Stripper
ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zum Rocksong von Achille Lauro siehe
Stripper (Lied)
.
Dieser Artikel beschaftigt sich mit der Kunst der erotischen Entkleidung; zum gleichnamigen Film siehe
Striptease (Film)
; zu
Stripper
-Gas bzw. -Folie, die Elektronen von beschleunigten negativen Ionen abstreift siehe
Tandembeschleuniger
.
Striptease
(
?str?ptiːz
) ist die Kunst der erotischen Entkleidung, besonders auf den Buhnen von
Nachtclubs
.
Diese Kunst baut vor allem auf gekonnte Andeutungen und raffinierte Verzogerungen (englisch:
to tease
) wahrend des verfuhrerischen Tanzes der
Stripperin
oder des
Strippers
. Oft wurden und werden dabei auf der Buhne Geschichten inszeniert, treten die Stripperinnen z. B. in orientalischen Gewandern auf oder verkleiden sich als
Salome
,
Lolita
oder
Marilyn Monroe
. Gefragt sind vor allem
Erotik
und
Sexappeal
, personliche Ausstrahlung und
Phantasie
.
[1]
Um die Geschichte des Striptease ranken sich verschiedene Vermutungen. Eine davon fuhrt den Striptease auf den angeblichen erotischen
Schleiertanz
der
Salome
zuruck, die vor
Herodes
wahrend ihres Tanzes sieben Schleier abgelegt habe. Nach Markus 6,17?29 und Matthaus 14,3?1 soll die Tochter von Herodes’ Frau Herodias, von dieser dazu angestiftet, von Herodes den Kopf Johannes des Taufers als Belohnung fur einen Tanz gefordert und erhalten haben. Der Name Salome und ihr
Schleier
tanz wird in den Evangelien nicht genannt.
Eine dezidiert beschriebene und im Bild festgehaltene Darbietung findet sich 1720 in der deutschen Ubersetzung des franzosischen
La Guerre D'Espagne
(
Pierre Marteau
, Cologne, 1707). Eine
galante
Gesellschaft von hohen Aristokraten und Opernsangerinnen hat sich auf ein Gut zuruckgezogen, jeder dritte Tag ist der Musik gewidmet:
?Am dritten Tag, so zum Ball und Tanz bestimmt war, spielte man eine der artigsten Kurtzweil, die Herren zu divertieren; Sie hatten ein solches Spectacul, welches ihren Augen alle Schonheit der Natur vorstellte: und wann die Annehmlichkeiten eines wohlgewachsenen Madgens fahig sind, die Gemuther zu ruhren, so kan man sagen, daß unsere Printzen alle Niedlichkeiten der Liebe genossen. Die Tanzerinnen, um ihren Amant desto besser zu gefallen, zohen ihre Kleider ab, und tantzten gantz nackend die schonsten Entreen und Ballets; einer von den Printzen dirigirte dann diese entzuckende Music, und stunde die Schaubuhne niemand als diesen Verliebten offen.“
Lydia Thompson
und die British Blondes
waren 1868 die ersten, die nicht in langen Rocken, sondern in hautengen, aber blickdichten
Strumpfhosen
und ?Skirts“ (knielange Hemdkleider) auf die Buhne traten und zeigten, was bis dahin sorgfaltig verborgen blieb: das weibliche Bein. Die
Cancan
- und Chahut-Tanze aus Paris waren zur damaligen Zeit ebenfalls eine Sensation. Der Cancan galt als wild, anstoßig und obszon. In den 1880er Jahren begannen
La Goulue
und Grille d'Egout ihre Karriere im Elysee-Montmartre auf dem Boulevard Rochechouart. Zusammen mit dem Kapellmeister Louis Dufour gaben sie dem Cancan einen neuen Aufschwung. Sie begeisterte die Zuschauer mit ihren besonderen Tanzeinfallen. Die große Diseuse
Yvette Guilbert
schreibt uber sie in ihren Memoiren:
?
