Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Strahlentherapie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Strahlentherapie (auch Radiotherapie ) oder Strahlenbehandlung ist die medizinische Anwendung von ionisierender Strahlung auf den Menschen und auf Tiere, um Krankheiten zu heilen oder deren Fortschreiten zu verzogern. Die Strahlung kann aus Geraten oder aus radioaktiven Praparaten stammen. Fachgebiete fur diese spezielle Anwendung von Strahlung heißen Strahlenheilkunde und Radioonkologie .

Als Strahlen werden vorwiegend Gammastrahlung , Rontgenstrahlung und Elektronenstrahlung verwendet. In den letzten Jahren wurden auch Anlagen zur Behandlung mit Neutronen , Protonen und schweren Ionen (haufig Kohlenstoff -Ionen) errichtet. Nicht ionisierende Strahlen wie zum Beispiel Mikrowellen- und Warmestrahlen, Licht- und UV-Therapie sowie die Behandlung mit Ultraschallwellen werden der Strahlentherapie nicht zugeordnet.

Strahlentherapie umfasst die Behandlung von gut- und bosartigen Erkrankungen. Sie wird von Facharzten fur Radiologie oder fur Strahlentherapie unter Mitwirkung von medizinisch-technischen Radiologieassistenten und spezialisierten Medizinphysikern ausgeubt. Ihre Tatigkeit unterliegt der landerspezifischen Gesetzgebung im Strahlenschutz und den nachgeordneten Verordnungen (vgl. Strahlenschutzverordnung ) und Normen. Der eigentlichen Therapie geht ein komplexer Planungsprozess ? die Bestrahlungsplanung ? voraus. Umfangreiche organisatorische und technische Qualitatssicherungsmaßnahmen sorgen dafur, dass Bestrahlungsfehler weitgehend ausgeschlossen werden konnen.

Nach den in Deutschland gultigen Weiterbildungsordnungen umfasst das Gebiet Strahlentherapie auch die medikamentosen und physikalischen Verfahren zur Radiosensibilisierung und Verstarkung der Strahlenwirkung am Tumor ( Radioimmuntherapie und Radiochemotherapie ), unter Berucksichtigung von Schutzmaßnahmen der gesunden Gewebe.

Geschichte der Strahlentherapie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am 28. Dezember 1895 versandte Wilhelm Conrad Rontgen die erste seiner drei Mitteilungen uber eine neue Art von Strahlen . Die Arzteschaft nahm die Entdeckung begeistert auf; noch 1896 wurden in ganz Europa und in den USA Hunderte von Rontgenapparaten in Betrieb genommen.

Bald wurde erkannt, dass die Strahlen Hautentzundungen und Haarausfall verursachen. Erst in den Folgejahren gelangten die schwerwiegenden Strahlenschaden bis hin zum Tod vieler Rontgenarzte in das Bewusstsein der Anwender. Erst 1904 schrieb der Bostoner Zahnarzt William Herbert Rollins das weltweit erste Buch uber Strahlenfolgen. Zunachst war man uber die Wirkung erfreut und versuchte sie therapeutisch zu nutzen.

Am 6. Marz 1897 veroffentlichte der Osterreicher Leopold Freund in der Wiener Medizinischen Wochenschrift einen Artikel mit dem Titel Ein mit Rontgen-Strahlen behandelter Fall von Naevus pigmentosus piliferus (Tierfell- Muttermal ). Die Behandlung eines funfjahrigen Madchens war der erste beschriebene Fall, bei dem Rontgenstrahlen zu Heilzwecken angewendet wurden. Im Jahr 1903 gab Freund das erste Lehrbuch der Strahlentherapie heraus: Grundriss der gesamten Radiotherapie fur praktische Arzte . Wichtige Pioniere der Strahlentherapie waren Friedrich Dessauer und Hans Holfelder .

Im Jahr 1912 gelang Otto von Franque die Heilung eines Eierstockkrebses mit Rontgenbestrahlung. Ab 1913 wurde die Strahlentherapie der gynakologischen Karzinome als der chirurgischen Behandlung gleichberechtigte Behandlungsmethode zunehmend anerkannt und von Bernhard Kronig , Ernst Bumm , Albert Doderlein (Strahlenbehandlung des Kollumkarzinoms), Paul Kroemer (1874?1917), Gustav Klein (1862?1920) und Carl Joseph Gauß ausgebaut. 1913 hatte Hans Meyer die Vorzuge des Pendelprinzips bei der Strahlentherapie erkannt. [1]

Neben diagnostischen Geraten entwickelten die Ingenieure bald spezielle Therapierohren und -generatoren. Ein wichtiger Meilenstein war die von William David Coolidge erfundene Hochleistungsrohre. In Erlangen wurde 1925 eine Anlage vorgestellt, die es erlaubte, die Rontgenrohre um den Patienten herumzuschwenken und das Ziel aus mehreren Richtungen zu bestrahlen. Diese sogenannte ?Kreuzfeuerbestrahlung“ war der Vorlaufer der modernen Konformaltherapie. Nach dem Zweiten Weltkrieg ersetzten radioaktive Strahler mit hoherer Leistung und Maximalenergie fast alle Therapierohren. Nur fur die Behandlung von oberflachlichen Hauttumoren werden gelegentlich noch Rontgenstrahler eingesetzt ( Grenzstrahlen- und Weichstrahlengerate ).

Radiumhemmet 1917

Fast gleichzeitig mit der Entwicklung von Rontgenstrahlern war die Entdeckung und technische Nutzung der naturlichen Radioaktivitat einhergegangen, aufbauend auf der Entdeckung des Radiums durch Marie und Pierre Curie 1898. Die von Radium abgegebene Strahlung ist viel energiereicher als Rontgenstrahlung. Der Gammastrahlenanteil kann dabei sehr tief in den Korper eindringen. Radium lasst sich zudem industriell herstellen und konfektionieren. Die Radiumstrahler benotigen keine Stromquelle und zerfallen extrem langsam. Sie eignen sich besonders zur Brachytherapie in Korperhohlen. Daher richteten viele Kliniken nach dem Muster des 1910 in Stockholm gegrundeten Radiumhemmet Strahlentherapieeinheiten ein ( Stockholmer Methode ), vorzugsweise innerhalb der Gynakologie . 1949 wurde in einem Demonstrationsfilm die an der Frauenklinik der Universitat Gottingen entwickelte ?Gottinger Methode“ vorgestellt, eine Kleinraumbestrahlung mit Radium im ?Siemens-Korperhohlenrohr“. Sie gilt als einer der Vorlaufer des heute ublichen Afterloadings .

Strahlentherapie 1970 in der DDR

1941 wurde unter Leitung von Enrico Fermi der erste Atomreaktor der Welt kritisch und hielt eine Kettenreaktion selbstandig aufrecht. In diesen Reaktoren ist die Herstellung von kunstlichen Radionukliden moglich, die gegenuber dem Radium geeignetere physikalische Eigenschaften haben, vor allem eine hohere Dosisleistung pro Masseeinheit. In der Teletherapie wurden die Rontgenrohren bis 1960 uberall durch Strahlenkanonen mit Quellen aus radioaktivem Cobalt -60 oder Casium -137 ersetzt. Wegen der damit verbundenen Strahlenschutzprobleme gab es schon 1954 die ersten Versuche, elektrisch betriebene Teilchenbeschleuniger fur die Therapie zu modifizieren, angefangen mit einem großen Van-de-Graaff-Beschleuniger in Berkeley, spater vorwiegend mit beweglich konstruierten Betatrons . Diese Anlagen waren jedoch sehr teuer und aufwendig bei schwacher Dosisleistung, sodass die Telecurie -Gerate (sogenannte Kobaltkanonen ) in den meisten Kliniken weiter genutzt wurden. Trotz strenger Strahlenschutzvorschriften fur den Erwerb, die Nutzung und die Entsorgung kam es in der Vergangenheit zu folgenschweren Unfallen durch die illegale Entsorgung ausgedienter Strahlenquellen. Wegen ihrer uberlegenen technischen Eigenschaften und im Hinblick auf solche Risiken ersetzten schließlich die Linearbeschleuniger, die seit ca. 1970 verfugbar waren, die Cobalt- und Casiumstrahler in der Routinetherapie. In Deutschland sind Anfang der 2000er Jahre die letzten Kobaltkanonen außer Betrieb gegangen. Linearbeschleuniger durfen im Gegensatz zu den Rontgen- und Telecurieanlagen in Deutschland nur in Anwesenheit eines Medizinphysikers benutzt werden, dem auch die technische Qualitatskontrolle obliegt. Die effektiv auf den Patienten abgegebene Dosis ist sehr vielen Einflussen und Fehlermoglichkeiten unterworfen, sodass nur durch peinlich genaue Uberwachung der Maschine schwere Unfalle wie der Therac-25 -Fehler 1986 in Zukunft verhindert werden konnen. Neue Verfahren wie die IMRT ergeben weitere Risiken, die in ihrer Komplexitat und Unanschaulichkeit begrundet sind.

