltkrieg
zerstort wurde. Lange befand sich an der Stelle der von Metivier erbauten Synagoge eine Baulucke. Unter anderem wurde erwogen, dort eine Synagoge fur die liberale Munchner Gemeinde
Beth Shalom
zu errichten. Im
Bezirksausschuss
Altstadt-Lehel
gab es Unterstutzung fur diese Idee.
[3]
Ab Februar 2011 errichtet die Baywobau an dieser Stelle wieder ein Wohn- und Geschaftshaus. Bei Ausgrabungsarbeiten, die den eigentlichen Baumaßnahmen vorangingen, wurden Reste der
Zwingermauer
und eines
Schalenturms
gefunden.
[4]
Der erste
Rabbiner
an der Synagoge war
Hirsch Aub
, als letzter Rabbiner amtierte dort bis zur Errichtung der neuen Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße
Joseph Perles
.
- ↑
a
b
c
d
Andreas Heusler:
Beth ha-Knesseth Ort der Zusammenkunft. Zur Geschichte der Munchner Synagogen, ihrer Rabbiner und Kantoren.
Hrsg.: Stadtarchiv Munchen. Buchendorfer Verlag, Munchen 1999,
ISBN 3-934036-09-0
,
S.
35–44
.
- ↑
Hirsch Aub:
Rede bey der Einweihungs-Feyer der Synagoge in Munchen am 21. April 1826
, Karl Wolf, Munchen 1826
, abgerufen am 12. Marz 2012
- ↑
Suddeutsche Zeitung:
Der Traum von der eigenen Synagoge. Die liberale judische Gemeinde Beth Shalom sucht ein neues Domizil - Finanzierung ist noch ungeklart
, 23. Februar 2009, S. 53
- ↑
Martin Bernstein:
Auferstanden aus der Grube.
In:
sueddeutsche.de.
Suddeutsche Zeitung
, 9. Februar 2011,
abgerufen am 27. April 2015
.
48.1349
11.5781
Koordinaten:
48° 8′ 5,6″
N
,
11° 34′ 41,2″
O