Sperrballon

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Foto der Sperrballone uber London 1939?1945, Buckingham Palace und das Victoria Memorial groß im Bild
Sperrballone uber US-Schiffen in der Normandie (Juni 1944)
Sechs Sperrballone der Luftwaffe uber der zerstorten Staumauer des Mohnesees (17. Mai 1943)

Ein Sperrballon ist ein mittelgroßer, mit einem Traggas , das leichter als Luft ist, gefullter Fesselballon , der der Kriegsfuhrung dient. Die Seile sollen den Angriff feindlicher Flugzeuge verhindern, weil durch Kontakt der Absturz droht.

Wirkungsweise und Einsatz

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Sperrballon des US Marine Corps (1942)

Sperrballone sollten durch ihre Anwesenheit feindlichen Piloten den Anflug auf Bodenziele erschweren oder unmoglich machen, da die angreifenden Flugzeuge durch die Seile der Ballons zum Absturz gebracht werden konnten. Sperrballons zwangen den Piloten, in großerer Hohe zu fliegen, was sich im Fall von Bombern oder von Erdkampfflugzeugen negativ auf deren Treffgenauigkeit auswirkte oder ganzlich verhinderte, dass eine erfolgversprechende Schussposition eingenommen werden konnte.

Tief fliegende Kampfflugzeuge entzogen sich im Zielbereich dem Abwehrfeuer von Flugabwehrkanonen (Flak), sodass die Ablenkung nach oben auch hier fur die Verteidiger nutzlich war. Eine zusatzliche militarische Starke der Ballons war ihre Unsichtbarkeit bei Nacht. Die maximale Stellhohe von Sperrballons betrug 6.000 Meter. Das war an bedeckten Tagen in der Regel deutlich uber der Wolkenschicht; die unter den Wolken fliegenden Angreifer konnten die Ballons nicht sehen.

Relativ dunne Seile (aus Stahl) sind vom schnellen Flugzeug aus mit dem Auge kaum rechtzeitig auszumachen, um erfolgreich ausweichen zu konnen. Auch wenn ein solches Seil nur mit einer relativ geringen Kraft gespannt ist, so verdreht es doch ein Flugzeug um seine Hochachse , wenn dieses sich ? einseitig ? an einem Seil verfangt. Dabei wird der Ballon beschleunigt zum Seilknick gezogen und verursacht durch die dabei wachsende Luftwiderstandskraft ein Ansteigen der Seilspannung. Das Seil gleitet dabei in Langsrichtung uber die Flugzeughaut, sagt sich ein und kann sich zudem in Spalten oder an Anbauteilen verhaken. Durch Verlangsamung bis zum Stromungsabriss oder den Verlust von Tragflachen droht der Absturz.

Sperrballone waren zuletzt im Zweiten Weltkrieg im Einsatz, vor allem um Industrieanlagen oder Schiffe vor Luftangriffen zu schutzen. Im Zweiten Weltkrieg setzten das Deutsche Reich, Großbritannien, die Sowjetunion und USA Sperrballons in großen Mengen ein. Die Briten experimentierten auch mit ?Ballonschurzen“, wobei man mehrere Ballons mit Seilen zusammenband. Die Idee wurde vor allem deswegen wieder fallen gelassen, weil im Falle eines defekten Ballons alle damit verbundenen mit absturzten und dabei haufig Stromleitungen beschadigten. Es gab auch Maßnahmen, Flugzeuge vor Sperrballons zu schutzen. So stattete die Luftwaffe etwa die Baureihen Heinkel He 111 und Junkers Ju 88 vorn mit Ballonabweisern aus, die bei Beruhrung das Halteseil nach außen ablenken und moglichst auch kappen sollten. Dies wirkte sich jedoch ungunstig auf die Flugeigenschaften der Bomber aus und verringerte zudem die mitfuhrbare Nutzlast.

Die Royal Air Force hatte bereits ein Jahr vor Kriegsbeginn Plane fertig, London mit Hilfe von in der ehemaligen Luftschifffabrik in Cardington hergestellten Sperrballons vor feindlichen Flugzeugen abzusichern:

?Man konnte 600 Ballons in Abstanden von 100 Yards voneinander quer uber London verteilen, im Umkreis von zehn Meilen um Charing Cross herum. […] Vermutlich werden wir um die 50.000 Menschen dafur brauchen.“ [1]

Fur die ersten zehn Sperrballon-Geschwader versuchten die Briten 5.000 ?altere“ (ab 38 Jahre) oder aus gesundheitlichen Grunden nicht wehrfahige Manner zu rekrutieren. Die Ausbildung fand am Abend und sonntags ganztags uber einen Zeitraum von 15 Tagen statt. [2]

Frankreich setzte 1938 Sperrballons im Rahmen des Spanischen Burgerkriegs am Nordkamm der Pyrenaen in einer Hohe von 4.800 m ein, verzichtete jedoch aus Kostengrunden auf einen Schutz von Paris gegen die Deutschen durch diese Technik. [3] Zudem hielt man sie nicht fur effektiv, weil die angreifenden Flugzeuge zunehmend Technik an Bord hatten, um die Seile der Ballons zu zerschneiden. Die Britische Luftwaffe hingegen schatzte gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die Bedeutung der Ballonsperren ruckblickend als lebenserhaltend fur die Großstadt London bei den Blitzangriffen der Deutschen 1940?1941 ein. [4]

Sperrballons wurden auch an Schiffsrumpfen befestigt, so 1942?1944 an der Amphitrite (nach Entfernung der Masten) im Plymouth Sound .

Moderne Kampfflugzeuge sind mit wesentlich genaueren Navigationseinrichtungen und Zielgeraten ausgestattet und konnen somit auch aus großerer Hohe angreifen. Vor allem aber hat die Einfuhrung von Luft-Boden-Raketen dazu gefuhrt, dass das Ziel nicht mehr direkt uberflogen werden muss. Daher haben Sperrballone heutzutage keine praktische Bedeutung mehr.

  • Wilhelm Kirchner (Oberst der Reichsluftwaffe ): Feldballon und Luftsperren. Aufbau, Einsatz und Perspektive der Feldluftschiffer-Truppe , Verlag Mittler, Berlin 1939
Commons : Sperrballone  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. The Times : The Aerial Stockade , 1. Januar 1938, S. 13
  2. The Times : The Balloon Barrage. Ten Squadrons for London. Recruiting opened. 11. Mai 1938, S. 13
  3. Um Paris zu schutzen, ware nach Einschatzung des Verteidigungsministeriums vom 6. Oktober 1938 ein Personal von 40.000 Mannern notig gewesen, um die erforderlichen 3.000 Ballons zu betreuen. Die Kosten dafur wurden auf 2 Milliarden Francs geschatzt. Quelle: Times, 7. Oktober 1938
  4. Siehe Times vom 13. September 1944; S. 5