In der Brachytherapie wurde Radium noch lange weiterverwendet. Dabei mussten die etwa bohnengroßen Radiumpatronen von Hand eingesetzt, nach 1 bis 2 Tagen wieder entfernt und gereinigt werden. Wegen der hohen Strahlenbelastung des Personals und der Gefahr versehentlicher Kontaminationen wurden die europaischen Radiumstationen bis 1990 nach und nach durch Afterloading-Systeme ersetzt, die mit dem kunstlichen und intensiv strahlenden Isotop Iridium -192 bestuckt sind.

Medizinischer Linearbeschleuniger
Ein medizinischer Linearbeschleuniger sowjetischer Bauart in der Radiologischen Klinik der Friedrich-Schiller-Universitat Jena , DDR im Februar 1985

Anwendung gegen Krebs

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Bestrahlungsplan fur einen Brustkrebs

Bosartige Tumoren werden sehr haufig bestrahlt; oft auch in Kombination mit anderen Behandlungsverfahren wie Operation und Chemotherapie . Etwa jeder zweite Krebskranke erhalt eine oder mehrere Strahlentherapien. Etwa gleich haufig sind palliative Bestrahlungen, etwa von Knochen metastasen , und kurative , das heißt in Heilungsabsicht angewendete Behandlungsserien. Neoadjuvante Strahlentherapie soll den Tumor fur eine nachfolgende Operation verkleinern; adjuvante Strahlentherapie soll das Ergebnis einer vorangegangenen Operation sichern und mikroskopische Tumornester vernichten. Eine onkologische Behandlung folgt dabei stets der ? Log cell kill “-Gesetzmaßigkeit. Die Strahlentherapie in Heilungsabsicht wird so konzipiert, dass sie den Tumor, der nicht selten aus 100 Milliarden Zellen besteht, bis zur letzten Zelle zerstort. Da sich einzelne Tumorzellen nicht mehr nachweisen lassen, erweist sich der tatsachliche Erfolg der Behandlung erst in den Monaten und Jahren danach. Sollte sich an gleicher Stelle innerhalb des Nachsorgezeitraums wieder ein Tumor bilden, muss von einem Rezidiv ausgegangen werden.

Der Behandlungsentscheidung liegt unter anderem die Frage zu Grunde, inwieweit sich der zu behandelnde Tumor in seiner Lokalisation fur eine strahlentherapeutische Intervention eignet. Nicht alle Tumoren sind strahlenempfindlicher [2] als das Normalgewebe, [3] welches sie umgibt. Eine der Ursachen fur eine geringere Strahlungsempfindlichkeit ist Sauerstoffmangel ( Hypoxie ) im Tumorgewebe. [4] Durch eine auf die Tumorbiologie und die umgebenden Risikoorgane optimal abgestimmte Kombination aus Fraktionierung und Bestrahlungstechnik lassen sich mittlerweile auch problematisch lokalisierte und relativ strahlenunempfindliche Tumoren erfolgreich behandeln. Eine optimale Bestrahlungstechnik grenzt hierbei die umschließend mit Dosis versorgte Tumorregion durch einen moglichst steilen Dosisabfall zum Normalgewebe hin ab. Verschiedene Therapiekonzepte versuchen zusatzlich mit Hilfe von sogenannten Radiosensitizern (Strahlungssensibilisatoren), die Strahlungsempfindlichkeit von Tumoren zu erhohen. [5]

Die Heilwirkung erfordert eine von der Tumorart und Fraktionierung abhangige Gesamtdosis von 20 bis 80  Gray , die in Abhangigkeit vom Behandlungsschema in einer Sitzung oder uber mehrere Wochen verteilt verabreicht wird. Symptomlindernde Behandlungen fur unheilbare Patienten konnen kurzer sein; beispielsweise konnen Knochenherde mit einmalig 8 Gy schmerzlindernd behandelt werden.

Maske zur optimalen Positionierung des Kopfes wahrend der Bestrahlung

Mit modernen Strahlentherapieverfahren konnen heutzutage in stadienabhangiger Kombination mit Chirurgie und Chemotherapie eine Vielzahl von Tumorerkrankungen auch in fortgeschrittenen Stadien geheilt werden. Uber alle Tumorarten und Stadien gemittelt betragt die Heilungschance ca. 50 %. Einzelne Tumoren wie etwa der Morbus Hodgkin und das Seminom des Hodens konnen fast immer geheilt werden. Die haufigsten Indikationen zur Strahlentherapie sind zurzeit Prostatakrebs , adjuvant nach Brustkrebs -Operationen, und beim Enddarmkrebs . Ein besonderer Vorteil ist die Tatsache, dass durch eine Strahlentherapie ein Organerhalt auch in Situationen, bei denen die Erkrankung schon relativ weit fortgeschritten ist, moglich bleibt. Hier kann vor allem die Kombination von Strahlentherapie mit einer Chemotherapie bei Krebserkrankungen des Kehlkopfs angefuhrt werden. Bei anderen Tumorerkrankungen, wie zum Beispiel dem Prostatakarzinom, stehen operative Verfahren und strahlentherapeutische Verfahren zueinander in Konkurrenz und konnen vergleichbare Ergebnisse haben. Hier ist es die Aufgabe des beratenden Arztes, dem Patienten alle Vor- und Nachteile der jeweiligen Verfahren zu erlautern. Erstrebenswert sind in diesem Zusammenhang zertifizierte Tumorzentren , in denen alle Fachdisziplinen vertreten sind und die dem Patienten damit eine umfassende Beratung ermoglichen. Hinzuzufugen ist, dass auch bei cerebralen Gefaßfehlbildungen in inoperabler Lage, die Strahlentherapie teilweise eine Therapieoption darstellt.

Sehr selten kann es im Rahmen der Strahlentherapie zu einem abscopalen Effekt kommen, bei dem eine Tumorregression bis hin zur kompletten Remission auch an Stellen zu verzeichnen ist, die nicht bestrahlt wurden. Dieser Effekt wurde 1953 erstmals beschrieben und bisher nur in Einzelfallen berichtet, so bei Leukamie, Lymphom, Nierenzellkarzinom und malignem Melanom. [6]

Anwendung gegen gutartige Erkrankungen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Zahlreiche chronisch-entzundliche und degenerative Erkrankungen wie Fersensporn , Tennis ellbogen , Schulterschmerzen , Arthrosen der verschiedenen Gelenke , Wirbelkorperhamangiome , Induratio penis plastica und andere konnen strahlentherapeutisch behandelt werden. Diese sogenannte Reizbestrahlung weit unterhalb der gewebeabtotenden Dosis ist mit Ausnahme des stochastischen Risikos nebenwirkungsfrei. Die Ansprechraten liegen bei 50 bis 70 %. Die verwendeten Gesamtdosen liegen im Bereich von 1 bis 20  Gray und sind somit deutlich niedriger als die Dosen, die bei der Therapie von Krebserkrankungen (20 bis 80 Gy) verwendet werden mussen. Niedrigdosierte Strahlung reduziert die Aktivitat von Leukozyten und Vorlauferzellen des Bindegewebes und mindert die Ausschuttung von Zytokinen ; damit hemmt sie akute und chronische Entzundungsprozesse. Direkte Hemmung der Schmerzrezeptoren wird ebenfalls vermutet. Insbesondere Schulterschmerzen und Fersensporne sind der Strahlentherapie gut zuganglich. In Deutschland werden pro Jahr etwa 37.000 Patienten mit nicht-malignen Erkrankungen bestrahlt, mit steigender Tendenz. [7]

Wirkungsmechanismus

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Wirkung der Bestrahlung beruht auf der Energieubertragung auf das durchstrahlte Gewebe in Streuprozessen . Dabei sind direkte Treffer an fur das Zellwachstum wesentlichen Biomolekulen weniger bedeutsam als die Ionisierung von Wassermolekulen.

Dosis-Wirkungs-Beziehung

Die entstehenden freien Radikale sind hochtoxisch und reagieren chemisch mit Zellbestandteilen. Die daraus resultierenden Schaden an der Erbsubstanz der Tumorzellen, insbesondere DNA -Doppelstrangbruche, sind fur die zerstorende Wirkung hauptsachlich verantwortlich. Schaden, die die Reparaturfahigkeit der Tumorzelle uberschreiten, hindern sie an der Vermehrung ( Mitose ) oder bringen sie sogar unmittelbar zur Apoptose . Da zur Wirkung mehrere Treffer in enger raumlicher und zeitlicher Nahe eintreten mussen, ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung einer beliebigen Gewebsreaktion immer sigmoid (S-formig) mit zuerst langsamem, dann schnellerem Anstieg und zuletzt Sattigung. Die Normalgewebe zeigen etwas geringere Wirkung als der Tumor, das heißt ihre S-Kurve liegt im hoheren Dosisbereich. Die optimale Strahlendosis erreicht im Durchschnitt >90 % Tumorvernichtung bei <5 % schweren Nebenwirkungen.

