St. Jakob (Kothen)

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St. Jakob in Kothen

Die St.-Jakobs-Kirche ist die evangelische Stadtkirche der Stadt Kothen (Anhalt) . Sie ist der spatgotische Nachfolgebau einer romanischen Kirche aus dem 12./13. Jahrhundert. In der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts wurde das Gebaude renoviert und dabei teilweise umgestaltet. Die Gruft der Kirche ist die Grablege des Furstenhauses von Anhalt-Kothen .

Baugeschichte und Baugestalt

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Mit dem Bau der heutigen Jakobskirche wurde in der Zeit um 1400 begonnen. 1406 wurde Kothen von etwa 2000 Reisigen des Magdeburger Erzbischofs Graf Gunther II. von Schwarzburg belagert und beschossen. An eines der verwendeten Geschosse soll die im Nordteil der Kirche eingemauerte Steinkugel erinnern. [1]

Zwischen 1488 und 1513 wurde das Kirchenschiff uberwolbt, nachdem fehlende Gelder durch ?auswartige“ Stiftungen und Darlehen aufgebracht wurden. [2] Bis zum Jahr 1514 entstand dabei eine Kirche, die aus einem dreischiffigen Langhaus besteht und im Osten durch einen kurzen, eingezogenen Chor mit 5/8-Schluss abgeschlossen wird.

Kothen, Westturme von St. Jakob

Ursprunglich stand vor dem Langhaus im Westen ein Turm, der jedoch im Jahr 1599 einsturzte. An seiner Stelle wurde erst in den Jahren 1896 bis 1898 unter der Leitung des Architekten Bernhard Sehring das heutige Turmpaar errichtet ? mit 75 Metern die hochsten Kirchturme in Anhalt.

1525 wurde die Reformation in Kothen eingefuhrt. Ab 1533 bis zu seinem Tode wirkte hier der beruhmte Reformator Johann Schlaginhaufen (1498?1560). Ursprunglich katholisch, dann lutherisch, ab 1606 reformiert, diente St. Jakob stets als Pfarrkirche der Stadtgemeinde. Dies fuhrte zu wiederholten erheblichen Anderungen vor allem des Innenraums und besonders zur Entfernung wesentlicher Teile der mittelalterlichen Ausstattung der Kirche.

An drei Seiten des Langhauses fugte man 1672 Emporen fur die gewachsene Gemeinde ein. Bei der letzten großen Umgestaltung der Kirche zwischen 1866 und 1869 wurden diese jedoch wieder entfernt. Hierbei legte man auch die noch heute bestehende Furstengruft neu an und errichtete in den jeweils ostlichsten Jochen der Seitenschiffe steinerne Emporen fur den Rat und das Furstenhaus. Unter der nordlichen der beiden Emporen fand eine neue Sakristei ihren Platz. Daruber hinaus erganzte man die Ausstattung in dieser Zeit durch einen neuen Altar, eine Kanzel und eine Orgel.

In dieser Form hat sich das Gebaude weitgehend bis heute erhalten.

Die Kothener St.-Jakobs-Kirche gliedert sich im Wesentlichen in drei von außen gut zu unterscheidende Bauteile.

Im Westen steht zunachst das Turmpaar, das mit dem dazwischen liegenden Vorraum- und Emporengebaude und der Galeriebrucke den Eindruck eines riegelartigen Westbaus macht. Es hebt sich sowohl formal als auch stilistisch von der ubrigen Kirche ab. So wurden, im Gegensatz zu den ubrigen Außenwanden der Kirche, an den Obergeschossen der Turme und dem oberen Teil des Emporengebaudes auch Ziegelsteinverblendungen eingesetzt und fur damalige Verhaltnisse sehr moderne Formen fur die Verzierungen gewahlt.

An das Turmpaar schließt sich das Langhaus der Kirche an, welches sich uber funf Joche erstreckt und von einem hohen, schiefergedeckten Dach bekront wird. Den Ostabschluss bildet ein im Vergleich dazu klein wirkender, kurzer Chorbau mit polygonal gebrochenem Abschluss und steilem Dach.

