Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Stephane Mallarme

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Stephane Mallarme (um 1890),
Foto: Paul Nadar

Stephane Mallarme [ stefan mala?'me Audiodatei abspielen (* 18. Marz 1842 in Paris als Etienne Mallarme ; † 9. September 1898 in Valvins, Gemeinde Vulaines-sur-Seine , Departement Seine-et-Marne , nahe Fontainebleau ) war ein franzosischer Schriftsteller .

Seine Gedichte gelten als Hauptwerke des Symbolismus . Zusammen mit Charles Baudelaire , Paul Verlaine und Arthur Rimbaud gilt er als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Lyrik . [1]

Mallarme wurde als Sohn einer Beamtenfamilie aus Sens in Paris geboren. Nachdem 1847 seine Mutter gestorben war, wuchs er bei den Großeltern auf. Ab 1850 lebte er in Internaten, wurde 1855 wegen schlechten Betragens entlassen und besuchte ab 1856 eine Internatsschule in Sens. 1857 starb seine jungere Schwester. Von 1858 bis 1860 entstanden erste Gedichte (64 Gedichte unter dem Titel Entre quatre murs , dt. Zwischen vier Wanden ). Kurz nach seiner Abiturprufung lernte er die Dichter Emmanuel des Essarts , Jean Lahor und Eugene Lefebure kennen und freundete sich mit diesen an. In dieser Zeit beschaftigte er sich auch erstmals mit Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal und veroffentlichte erste literaturkritische Artikel in zahlreichen verschiedenen Zeitschriften, spater auch erste eigene Gedichte. Er lernte das deutsche Kindermadchen Marie Gerhard aus Camberg , damals Herzogtum Nassau , kennen, das er 1863 in England heiratete, bevor er eine Anstellung als Englischlehrer in Tournon-sur-Rhone antrat (ein Beruf, den er bis zu seiner Pensionierung 1893 ausubte). 1863 wurde ihre Tochter Genevieve geboren. Zu seinen Freunden und Bekannten zahlten in dieser Zeit die felibres Theodore Aubanel , Joseph Roumanille und Frederic Mistral , die in provenzalischer Sprache schrieben, sein Kollege, der Deutschlehrer und Lyriker Charles Fournel , sowie Catulle Mendes und Auguste de Villiers de L’Isle-Adam .

Portrat Mallarmes von Edouard Manet , 1876 ( Musee d’Orsay , Paris)

In einer personlichen und kunstlerischen Krise begann er 1864 sein ?Lebensprojekt“ Herodiade , in dem er in einer Bearbeitung des biblischen Salome -Stoffs die Suche nach der Reinheit und Schonheit der Dichtung thematisiert. Sein langes, schließlich 110 Alexandriner umfassendes Gedicht L’apres-midi d’un faune schrieb er ab 1865 in der Hoffnung, es im Theatre Francais in Paris zur Auffuhrung kommen zu lassen, was jedoch abgelehnt wurde. 1866 konnte er erstmals zehn Gedichte in der Zeitschrift Le Parnasse Contemporain des wichtigen Dichterkreises der Parnassiens um Theophile Gautier veroffentlichen, dessen Auffassung von Literatur er zunachst teilte. Zu seinen Bekannten zahlten Leconte de Lisle und Jose-Maria de Heredia . Er zog mehrmals um: 1866 nach Besancon , wo er eine Korrespondenz mit Paul Verlaine begann, und 1867 nach Avignon , von wo aus er mit der Veroffentlichung seiner Prosagedichte begann.

Stephane Mallarme im Jahre 1877, Foto: Etienne Carjat

Im Juli 1871 wurde sein Sohn Anatole in Sens geboren. Kurz darauf gelang Mallarme der lange ersehnte Wechsel aus der Provinz in die Hauptstadt Paris. In dieser Zeit arbeitete er u. a. an Ubersetzungen der Werke Edgar Allan Poes . 1872 lernte er den jungen Dichter Arthur Rimbaud kennen. Ab 1873 setzte er sich verstarkt mit dem Impressionismus auseinander, angeregt durch seine Freundschaft mit dem Maler Edouard Manet . Auch Emile Zola lernte er durch Manet kennen. 1874 gab er ohne Erfolg einige Nummern der Zeitschrift La derniere Mode heraus, deren einziger Redakteur er war. Vorher mehrmals von Verlegern abgelehnt, erschien 1876 eine Ausgabe von L’apres-midi d’un faune mit Illustrationen Manets.

Mallarme im Jahre 1887

Seit 1877 veranstaltete Mallarme seine bald schon bekannten Mardis (Dienstagstreffen), bei denen er jahrelang junge Dichter wie Emile Verhaeren , Maurice Maeterlinck , Oscar Wilde , Joris-Karl Huysmans , Paul Valery , Andre Gide , W. B. Yeats , Rainer Maria Rilke und Stefan George in seiner Wohnung in der Rue de Rome empfing. 1878 lernte er Victor Hugo kennen.