Fraktionierungseffekt von Photonen- und Neutronenstrahlen an einer Zellkultur

Tumorzellen haben in der Regel eine schlechtere Reparaturfahigkeit fur DNA-Schaden als normale Zellen. Diesen Unterschied nutzt man aus, indem die Dosisleistung verringert ( Protrahierung , wird heute kaum noch verwendet) oder die Gesamtdosis auf tagliche kleine Einzeldosen (1,8?2,5  Gy ) verteilt ( Fraktionierung ) wird. Damit verringert sich die mit der gleichen Dosis abgetotete Zahl gesunder Zellen. Die maximal tolerierte Gesamtdosis des Normalgewebes (ca. 10 Gy bei kleinem Volumen) kann so auf ein Vielfaches gesteigert werden; nur fraktionierte Schemata erreichen tumorizide Herddosen bis 80 Gy. Die biologische Wirkung verschiedener Fraktionierungsschemata kann mit dem linearquadratischen Modell berechnet werden.

Neutronenstrahlen haben keinen wesentlichen Fraktionierungseffekt, die aufgeteilte Dosis ist ebenso stark wirksam wie die einzeitig eingestrahlte. Das liegt an ihrer sehr hohen Energieabgabe auf kurzer Laufstrecke; ein einziges Teilchen kann eine Vielzahl von Doppelstrangbruchen innerhalb eines Zellkernes verursachen und damit die Reparaturkapazitat der Zelle uberschreiten. Man hat versucht, Neutronenstrahlen gegen relativ strahlenunempfindliche Tumoren wie etwa der Prostata oder der Speicheldrusen einzusetzen. Geladene schwere Teilchen scheinen aber noch bessere physikalische Eigenschaften zu haben (s. u.).

Da der Tumor wahrend der Behandlung weiter wachst und radioresistente Zellklone selektioniert, ist die Heilungschance umso großer, je kurzer die Gesamtbehandlungszeit (2?7 Wochen) ist. Das gilt vor allem fur schnellwachsende Tumorarten, etwa Rachenkrebs. Man kann die Gesamtbehandlungszeit verkurzen, indem man zwei oder sogar drei Fraktionen pro Tag einstrahlt ( Akzelerierung ). Dies erhoht jedoch die Nebenwirkungen am Normalgewebe erheblich.

Radiochemotherapie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Strahlentherapie und Chemotherapie verstarken sich gegenseitig in der Wirkung. Viele potentiell heilbare Tumoren bei Patienten in gutem Allgemeinzustand werden deshalb mit beiden Verfahren simultan (gleichzeitig) oder sequentiell behandelt, was als Radiochemotherapie bezeichnet wird. Fur Lungenkrebs, Darmkrebs, Gebarmutterhalskrebs [8] [9] und Tumoren der Halsregion wurde nachgewiesen, dass die simultane Radiochemotherapie anderen Therapievarianten uberlegen ist. Wichtige Zytostatika fur den Strahlentherapeuten sind 5-Fluoruracil (5-FU) und Cisplatin . Allerdings sind die kombinierten Schemata auch mit starkeren Nebenwirkungen belastet.

Substanzen, die die Resistenz der Normalgewebe erhohen sollen, nennt man Radioprotektoren . Amifostin ist der erste und bisher einzige [10] zugelassene Radioprotektor. [11]

Schlecht durchblutete, sauerstoffarme Tumoren sind meist strahlenresistent. Umgekehrt kann man beobachten, dass solche Gewebe gegenuber therapeutischer Uberwarmung besonders empfindlich sind. Die Kombination der Strahlentherapie mit Hyperthermie hat also theoretische Vorteile. Kleinere Studien bestatigen bessere Heilungschancen bei verschiedenen Tumoren, zum Beispiel schwarzem Hautkrebs , Sarkomen , und rezidiviertem Gebarmutterhalskrebs . Die Daten sind jedoch noch unsicher, auch wegen der unubersichtlichen Vielfalt von Hyperthermietechniken, sodass die Methode noch keine allgemeine Anerkennung gefunden hat.

Die Strahlentherapie kennt Methoden zur Teletherapie (von griechisch tele ?fern‘), wobei die Strahlung von außen auf den Korper des Patienten einwirkt, und die Brachytherapie (von griechisch brachys ?nah‘, ?kurz‘), bei der die Strahlenquelle sich im oder direkt am Korper befindet.

Bei der Teletherapie konnen die Zielvolumina in einer Tiefe von mehreren 10 Zentimetern liegen. Die verwendete ionisierende Strahlung muss daher von hohem Durchdringungsvermogen sein und wird normalerweise in Beschleunigern erzeugt, in denen geladene Teilchen (beispielsweise Elektronen, Protonen oder Kohlenstoff-Ionen) auf Energien von 2 MeV bis zu mehreren 100 MeV gebracht werden. Die geladenen Teilchen konnen, wie in der Protonen- und Ionentherapie, direkt fur die Bestrahlung genutzt werden. Fur die Erzeugung durchdringender Photonenstrahlung mussen die hochenergetischen Elektronen in Rontgenstrahlung umgewandelt werden. Dazu wird der Elektronenstrahl auf eine gekuhlte Metallplatte geschossen, ublicherweise aus Wolfram , und damit Bremsstrahlung ausgelost.

Am gebrauchlichsten sind kompakte Elektronen-Linearbeschleuniger , die, auf einen Tragarm montiert, um den Patienten gedreht werden konnen. Sie konnen sowohl Elektronen - als auch harte Rontgenstrahlung mit hoher Energie bis 23  MeV bereitstellen. Der Grund fur den Einsatz von technisch aufwandigeren Linearbeschleunigern liegt in dem Umstand, dass herkommliche Rontgenrohren technisch bedingt nur Rontgenstrahlung mit Energien bis zu einigen 100 keV erzeugen konnen.

Elektronen haben fast die gleiche biologische Wirksamkeit wie die Photonen der Rontgenstrahlung, jedoch eine andere Tiefendosisverteilung im Gewebe. Die im Gewebe deponierte Dosis der harten Rontgenstrahlung nahert sich mit zunehmender Tiefe asymptotisch der Null. Der Verlauf folgt einer komplexen Funktion, welche die exponentielle Schwachung aber auch Abstands- und Streuterme enthalt. Geladene Teilchen, wie Elektronen, haben dagegen aufgrund ihrer elektrischen Ladung eine begrenzte mittlere Reichweite. Elektronenstrahlen eignen sich daher fur oberflachliche Zielvolumina, die vor Risikoorganen liegen.

Das Dosismaximum von harter Rontgen- oder Elektronenstrahlung liegt nicht auf der Hautoberflache. Dessen Tiefe ist energieabhangig und kann von einige Millimeter bis mehreren Zentimetern betragen. Die Ursache dieses Dosisaufbaus ist, dass der eigentliche Dosisbeitrag uberwiegend durch Sekundarelektronen stattfindet, die erst im durchstrahlten Material ausgelost werden. So wird die Haut besser geschutzt als bei Strahlung geringerer Energie. Ist dies nicht erwunscht, etwa bei der Behandlung eines Hauttumors , wird eine Schicht aus gewebeaquivalentem Material ( Bolus ) auf die Haut aufgelegt und in diesem Material die Sekundaremission ausgelost.

Fur die einzelnen therapeutischen Indikationen kommt der Wahl der richtigen Strahlenart und Energie eine wichtige Bedeutung zu.

CT-gestutzte Planung

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Isodosenplan einer Bestrahlung der Halsregion

Eine wesentliche Voraussetzung fur die erfolgreiche Strahlentherapie ist die hinreichende Dosisversorgung der Tumormasse bei moglichst geringer Belastung des umgebenden Normalgewebes. Fruher wurden die Einstrahlrichtungen und Feldgrenzen nach klinischer Erfahrung mithilfe von Rontgenbildern direkt am Bestrahlungsgerat oder einem geometrisch baugleichen Therapiesimulator festgelegt. Heute ist die Grundlage der computergestutzten Bestrahlungsplanung eine Computertomographie in Bestrahlungshaltung, gelegentlich nach Bildfusion mit MR- oder PET -Daten. Daraus wird ein dreidimensionales Dichtemodell des Patienten mit der enthaltenen Bestrahlungsregion erstellt. Die Tumormasse, die davon abgeleiteten Zielvolumina sowie die Risikoorgane werden meist manuell oder neuerdings auch halbautomatisch in Verantwortung des Radio-Onkologen segmentiert .