Die Goulue
in schwarzen Seidenstrumpfen nahm ihren schwarzen Atlasfuß in die Hand und ließ die sechzig Meter Spitzen ihrer Jupons hin- und herkreisen; sie zeigte ihr Hoschen, dem drollig ein Herz aufgestickt war, das sich kurios uber ihr kleines Hinterteil spannte, wenn sie ihre unehrerbietigen Reverenzen machte; rosa schimmerte die Rosette des Strumpfbandes, und bis auf die feinen Knochel sank ein kostlicher Spitzenschaum und ließ ihre herrlichen gelenkigen, geistvollen und aufreizenden Beine erscheinen und verschwinden. Mit einem Schwung des Fußes nahm die Tanzerin ihrem Kavalier den Hut ab und setzte sich in die Gratsche, mit starraufrechtem Oberkorper, die schmale Taille in himmelblauer Seidenbluse.“
?
?
Am 13. Marz 1894 wurde der erste offentlich vorgefuhrte Striptease im Varietetheater
Divan Fayounau
in Paris professionell getanzt. Die Kunstlerin erhielt deswegen eine Geldstrafe.
Ab 1905 begann eine bis dahin unbekannte Tanzerin unter dem Pseudonym
Mata Hari
in
Paris
ihre Karriere als Tanzerin. Auf Einladung des Industriellen
Emile Guimet
tanzte sie am 13. Marz 1905 in seinem Museum vor einem ausgesuchten Publikum. Die Szene, in der sie zuletzt ?nackt“ zu sehen war, wurde eine Sensation. Es folgten Auftritte in den Salons von Baron von Rothschild, Cecile Sorel, Gaston Menier,
Natalie Clifford Barney
. Mata Hari hatte Tanz nie erlernt oder sich mit indischen und
orientalischen Tanzen
(mit denen der Striptease prinzipiell nicht verwandt ist) beschaftigt. Ihre Tanze waren Kreationen ihrer Phantasie. Am 25. Juli 1917 wurde Mata Hari wegen Doppelspionage und Hochverrats von einem franzosischen Militargericht zum Tode verurteilt. Am 15. Oktober 1917 wurde sie in Vincennes nahe Paris von einem Exekutionskommando erschossen.
Im Bereich des Buhnentanzes beschaftigten sich um 1900 viele Tanzerinnen mit dem Thema der
Salome
. Viele der Damen entkleideten sich in ihren Tanzen, einige blieben bekleidet. Das Thema der Salome war ein typisches
Fin-de-Siecle
-Thema und wurde als ?klassisch etablierter“ Vorwand benutzt, um den weiblichen Korper zur Schau zu stellen und zu enthullen.
Im
Berlin
der 1920er Jahre wurden die Schauspielerinnen und ?Schonheitstanzerinnen“
Celly de Rheidt
,
Anita Berber
und
Olga Desmond
mit ihren nackt dargebotenen
Ausdruckstanzen
bekannt. Zu Olga Desmonds Nackttanzen schrieb ein Kritiker: ?Die Keuschheit dieser Kunst ergriff aller Herzen und drang durch die dicke Kruste der Vorurteile...“. In der Berliner
Nelson-Revue
trat
Josephine Baker
meist ohne den Schurz aus Bananen auf.
[3]
Anita Berbers Tanze mit Titeln wie ?Kokain“ oder ?Tanze des Lasters, des Grauens und der Ekstase“ fuhrten immer wieder zu tumultartigen Szenen wahrend der Auftritte. Bald war sie bekannt und ebenso skandalumwittert und beruchtigt. Ihre exzessive Lebensweise sorgte ebenfalls immer wieder fur Skandale. Auch
Odon von Horvath
sah in seinem Stuck
Geschichten aus dem Wiener Wald
eine Striptease-Szene vor.
In der
Zeit des Nationalsozialismus
wurden unter der Bezeichnung
Schonheitstanz
Nackttanze und Erotik bis in die Kriegsjahre geboten.
[4]
Auch nach dem
Zweiten Weltkrieg
wurde der Striptease als ?Schonheitstanz“ dargeboten. Noch in den 1950er Jahren war er unter dieser Bezeichnung in
Westdeutschland
Bestandteil einer aufbluhenden
Sexindustrie
. Der
Playboy
Rolf Eden
betrieb mit seinen Strip-Shows mehrere Nachtlokale in Berlin. In
Paris
offneten gehobene
Nachtclubs
wie das Alcazar oder das
Crazy Horse
ihre Pforten und huldigten dem perfekt inszenierten Striptease. In US-Offizierheimen in Deutschland gehorten Nackttanz und Striptease noch in den 1970er Jahren zum Programm.
