Der
Staats-Shint?
(
jap.
?家神道
kokka shint?
) war im engeren Sinn der von der
Meiji-Restauration
bis zur Niederlage im
Zweiten Weltkrieg
in
Japan
von der Regierung als Staatsideologie geforderte
Shint?
, ab 1900 ausschließlich der
Schrein-Shint?
.
Er sollte im Sinne einer nationalen Einung Japans eine Rekonstruktion der ursprunglichen und reinen nationalen japanischen Gebrauche und Sitten sein, wie es sie vor der Ankunft der auslandischen Glaubenssysteme (
Buddhismus
,
Konfuzianismus
,
Daoismus
,
Christentum
) in Japan gegeben haben soll. Ab wann es Shint? als eigenstandige
Religion
tatsachlich gegeben hat, ist weder historisch noch religionswissenschaftlich geklart. Vom Historiker Kuroda Toshio (1926?93) wurde sogar die These vertreten, die Vorstellung vom Shint? als einer indigenen Religion sei erst in der
Kokugaku
unter
Motoori Norinaga
entwickelt worden.
[1]
Diese Ansicht gilt aber keinesfalls als gesichert.
[2]
Der Begriff ?Staats-Shint?“ ist kein originar japanischer Begriff, er wurde bereits im spaten 19. Jahrhundert von Autoren außerhalb Japans bzw. auslandischen Beobachtern in Japan gebraucht. Seine Ubersetzung ins
Japanische
fand erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs statt, zuvor gab es keinen entsprechenden japanischen Begriff. Dort wurde nur eine Unterscheidung zwischen
Sekten-Shint?
(ky?ha shint?)
und Schrein-Shint?
(jinja shint?)
getroffen.
Die politischen und geschichtlichen Bedingungen des Staats-Shint? gehen bis in die Zeit vor der
Taika-Reform
zuruck, wobei sich der Begriff ?Staats-Shint?“ in seiner allgemeinen Bedeutung auf diese gesamte Vorgeschichte als auch auf die Zeit nach Kriegsende beziehen kann.
Da in der
Meiji-Verfassung
nach europaischem Vorbild die
Religionsfreiheit
vorgeschrieben war, wurde von offizieller Seite die Ansicht vertreten, dass der staatlich propagierte und betriebene Schrein-Shint? keine Religion sei. Die Schreine wurden verschiedenen Institutionen innerhalb des Innenministeriums bzw. des Bildungsministeriums unterstellt (siehe dazu auch die
Tabelle der Institutionen
) und erhielten Unterstutzung aus offentlichen Kassen. Nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs
durch die
Kapitulation Japans
wurde der Staats-Shint? vom Generalkommando der Alliierten durch das spater ?Shint?-Direktive“ genannte Dekret aufgelost.
Bereits in den altesten japanischen Schriften aus dem achten und neunten Jahrhundert ist die bedeutsame Rolle des Shint? und vor allem der Shint?-Schreine fur das japanische Staatswesen belegt. Zwar findet sich in diesen Schriften eine starke Vermischung von Mythologie und geschichtlichen Fakten. Aber auch auslandische Schriften uber die japanische Geschichte wie das chinesische
Wei Zhi
aus der
Zeit der drei Reiche
bestatigen etliche uberlieferte politische Umstande.
Dazu gehorte die Verschrankung des dominanten japanischen
Klan
-Wesens mit den Schreinen. Jeder Klan hatte einen eigenen
Kami
(vgl.
Ujigami
). Die diesem gebuhrende, gemeinsam im Schrein praktizierte Verehrung einte den jeweiligen Klan. Im Zuge der Konsolidierung und Hierarchisierung der Machtverhaltnisse gewannen die Schreine als Hauptorte der Verehrung der Kami der Klans, die uber immer großere Gebiete und mehr Menschen herrschten, mehr und mehr an geopolitischer Bedeutung.
Den vorlaufigen Hohepunkt fand diese Entwicklung in der Errichtung des Yamato-Hofes als zentrale Autoritat des japanischen Nationalstaats im fruhen vierten Jahrhundert. Eng damit zusammenhangend, verlief die Entwicklung des
Ise-Schreins
, der spatestens seit der Regierungszeit von Kaiser
Y?ryaku
als bedeutendste und wichtigste Statte des nationalen Shint? galt. Seit der Regierungszeit von Kaiser
Sujin
bekleidete jeweils eine unverheiratete Prinzessin des
japanischen Kaiserhauses
, eine sogenannte
Sai?
(
?王
), dort das Amt der Hohepriesterin. Seit langer Zeit und auch noch gegenwartig wird in ihm auch der Heilige Spiegel
yata no kagami
, eine der drei
Throninsignien Japans
aufbewahrt, die unverzichtbar zur Thronbesteigung des japanischen Kaisers sind.
Die
Taika-Reform
beendete die Zeit der Klan-Herrschaft in Japan und begrundete das japanische Kaiserreich mit dem japanischen Kaiserhof als oberste und zentrale Autoritat der neu gegrundeten
Provinzen
und Distrikte. Zeitgleich mit den gesetzlichen Regelungen zur Uniformierung des japanischen Nationalstaats wurden mehrere staatliche Bestimmungen fur die Ausubung des Shint? festgelegt. Besonders bedeutsam waren in diesem Zusammenhang die umfassenden Gesetzestextsammlungen des
Taih?-Kodex
von 701 sowie des
Y?r?-Kodex
von 718. Mit dem letzteren wurde das zentrale Kami-Amt
(jingikan)
begrundet. Ebenfalls im achten Jahrhundert entstand der
jingiry?
(Kodex uber die Kami des Himmels und der Erde). Dieser beinhaltete konkrete Anweisungen fur Zeremonien, Feste und die administrativen Angelegenheiten der Schreine. Der
denry?
(Kodex uber Landpachtung) machte besondere Ausnahmen fur Schreine und Tempel, Land langer als die ublichen 6 Jahre zu pachten.