Anschließend wird die Strahlenart und geometrische Anordnung der Einstrahlrichtungen sowie die optimale Bestrahlungstechnik gewahlt, und anhand eines mathematischen Modells des Bestrahlungsgerates ein individueller Bestrahlungsplan erstellt. Die Strahleigenschaften des Bestrahlungsgerates sind hinreichend parametrisiert und dem System aufgrund von aufwendigen Messreihen bekannt. Zur Berechnung der erwarteten Dosisverteilung einer bestimmten Feldanordnung dienen Summations- und Nadelstrahl-Algorithmen, Superpositions- und Faltungsalgorithmen oder Monte-Carlo-Simulationen . Fur den Ansatz modulierter Bestrahlungstechniken konnen moderne Planungssysteme aus einer angestrebten Dosisverteilung mithilfe einer Kostenfunktion mogliche Feldanordnungen und teilweise winkelabhangige Fluenzverteilungen berechnen (inverse Planung).

Die resultierende dreidimensionale Dosisverteilung wird in Bezug auf die Dosisversorgung in der Tumorregion und Schonung der benachbarten Risikoorgane beurteilt.

Simulation, Verifikation, IGRT

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der in der Verantwortung des Medizinphysikers berechnete und vom Arzt ausgewahlte Bestrahlungsplan wird auf den Patienten ubertragen. Dazu muss der geometrische Bezugspunkt des Bestrahlungsplans an der anatomisch richtigen Stelle platziert werden. Dies geschieht entweder an einer dem Bestrahlungsgerat ahnlich dimensionierten Rontgendurchleuchtungsanlage ( Therapiesimulator ), an einem speziell ausgerusteten CT-Gerat oder direkt am Bestrahlungsgerat, das zu diesem Zweck mit einer Einrichtung zur Bildgebung ausgestattet sein muss.

Clinac mit ausgefahrener IGRT-Vorrichtung quer zum Hauptstrahlengang

Bei der definitiven Bestrahlung werden die Lagerung des Patienten und der geometrische Bezugspunkt aus der Bestrahlungsplanung mithilfe von raumfesten Laserlinien und entsprechenden Markierungen auf dem Patienten millimetergenau reproduziert. Bei der ersten Bestrahlungssitzung wird die Einstellungsgenauigkeit mit einem am Bestrahlungsgerat vorhandenen Bildgebungsverfahren nochmals uberpruft, indem ein quantitativer Vergleich mit der virtuellen Referenzbildgebung aus der Bestrahlungsplanung durchgefuhrt wird. So kann die Position des bestrahlten Zielvolumens selbst auf dem Bestrahlungstisch nochmals uberpruft und notigenfalls korrigiert werden (sog. image-guided radiotherapy , IGRT). Mit der ?harten“ Therapiestrahlung lassen sich allerdings nur relativ kontrastarme Bilder erzeugen. Darum ist in manchen Beschleunigern zusatzlich ein diagnostisches Rontgenaufnahmesystem integriert, mit der auch das Weichteilgewebe der Umgebung in der Deutlichkeit eines Rontgenbilds dargestellt werden kann. Moderne Gerate konnen auch Schnittbilder erzeugen, die sich direkt mit den CT-Bildern der Simulation vergleichen lassen. Ein anderes Verfahren zur Positionskontrolle beruht auf der optischen dreidimensionalen Oberflachenabtastung.

Neben der Uberprufung des geometrischen Bezugspunktes im Patienten kommt der Verifikation der abgestrahlten Dosisverteilung eines komplexen Bestrahlungsplans eine wichtige Bedeutung zu. Fur einfache konformale Techniken wird die Bestrahlungsdauer pro Einstrahlrichtung nachgerechnet. Fur modulierte Ansatze wird die Dosis- oder Fluenzverteilung meist am Bestrahlungsgerat messtechnisch bestimmt.

Konformale Bestrahlungstechnik

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Standardverfahren der Teletherapie ist heute die 3-dimensional konformale Strahlentherapie , bei dem die zu behandelnde Korperregion in den Uberschneidungsbereich der Achsen mehrerer Strahlen platziert wird, die aus unterschiedlichen Richtungen einwirken ( Isozentrum ), und durch individuell geformte Bleiblenden oder Anpassung der beschleunigerseitig vorhandenen Blenden des Multileafkollimators (MLC) der Zielkontur angepasst sind. Die Felder konnen noch mit Keilfiltern moduliert werden, um unterschiedliche durchstrahlte Gewebsdicken auszugleichen. Wenn die Einstrahlrichtungen aller Teilfelder auf einer gemeinsamen Ebene liegen (typischerweise eine Schnittebene quer zur Patientenlangsachse), spricht man von koplanarer , sonst von non-koplanarer Planung. Moderne Behandlungsplane nutzen mehrere Volumendefinitionen (Zielvolumen erster und zweiter Ordnung), die unterschiedlich intensiv bestrahlt werden. Diese Techniken sind international genormt, zum Beispiel im ICRU -Report 50.

Intensitatsmodulation

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Intensitatsmatrix eines Bestrahlungsfeldes der IMRT
Ein Patient wird auf eine Tomotherapie vorbereitet

Eine Weiterentwicklung der CT-gestutzten, konformalen, 3D-geplanten Bestrahlung als Tomotherapie ist die intensitatsmodulierte Strahlentherapie (IMRT). IMRT-Verfahren wurden in den 1990er Jahren fast nur an Universitatskliniken angewendet, werden in der BRD aber inzwischen in den meisten strahlentherapeutischen Zentren mit Linearbeschleuniger angeboten. Bei der IMRT wird nicht nur die Feldbegrenzung, sondern auch die Strahlendosis innerhalb der Feldflache moduliert. Die wissenschaftliche Bezeichnung dafur ist Fluenzmodulation. Die IMRT erlaubt sehr kompliziert geformte, selbst konkav begrenzte Zielvolumina und eignet sich daher fur Tumoren in unmittelbarer Nahe von sensiblen Risikoorganen. Eine IMRT ist sehr zeitaufwendig zu berechnen, auszufuhren und zu kontrollieren. Die klinischen Vorteile der IMRT gegenuber einer konformalen 3D-geplanten Bestrahlung sind bei manchen Indikationen eindeutig. Beispielsweise ermoglichte die IMRT des Prostatakarzinoms aufgrund geringerer Nebenwirkungen eine Dosissteigerung, die wiederum die Heilungsrate verbesserte. [12] In der Anfangszeit erfolgte die Fluenzmodulation durch metallische Ausgleichskorper ( Kompensatoren ) im Strahlenweg mit individuell gegossenem Profil fur jedes Feld. Dieses technisch und zeitlich aufwendige Verfahren wird außerhalb von Forschungseinrichtungen in der BRD nicht mehr benutzt. In der BRD werden gegenwartig folgende Verfahren zur Erzeugung fluenzmodulierter Strahlungsfelder verwendet: [13]

  • statische IMRT
  • dynamische IMRT
  • VMAT (volumetrisch modulierte Arc-Therapie)
  • Tomotherapie

Bei allen Verfahren erfolgt die Feldformung durch einen Multileaf-Kollimator (MLC). Die zungenformigen Metallabsorber des MLCs konnen uber Schrittmotoren bewegt werden, so dass fast jede Feldform ferngesteuert erzeugt werden kann. Die MLCs haben die fruher verwendeten, schweren, individuell gegossenen Bleiabsorber weitgehend verdrangt. Bei der statischen IMRT werden aus jeder geplanten Einstrahlrichtung mehrere, unterschiedlich geformte Felder nacheinander abgestrahlt. Nach jedem Segment (= Einzelfeld aus einer Richtung) wird die Bestrahlung unterbrochen. Im Englischen wird der Begriff ?step and shoot“ gebraucht. Dieses Verfahren ist relativ langsam. Bei der dynamischen IMRT wird bei jeder Einstrahlrichtung die Feldform bei laufender Bestrahlung mit dem Multileafkollimator kontinuierlich verandert. Die dynamische IMRT ist schneller als die statische IMRT. Im Englischen wird die dynamische IMRT ?sliding window“ genannt.

Ein weiteres Verfahren der IMRT ist die V olumetric Intensity M odulated A rc T herapy (VMAT). Hierbei wird das Strahlenfeld wahrend der Rotation der Strahlenquelle um den Patienten moduliert; der Multileaf-Kollimator wird bei eingeschalteter Strahlung kontinuierlich angepasst. Neben der Feldform konnen auch Rotationsgeschwindigkeit, Kollimatorwinkel und Dosisleistung variiert werden. Das Verfahren erlaubt einen hohen Modulierungsgrad der Strahlung. Die Gesamtapplikationszeit ist erheblich kurzer als bei der IMRT. [14] Bei Linearbeschleunigern der Firma Varian heißt das Verfahren RapidArc.