Sein Schuler Paul Valery sagte: ?Mallarme lebte fur einen ganz bestimmten Gedanken: Er war besessen von der Vorstellung eines absoluten Werkes, das fur ihn das hochste Ziel, die Rechtfertigung seines Daseins, den einzigen Zweck und den einzigen Sinn des Weltalls bedeutete.“ [2]

1879 starb sein Sohn Anatole im Kindesalter. 1883 wurde Mallarmes Werk durch Verlaines Poetes maudits einer großeren Offentlichkeit nahergebracht. Von 1884 bis 1889 verband ihn eine Freundschaft und Liebesbeziehung mit Mery Laurent . 1886 veroffentlichte er sein erstes Gedicht ohne Satzzeichen, M’introduire dans ton histoire , und wurde im gleichen Jahr nach Verlaines Tod zum Prince des Poetes gewahlt. Nach seiner Pensionierung zog er 1894 nach Valvins um, wo er einige Jahre an verschiedenen literarischen und theoretischen Projekten arbeitete und 1898 starb. Stephane Mallarme wurde auf dem Friedhof von Samoreau ( Departement Seine-et-Marne ) begraben.

Eigenart und Bedeutung

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Stephane Mallarme, Foto: Nadar , 1896

Durch die Lekture Hegels kam Mallarme zur Auffassung, dass, wenn ?der Himmel tot“ sei, das Nichts der Ausgangspunkt des Schonen und Idealen sein musse. Zu dieser Philosophie gehorte seiner Meinung nach eine in Rhythmus , Satzbau und Wortschatz neuartige Poesie. Uber das L’art pour l’art der Dichter um Gautier hinausgehend sah er in der poetischen Sprache einer poesie pure ( reinen Dichtung ) die einzige Moglichkeit, zu reinen Ideen vorzudringen. Die wirklichkeitsnahe, beschreibende Lyrik des Realismus lehnte Mallarme ab, vielmehr betrachtete er die Suggestion als Grundlage der neuen Poesie.

Mallarme als Pan karikiert, 1887

Als Symbolismus bezeichnet, ahnelte seine Auffassung von Literatur dem Impressionismus in der bildenden Kunst . Aufgrund der extremen Auspragung der suggestiven Sprache in Mallarmes Werk wurde er auch als ?der Symbolistischste der Symbolisten“ bezeichnet. Als Erneuerer der franzosischen Lyrik halt Mallarmes Einfluss bis heute an. Seine Zweifel an der herkommlichen Funktion von Sprache machten ihn zum Wegbereiter der modernen Lyrik. Viele seiner Ideen wurden spater von Vertretern des Dadaismus , Surrealismus , Futurismus und Dekonstruktivismus (etwa Jacques Derrida ) wieder aufgegriffen.

Durch den oft absichtlich unklaren Stil und die subtile Beziehung von Schrift, Klang und Bedeutung gilt sein Werk als schwer ubersetzbar. Beim lauten Lesen werden Assoziationen und Bedeutungen horbar, die in der Schriftform nicht offensichtlich sind, zum Beispiel konnen die Worte ?ses purs ongles“ (?ihre reinen Nagel“) beim Horen als ?c’est pur son“ (?das ist reiner Klang“) aufgefasst werden.

Nicht zuletzt die klangliche, musikalische Qualitat der Sprache Mallarmes inspirierte bedeutende Komponisten zu Vertonungen seiner Werke. Ein Hauptwerk des musikalischen Impressionismus ist Claude Debussys frei nach Mallarme komponiertes Prelude a l’apres-midi d’un faune fur Orchester (1894), von dem Mallarme begeistert war und in einem Brief an Debussy schrieb: Ihre Illustrierung des ?Apres-midi d’un Faune“ bildet keine Dissonanz zu meinem Text, sie ubertrifft ihn wahrlich eher an Sehnsucht, und an Licht, mit ihrer Feinheit, ihrer Schwermut, ihrem Reichtum. 1912 verwendete auch Vaslav Nijinsky das Werk als Grundlage seines fur die Ballets Russes choreografierten Balletts L’Apres-midi d’un faune . Claude Debussy, Maurice Ravel , Darius Milhaud , Pierre Boulez , Paul Hindemith und weitere Komponisten vertonten Gedichte Mallarmes als Lieder . Zu spaten Werken, wie dem als eine Wortpartitur angelegten Poem Un coup de des und dem Fragment gebliebenen Igitur , gibt es musikalische Annaherungen von Michael Denhoff .