927 wurden mit dem
Engishiki
(
延喜式
?Codex der Engi-Ara‘) umfassende Erhebungen und Unterteilungen in Bezug auf das Schrein-System gemacht. In ihm wurde die Gesamtzahl der Schreine auf etwa 30.000 geschatzt. 3.000 davon wurden als
kanpaisha
(Regierungsschrein) oder
kansha
(Zentralregierungsschrein) klassifiziert, denen damit kaiserliche Opfergaben
(kanpei)
durch das Kami-Amt am Fruhlings-Gebetsfest
(toshigoi no matsuri)
zukamen. Ahnliche von staatlicher Seite verpflichtende Opfergaben
(kokuhei)
existierten bereits seit 798 fur die großen Schreine der Provinzen (spater National-Schreine bzw. Volks-Schreine
(kokuheisha)
) und die Gouverneure der Provinzen.
Die 1185 mit
Minamoto no Yoritomo
beginnende Militarherrschaft des
Sh?gunats
brachte keine wesentlichen politischen Veranderungen fur den Shint? hervor. Die rechtlichen Privilegien der Schreine, die zu dieser Zeit bereits oftmals aktiv mit den vielzahligen neu entstandenen und machtigen
Sh?en
zusammenarbeiteten, wurden von den Sh?gunen nicht angetastet. Auch wurde dem Shint? im Vergleich mit dem im 6. Jahrhundert in Japan eingefuhrten Buddhismus keine Vorzugsstellung eingeraumt.
Ab der Herrschaftszeit des Sh?gun
Ashikaga Yoshimasa
brachen mehrere Burgerkriege (wie der
?nin-Krieg
) und innere Machtkampfe im Reich aus, die Aggressionen gegen die jeweils miteinander im Streit liegenden Familien richtete sich infolgedessen auch gegen die ihnen zugehorigen Shint?-Schreine und buddhistische Tempel gleichermaßen, wobei viele Gebaude zerstort wurden. In diese Zeit fallt auch die Begrundung des
Yoshida-Shint?
durch
Yoshida Kanetomo
(1435?1511), einer Schule des Shint?, die erstmals den Begriff Shint? als Eigenbezeichnung ubernahm und bis zu Beginn der Meiji-Restauration die fuhrende Autoritat in verwaltungstechnischen Fragen der Organisation des Shint? innehatte. Die Periode der kriegerischen Auseinandersetzungen endete mit der Herrschaft des Sh?gun
Toyotomi Hideyoshi
. Ihr folgte eine Periode des zentral gesteuerten Wiederaufbaus, die ab 1635 auch in verwaltungstechnischer Hinsicht abgeschlossen war und in religionspolitischer Hinsicht in der Einrichtung des Magistrats fur Tempel und Schreine (
寺社奉行
jisha bugy?
) kulminierte. Diese Institution des
Bakufu
bestimmte uber eine neue, pyramidale Hierarchie von Haupt- und Zweigtempeln und -schreinen (
本末制度
honmatsu seido
; zu Deutsch etwa ?Haupt-und-Nebentempel-System“) die rechtlichen Normen und Grundlagen der religiosen Praxis.
Das im Rahmen der Christenverfolgung des fruhen 17. Jahrhunderts eingefuhrte Volkszahlungssystem wurde bezeichnenderweise hauptsachlich uber die buddhistischen Tempel praktisch umgesetzt (
寺請制度
terauke seido
; zu Deutsch etwa ?System der Tempel-Bestatigungen“). Dieses System besagte, dass jeder Japaner uber einen Tempel seinen Glauben zu registrieren habe (was danach durch eine Glaubensbescheinigung
(terauke)
bestatigt wurde).
Der Beginn der
Meiji-Restauration
, welche die Einigung Japans unter der symbolischen Figur des
Tenn?
im neuen
japanischen Kaiserreich
zum Ziel hatte, zeichnete sich durch blutige Burgerkriege aus. Vor allem zum Gedenken an den nationalen Verdienst der Gefallenen des
Boshin-Krieges
wurde 1869 der
Yasukuni-Schrein
errichtet, in dem noch heute alle japanischen Militars verehrt werden, die fur ihr Land gestorben sind.
Von Anfang an war der Shint? die wesentliche ideologische Grundlage der politischen Reformer, die mit Verweis auf die direkte Verwandtschaft des Tenn? mit dem mythischen Kaiser
Jimmu
die Wiederherstellung des japanischen Kaiserreichs anstrebten.
Dies war insbesondere auch eine Forderung der Shint?isten der Hirata-Fraktion, einer Gruppierung, die sich auf den
edozeitlichen
Kokugaku
-Gelehrten
Hirata Atsutane
(1776?1843) berief. Gefordert wurde eine durch philologische Studien der klassischen japanischen Literatur zu befordernde nationale Ruckbesinnung auf den reinen, ursprunglichen Shint?, ohne die Beeinflussung durch
Buddhismus
und
Konfuzianismus
. Weiterhin sollte mit der Ruckgabe der Regierungsgewalt an den als Kami verehrten Kaiser auch die Einheit von Religion und Staat hergestellt werden. Ein weithin akzeptierter Grundmythos fur diesen ideologischen Kern der staatlichen Politik (auch bekannt als ?nationales Gemeinwesen“ oder ?Nationalwesen“;
kokutai
) ist der folgende Auszug aus dem
Nihonshoki
, in welchem die Sonnengottin
Amaterasu-?-mi-kami
ihren Enkelsohn Jimmu zur Herrschaft uber die japanischen Inseln beruft:
?Dieses Land der eintausend-funfhundert herbstlichen frischen Ahren des Schilfgefildes ist die Region, welche meine Nachkommen als Herrscher beherrschen sollen. Gehe du, mein souveraner erlauchter Enkel, hin und regiere es! Moge das Bluhen und Gedeihen der himmlischen Dynastien wie Himmel und Erde ohne Ende dauern!“
?
Zitiert nach
Karl Florenz
:
Die historischen Quellen des Shinto (ubers. und erlautert)
, Gottingen 1919, S. 189.