Als Tomotherapie wird ein radiologisches Verfahren bezeichnet, bei dem ahnlich wie in einem Computertomografen die Strahlen von allen Seiten auf die zu bestrahlende Stelle gerichtet werden konnen. Zu diesem Zweck rotiert die Strahlenquelle in einem entsprechenden Ring (siehe Abbildung), wahrend gleichzeitig der Patient gleichmaßig mit dem Tischvorschub durch das Tomotherapiegerat bewegt wird. Das Strahlenfeld ist sehr schmal und wird nur in seiner Lange variiert. Der Therapiestrahl wird auch als Facherstrahl bezeichnet. Die gewunschte geometrische Prazision der Bestrahlung wird dadurch erreicht, dass ein mit dem Tomotherapie-Gerat kombinierter Computertomograf verwendet wird, um die genaue Lokalisation eines zu bestrahlenden Tumors regelmaßig neu zu bestimmen. Das Ergebnis ist eine hoch konformale Bestrahlung, die den anderen IMRT-Verfahren nicht nachsteht und Vorteile bei sehr langen Zielvolumina (z. B. Neuroachse) hat. Die mit der Bestrahlung von Tumorpatienten oft einhergehenden Nebenwirkungen sollen dadurch verringert werden. Die Behandlungsmethode wurde 2003 erstmals klinisch eingesetzt. Sie basiert auf Entwicklungen an der Universitat Wisconsin (USA). Hauptanwendungsgebiete der Tomotherapie sind bosartige Neubildungen wie Prostatakrebs, Lungenkrebs, Brustkrebs und Kopf-Hals-Karzinome.

Individuell angefertigte Bestrahlungsmaske

Will man eine extrem kurze Behandlungszeit und trotzdem abtotende Dosen am Tumor, so ist das in ausgewahlten Fallen mit der Radiochirurgie (Syn. stereotaktische Radiochirurgie ) moglich. Diese Methode ist praktisch nur bei kleineren Hirntumoren moglich. Der Kopf des Patienten wird wahrend der Behandlung mit einem stereotaktischen Ring fest verschraubt. Neuere Gerate fixieren den Patienten schmerzfrei mit einer enganliegenden Maske. Geeignete Spezialanlagen fur die Radiochirurgie sind das Gamma-Knife und vollautomatisierte Linearbeschleuniger, die Industrierobotern ahneln, wie beispielsweise Cyberknife oder Novalis . Die Dosis betragt 12?18 Gy.

Partikeltherapie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Elektronen mit 4 MeV dringen in Gewebe nur 1 cm tief ein, erzeugen aber zusatzlich weitreichende Bremsstrahlung . Photonen mit 20 MeV schadigen ab 3 cm und tiefer. Protonen mit 150 MeV schadigen uberwiegend raumlich begrenzt in 12 cm Tiefe. ?Intensitat“ bedeutet hier Dosis pro Weglangeneinheit

Im Hinblick auf Schonung des umliegenden Gewebes ergibt eine Bestrahlung mit Protonen oder noch schwereren Teilchen einen im Vergleich zu Photonen oft gunstigeren Tiefendosis-Verlauf. Anlagen zur Bestrahlung mit Protonen, Neutronen sowie Schwerionen sind in Betrieb. Leider sind die Erwerbs- und Betriebskosten solcher Anlagen sehr viel hoher als bei konventionellen Elektronen- Linearbeschleunigern , bei denen der Elektronenstrahl oder die mit ihm erzeugte Rontgenstrahlung verwendet wird.

Anlagen mit Neutronen - und Protonenquellen zur Partikeltherapie sind in einigen großen Forschungszentren verfugbar, in Villigen (Schweiz) und in Deutschland in Berlin ( Helmholtz-Zentrum Berlin fur Materialien und Energie , ehemals Hahn-Meitner-Institut, nur Augenbestrahlung). Von Marz 2009 bis Ende 2019 gab es eine klinische Einrichtung zur Protonenbestrahlung, das Rinecker Proton Therapy Center (RPTC), in Munchen , mittlerweile insolvent. [15] In Essen wurden seit Mai 2013 rund 1.000 Patienten am Westdeutschen Protonentherapiezentrum Essen (WPE) behandelt. [16] Im April 2014 wurde das WPE vollstandig durch das Universitatsklinikum Essen [17] ubernommen. Seit dem Fruhjahr 2016 sind alle 4 Behandlungsraume in Betrieb. Drei Raume sind mit sogenannten Gantries ausgestattet, bei denen die Strahlfuhrung um 360 Grad gedreht werden kann, der vierte Behandlungsraum ist mit einer horizontalen Strahlfuhrung (Fixed-Beam-Line) und einem Augentherapieplatz ausgerustet. [18] Hier konnen Tumoren mit der ?Pencil-Beam-Scanning“ -Technologie bekampft werden. Zukunftig wollen die Arzte dort bis zu 1.000 Patienten pro Jahr behandeln. [19]

Anlagen zur Schwerionentherapie gibt es in drei Zentren in Japan ( Chiba , Gunda und Ky?to ). In Deutschland waren im Rahmen eines Pilotprojektes von 1997 bis 2008 Patienten bei der GSI in Darmstadt behandelt worden. In der Nachfolge ging das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) am Universitatsklinikum Heidelberg 2009 in Betrieb. Dort konnen Patienten sowohl mit Protonen als auch Kohlenstoffionen in der Rasterscanning-Technik behandelt werden. In Kiel und Marburg waren Zentren fur Partikeltherapie mit Protonen und Kohlenstoffionen im Bau. Das Zentrum in Kiel sollte seinen Betrieb 2012 aufnehmen. Die Rhon-Klinikum AG als Betreiberin des Universitatsklinikums Gießen/Marburg und das Uniklinikum Kiel hatten sich 2011 aus dem Aufbau und Betrieb von Ionenstrahl-Therapieanlagen verabschiedet. [20] Im September 2014 einigten sich das Universitatsklinikum Heidelberg mit dem Land Hessen, der Rhon Klinikum AG, den Universitaten Marburg und Heidelberg, dem Universitatsklinikum Marburg sowie der Siemens AG vertraglich schließlich doch auf die Inbetriebnahme der Partikeltherapieanlage am Standort Marburg. [21] Am Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) wurden am 27. Oktober 2015 die ersten beiden Patienten mit Protonenstrahlen behandelt. [22] In Osterreich sind am MedAustron seit 2019 auch Kohlenstoffionentherapien moglich.

Schwere elektrisch geladene Teilchen, d. h. Schwerionen und Protonen, zeigen im Vergleich zur konventionell eingesetzten Photonenstrahlung eine viel dichtere Energieabgabe an das durchstrahlte Gewebe ( Linearer Energietransfer LET), was als Hoch-LET-Effekt bezeichnet wird. Infolgedessen sind die verursachten Schaden an der DNA gravierender, ihre Reparatur schwieriger fur die Zelle und der therapeutische Effekt ist großer. Hoch-LET-Strahlung hat noch weitere biologische Vorteile: Sie wirkt auch bei schlecht durchbluteten, langsam wachsenden Tumoren, die sich gegenuber konventioneller Bestrahlung als sehr resistent erweisen. Dieser Effekt ist aber bei Schwerionen lokal begrenzt und kann dem Tumor angepasst werden, wahrend er sich bei Neutronen auf der gesamten Lange der Teilchenbahn zeigt, also unerwunschterweise auch das vor dem Tumor liegende gesunde Gewebe betrifft. Bei Neutronen wird die Strahlbegrenzung außerdem mit wachsender Tiefe immer starker verwischt, und es kommt zu einem exponentiellen Abfall der Strahlendosis. Aufgrund dieses Tiefendosisverlaufs ist die Dosis im gesunden Gewebe vor dem Tumor hoher als im Tumor selbst. Nach Neutronenstrahlung wurden erhohte Nebenwirkungsraten beschrieben.

Schwerionen und Protonen haben ? im Gegensatz zu Neutronen ? eine definierte, scharf begrenzte Reichweite, so dass Gewebe hinter dem zu bestrahlenden Tumor vollstandig geschont werden kann. Sie geben ihre Energie an die Materie zunachst nur geringfugig und erst nach fast vollstandiger Abbremsung konzentriert ab (sogenannter Bragg-Peak ); dies erlaubt es, durch geeignete Wahl der Ionenenergie auch vor dem Tumor gelegenes Gewebe zu schonen (siehe auch Teilchenstrahlung ). Protonen- und Schwerionenstrahlung ist bei Tumoren indiziert, bei denen mit der konventionellen Strahlentherapie keine zufriedenstellenden Erfolge erzielt werden. Derzeit wird in klinischen Studien untersucht, welche Krebspatienten von dieser Therapie profitieren. Eine Protonenbestrahlung ist bei kompliziert lokalisierten, also nahe strahlensensiblem Normalgewebe gelegenen Tumoren indiziert. Der Einsatz von Schwerionen bietet sich an, wenn der Tumor daruber hinaus gegenuber konventioneller Strahlung vergleichsweise resistent ist. Schwerionen vereinen also die Vorteile der hoheren biologischen Effektivitat und der großeren physikalische Selektivitat bei gleichzeitig geringer Nebenwirkungsrate.

Eine Protonen- und Schwerionentherapie ist zurzeit ausgewahlten Krebserkrankungen vorbehalten, darunter beispielsweise Chordome und Chondrosarkome der Schadelbasis und des Beckens, (adenoidzystische) Speicheldrusenkarzinome, Prostatakarzinome u. a.

