Zu Rundballen zusammengepresstes Weizenstroh
Strohernte
Strohhut
Stroh
(das, -[e]s, kein Plural) ist ein Sammelbegriff fur
ausgedroschene
und trockene
Halme und Blatter
von
Getreide
,
Olpflanzen
,
Faserpflanzen
oder
Hulsenfruchten
.
Das meiste Stroh wird als
Humus
- und Nahrstoffquelle in den Boden
landwirtschaftlicher Nutzflachen
eingearbeitet, entweder direkt nach der Ernte oder ? vermischt mit Tierexkrementen als
Mist
? nachdem es als
Einstreu
genutzt wurde. Einige Stroharten dienen auch als rohfaserreiche, aber nahrstoffarme
Futtermittel
. Stroh wird auch energetisch genutzt als
Brennmaterial
und als Rohstoff fur
synthetische Biokraftstoffe
. Zudem wird Stroh als
Baumaterial
(
Strohballenbau
), als
Rohstoff
fur (
kunst-
)
handwerkliche
Arbeiten (z. B.
Strohflechterei
)
[1]
sowie fruher auch als Material zur Eindeckung von
Dachern
verwendet.
Im Unterschied zum ausgedroschenen Stroh besteht
Heu
aus getrockneten, geschnittenen
Futterpflanzen
, also meist aus
Grasern
und
Krautern
, zum Beispiel aus
Klee
.
Stroh kann sowohl stofflich als auch energetisch genutzt werden. Dabei lasst sich die Verwendung des Strohs bis in die vorgeschichtlichen Phasen der Menschheitsgeschichte mit den
Anfangen der landwirtschaftlichen Nutzung
von Getreidearten zuruckverfolgen. Das Stroh verschiedener Getreidearten, im Wesentlichen
Weizen
,
Roggen
,
Gerste
und
Triticale
, fallt als
Koppelprodukt
bei der Nutzung des Getreides zur Ernahrung und Starkegewinnung an. Im Jahr werden in Deutschland etwa 23 Mio. t Weizen auf 3,2 Mio. ha Flache produziert, hinzu kommen 11,5 Mio. t Gerste auf 2 Mio. ha, 2,8 Mio. t Roggen auf 550.000 ha, 2,6 Mio. t Triticale auf 380.000 ha und 1,2 Mio. t Hafer auf 210.000 ha.
[2]
So fallen jahrlich etwa 21 Mio. t Getreidestroh an, davon 11 Mio. t Weizen-, 6,5 Mio. t Gersten-, 2 Mio. t Roggen-, 1,3 Mio. t Hafer- und 1,2 Mio. t Triticale-Stroh (berechnet auf der Basis des Korn-Strohverhaltnisses). Davon konnen ohne Schaden fur die Bodenfruchtbarkeit rund 20?30 % dem Stoffkreislauf fur eine energetische oder stoffliche Nutzung entnommen werden, andernfalls ist eine Zufuhr vergleichbarer organischer Substanz auf die Anbauflachen notig, um eine ausgewogene
Humusbilanz
sicherzustellen.
[3]
[4]
Strohballengarten
Der großte Teil des eingefahrenen Strohs dient als
Tiereinstreu
fur die Großtierhaltung (Rinder, Pferde und Schweine) und wird nach der Nutzung wieder in den Nahrstoffkreislauf zuruckgefuhrt. Im Privatbereich wird Stroh fur die Haltung von Kaninchen und anderen Kleintieren eingesetzt: Es kann hier als Alternative zu Sagespanen oder
Schaben
verwendet werden. Gerstenstroh hat gegenuber Stroh aus anderen Getreidearten eine deutlich hellere Farbe und nimmt schlechter Feuchtigkeit auf. Aus diesem Grunde eignet es sich nicht so gut als Einstreu. Ebenso verhalt es sich mit Haferstroh, das ebenso sehr weich ist und deshalb hauptsachlich als Futterstroh genutzt wird. Roggen- und Weizenstroh hingegen eignen sich sowohl zum Futtern als auch als Einstreu. Geringere Mengen Stroh werden in der
Pilzzucht
als Aufzuchtssubtrat oder im
Obstbau
, vor allem bei
Erdbeeren
zum Unterlegen der Fruchte benutzt, damit die Fruchte nicht auf der Erde aufliegen und verschmutzen. Zudem dient es als Kalteschutz. Der englische Name der Frucht ? strawberry ? verweist auf diese traditionelle Verwendung von Stroh.