Beide Dachpartien tragen jeweils einen sechs- bzw. achtseitigen Dachreiter mit nahezu identischen geschweiften Hauben sowie an der Ostseite des Chores ein großes Zwerchhaus .

An der sudlichen, zum Markt der Stadt weisenden Flanke ist dem Langhaus ein flachgedeckter, mit einer Maßwerkbalustrade gezierter Anbau angefugt, der die Vorhalle des Sudportals der Kirche aufnimmt.

Alle Außenwande der Kirche sind steinsichtig und werden nur durch schlichte Strebepfeiler mit sparsamen Werksteinverzierungen, einem umlaufenden Gesims unter den Fensterbanken und den dreibahnigen Fenstern mit spatgotischen Werksteinmaßwerken gegliedert.

Westliches Portal

Von Westen her betritt man die Kirche durch ein Doppelportal, an dem sich gotische Stilzitate und Formen des zum Ende des 19. Jahrhunderts hin aufkommenden Jugendstils vermischen. Die beiden ubrigen Portale befinden sich jeweils an der Nord- beziehungsweise an der Sudseite am zweiten Joch des Langhauses.

Das Innere der Kirche prasentiert sich als einheitlicher, dreischiffiger Hallenraum uber funf Jochen. An diesen schließt sich im Osten ein kurzer, leicht erhohter Chor an, der einen aus drei Seiten des Achtecks gebildeten Abschluss besitzt. Das Mittelschiff ist etwa doppelt so breit wie die beiden Seitenschiffe und wird von diesen durch achteckige Pfeiler getrennt, die in Kapitellen enden. Auf ihnen ruht ein den gesamten Innenraum uberspannendes Netzgewolbe , welches mit großen, farbig gefassten Schlusssteinen geschmuckt ist.

In den ostlichsten Jochen der Seitenschiffe befinden sich steinerne Emporeneinbauten mit neugotischem Bauschmuck. Bei Gottesdiensten hatte auf der sudlichen Empore ursprunglich das Furstenhaus und ihm gegenuber der Rat der Stadt seinen festen Sitz. Unter der nordlichen Empore wurde die Sakristei eingerichtet.

Vor dem Aufgang zum Chor fuhrt eine schmale, steile Treppe zur Furstengruft hinab. Nordlich davon hat am Pfeiler die Kanzel der Kirche ihren Aufstellungsort erhalten.

Den Westabschluss der Halle bildet eine die gesamte Breite des Innenraums einnehmende Emporenanlage mit einer steinernen Maßwerkbrustung. Unter der Empore fuhrt ein Vorraum zum Westportal zwischen den Turmen.

Die Wande des Innenraums sind weiß getuncht. Die Pfeiler, Arkadenbogen und Gewolberippen sind steingrau und rot gefasst und mit einem weißen Fugennetz versehen. Bei der letzten Renovierung wurden die Kapitelle und Kragsteine der Pfeiler und Wandpartien mit Blattgold verziert.

In der Gruft der Kirche St. Jakob befindet sich das Erbbegrabnis der askanischen Fursten von Anhalt-Kothen. Folgende Mitglieder der Familie sind hier in zum Teil aufwandig verzierten Prunksargen bestattet:

Bis 1866 stand in St. Jakob eine Orgel von Zacharias Thayßner , die jedoch storanfallig und wahrend Johann Sebastian Bachs Wirkungszeit (1717?1723) in Kothen sogar unspielbar gewesen sein soll.