Moderne Verfahren der Brachytherapie umfassen Afterloadingverfahren und Implantationen. Afterloading (eng. fur ?Nachladen“) nennt man ein Verfahren, bei dem eine kleine radioaktive Strahlenquelle (Ir-192) ferngesteuert in eine Korperoffnung verbracht und nach vorausberechneter Zeit wieder entfernt wird ( Dekorporation ). Diese Methode erlaubt einerseits die direkte Bestrahlung zum Beispiel der Gebarmutter und andererseits bestmoglichen Strahlenschutz fur das behandelnde Personal. Gegenuber den alteren Radiumstrahlern hat Iridium-192 allerdings den strahlenbiologischen Nachteil der hohen Dosisleistung, die nur begrenzt durch Fraktionieren der Bestrahlung ausgeglichen werden kann. Der Dosisabstand zwischen erwunschten und unerwunschten Effekten ist kleiner als beim Radium. Afterloading ist besonders fur weibliche Unterleibstumoren geeignet. Es gibt zahlreiche Tragersysteme fur andere Zielorgane wie etwa die Luft- und Speiserohren; auch Hohlnadeln zum Spicken solider Gewebe ( interstitielles Afterloading ) sind verfugbar. Afterloading-Therapie wird in Strahlenschutzbauwerken ahnlich denen fur die Teletherapie durchgefuhrt. Enge Zusammenarbeit mit den Gynakologen, Internisten und Chirurgen ist zum Erfolg der handwerklich komplizierten Methode unabdingbar.

Bei den Implantationsverfahren werden kleine, gekapselte Strahlungsquellen (eng. seeds ) mit kurzer Halbwertszeit in den Korper verbracht und verbleiben dort dauerhaft, wahrend ihre Aktivitat abklingt. Eine typische Anwendung sind Seed-Implantationen der Prostata mit Iod -125. I-125 zerfallt mit einer Halbwertszeit von 59,4 Tagen durch Elektroneneinfang zu Tellur -125. Dabei werden Gammastrahlen einer Energie von 23 bis 27 KeV frei, die uberwiegend in nachster Nahe der Seeds absorbiert werden und an der Korperoberflache kaum noch messbar sind. [23] Es ist daher kein spezieller Operationssaal und keine Quarantane erforderlich.

Auch die Radiosynoviorthese ist eine Form der Brachytherapie (sehr geringer Abstand zwischen Strahlenquelle und Zielgewebe).

Therapie mit Radionukliden

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Offene Radionuklide fallen prinzipiell in das Fachgebiet der Nuklearmedizin , die mit der Radiojodtherapie und ahnlichen Methoden der Radionuklidtherapie große Erfahrung hat. Einzelne Substanzen erganzen jedoch auch in der Hand des Strahlentherapeuten das Therapiespektrum; beispielsweise wirkt eine Injektion mit radioaktivem Strontium-89 effektiv gegen die Schmerzen einer fortgeschrittenen Knochenmetastasierung. Noch nicht abschließend bewertet ist der Ansatz, tumorspezifische Antikorper mit radioaktiven Substanzen zu koppeln, die Betastrahlung im Nahbereich emittieren ( Radioimmuntherapie ). Allerdings hat die Anwendung von radioaktiv markiertem Ibritumomab (monoklonarer chimarer Antikorper gegen CD20) mit einem Yttrium-Isotop ( Ibritumomab-Tiuxetan ) bereits Einzug in die klinische Praxis erhalten.

Inzwischen hat auch die Radiosynoviorthese als Form der Strahlentherapie innerhalb der Nuklearmedizin eine breite Anwendung gefunden.

Strahlentherapeuten sind dazu verpflichtet, sich nach Abschluss einer Strahlentherapie uber die eingetretenen Wirkungen und Nebenwirkungen zu informieren. Gewohnlich wird der Patient zu Nachsorgeuntersuchungen einbestellt, etwa nach sechs Wochen und nochmals nach einem Jahr. Prinzipiell sollte der Strahlentherapeut den Patienten uber mehrere Jahre wegen der oft erst spat eintretenden Nebenwirkungen nachsorgen.

Unabhangig davon werden nach der Behandlung einer Krebserkrankung routinemaßige Nachsorgeuntersuchungen beim Hausarzt, Frauenarzt usw. empfohlen.

Sachaufklarung gegen die Angst

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der nach wie vor bestehenden Angst vor der Strahlentherapie setzt die Deutsche Krebshilfe Sachaufklarung mit der kostenfreien Informationsreihe Die Blauen Ratgeber entgegen. Dazu gehort ferner die erste DVD Strahlentherapie . Der Patienten-Informationsfilm aus der Reihe ?Die blaue DVD“ wird von der Deutschen Krebshilfe kostenlos abgegeben und klart auch daruber auf, dass die Strahlentherapie ein Standard in der modernen Krebsbehandlung ist.

Außerdem halt der Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) auf seiner Website, telefonisch oder via E-Mail zahlreiche Informationen rund um das Thema Krebserkrankungen und -therapien bereit, darunter auch ausfuhrliche Informationen zum Thema ?Strahlentherapie und Nuklearmedizin“.

Nebenwirkungen der Strahlenbehandlung

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Fruhreaktionen am Normalgewebe

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einige Nebenwirkungen ( Fruhreaktionen ) treten in Abhangigkeit von der Dosis, Eindringtiefe und Anzahl der applizierten Einzeldosen auf: Hautrotungen im Bestrahlungsfeld und Schleimhautentzundungen im Mund-Rachen-Bereich oder der Speiserohre, wenn die Kopf-Hals-Region bestrahlt wird. Vollegefuhl, Ubelkeit oder Durchfalle sowie Blasenbeschwerden treten bei Bestrahlungen im Bauchbereich auf. Mit Haarausfall ist nur zu rechnen, wenn der Kopf bestrahlt wird.

Nebenreaktionen sind im Allgemeinen bezogen auf sogenannte Risikoorgane . Jedes Risikoorgan hat seine eigene Toleranzdosis (in Gray), ab der Nebenwirkungen zu erwarten sind. Diese Toleranzdosen durfen nicht uberschritten werden. Diese Toleranzdosen ergeben sich aus der Strahlensensibilitat des Gewebes, sowie dessen Regenerationsfahigkeit, und ob das gesamte Organ oder nur ein Teil bestrahlt wird. Seriell aufgebaute Organe wie der Dunndarm sind besonders kritisch, weil der Ausfall eines kleinen Teilsegments die Funktion des gesamten Organs gefahrdet. Außerst sensibel sind auch Gewebe mit streng hierarchischem Aufbau, die sich bestandig aus einer kleinen Population teilungsfahiger Stammzellen regenerieren, beispielsweise Schleimhaut oder Knochenmark . Die Fruhschaden werden nach der weltweit gultigen CTC-Klassifizierung ( common toxicity criteria ) quantifiziert.

Spatreaktionen nach mehr als drei Monaten beruhen auf Gefaßverengungen und Fibrosierung (Narbenbildung) im Bindegewebe . Haufig sind Verfarbungen der Haut, Verhartungen im Unterhautfettgewebe, Mundtrockenheit (Xerostomie) durch Schadigung der Speicheldrusen , Geschmacksverlust, Knochen- und Zahnschaden, Lungenfibrose , und andere. Bei Bestrahlungen im Beckenbereich ist mit Infertilitat zu rechnen. Spatfolgen werden in die Schweregrade 0-5 der LENT-SOMA -Klassifizierung ( late effects on normal tissues, in subjective, objective, management and analytic categories ) eingeordnet. Zur Verminderung von Strahlenschaden an den Mundschleimhauten konnen Strahlenschutzschienen eingesetzt werden.

Das Risiko einer koronaren Herzkrankheit ist nach einer Bestrahlung im Rahmen der Therapie eines Brustkrebses deutlich erhoht, abhangig von der auf das Herz einwirkenden genaherten Organ-Gesamtdosis um etwa 7,4 % pro Gray . Das Risiko steigt beginnend nach funf Jahren bis uber zwanzig Jahre kontinuierlich an, ohne dass ein Schwellenwert besteht und unabhangig von weiteren kardiologischen Risikofaktoren. [24]

Kumulative Folgen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wahrend die fruhen Strahlenreaktionen sich vollstandig zuruckbilden, bleiben die Spatreaktionen lebenslang erhalten. Vorbestrahlte Organe sind sehr empfindlich und neigen bei weiteren Dosiseintragen zu schweren Nebenwirkungen bis hin zur Strahlennekrose beziehungsweise im Fall des Skelettsystems zur Osteoradionekrose . Strahlentherapeutische Faustregeln ermoglichen einige Jahre nach einer Behandlung eine Wiederholung mit reduzierter Dosis.