Eine englische Ubersetzung der Passage jungeren Datums lautet:
“This Reedplain Land of Fifteen Thousand Autumns of Fair Riceears is the country over which my descendants shall be lords. Do thou, my August Grandchild, proceed thither and rule over it. Go! and may prosperity attend thy dynasty, and it shall, like Heaven and Earth, endure forever.”
?
Zitiert nach Creemers 1968, S. 12. Creemers zitiert dort selbst nach Holtom 1947, S. 17
Die Meiji-Regierung setzte diese Forderungen des sogenannten Restaurations-Shint? (
復古神道
fukko shint?
) um. Noch im Februar des ersten Jahres des politischen Umbruchs 1868 durch die Restauration wurden die
Shinbutsu-Bunri
-Gesetze zur Trennung des Shint? vom Buddhismus erlassen. Bis dato waren buddhistische Tempel und shint?istische Schreine aufs engste in religioser und philosophischer Tradition, aber auch in konkreten Standorts- und Verwaltungsfragen miteinander verflochten gewesen (vgl.
Shinbutsu-Sh?g?
). Durch die Shinbutsu-Bunri-Gesetze wurden diese Verflechtung gesetzlich aufgehoben und die Trennung von Tempeln und Schreinen gesetzlich vorgeschrieben. Im Rahmen dieser Gesetzgebungen kam es zu massiver staatlicher als auch offentlicher Unterdruckung der Buddhisten in Japan. Auch wurden wesentlich religiose Einrichtungen und Aufgaben (wie das Begrabnis) gesetzlich Stuck fur Stuck von der Verantwortlichkeit bzw. der Eigentumerschaft des Buddhismus in die des Shint? uberfuhrt.
Im selben Jahr wurde auf Anraten
Hirata Kanetanes
(1801?1882) das zentrale Kami-Amt
(jingikan)
aus dem Y?r?-Codex der
Nara-Zeit
wieder ins Leben gerufen. Seine Aufgabe war die Bestimmung der gesetzlichen und verwaltungstechnischen Regeln des Staats-Shint?, darunter die Verstaatlichung des Schrein-Eigentums, die Abschaffung der Erblichkeit des Priestertums und die Einfuhrung eines verbindlichen Rangsystems von Priestern und Schreinen. Mitte 1868 wurden der Ise-Schrein, sowie weitere große Schreine
(taisha)
und die Schreine, die durch kaiserliche Boten verehrt worden waren
(
chokusaisha
)
dem zentralen Kami-Amt direkt unterstellt, die ubrigen Schreine fielen unter die Zustandigkeit regionaler Verwaltungsstellen. Im Dezember 1868 wurden alle Regierungsbezirke,
Daimyate
und
Prafekturen
angewiesen, genaue Berichte uber alle Schreine in ihrem Verwaltungsbereich anzufertigen, die im Engishiki Erwahnung gefunden hatten, sowie solche, die sonst wie besondere lokale Bedeutung hatten. Weitere ahnliche Berichte wurden bis 1870 angefordert. Mitte 1869 wurde das Kami-Amt innerhalb der Regierung dem Staatsrat an Befugnisgewalt gleichgestellt.
1869 begrundete das Kami-Amt die Institution der Propagandisten der Shint?-Lehre (
宣?師
senky?shi
) ?zur geistigen Fuhrung des Volkes, um das Fundament der neuen Regierung zu festigen“. Diese setzten sich zunachst aus der Gesamtheit der Shint?-Priester und der lokalen Gouverneure sowie ihrer Rate zusammen. 1870 erging ein kaiserlicher Erlass, der die Große Lehre (
大?
taiky?
) verkundete. Dies wurde zum Anlass genommen, in den Stadten und manchen landlichen Gegenden Propagandaburos einzurichten. Dabei wurde den Anhangern des Hirata-Shint? eine Vorrangstellung eingeraumt.
Als Resultat der Restaurations-Bewegung kam dem Tenn? immense Bedeutung fur den staatlichen Shint?-Kult zu. War vormals nur die Verehrung der Schreine durch kaiserliche Boten ublich, besuchte der Meiji-Kaiser nun personlich den
Kamo-Schrein
in Ky?to, bevor er seine Residenz nach
Tokio
verlegte. Dort angekommen besuchte er unmittelbar den
Hikawa-Schrein
(in der Nahe von Omiya). 1869 besuchte er als erster Tenn? den Ise-Schrein.
Gleichzeitig wurde die politische
Gleichschaltung
der Schreine und Tempel vorbereitet. Am 19. Februar 1869 wurde den Schreinen und Tempeln das Recht auf Ernennung und Entlassung der Dorfbeamten und die Zustandigkeit fur die Religionsregister entzogen und den Daimyaten ubertragen. Davon unangetastet blieb zunachst die Eigentumerschaft uber den Grundbesitz aus der Feudalzeit und die damit verbundenen Einkunfte durch Steuereinziehung, wobei die Festlegung der Hohe mittlerweile auch Sache der Daimy?s geworden war.
Am 23. Februar 1871 dann jedoch wurde den Schreinen und Tempeln die Ubertragung der Rechte an samtlichen Landereien an den Staat befohlen (mit Ausnahme lediglich der unmittelbaren Schrein- bzw. Tempelgelande und der Landereien, die von den Schreinen oder Tempeln direkt selbst bestellt wurden). Die zukunftige Finanzierung der Schreine sollte durch staatliche Zuschusse in Form von Reis-Einheiten geschehen, wobei die Menge nach den Durchschnittseinnahmen der letzten sechs Jahre errechnet wurde, wozu im Juli 1871 umfangreiche Erhebungen uber Eigentumsverhaltnisse und Bilanzen der Schreine durchgefuhrt wurden.