Die jetzige Orgel wurde im Zuge der Bach-Renaissance 1872 von Friedrich Ladegast (Weißenfels) erbaut und am 15. September besagten Jahres eingeweiht. Das mechanische Instrument hat 47 Register auf drei Manualen und Pedal. Ursprunglich waren nur 40 Register vorgesehen, die Anzahl wurde in der weiteren Planung auf 44 und anschließend auf den jetzigen Umfang erhoht. Die Orgel ist vom Erbauer 1905 mit einer Barkermaschine fur das Hauptwerk erganzt worden, 1928 kam ein Motor dazu, der den Blasebalg abloste [3] . 1972 wurden drei Register barockisiert, und dieser Eingriff 1992 ruckgangig gemacht. [4] Zuletzt wurde die Orgel 1997 umfassend restauriert. Sie umfasst 3000 Pfeifen in einer Große zwischen zehn Zentimetern und zehn Metern. Diese sind den einzelnen Werken als Pfeifengruppen zugeordnet. [5] [6]

Prospekt der Ladegast-Orgel von 1872
I Hauptwerk C?f³ [A 1] .
1. Principal 16′
2. Bordun 16′
3. Principal 0 8′
4. Viola di Gamba 0 8′
5. Doppelflote 0 8′
6. Flauto amabile 0 8′
7. Nasard 0 5 1 3
8. Octave 0 4′
9. Gemshorn 0 4′
10. Rohrflote 0 4′
11. Quinte 0 2 2 3
12. Octave 0 2′
13. Terz 0 1 3 5
14. Cornett II-IV
15. Mixtur IV-V
16. Trompete [A 2] 0 8′
II Oberwerk C?f³
17. Gedackt 16′
18. Geigenprincipal 0 8′
19. Quintaton 0 8′
20. Salicional 0 8′
21. Rohrflote 0 8′
22. Octave 0 4′
23. Flauto minor 0 4′
24. Nasard 0 2 2 3
25. Octave 0 2′
26. Piccolo 0 1′
27. Progressio harm. II-IV
28. Oboe 0 8′
III Echowerk C?f³
29. Gedact 16′
30. Aeoline 16′
31. Viola d’amour 0 8′
32. Liebl. Gedact 0 8′
33. Flauto traverso 0 8′
34. Fugara 0 4′
35. Zartflote 0 4′
36. Flautino 0 2′
Pedal C?
37. Violon 32′
38. Principalbass 0 16′
39. Violon 16′
40. Subbaß 16′
41. Nasard 10 2 3
42. Ovtavbass 0 8′
43. Cello 0 8′
44. Bassflote 0 8′
45. Octave 0 4′
46. Posaune 16′
47. Trompete 0 8′
  • Koppeln : OW/HW; EW/HW; HW/P
  • Anmerkungen:
  1. Abbildung vom Spieltisch
  2. von 1972, Original von Ladegast nicht vorhanden.

Die Kirche besitzt heute drei Glocken in der Tonfolge es′ ? g′ ? c″. Die kleinste Glocke wurde um 1400 durch einen unbekannten Gießer geschaffen, die mittlere 1931 durch die Gießerei Schilling/Apolda. 2001 kam die große Glocke hinzu, die durch die Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer geschaffen wurde. Alle Glocken hangen an geraden Jochen und werden elektrisch angetrieben.

  • Stadt- und Kathedralkirche St. Jakob zu Kothen ? Kleiner Kirchenfuhrer. Hrsg. Evangelische Kirchengemeinde St. Jakob, Kothen
Commons : St. Jakob  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gunther Hoppe: Die Entwicklung der Stadt Kothen ? ein chronologischer Abriß. 2. Teil, 1985, S. 7
  2. Gunther Hoppe, 1985, S. 6
  3. Kothen ? St. Jakobi (Stadtkirche) ? Orgel Verzeichnis ? Orgelarchiv Schmidt. Abgerufen am 29. Oktober 2022 .
  4. https://musikkoffer-sachsen-anhalt.de/instrument/ladegast-orgel-in-der-kirche-st-jakob-koethen/
  5. Informationen zur Ladegast-Orgel
  6. Sylke Hermann: 150 klangvolle Jahre. In Glaube und Heimat vom 24. Juli 2022, S. 9.

Koordinaten: 51° 45′ 4,3″  N , 11° 58′ 25,1″  O