Stochastische Strahlenschaden

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Stochastische Strahlenrisiken treten nicht zwangslaufig auf und haben keine Dosis-Wirkungsbeziehung, sondern eine dosisabhangige Eintrittswahrscheinlichkeit. Im Gegensatz zu den nicht-stochastischen Nebenwirkungen gibt es keinen unteren Schwellenwert. Stochastische Risiken sind die Induktion bosartiger Tumoren, und die Keimzellschadigung mit der Gefahr von Missbildungen in den kommenden Generationen. Naturgemaß sind diese Risiken in hohem Maß alters- und zustandsabhangig. Sie sind in den Veroffentlichungen der ICRP und UNSCEAR tabelliert. Die Krebsinduktion innerhalb von 10 Jahren nach einer Strahlentherapie wird auf bis zu 2 % geschatzt (je nach Region und Volumen); dabei muss berucksichtigt werden, dass auch Chemotherapien karzinogene Potenz besitzen und dass die Krebserkrankung selbst das statistische Risiko fur weitere Krebserkrankungen erhoht. Das Risiko fur eine Keimbahnschadigung liegt in der ersten Kindgeneration bei ca. 1,4 %, bei 0,7 % in der zweiten, und kumulativ bei 0,7 % in allen weiteren Generationen. Hier sind synergistische mutagene Wirkungen der Zytostatika anzunehmen. Mannern wird empfohlen, im ersten Jahr nach einer Strahlentherapie auf die Zeugung zu verzichten.

Facharzt fur Strahlentherapie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Infolge der technischen und prozeduralen Weiterentwicklung im Gebiet der Strahlentherapie wurde sie aus dem Gebiet der Radiologie ausgegliedert und ein neuer Facharzt geschaffen, unter Bestandschutz fur die bereits tatigen Arzte fur Radiologie. Die Muster-Weiterbildungsordnung der deutschen Bundesarztekammer dient den rechtsverbindlichen Landerregelungen als Vorlage. Die aktuelle MWBO (zuletzt revidiert 2021) fordert fur die Anerkennung als Facharzt fur Strahlentherapie eine funfjahrige Weiterbildungszeit in gemaß § 5 zur Weiterbildung ermachtigten Abteilungen, von der bis zu 12 Monate in einem beliebigen anderen Gebiet erfolgen konnen. Fruher war ein Jahr in der diagnostischen Radiologie vorgeschrieben; dies ist in der vorigen MWBO von 2003 immer noch auf freiwilliger Basis anrechenbar. Die reine Zeit in der Strahlentherapie betragt also 3 bis 4 Jahre.

Am 31. Dezember 2008 waren in Deutschland 1054 Strahlentherapeuten registriert, von denen 260 niedergelassen waren. 121 ubten keine arztliche Tatigkeit aus. [25] Die DEGRO ( Deutsche Gesellschaft fur Radioonkologie ) bildet ihre nationale Fachgesellschaft. Einschlagige Normierungen und Forschungen werden von der Arbeitsgemeinschaft fur Radioonkologie in der DKG organisiert. Internationale Fachgesellschaften der Strahlentherapeuten sind die ESTRO und die EORTC .

Niedergelassene Strahlentherapeuten gehoren zu den Spitzenverdienern unter den Facharzten. [26]

Okonomische Aspekte der Humanen Strahlentherapie

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die reinen Geratekosten eines Linearbeschleunigers bewegen sich heute im niedrigen einstelligen Millionenbereich, nicht eingerechnet sind dabei jedoch stets erforderliche bauliche Adaptionen. [27]

Laut Branchenschatzungen wachst der Strahlentherapie-Markt jahrlich um etwa sechs bis zehn Prozent. [28] 2021 kaufte etwa der Medizintechnikhersteller Siemens Healthineers den US-Konkurrenten Varian fur rund 14 Milliarden Euro: Varian ist auf Strahlentherapieanwendungen spezialisiert. [29]

Beim Lungenkrebs ging man in Deutschland 2015 von durchschnittlichen Kosten fur die Strahlentherapie, falls angewandt, von etwa 26.000 Euro (Operation, falls erforderlich: 20.000 Euro) aus. [30]

Strahlentherapie in der Tiermedizin

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Veterinarmedizin kann die Strahlentherapie ebenso eingesetzt werden wie beim Menschen, dennoch spielt sie in Europa bislang eine eher untergeordnete Rolle. Grund ist vor allem die mangelnde Aufklarung uber diese Therapieform in der Tiermedizin, aber auch die Verfugbarkeit entsprechender Einrichtungen und die Kosten spielen eine Rolle. In Deutschland gibt es derzeit vier, in der Schweiz zwei veterinarmedizinische Zentren, die Strahlentherapie anbieten. Die veterinarmedizinische Nutzung humanmedizinischer Zentren fur Strahlentherapie ist durch deren hohen Auslastungsgrad [31] , vor allem aber aufgrund hygienischer Bedenken weitgehend auf Wissenschaft und Forschung limitiert.

Unterschiede zur Humanmedizin

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die relativ hohen Kosten fur den Tierbesitzer mussen mit der begrenzten Uberlebenszeit abgewogen werden. Auch die Tierkrankenversicherung ubernimmt diese nicht in allen Fallen. Im Unterschied zur Bestrahlung kooperativer Patienten in der Humanmedizin mussen Tiere fur die Strahlentherapie in eine kurze, oberflachliche Vollnarkose gelegt werden, um eine exakte und genaue Positionierung sicherzustellen. Die erforderliche Narkose ist einer der Grunde, warum in der Tiermedizin deutlich hypofraktioniertere Protokolle eingesetzt werden als in der Humanmedizin. Definitive Protokolle bestehen bei Kleintieren in der Regel aus zehn bis 20 Fraktionen, palliative Protokolle aus drei bis sechs Fraktionen. Die Wahl hypofraktionierter Protokolle ist auch dadurch moglich, dass die naturliche Lebenserwartung bei unseren Haus- und Heimtieren in der Regel deutlich unter der Lebenserwartung des Menschen liegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Tiere spate Nebenwirkungen der Strahlentherapie uberhaupt erleben ist in vielen Fallen verschwindend gering, weshalb sie problemlos in Kauf genommen werden konnen.

Haufige Indikationen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die alleinige Strahlentherapie kommt dort zum Einsatz, wo eine chirurgische Tumorresektion mit akzeptabler Belastung des Tieres aus anatomischen Grunden nur schwer moglich ist, beispielsweise bei Nasenhohlentumoren. Bei Tumoren im Zentralnervensystem ( Gliome , Meningiome und Adenome der Hypophyse ) gilt die Strahlentherapie in der Veterinarmedizin als Therapie der Wahl.

Die haufigste Indikation fur eine adjuvante Strahlentherapie sind bosartige Hauttumoren wie Karzinome , Weichteil sarkome und Mastzelltumoren . Hier wird die Strahlentherapie vor allem im Anschluss an eine chirurgische Entfernung zur Vermeidung von Rezidiven durchgefuhrt. Auch bei Tumoren der Maulhohle werden Bestrahlungen durchgefuhrt, beispielsweise bei Plattenepithelkarzinomen , malignen Melanomen , Fibrosarkomen und Zahnfleischgeschwulsten ( akanthomatose Epuliden ).

Bei Osteosarkomen der Gliedmaßen die Strahlentherapie als palliative Therapie eingesetzt, wenn eine Amputation mit anschließender Chemotherapie vom Besitzer des Tieres abgelehnt wird. Kutane Lymphome konnen auch bei Tieren sehr erfolgreich bestrahlt werden, generalisierte Lymphome werden hingegen mittels Chemotherapie behandelt.

Auch in der Tiermedizin wird die Strahlentherapie bei gutartigen Erkrankungen eingesetzt. Haufig wird zum Beispiel die Schmerzbestrahlung bei degenerativen Gelenkerkrankungen besonders betroffener Hunderassen (z. B. Labrador Retriever , Golden Retriever , Rottweiler ) oder bei der Arthrose des Pferdes eingesetzt.