1871 wurde die Abschaffung des erblichen Priesteramts gesetzlich realisiert, indem eine Erklarung des Staatsrates verkundete, die Ausfuhrung der Shint?-Riten sei keiner einzelnen Familie vorbehalten, vielmehr seien sie Riten des Staates
(kokka no s?shi)
. Im Zuge dessen wurde das Shint?-Schrein-Priestertum vollstandig den nationalen, prafekturalen und lokalen Regierungsstellen unterstellt. Diese hatten uber Zulassung, Unterstutzung, Disziplinarverfahren und Ausschluss der Priester zu entscheiden.
In der Mitte desselben Jahres wurde ebenfalls eine systematische Abstufung der Schreine auf einem pyramidalen Prinzip mit dem
Ise-Schrein
an der Spitze etabliert. Erstmals waren damit alle Schreine bis zum niedersten Dorfschrein in eine umfassende Hierarchie erfasst. Nach der vorlaufig endgultigen Festlegung sah das System wie folgt aus:
- kansha
(Zentralregierungsschrein)
- kanpeisha
(Regierungsschrein bzw. Reichsschrein)
- kanpa taisha
(Großer Regierungsschrein)
- kanpei ch?sha
(Mittlerer Regierungsschrein)
- kanpei sh?sha
(Kleiner Regierungsschrein)
- kokuheisha
(Nationalschrein bzw. Landesschrein)
- kokuhei taisha
(Großer Nationalschrein)
- kokuhei ch?sha
(Mittlerer Nationalschrein)
- kokuhei sh?sha
(Kleiner Nationalschrein)
- sh?sha
(sonstiger Schrein) bzw.
minsha
(Volksschrein)
- fusha
(Stadtschrein bzw. Regierungsbezirksschrein)
- hansha
(Clanschrein bzw. Daimyatschrein; wurden nach der Umwandlung der Daimyate in Prafekturen in
kensha
umklassifiziert)
- kensha
(Prafekturschrein)
- g?sha
(Regionalschrein)
- sonsha
(Dorfschrein)
- mukakusha
(Schreine ohne Rang)
Die Unterscheidung zwischen
kanpeisha
und
kokuheisha
war in weiten Teilen nur nominell. Der wesentliche Unterschied bestand darin, dass fur die offiziellen Feste der
kanpeisha
das Schrein-Amt zustandig war, fur die Feste der
kokuheisha
waren dies die Regionalbehorden. Fur eine Aufnahme in den Rang eines
kanpeisha
war eine Erwahnung im Engishiki oder eine sonstige Nennung in den sechs offiziellen japanischen Reichsgeschichten
(
rikkokushi
)
notwendiges Kriterium. Alle
kansha
wurden zudem komplett durch die jeweils zustandigen Regierungsstellen finanziert.
Die
sh?sha
waren samtlich den Regionalbehorden unterstellt. Die Einstufung zu den
g?sha
war anfanglich noch an die unscharfe Definition der Lokalgottheiten (
ubusunagami
, vgl.
Ujigami
) gebunden, spater dann durch eine regionale Deckung der
g?sha
mit den Familienregister-Bezirken bestimmt, wobei mind. etwa 1.000 Haushalte in mehreren Dorfern vorausgesetzt wurden. Traten in einer Region mehrere Schreine auf, die fur den Rang des
g?sha
in Frage kamen, wurde der lokal geeignetste ausgewahlt und die ubrigen Schreine diesem untergeordnet. Die Klasse dieser ubrigen Schreine wurde spater zu einer selbstandigen, die der
sonsha
.
Außerdem kam am 4. Juni 1872 noch die Sonderklasse der
bekkaku-kanpei-taisha
bzw.
bekkaku-kanpeisha
mit der Erhebung des Minatogawa-Schrein in diesen Rang hinzu. Diese Klasse war den kan/kokuhei sh?sha gleichgestellt, war jedoch nominell den kanpei sh?sha untergeordnet. Zu ihnen gehorte seit dem 4. Juni 1879 der Tokioter Sh?konsha, der gleichzeitig in
Yasukuni-jinja
umbenannt wurde.
Daruber hinaus bildete der Ise-Schrein eine eigene Klasse fur sich, die uber allen anderen Schreinklassen stand.
1872 anderte sich die Religionspolitik Japans wesentlich. Mit der im Marz erfolgten Abschaffung des Shinto-Religionsministeriums
(jingish?)
und der Grundung des neuen Religionsministeriums
(ky?bush?)
waren nun erstmals alle Religionsgemeinschaften Japans bis auf das Christentum einer zentralen Regierungsinstitution untergeordnet. Gleichzeitig wurde die bisherige Institution der Propagandisten der Shint?-Lehre in die neue der Ethik-Lehrer
(ky?d?shoku)
uberfuhrt, in der nun auch buddhistische Priester an der Verkundigung der Großen Lehre teilnehmen durften. Durch die Einbindung der einflussreichen buddhistischen Priester erhoffte man sich eine (bis dato erfolglos gewesene) Indoktrination auch der landlichen Gegenden Japans, deren religiose Tradition uberwiegend buddhistisch geblieben war. Außerdem erlaubte man auch anderen religiosen Gemeinschaften und Individuen, die Funktion der Ethik-Lehrer auszuuben, um eine moglichst vollstandige legale Einbindung der relevanten religiosen Krafte des Landes in die Propagierung der staatlichen Ideologie zu gewahrleisten.
Grundvoraussetzung fur eine Anerkennung als Ethik-Lehrer war die verbindliche Beachtung der vom Religionsministerium formulierten drei Lehrgebote
(sanj? ky?ken)
der Großen Lehre:
- Ubereinstimmung mit dem Geist der Verehrung gegenuber den Kami und Liebe fur den Kaiser
- Klarstellung des himmlischen Prinzips und des menschlichen Wegs
- Lobpreisung des Kaisers und Gehorsam gegenuber dem Kaiserhaus
Der tatsachliche Inhalt dieser Lehrgebote, wie auch die Große Lehre selbst, blieb großtenteils vage. Die genaue Interpretation wurde den einzelnen Ethik-Lehrern anheimgestellt. Zumeist handelte es sich dabei um eine allgemeine, an konfuzianischen Idealen orientierte, Erziehung des japanischen Volkes zu guten Staatsburgern, die punktlich ihre Steuern zahlen, ihre Kinder zur Schule schicken und die Wehrpflicht annehmen sollten, daruber hinaus ging es aber auch um die Austreibung diverser, als von der Regierung aberglaubisch und ruckstandig gescholtener Brauche, wie die Verwendung des traditionellen japanischen Mondkalenders (siehe
Japanische Zeitrechnung
). Gleichzeitig wurde die Ausubung von Shint?-Riten propagiert.
