Sten Nadolny

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sten Nadolny auf der Frankfurter Buchmesse 2017

Sten Rudolf Alexander Nadolny [ steːn na?d?lni ] (*  29. Juli 1942 in Zehdenick , Landkreis Templin , Provinz Brandenburg ) ist ein deutscher Schriftsteller . Sein großter Erfolg ist der Bestseller Die Entdeckung der Langsamkeit .

Herkunft und Jugend

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sten Nadolny ist der Sohn eines Schriftstellerehepaares. Er wuchs in Chieming am Chiemsee auf, wo sein Großvater mutterlicherseits, der Maler Alexander Peltzer, im Jahr 1932 ein Haus gebaut hatte, das heute am Isabella-Nadolny-Weg liegt. Der Vater Burkhard Nadolny , Sohn des Diplomaten Rudolf Nadolny , war ein Schriftsteller im Umfeld der Gruppe 47 , dessen Werke allerdings nie großen Anklang beim Publikum fanden. Erfolgreicher wurde spater die Mutter Isabella Nadolny mit ihren Familienromanen.

Sten Nadolny wollte keinesfalls den Beruf der Eltern ergreifen. Schon in seiner Jugend zeigte er allerdings Interesse fur den britischen Polarforscher John Franklin , der spater die Hauptfigur seines erfolgreichsten Romans werden sollte. [1]

Studium und erste Tatigkeiten

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Abitur in Traunstein ließ sich Nadolny zum Reserveoffizier ausbilden; er besuchte u. a. die Heeresoffizierschule III in Munchen. [2] Im Anschluss studierte er Mediavistik und Neuere Geschichte sowie Politikwissenschaft in Munchen , Tubingen , Gottingen und Berlin . 1976 wurde er an der Freien Universitat Berlin bei Thomas Nipperdey zum Thema Abrustungsdiplomatie 1932/1933 promoviert. Sein Großvater Rudolf Nadolny hatte 1932/1933 die deutsche Delegation auf der Genfer Abrustungskonferenz des Volkerbunds geleitet. Wahrend des Studiums kam Nadolny auch in Kontakt mit der Studentenbewegung der 1960er Jahre , von deren Ideen er sich zuerst eingenommen zeigte, um sie nach ihrer Radikalisierung umso entschiedener abzulehnen und etwa im Roman Selim oder Die Gabe der Rede ruckblickend als ? APO -Krankheit“ zu bezeichnen. [1]

Im Anschluss an sein Studium wurde Nadolny Studienrat fur Geschichte am Hans-Carossa-Gymnasium in Berlin-Spandau . [3] Den Lehrerberuf gab er jedoch schon bald wieder auf, um nach Zwischenstationen als Taxifahrer und Vollzugshelfer im Gefangnis 1977 ins Filmgeschaft einzusteigen. [4] Als Aufnahmeleiter war Nadolny unter anderem an den Berliner Filmszenen von James Bond 007 ? Octopussy beteiligt. [1] Nadolny wollte Filmregisseur werden, erhielt jedoch ein Stipendium fur ein Drehbuchexpose . Der geplante Film Netzkarte wurde nie realisiert, stattdessen verarbeitete Nadolny den Stoff zu seinem ersten Roman. [4]

Literarisches Schaffen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Das Percy Warberger -Trio (von links): Harald Eggebrecht , Michael Winter und Sten Nadolny;
1995 bei einer Lesung bei Otto Stender in der Georgsbuchhandlung in Hannover

Als Nadolny 1980 mit 38 Jahren beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb antrat, war dies sein erster großer Auftritt auf der literarischen Buhne. [1] Er las Kopenhagen 1801 , das funfte Kapitel des drei Jahre spater erschienenen Bestsellers Die Entdeckung der Langsamkeit . Das Buch beschreibt, angelehnt an das Leben des Polarforschers John Franklin, den Werdegang eines Menschen, der ungemein langsamer ist als der Rest der Welt und trotz oder gerade wegen seiner Langsamkeit seinen Weg geht und ein beruhmter Kapitan und Entdecker wird. Nadolny erhielt den Ingeborg-Bachmann-Preis , teilte das Preisgeld von 14.000 Mark allerdings unter samtlichen Teilnehmern auf, um, wie er begrundete, ?den Wettbewerb zu entbittern“. [5]