  • M. Bamberg, M. Molls, H. Sack (Hrsg.): Radioonkologie 1 ? Grundlagen. 2. Auflage. Zuckschwerdt Verlag, Munchen 2009, ISBN 978-3-88603-946-3 .
  • M. Bamberg, M. Molls, H. Sack (Hrsg.): Radioonkologie 2 ? Klinik. 2. Auflage. Zuckschwerdt Verlag, Munchen 2009, ISBN 978-3-88603-953-1 .
  • Michael Wannenmacher, Frederik Wenz, Jurgen Debus (Hrsg.): Strahlentherapie. 2. Auflage. Springer, Berlin 2013, ISBN 978-3-540-88304-3 .(Lehrbuch)
  • Rolf Sauer: Strahlentherapie und Onkologie . Urban & Fischer bei Elsevier, 2002, ISBN 3-437-47500-2 (Lehrbuch).
  • Alain Gerbaulet u. a. (Hrsg.): The GEC/ESTRO Handbook of Brachytherapy . Arnold Australia, 2003, ISBN 0-340-80659-1 . (Lehr- und Handbuch, englisch)
  • Edward C. Halperin, David E. Wazer, Carlos A. Perez: Perez & Brady’s Principles and Practice of Radiation Oncology. Wolters Kluver, Philadelphia 2018, ISBN 978-1-4963-8679-3 .
  • Jane Dobbs, Ann Barrett, Dan Ash: Practical Radiotherapy Planning . Hodder Arnold, 1999, ISBN 0-340-70631-7 . (Lehrbuch zur Teletherapie-Bestrahlungsplanung, englisch)
  • Eckart Richter, Thomas Feyerabend: Grundlagen der Strahlentherapie. 2. Auflage. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-41265-4 .
  • Boris Peter Selby, Stefan Walter, Georgios Sakas, Uwe Stilla : Automatic Geometry Calibration of X-Ray Equipment for Image Guided Radiotherapy. In: Particle Therapy Co-Operative Group (PTCOG) Proceedings. Jacksonville, Band 47, 2008, S. 119.
  • Frederik Wenz, Markus Bohrer: Strahlentherapie kompakt. 3. Auflage. Urban-&-Fischer-Verlag, Munchen 2019, ISBN 978-3-437-23292-3 .

Tiermedizin

  • Barbara Kaser-Hotz, Bettina Kandel: Strahlentherapie. In: Peter F. Suter, Barbara Kohn (Hrsg.): Praktikum der Hundeklinik. 10. Auflage. Paul Parey Verlag, 2006, ISBN 3-8304-4141-X , S. 1115?1118.
  • Susan M. Larue, Ira K. Gordon Radiation Oncology In: David M. Vail, Douglas H. Thamm, Julias M. Liptak (Eds.): Withrow and MacEwen's Small Animal Clinical Oncology, , (Sixth Edition). ISBN 978-0-323-59496-7
Commons : Strahlentherapie  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Strahlentherapie  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff /Diepgen/Goerke: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 58, 60 und 67.
  2. Aufstellung der klinischen RTOG-Studien mit den zugehorigen Dosisgrenzen fur die Risikoorgane Wikibooks, abgerufen am 2. Juni 2020.
  3. Zusammenfassung der klinisch relevanten Organtoleranzen Wikibooks, abgerufen am 2. Juni 2020.
  4. L. B. Harrison, M. Chadha, R. J. Hill, K. Hu, D. Shasha: Impact of tumor hypoxia and anemia on radiation therapy outcomes. In: The oncologist. Band 7, Nummer 6, 2002, S. 492?508, ISSN   1083-7159 . PMID 12490737 . (Review).
  5. W. Rhomberg, J. Dunst: Radiosensitizer. In: H. J. Schmoll, K. Hoffken, K. Possinger (Hrsg.): Kompendium Internistische Onkologie Standards in Diagnostik und Therapie. Springer, 2005, ISBN 3-540-20657-4 , S. 619. eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche
  6. Ryan J. Sullivan, Donald P. Lawrence, Jennifer A. Wargo, Kevin S. Oh, R. Gilberto Gonzalez, Adriano Piris: Case 21-2013 ? A 68-Year-Old Man with Metastatic Melanoma. In: The New England Journal of Medicine . Band 369, Ausgabe 2, 11. Juli 2013, S. 173?183. doi:10.1056/NEJMcpc1302332
  7. Kohler: Strahlentherapie bei benignen Erkrankungen . ( Memento vom 10. August 2007 im Internet Archive ; PDF; 228 kB) 2007.
  8. Patricia J Eifel: Concurrent chemotherapy and radiation therapy as the standard of care for cervical cancer . In: Nature Clinical Practice Oncology . Band   3 , Nr.   5 , 2006, ISSN   1759-4782 , S.   248?255 , doi : 10.1038/ncponc0486 ( nature.com [abgerufen am 2. April 2018]).
  9. Reducing Uncertainties About the Effects of Chemoradiotherapy for Cervical Cancer: A Systematic Review and Meta-Analysis of Individual Patient Data From 18 Randomized Trials . In: Journal of Clinical Oncology . Band   26 , Nr.   35 , 10. Dezember 2008, ISSN   0732-183X , S.   5802?5812 , doi : 10.1200/jco.2008.16.4368 ( ascopubs.org [abgerufen am 2. April 2018]).
  10. D. Citrin, A. P. Cotrim, F. Hyodo, B. J. Baum, M. C. Krishna, J. B. Mitchell: Radioprotectors and mitigators of radiation-induced normal tissue injury. In: The Oncologist Band 15, Nummer 4, 2010, S. 360?371, ISSN   1549-490X . doi:10.1634/theoncologist.2009-S104 . PMID 20413641 . PMC 3076305 (freier Volltext). (Review)
  11. J. R. Kouvaris, V. E. Kouloulias, L. J. Vlahos: Amifostine: the first selective-target and broad-spectrum radioprotector. In: The oncologist. Band 12, Nummer 6, Juni 2007, S. 738?747, ISSN   1083-7159 . doi:10.1634/theoncologist.12-6-738 . PMID 17602063 . (Review)
  12. M. J. Zelefsky, Y.Yamada, Z Fuks und andere: Long-term results of conformal radiotherapy for prostate cancer: impact of dose escalation in biochemical tumor control and distant metastases-free survival outcomes. In: International Journal of Radiation Oncology, Biology and Physics. Band 71, 2008, S. 1028?1033.
  13. DGMP , DEGRO : Leitlinie zur Strahlentherapie mit fluenzmodulierten Feldern (IMRT). Version 2018: nur online
  14. Karl-Ruprechts-Universitat Heidelberg IKR-Sektion Strahlentherapie: VMAT (Volumetric Intensity Modulated Arc Therapy)
  15. Teure Strahlen im Kampf gegen Krebs. 31. August 2009, abgerufen am 28. Mai 2021 .
  16. Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen | 500. Patient. In: www.wpe-uk.de. Abgerufen am 26. Oktober 2016 .
  17. Pressemitteilung: Universitatsklinikum Essen ubernimmt Westdeutsches Protonentherapiezentrum vollstandig.
  18. Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen | Vierter Behandlungsraum eroffnet ? Essener Einrichtung damit großtes Protonentherapiezentrum an einem Universitatsklinikum in Deutschland. In: www.wpe-uk.de. Abgerufen am 26. Oktober 2016 .
  19. Die schwierige Geschichte einer Strahlenklinik. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. (WAZ), 29. April 2014.
  20. J. Dunst, R. Kampf: Universitatsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel: Partikeltherapiezentrum ab 2012 . ( Memento vom 12. Marz 2014 im Internet Archive ; PDF; 212 kB) In: Schleswig-Holsteinisches Arzteblatt , 10, 2008, S. 63?68.
  21. Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum: Im Herbst 2015 sollen die ersten Patienten bestrahlt werden . Pressemitteilung der Philipps-Universitat Marburg, 23. Oktober 2014.
  22. Pressemitteilung des Universitatsklinikums Heidelberg 27. Oktober 2015.
  23. A. Gerbaulet, R. Potter, J.-J. Mazeron, H. Meertens, E. V. Limbergen (Hrsg.): The GEC ESTRO Handbook of Brachytherapy. ACCO-Verlag, Leuven Belgien 2002, ISBN 90-804532-6
  24. Sarah C. Darby, Marianne Ewertz, Paul McGale, Anna M. Bennet, Ulla Blom-Goldman, Dorthe Brønnum, Candace Correa, David Cutter, Giovanna Gagliardi, Bruna Gigante, Maj-Britt Jensen, Andrew Nisbet, Richard Peto, Kazem Rahimi, Carolyn Taylor, Per Hall: Risk of Ischemic Heart Disease in Women after Radiotherapy for Breast Cancer. In: New England Journal of Medicine , Band 368, Ausgabe 11, 14. Marz 2013, S. 987?998. doi:10.1056/NEJMoa1209825
  25. Arztinnen/Arzte nach Bezeichnungen und arztlichen Tatigkeitsbereichen. (PDF) Tabelle der Bundesarztekammer, 2008.
  26. DER SPIEGEL: Das sind die Top-Verdiener unter den Facharzten. Abgerufen am 8. Juli 2021 .
  27. Christina Balder: Neues Gerat am Klinikum: Weniger Nebenwirkungen fur Bestrahlungspatienten. Abgerufen am 9. Juli 2021 .
  28. Strahlentherapie: Siemens Healthineers holt zum großen Schlag aus . In: Medical Design . ( medical-design.news [abgerufen am 8. Juli 2021]).
  29. Jurgen Salz: Varian-Ubernahme: Siemens' Milliardenwette auf den Kampf gegen Krebs. Abgerufen am 8. Juli 2021 .
  30. Was kostet Lungenkrebs?: www.lungenaerzte-im-netz.de. Abgerufen am 28. Mai 2021 .
  31. D. Hirschfeld u. a.: Strahlentherapie in der Kleintiermedizin . (PDF; 29 kB). In: Praktischer Tierarzt. Band 82, 2001, S. 1, 16?21.