Die Hohepriester des Ise-Schreins wurden als oberste Instanz der Ethik-Lehrer eingesetzt, in vielen Regionen waren aber de facto auch buddhistische Priester, ehemalige Daimy? und andere ehemalige Mitglieder des alten Adels fur die Indoktrination der Bevolkerung zustandig. Uberall im Land wurden systematisch Lehrstellen eingerichtet. Mit etwa 100.000 solcher Einrichtungen, die im kleinsten Fall sogar in Privatwohnungen untergebracht waren, betrieb die Regierung die umfassende Propagierung des neuen japanischen Kaiserreichs im Sinne der Großen Lehre.
Dieser Ansatz schlug jedoch praktisch fehl. So ließ sich die buddhistische Lehre nicht vollig unter die staatliche Doktrin subsumieren, und eigenstandige buddhistische Ideen begannen so auf von der Regierung unerwunschte Weise neben der staatlichen Propaganda das japanische Volk zu erreichen, was der Idee der Regierung von der Einung von Kult und Staatswesen im Volksglauben widersprach. Insbesondere Vertreter des Auslands beklagten daruber hinaus in der internationalen Offentlichkeit die massive staatlich betriebene Verletzung der Religionsfreiheit.
Ab Mai 1875 wurde die Arbeit der Ethik-Lehrer weitestgehend eingestellt und die oberste Lehranstalt, das
daiky?in
auf Antrag von buddhistischer Seite aufgelost. Als Ersatz wurde das halb-staatlich, halb-privat gefuhrte Shinto-Sekretariat (
神道事務局
shint? jimukyoku
) als zentrale Geschafts- und Verbindungsstelle des nicht uber die Schreine organisierten Shint? gegrundet. Die von 1876 bis 1882 selbstandig gewordenen
Shint?-Sekten
bestanden zum großten Teil aus sich vom Shinto-Sekretariat abspaltenden Formierungen. 1886 wurde das Sekretariat zur eigenstandigen Sekte (
神道本局
shint? honkyoku
bzw.
神道大?
shint? taiky?
).
Von nun stand jedoch nicht mehr die Lehre, sondern der Kult im Vordergrund der Planung des Staats-Shint?.
Nach der Abschaffung des Religionsministeriums im Januar 1877 wurde im Innenministerium die neue Schrein- und Tempelbehorde
(shajikyoku)
eingerichtet. Trotz der Eingliederung in ein eigenstandiges Ministerium behielt diese Behorde bis ins Jahr 1900 die Zustandigkeit fur alle religiosen Fragen (erstmals auch der christlichen) inne.
Die Geschaftsverteilung der Schrein- und Tempelbehorde von 1878 sah unter anderem die Regelung folgender Aufgabenbereiche vor:
- ?die Errichtung von Schreinen und Tempeln“ (§ 1)
- ?die Grundung von Sekten oder ihr Verbot, sowie Spaltungen, Zusammenschlusse, Reformen von Sekten und Anderungen von Sekten-Bezeichnungen“ (§ 7)
- ?Entscheidung von Streitigkeiten in Glaubenslehren“ (§ 14)
1882 wurde Shint?-Priestern von der Schrein- und Tempelbehorde die Ausubung der Funktion des Ethik-Lehrers offiziell verboten (1884 wurde die Institution der Ethik-Lehrer als solche schließlich auch formal abgeschafft), ebenso die Durchfuhrung von Begrabniszeremonien. Im Mai des Jahres 1882 erging ein Erlass, der die Registrierung aller
Shint?-Sekten
als eigenstandige Organisationen unter dem Namenszusatz
ky?ha
(Sekte) statt der bis dato ublichen Registrierung uber die staatlich anerkannten Schreine
(jinja)
befahl. Sie wurden damit als selbstandige Religionsgemeinschaften eingestuft. Ihre Kultstatten durften fortan auch nicht mehr als Schreine
(jinja)
bezeichnet werden, sie erhielten stattdessen die Bezeichnung
ky?kai
(Lehrstatte).
1889 wurde die
Meiji-Verfassung
verabschiedet. Artikel 28 garantierte die
Religionsfreiheit
. Dort heißt es:
?Alle japanischen Untertanen genießen, soweit es nicht gegen Frieden und Ordnung verstosst, und nicht ihren Pflichten als Untertanen Abbruch tut, Freiheit des religiosen Bekenntnisses.“
[3]
Der Shint? fand in der Verfassung keine besondere Erwahnung. In seinem damals nicht veroffentlichten Kommentar zum Artikel 28 hatte
Hermann Roesler
, einer der wichtigsten Berater bei der Ausarbeitung der Verfassung, bereits auf die Moglichkeit einer eventuellen Einrichtung einer
Staatsreligion
hingewiesen. Der Artikel 28 sah, anders als die anderen Artikel, keine gesetzliche Bestimmung und Begrenzung seines Inhalts vor.
Das am 30. Oktober 1890 ergangene
Kaiserliche Erziehungsedikt
appellierte in
konfuzianischem
Ton an die Burger, soziale Grundwerte zu ehren, die seit ewigen Zeiten der japanischen Nation zu eigen gewesen waren, darunter durchaus bereits gelaufigen Werte wie Ehrfurcht vor den Eltern, die Gute gegenuber den Geschwistern und die Wahrhaftigkeit unter Freunden, gleichzeitig aber auch moderne Forderungen wie Respekt gegenuber der Verfassung, Einhaltung der Gesetze und Opferbereitschaft gegenuber dem Staat zur Wahrung des kaiserlichen Throns. Die gemahnten Gebote wurden samtlich auf die gottlichen kaiserlichen Ahnen und ihre ewige geltende Unfehlbarkeit zuruckgefuhrt. Dieser legendare Ursprung der postulierten Sitten und der Gehorsam ihnen gegenuber wurde als ?Glorie des fundamentalen Charakters Unseres Reichs“
(kokutai no seika)
bezeichnet.