Moderner Strohballenbau als Passivhaus. Bauweise: Mit
Lehm
verputzte
Strohballen
, hinterluftete
Holzfassade
in nichttragender Bauweise
Eine stoffliche Verwendung vor allem von Weizenstroh stellt seine Nutzung als Bau- und Dammstoff dar. Im Hausbau ist der
Strohballenbau
etabliert, der bereits seit ca. 1890 in den
Vereinigten Staaten
praktiziert wurde und seit den 1980ern eine Renaissance erlebt, heutzutage dienen Strohballen als Baustoff in Nordamerika, Europa und Asien.
[6]
Bei der tragenden Strohballenbauweise bestehen die Wande ganzlich aus Strohballen und die Dachlast wird uber die Strohballen getragen. Bei der nicht-tragenden Bauweise bildet ein
Holzstanderwerk
das
Tragwerk
und die Zwischenraume (
Gefache
) werden mit Stroh ausgefullt. Diese
Konstruktionsart
entspricht weitgehend dem
Holzrahmenbau
oder auch dem klassischen
Fachwerkhaus
[7]
und wird in Deutschland meist vorgezogen, da Strohballen hier bauaufsichtlich noch nicht als lasttragende Baustoffe zugelassen sind.
[6]
Eine weitere Moglichkeit der Dammung mit Stroh stellt Einblasstroh dar, das wie Zellulose verwendet werden kann. Ferner wird Stroh in Form von
Strohbauplatten
fur Zwecke des Trockenausbaues angewandt.
Stroh ist ein guter
Dammstoff
, der in Ballenform einen
WLG-Wert
von 046 aufweist, als Einblasdammung einen von 043
[8]
und besitzt eine allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung, naheres in
Strohballenbau
. Fachgerecht verbaute Strohballen sind schimmelresistent, werden als
normalentflammbarer Baustoff
(B2) kategorisiert und sind mit
Setzungs
werten von 2,3 % im Bauteil anderen Dammstoffen ebenburtig.
[9]
Die Rohdichte der Ballen liegt zwischen 90 und 150 kg/m³.
[6]
Daruber hinaus existieren zahlreiche Mischformen. So wurde Stroh im
Lehmbau
traditionell oft gemischt mit Lehm verwendet, es erhoht die Festigkeit und verbessert die Warmedammung. Außerdem wurden fruher in vielen Regionen
Strohdacher
gefertigt.
Herstellung von Bienenkorben aus geflochtenem Stroh
Strohballenfiguren
Brautpaar mit Kind als Strohfiguren und Hinweisschild zum
Hahn holen
Strohballenfiguren zur Hochzeit
Vor allem historisch hatte die Verwendung von Stroh fur eine Reihe von Produkten sehr viel großere Bedeutung, wurde jedoch durch andere Materialien abgelost. Aus geflochtenem Stroh wurden Schuhe hergestellt, die so genannten
Strohschuhe
. Eine weitere Verwendung waren
Bienenkorbe
aus geflochtenem Stroh, die gelegentlich auch heute noch gefertigt werden.
[10]
Uberholt ist auch der Einsatz als
Trinkhalm
, obgleich Plastiktrinkhalme nicht selten immer noch als
Strohhalme
bezeichnet werden. Als Verpackungsmaterial wurden fruher Strohhalme verwendet, um Erschutterungen zu dampfen. Diese Funktion wird heute vor allem durch
Polystyrol
und andere Kunststoffe erfullt, obwohl es auch neue Produkte auf Strohbasis als Verpackungsfullmaterial gibt. Mitunter wird Stroh auch fur die Herstellung von
Papier
verwendet.
[11]
Auch
Zielscheiben
fur das
Bogenschießen
werden aus Stroh gefertigt.
[12]
In Japan werden die Wohn- und Schlafraume mit Matten aus Reisstroh ausgelegt, sogenannten
Tatamis
. In Europa werden Tatamis unter anderem als Unterlage fur die Ausubung von
Judo
und anderer japanischer
Kampfsportarten
verwendet.
[13]
Um das Jahr 1800 wurde Stroh als Schussmaterial fur die Herstellung von
Marlingewebe
verwendet. Fur delikate Bastelarbeiten finden seit uber einhundert Jahren Strohhalme Verwendung, zum Beispiel fur die
Weihnachtsdekorationen
Strohsterne
und
Himmeli
.
Uber Jahrhunderte wurden Strohsacke anstatt
Matratzen
benutzt. Stroh oder auch Heu wurde mehrmals im Jahr ausgetauscht und der Strohsack gewaschen. Da die langen Halme schnell brachen, wurde das Lager hart und unbequem. Heute erlebt das
Naturprodukt
in Strohkernmatratzen eine kleine Renaissance: Gereinigtes Stroh wird gepresst, mit einem Gewebe umgeben, mit Garn versteppt und oft auch mit Lagen anderer Naturmaterialien wie
Naturkautschuk
kombiniert. Den
Strohwisch
nutzte man als Ackerzeichen.