Le Tombeau d’Edgar Poe , Autograph Mallarmes eines Sonetts auf Edgar Allan Poe aus dem Jahre 1876.
  • Herodiade (Fragmente seit 1864, Scene de Herodiade veroffentlicht 1896)
  • L’apres-midi d’un faune (1865, endgultige Version 1887, dt. Nachmittag eines Fauns )
  • Les mots anglais (1878)
  • Les dieux antiques (1879)
  • Prosa (1880)
  • Avant-dire , in Rene Ghil : Traite du Verbe , Giraud, Paris 1886, S. 5?7.
  • Ubersetzungen von Werken Edgar Allan Poes (1888)
  • Pages (1891)
  • Jules Huret: Enquete sur l’evolution litteraire , Gesprach mit Mallarme. In: Echo de Paris. Journal litteraire et politique du matin , 14. und 19. Marz 1891.
  • La musique et les lettres (1891)
  • Le Tombeau de Charles Baudelaire (1895)
  • Divagations (1897)
  • Tombeau (auch Tombeau de Verlaine ; 1897)
  • Un Coup de des jamais n’abolira le Hasard (1897)

Außerdem schrieb er zahlreiche literaturtheoretische Artikel. Posthum erschienen u. a. Poesies (1899), Pour un tombeau d’Anatole (1962) sowie Briefe (1959?1971).

Deutsche Ausgaben

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  • Giulia Agostini (Hrsg.): Mallarme. Begegnungen zwischen Literatur, Philosophie, Musik und den Kunsten , Passagen Verlag, Wien 2019, ISBN 978-3-7092-0297-5 .
  • Paul Benichou : Selon Mallarme . Gallimard, Paris 1995 (Erklarung der Gedichte Zeile fur Zeile).
  • Gudula Biedermann: Ruckkehr zum magisch-religiosen Ursprung der Sprache bei Baudelaire, Mallarme, Rimbaud und Claudel . In: Deutsch-Franzosisches Institut Ludwigsburg (Hrsg.): Deutschland ? Frankreich. Ludwigsburger Beitrage zum Problem der deutsch-franzosischen Beziehungen , Band 2 (= Veroffentlichungen des Deutsch-Franzosischen Instituts Ludwigsburg e. V. Band 2), Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1957, S. 180?188.
  • Jurgen Buchmann : Mallarme. Eine Entmystifizierung . Greifswald 2016, ISBN 978-3-943672-90-9 .
  • Frederic Chase St. Aubyn: Stephane Mallarme . Twayne Publishers, Boston 1969
  • Jacques Derrida : Dissemination. Passagen-Verlag, Wien 1995, ISBN 3-85165-152-9 , bes. S. 193 ff.
  • Hendrik Lucke: Mallarme ? Debussy. Eine vergleichende Studie zur Kunstanschauung am Beispiel von ?L’Apres-midi d’un Faune“ (= Studien zur Musikwissenschaft, Band 4). Kovac, Hamburg 2005, ISBN 3-8300-1685-9 .
  • Quentin Meillassoux : Die Zahl und die Sirene . diaphanes, Zurich 2013, ISBN 3-03734-260-9 .
  • Jacques Ranciere : Mallarme . diaphanes, Zurich 2012, ISBN 3-03734-180-7
  • Marie-Anne Sarda: Stephane Mallarme a Valvins . Livre du visiteur, Musee departemental Stephane Mallarme, Vulaines-sur-Seine 1995, ISBN 2-911389-00-X .
  • Jean-Paul Sartre : Mallarmes Engagement. Mallarme . Ubersetzt von Traugott Konig (= Gesammelte Werke in Einzelausgaben; Band 12). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-498-06163-1 .
  • Hans Therre: Stephane Mallarme. dtv, Munchen 1998, ISBN 3-423-31007-3 (Biographie).
  • Hella Tiedemann-Bartels: Versuch uber das artistische Gedicht. Baudelaire, Mallarme, George. edition text + kritik, Munchen 1990, ISBN 3-88377-354-9 .
  • Paul Valery : Uber Mallarme . Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-22101-9 .
  • Kurt Wais : Mallarme. Dichtung, Weisheit, Haltung . 2. Auflage. Beck, Munchen 1952.
  • Winfried Wehle : Au seuil d’une ethique de la jouissance mentale: Mallarme, ≪ Un coup de des ≫ . In: Revue d’histoire litteraire de la France , revue trimestrielle, Band 119, 2019, S. 851?864; ku-eichstaett.de (PDF)
  • Winfried Wehle: Mallarme. Der Wurfelwurf. Winter, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-8253-4964-6 .
Commons : Stephane Mallarme  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Stephane Mallarme  ? Quellen und Volltexte (franzosisch)

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Maike Albath: Stephane Mallarme. Der heimliche Furst unter den Dichtern. In: Deutschlandfunk , 18. Marz 2017, abgerufen am 13. November 2023.
  2. Walter Schmiele : Dichter uber Dichtung in Briefen, Tagebuchern und Essays , Darmstadt 1955, S. 159.