1891 wurden die Shint?-Priester unter die disziplinarrechtliche Verfugungsgewalt gewohnlicher, offentlicher Staatsbeamte gestellt.
1899 erging eine Weisung der Schrein-Behorde, die den Religionsunterricht an offentlichen und privaten Schulen verbot. Die Lehren des Schrein-Shint? standen hingegen auf jeder Schule im Moralunterricht auf dem Plan. Fur Privatschulen uber dem Grundschulniveau wurde die Weisung nicht besonders streng umgesetzt.
Im April 1900 erfolgte dann die Abschaffung der Schrein- und Tempelbehorde und die gleichzeitige Grundung zweier neuer Behorden im Innenministerium: Der Schreinbehorde
(jinjakyoku)
und der Religionsbehorde
(sh?ky?kyoku)
. Die Kaiserliche Verfugung Nr. 136 vom 26. April teilte Schreine und Schrein-Shint? in das Aufgabenressort der Schreinbehorde, ?alle Angelegenheit in Bezug auf Religion“ in das Aufgabenressort der Religionsbehorde ein.
Der Schrein-Shint? wurde damit bis Ende des Zweiten Weltkriegs seitens der Regierung als rein staatlicher Kult eingestuft.
1911 erging ein Erlass des Bildungsministeriums, dass Schulkinder von nun an die Schreine regelmaßig aufzusuchen hatten. Tatsachlich konnten diese Verpflichtungen von Burgern zur Teilnahme an den staatlichen Riten explizit mit dem Artikel 28 der Verfassung begrundet werden, da dieser die Religionsfreiheit eben dort einschrankte, wo die Religion ansonsten die Ausubung der burgerlichen Pflichten behindert hatte und ?Frieden und Ordnung“ ein soziales Primat war, dessen Definition ungenau genug war, um von Staats wegen seine Einhaltung mit nahezu allen Mitteln zu fordern.
Die kurze Periode der
Taish?-Zeit
brachte keine wesentlichen Anderungen im Staats-Shint?. Jedoch zeigten sich bereits die ersten theoretischen Probleme bei der genauen Definition des Wesens des Schrein-Shint?.
1913 wurde die Religionsbehorde dem Innenministerium aus- und dem Bildungsministerium eingegliedert, in welchem sie bis 1942 tatig sein sollte.
Auf allgemeinen Protest der verschiedenen nicht-shint?istischen Konfessionen und auch der weltlichen auslandischen Presse wurden immer wieder von der Regierung neue Bekanntmachungen erlassen, die im Wesentlichen die Auffassung bekraftigten, es handele sich beim Staats-Shint? nicht um eine Religion, sondern um einen Staats-Kult und dass eine Ablehnung eines solchen einzig auf mangelnde vaterlandische Gesinnung zuruckzufuhren sein konne.
Im April 1916 erklarte die Schreinbehorde:
?Welche Gedanken und Glaubensvorstellungen das Volk haben mag, die Regierung sieht in den Schreinen nichts Religioses. Und ob es dem Volke wunschenswert erscheinen mag, sich die Schreine wieder wie fruher zu denken und zu erklaren, die Regierung denkt gegenwartig nicht daran, das zu unterstutzen. Sie erwartet einfach Respekt vor den Schreinen und glaubt, dass die Schreine auch von denen verehrt werden konnen, die eine Religion haben, ohne dass sie dadurch in Konflikt kommen oder sich belastigt fuhlen. Man mag daruber, was hinsichtlich der religiosen Haltung gegenuber den Schreinen zu geschehen habe, denken, was man will, die Regierung wird sich neutral verhalten, gemaß dem Grundsatz, dass der religiose Glaube frei bleiben soll.“
[4]
1926 wurde der Ausschuss zur Untersuchung des religiosen Systems (sh?ky? seido ch?sakai) gegrundet. Er sollte das Verhaltnis von Schreinen zur Religion klaren, um die theoretische Vorlage fur ein geplantes, neues Religionsgesetz zu liefern. Der Ausschuss kam jedoch zu keinem Ergebnis und der dem
Parlament
1927 vorlegte Entwurf des Religionsgesetzes wurde abgelehnt.
Die 1929 erfolgte Grundung des Ausschusses zur Untersuchung des Schrein-Systems
(jinja seido ch?sakai)
machte deutlich, dass zur rechtlichen Klarung der komplizierten, theoretischen Trennung von Schrein-Shint? und Religion nicht nur ein Religionsgesetz, sondern auch ein Schreingesetz notig sein wurde. Der neue Ausschuss sollte trotz langwieriger und detailreicher Untersuchungen und Debatten jedoch bis Kriegsende zu keinem Ergebnis kommen.
1935 wurde ein neuer Entwurf fur ein ?
Gesetz uber die Religionsgemeinschaften
“ (
宗???法
Sh?ky? dantai h?
) erarbeitet, welches am 8. April 1939 verabschiedet wurde und am 1. April 1940 mit dem Kaiserlichen Erlass (
勅令
chokurei
) Nr. 855 vom Dezember 1939 in Kraft trat. Es stellte einen durch ultranationalistische Politiker hergestellten Kompromiss umfassender vorhergehender Debatten dar, ein ahnlicher Entwurf war 1929 abgelehnt worden. Der erste Artikel des Gesetzes, welcher seine Objekte definierte, erwahnte nicht den Schrein-Shint?:
?§1 Als Religionsgemeinschaften werden in diesem Gesetz shintoistische Sekten (kyoha), buddhistische Denominationen (shuha) und christliche oder sonstige religiose Vereinigungen (kyodan) (im folgenden abkurzend Sekten, Denominationen und religiose Vereinigungen genannt) sowie Tempel und Kirchen bezeichnet.“
[5]
Die kritischen Stimmen der anderen Konfessionen in Japan verstummten fast vollstandig mit Beginn des
Pazifikkriegs
1937.