Neben
Holz
, insbesondere auch schnellwachsenden Holzern aus
Kurzumtriebsplantagen
, stellt Getreidestroh einen potenziellen Lieferanten fur
Lignocellulose
als Rohstoff fur die Nutzung in
Bioraffinerien
zur Herstellung verschiedener
Plattformchemikalien
dar. Entsprechende Vorhaben befinden sich allerdings noch in der Planung.
[14]
Relativ neu ist die Erstellung von
Strohballenfiguren
aus
Rundballen
zu verschiedenen Anlassen.
Stroh ist in Deutschland gemaß der
Kleinfeuerungsanlagenverordnung
[15]
als Regelbrennstoff fur Heizungen zwischen 15 kW und 100 kW freigegeben, so dass ein Verbrennen in Anlagen fur den Hausgebrauch ohne Sondergenehmigung gestattet ist. Fur Anlagen von z. B. 15 bis 50 kW ergeben sich aus dieser Vorschrift Abgasgrenzwerte (pro m³ Abgas) von 0,15 g/m³
Feinstaub
und 4 g/m³
Kohlenmonoxid
(CO), die Nutzung in Heizungen fur Einzelhaushalte ist jedoch wenig verbreitet, da die Anlagentechnik im Vergleich zu anderen Brennstoffen (Pellets, Holz) aufwendiger ist. In Danemark ist die Verbrennung von Stroh zur dezentralen Warme- und Stromgewinnung bereits relativ verbreitet.
[16]
In Norddeutschland sind die ersten drei Strohheizkraftwerke Deutschlands geplant, deren Feuerungswarmeleistung je 49,8 MW betragen soll.
[17]
Es ist dabei abzugrenzen von der
Getreideverbrennung
, bei der das Korn zur Befeuerung genutzt wird. Die Herstellung von Energiepellets aus Stroh zur Verbrennung wird vereinzelt praktiziert, allerdings sind die meisten
Pelletheizungen
nur fur
Holzpellets
geeignet.
Die Verbrennungseigenschaften von Stroh unterscheiden sich deutlich von denen des Brennstoffs Holz. Unter anderem sind die Aschegehalte deutlich hoher, bei gleichzeitig verringertem Ascheschmelzpunkt und hoheren Flugstaubemissionen.
[18]
Zudem sind die Konzentrationen von Stickstoff, Schwefel und Chlor fur eine Verbrennung ungunstiger. Vor allem in Kleinanlagen ist die Einhaltung geltender
Emissionsgrenzwerte
mit erheblichen zusatzlichen Aufwendungen verbunden.
[19]
Es hat einen
Brennwert
von 18,3 bis 18,5 MJ/kg.
[20]
Nachdem in vielen Dorfern ganze Hauserreihen abbrannten, wurden im 18. Jahrhundert unter
Pfalzgraf Karl IV.
der Verhutung eines Feuerbrandes dienende strenge Anordnungen erlassen, in denen auch die vorschriftsmaßige Hantierung mit Stroh und Heu geregelt war.
[21]
Als cellulosereicher Rohstoff ist Stroh auch zur Herstellung von Biokraftstoffen geeignet, die Cellulose als Ausgangsprodukt nutzen (zum Beispiel
BtL-Kraftstoff
und andere synthetische Biokraftstoffe,
Cellulose-Ethanol
). Diese Kraftstoffe befinden sich noch weitgehend in der Entwicklungsphase.
Im Jahr 2012 wurde in
Zorbig
(
Sachsen-Anhalt
) die erste Anlage in Betrieb genommen, die aus jahrlich 20.000 Tonnen Stroh
Biomethan
erzeugen kann. Das
Deutsche Biomasseforschungszentrum
in
Leipzig
schatzt das Potential in Deutschland auf 8?13 Mio. Tonnen, in Osteuropa auf 240 Mio. Tonnen, wobei 8 Mio. Tonnen 2,5
Gigawatt
oder anschaulich dem Energiebedarf von 4 Mio. Erdgasfahrzeugen entspricht.
[22]
[23]
Anders als beim Anbau von
Energiepflanzen
bedingt die energetische Nutzung von Stroh keine Konkurrenz um Flachen zur Nahrungsproduktion. Da die Vergarungsruckstande auf die Acker ausgebracht werden konnen, tritt auch nur begrenzt Nahrstoffverlust auf.
Etymologisch
hangt der Begriff Stroh mit dem
alt-
und
mittelhochdeutschen
Ausdruck
str?
(verwandt mit
strouwen
: ?streuen‘) zusammen, bedeutet also eigentlich
Ausgestreutes
bzw.
Ausgebreitetes
,
(Stall-)Streu
.
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