Noch vor Die Entdeckung der Langsamkeit erschien 1981 Nadolnys Erstling, der Roman Netzkarte . Protagonist des Buchs ist der 30-jahrige Studienreferendar Ole Reuter, der eine einmonatige Reise mit der Bundesbahn unternimmt. 18 Jahre spater ließ der Autor die inzwischen gealterte Hauptfigur in Er oder ich wieder auferstehen. Dazwischen lagen die Romane Selim oder Die Gabe der Rede (1990), ein Zeitroman uber die Bundesrepublik Deutschland mit dem jungen Deutschen Alexander und dem turkischen Gastarbeiter Selim als Protagonisten, und Ein Gott der Frechheit (1994), in dem der Gotterbote Hermes in die Gegenwart versetzt wird.

Sten Nadolny (links) und Jens Sparschuh , 2009

Gemeinsam mit Harald Eggebrecht und Michael Winter verfasste er unter dem Pseudonym Percy Warberger den Feuilletonroman Das große Spiel oder Im Dickicht der Begehrlichkeiten , der in 53 Folgen in der Suddeutschen Zeitung erschien und 1995 als Buchausgabe veroffentlicht wurde. [6] Mit dem Ullsteinroman aus dem Jahr 2003 schrieb Nadolny die Geschichte der Familie Ullstein und des Ullstein Verlags . In Putz- und Flickstunde. Zwei kalte Krieger erinnern sich (2009) berichten Nadolny und Jens Sparschuh von ihrem Wehrdienst in Ost- und Westdeutschland.

2012 veroffentlichte Nadolny den Roman Weitlings Sommerfrische , in dem er vor dem Hintergrund der Zeitreise eines pensionierten Richters in seine Jugend zahlreiche Details der eigenen Biografie verarbeitete. Wie seine Hauptfigur Weitling lebt auch Nadolny in Berlin und am Chiemsee. 2017 blickte er in Das Gluck des Zauberers aus der Perspektive eines Zauberkunstlers und in der Form eines Briefromans auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts zuruck.

1990 hielt Nadolny an der Ludwig-Maximilians-Universitat Munchen die Munchner Poetikvorlesungen. Zehn Jahre spater folgten die Poetikvorlesungen an der Georg-August-Universitat Gottingen . [7] Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland . 2020 vergab Sten Nadolny seinen Vorlass an die Monacensia .

  • Wolfgang Bunzel (Hrsg.): Sten Nadolny . Edition Isele, Eggingen 1996, ISBN 3-86142-064-3
  • Norbert Berger: Sten Nadolny. Die Entdeckung der Langsamkeit. Zeitgenossische Romane ? Ideen und Materialien. Auer Verlag, Donauworth 2004, ISBN 3-403-04039-9
  • Jorn Steigerwald: Hermes-Konfigurationen: Vermittlungen postmodernistischen Schreibens in Calvinos 'Se una notte d’inverno un viaggiatore' und Nadolnys ‘Ein Gott der Frechheit’ . In: KulturPoetik 8, 2 (2008), S. 187?202
Commons : Sten Nadolny  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. a b c d Segeln abseits des Betriebs. Der Schriftsteller Sten Nadolny . Manuskript einer Sendung von Knut Cordsen auf Deutschlandradio Kultur , 24. Juli 2012.
  2. Jens Sparschuh, Sten Nadolny: Putz- und Flickstunde. Zwei Kalte Krieger erinnern sich . Piper ebooks, Munchen 2012, ISBN 978-3-492-95789-2 , o. S.
  3. Namenspatron ? Hans-Carossa-Gymnasium. Abgerufen am 29. Juli 2022 (deutsch).
  4. a b Sten Nadolny im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  5. Sybille Zehle: Schreiben gegen die Eile . In: Die Zeit vom 14. Dezember 1984.
  6. Friedmar Apel : Ein Geheimnis fur Munchen . In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Juni 1996.
  7. Gottinger Poetikvorlesungen an der Georg-August-Universitat .
  8. Sten Nadolny erhalt Rheingau-Literaturpreis . In: Saarbrucker Zeitung (Kultur) vom 23. August 2012, S. B5