Am 7. Dezember 1941 erklarte Japan mit einem Kaiserlichen Edikt den
Vereinigten Staaten von Amerika
und dem
Britischen Empire
den Krieg. Es wurde in den Folgejahren am Jahrestag der Kriegserklarung in Schreinen uberall in Japan nochmals in Zeremonien verlesen, wobei erwartet wurde, dass jeder japanische Haushalt mittels mindestens eines Reprasentanten an ihnen teilnahm.
Mit der bedingungslosen
Kapitulation Japans
am 15. August 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit einer Niederlage Japans. Die
Alliierte Besatzungsmacht in Japan
war vertreten durch den
Supreme Commander for the Allied Powers
(SCAP). Die
Potsdamer Deklaration
vom 26. Juli (nicht zu verwechseln mit dem
Potsdamer Abkommen
) forderte von der japanischen Regierung, alle Hindernisse fur eine Wiederbelebung und Starkung demokratischer Tendenzen im japanischen Volk zu beseitigen. Die
Redefreiheit
,
Religions- und Gedankenfreiheit
sollten ebenso wie der Respekt vor den fundamentalen
Menschenrechten
hergestellt werden.
Im Sinne der Umsetzung dieser Forderungen erließ SCAP am 15. Dezember 1945 die ?Direktive uber die Abschaffung der von der Regierung ausgehenden Tragerschaft, Unterstutzung, Bewahrung, Kontrolle und Verbreitung des Staats-Shint?“
(Directive on the Abolition of Governmental Sponsorship, Support, Perpetuation, Control, and Dissemination of State Shinto)
, in Japan einfach auch als
Shint?-Direktive
(
神道指令
Shint? Shirei
) bekannt. Das Hauptziel der an die japanische Regierung gerichteten Direktive war die tatsachliche und vollstandige politische und okonomische
Trennung von Religion und Staat
. Daruber hinaus untersagte sie den Missbrauch der Religion, insbesondere des Shint?, zur Verbreitung militaristischer und ultranationalistischer Ideologien.
Die Unterstutzung der Schreine durch offentliche Gelder wurde durch die Direktive verboten, die Shint?-Doktrin aus den Schulbuchern verbannt. Letzterer Umstand war teilweise Ursache fur den spater immer wieder neu entfachten
Streit um den Inhalt der Schulbucher
und dessen Bestimmung durch den japanischen Staat.
Ungefahr zur gleichen Zeit war, ebenfalls auf Betreiben des SCAP, das Gesetz uber die Religionsgemeinschaften abgeschafft und durch den neuen
Erlass uber die Religionsgesellschaften
abgelost worden, der nun erstmals Shint?-Schreine auch als potentielle Religionsgesellschaften definierte.
Alle die religiose Angelegenheiten administrativ direkt kontrollierenden Regierungsinstitutionen wurden bis Marz 1946 abgeschafft. Bereits zuvor, am 23. Januar, hatten sich 80.000 der etwa 100.000 landesweit registrierten Schreine unter dem neuen, privat gefuhrten Dachverband, der Assoziation der Shint?-Schreine (
神社本?
Jinja-Honch?
) zusammengeschlossen.
Artikel 20 der am 3. Mai 1947 in Kraft getretenen, neuen
Japanischen Verfassung
garantierte erneut die
Glaubensfreiheit
und verbot gleichzeitig die Privilegierung religioser Organisationen durch den Staat, die Ausubung jeglichen Zwangs auf Personen, an religiosen Aktivitaten teilzunehmen, sowie die Ausubung jeglicher religioser Aktivitaten seitens des Staates. Artikel 89 der Verfassung untersagte daruber hinaus jegliche finanzielle Unterstutzung zu Verwendung, Nutzen oder Erhalt religioser Einrichtungen oder Assoziationen.
Der Artikel 89 war in den folgenden Jahrzehnten noch oft Gegenstand langwieriger juristischer und politischer Diskussionen und Interpretationen (vergleiche hierzu den
Rechtsstreit um das Jichinsai von Tsu
). Die tief in die Gesellschaft und Kultur reichenden Wurzeln der
Religionen Japans
machten eine absolute Trennung von Staat und Religion unmoglich und hatte, wortwortlich umgesetzt, sogar zu einer Diskriminierung religioser Organisationen gefuhrt. Gegenstand standiger Kontroversen ist auch die mogliche staatliche Tragerschaft fur so bedeutende Schreine wie den
Yasukuni-Schrein
, die nationale Statte der Verehrung der Kriegstoten Japans.
Diese Tabelle bietet einen Uberblick uber die wesentlichen Regierungs-Institutionen Japans seit der Meiji-Restauration bis zur Gegenwart, unter deren
Zustandigkeit
die religiosen Gruppierungen in Japan standen bzw. stehen, gekennzeichnet durch dunkelgraue Einfarbung der jeweiligen Zellen.
Mit religiosen Fragen beauftragte Regierungs-Institutionen
|
Gruppen unter der jeweiligen Zustandigkeit
|
Japanischer Name
|
Ubersetzter Name
|
Grundung
|
Abschaffung
|
Schreine
|
Sekten
(
1
)
|
Buddh.
|
Christentum
|
Andere
|
Jingi Jimu-ka
(
神祇事務科
)
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Abteilung fur Shinto-Angelegenheiten
|
Januar 1868
|
Februar 1868
|
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Jingi Jimu-kyoku
(
神祇事務局
)
|
Behorde fur Shinto-Angelegenheiten
|
Februar 1868
|
April 1868
|
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|
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|
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Jingi-kan
(
神祇官
)
|
Kami-Amt
|
April 1868
|
August 1871
|
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|
|
Mimbu-sh?