[5]
Wahrend in der Vergangenheit Striptease oft von speziell ausgebildeten Tanzerinnen in dafur vorgesehenen Klubs praktiziert wurde, hat sich der Striptease der Gegenwart zu einem Massenphanomen entwickelt. Oftmals entkleiden sich Amateure auf Partys und Tanzveranstaltungen, ohne dass damit ein hoher professioneller Anspruch verbunden ware. Eine hohe Verbreitung erreichten auch kurze Videoclips im Privatfernsehen, die auf Striptease aufbauend, die Zuschauer zur Nutzung von
Telefonmehrwertdiensten
bewegen sollen. Dessen ungeachtet wird in einigen, insbesondere Pariser Lokalen weiterhin der klassische Striptease inklusive Ausbildung auf hohem Niveau gepflegt.
Der 1996 erschienene Spielfilm
Striptease
, mit
Demi Moore
in der Hauptrolle der Erin Grant, spielte im Milieu US-amerikanischer Striptease-Clubs, ohne allerdings nennenswerte Hintergrundinformationen zu liefern.
Ursprunglich war der Striptease eine reine Domane der weiblichen Stripper, die mit ihren erotischen Tanzen auf mannliche
Voyeure
abzielten. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich aber auch eine eigenstandige Kultur der mannlichen Stripper entwickelt; in diesem Bereich sind vor allem die
Chippendales
zu nennen.
Eine in den 1930er Jahren verbreitete und in jungster Vergangenheit wiederentdeckte Abwandlung des Striptease, bei der jedoch keine vollstandige Entkleidung stattfindet, ist die
New Burlesque
. Bei dieser von Elementen des
Kabaretts
und
Varietes
gepragten Darstellung stehen weniger die sexuelle Stimulation als Fantasie und Humor im Vordergrund, was sich hinsichtlich der Darstellerinnen mitunter durch den Bruch mit den
Schonheitsidealen
widerspiegelt.
- Richard Wortley:
A Pictorial History of Striptease.
Octopus Books Limited, London 1976,
ISBN 0-7064-0469-6
.
- Diane Atkinson:
Striptease. Eine Erzahlung.
Rowohlt, Reinbek 1996,
ISBN 3-499-13942-1
.
- George P. Garrett:
The magic striptease.
LSU Press, Baton Rouge, Lou. 2003,
ISBN 0-8071-2874-0
.
- Carl Hiaasen:
Striptease ? Nachtclub. Der Roman zum Film mit Demi Moore.
Goldmann, Munchen 1996,
ISBN 3-442-43628-1
.
- Lucinda Jarrett:
Striptease. Die Geschichte der erotischen Entkleidung.
Rutten & Loening, Berlin 1999,
ISBN 3-352-00620-2
.
- Brian McNair:
Striptease Culture. Sex, media and the democratization of desire.
Routledge, London 2002,
ISBN 0-415-23733-5
.
- Steve Sullivan:
Bombshells. Glamour Girls of a Lifetime.
St. Martin’s, New York 1998,
ISBN 0-312-16790-3
.
- Live Nude Girls UNITE!
, Regie: Julia Query & Vicky Funari, 2000 (Dokumentarfilm)
- ↑
Erklarung des Begriff Striptease.
Abgerufen am 15. Juni 2019
.
- ↑
Der spanische, teutsche, und niederlandische Krieg oder: des Marquis von ... curieuser Lebens-Lauff.
Band 2 Franckfurt und Leipzig 1720, S. 238. Wiedergegeben nach Olaf Simons:
Marteaus Europa oder der Roman, bevor er Literatur wurde: eine Untersuchung des deutschen und englischen Buchangebots der Jahre 1710?1720.
Rodopi, Amsterdam 2001, S. 617?635.
- ↑
Otto-Ernst Schuddekopf
Die erste deutsche Republik - Rummelplatz Berlin
, in
Unser Jahrhundert im Bild
, S. 370 f, C. Bertelsmann Verlag 1964
- ↑
Bsp. Kabarett im Berghof, Koln, 1942. Siehe Dokumentarfilm
Winter 42/43
, ARD am 7. Januar 2013, 41. Minute
Archivierte Kopie
(
Memento
vom 11. Januar 2013 im
Internet Archive
) abgerufen am 8. Januar 2013
- ↑
Tony Vaccaro
Entering Germany
S. 188f, 2001, Taschen
ISBN 3-8228-5908-7