Shajigakari
(
民部省社寺掛
)
|
Ministerium fur Zivile Angelegenheiten,
Abteilung fur Schreine und Tempel
(
2
)
|
Juli 1870
|
Oktober 1870
|
|
|
|
|
|
Mimbu-sh? Jiin-ry?
(
民部省寺院寮
)
|
Ministerium fur Zivile Angelegenheiten,
Tempel-Behorde
|
Oktober 1870
|
Juli 1871
|
|
|
|
|
|
?kura-sh?
Koseki-ry? Shaji-ka
(
大?省?籍寮社寺課
)
|
Finanzministerium,
Behorde fur Volkszahlungs-Registrierungen,
Abteilung fur Schreine und Tempel
(
3
)
|
Juli 1871
|
Marz 1872
|
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|
|
|
|
Jingi-sh?
(
神祇省
)
|
Shinto-Religionsministerium
|
August 1871
|
Marz 1872
|
|
|
|
|
|
Ky?bu-sh?
(
?部省
)
|
Religionsministerium
|
Marz 1872
|
Januar 1877
|
|
|
|
|
|
Naimu-sh?
Shaji-kyoku
(
?務省社寺局
)
|
Innenministerium,
Schrein- und Tempelbehorde
|
Januar 1877
|
April 1900
|
|
|
|
|
|
Naimu-sh? Jinja-kyoku
(
?務省神社局
)
|
Innenministerium,
Schreinbehorde
|
April 1900
|
November 1940
|
|
|
|
|
|
Naimu-sh? Sh?ky?-kyoku
(
?務省宗?局
)
|
Innenministerium,
Religionsbehorde
|
April 1900
|
Juni 1913
|
|
|
|
|
|
Mombu-sh?
Sh?ky?-kyoku
(
文部省宗?局
)
|
Bildungsministerium,
Religionsbehorde
|
Juni 1913
|
November 1942
|
|
|
|
|
|
Naimu-sh? Jingiin
(
?務省神祇院
)
|
Innenministerium,
Schrein-Ausschuss
|
November 1940
|
Februar 1946
|
|
|
|
|
|
Mombu-sh? Ky?ka-kyoku Sh?ky?-ka
(
文部省?化局宗?課
)
|
Bildungsministerium,
Bildungsbehorde,
Religions-Abteilung
|
Februar 1942
|
November 1943
|
|
|
|
|
|
Mombu-sh? Ky?gaku-kyoku Sh?ky?-ka
(
文部省??局宗?課
)
|
Bildungsministerium,
Behorde fur Bildungsangelegenheiten,
Religions-Abteilung
|
November 1943
|
Oktober 1945
|
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|
|
|
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Mombu-sh? Shakaiky?iku-kyoku Sh?ky?-ka
(
文部省社??育局宗?課
)
|
Bildungsministerium,
Behorde fur Soziale Bildung,
Religions-Abteilung
|
Oktober 1945
|
Marz 1946
|
|
|
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|
Mombu-daijin-kamb? Sh?mu-ka
(
文部大臣官房宗務課
)
|
Sekretariat des Bildungsministeriums,
Abteilung fur religiose Angelegenheiten
|
Marz 1946
|
August 1952
|
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Mombu-sh? Ch?sa-kyoku Sh?mu-ka
(
文部省調査宗務課
)
|
Untersuchungs-Behorde des Bildungsministeriums,
Abteilung fur religiose Angelegenheiten
|
August 1952
|
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|
|
|
|
|
1
Hiermit sind ausdrucklich nur die Shint?-Sekten gemeint.
2
kontrollierte nur diejenigen Schreine, die nicht unter direkter Kontrolle des
jingikan
standen.
3
kontrollierte nur diejenigen Schreine, die nicht unter direkter Kontrolle des
jingikan
oder des
jingish?
standen.
- Daniel C. Holtom:
Modern Japan and Shinto Nationalism
. Rev ed. Chicago, University of Chicago Press, 1947.
- Wilhelmus H. M. Creemers:
Shrine Shinto after World War II
. E. J. Brill, 1968.
- Ernst Lokowandt:
Die rechtliche Entwicklung des Staats-Shinto in der ersten Halfte der Meiji-Zeit (1868?1890)
. Bonn 1976.
- Ernst Lokowandt:
Zum Verhaltnis von Staat und Shinto im heutigen Japan
. Wiesbaden 1981,
ISBN 3-447-02094-6
.
- Muraoka Tsunetsugu:
Studies in Shinto Thought
. Greenwood Press, 1988,
ISBN 0-313-26555-0
.
- Okuyama Michiaki;
“State Shinto” in Recent Japanese Scholarship.
In:
Monumenta Nipponica
.
Vol. 66, 2011, S. 123-
- Paul Brooker:
The Faces of Fraternalism: Nazi Germany, Fascist Italy, and Imperial Japan
. Oxford 1991,
ISBN 0-19-827319-3
.
- ↑
Kuroda Toshio: ?Shinto in the History of Japanese Religion“ in:
Religions of Japan in Practice
von George J. Tanabe (Hrsg.),
Princeton Readings in Religions
, Princeton University Press 1999,
ISBN 0-691-05788-5
, S. 451?467.
- ↑
Vgl. Ian Reader: ?
Dichotomies, Contested Terms and Contemporary Issues in the Study of Religion
“ in:
electronic journal of contemporary japanese studies
, Discussion Paper 3 in 2004; abgerufen am 10. Juni 2006.
- ↑
Die Japanische Verfassung vom 11. Februar 1889 (Meiji-Verfassung); Ubersetzung nach: Fujii Shinichi, Japanisches Verfassungsrecht, Tokyo 1940, S. 457 ff. auf der Website der Universitat Bern
(
Memento
vom 19. Mai 2007 im
Internet Archive
)
- ↑
Zitiert nach Rosenkranz, Gerhard:
Shinto ? der Weg der Gotter
. Regin-Verlag, Wachtendonk 2003,
ISBN 3-937129-00-6
, S. 96.
- ↑
Zitiert nach Lokowandt 1981, S. 81.