Spermium

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Spermium und Eizelle

Ein Spermium ( Plural Spermien ), Spermatozoon (Plural Spermatozoen ) oder Spermatozoid (Plural Spermatozoiden ), auch Samenfaden oder Samenzelle genannt, ist eine Form von Gameten (Keimzellen), namlich eine zu eigenstandiger Bewegung fahige, reife Keimzelle, die bei der Vereinigung mit einer unbeweglichen, meist großeren Keimzelle ( Eizelle ) zu deren Befruchtung fuhrt. Mannliche Keimzellen, die nicht zu eigenstandiger Bewegung fahig sind, werden als Spermatien (Singular Spermatium ) bezeichnet.

Bei Menschen werden Spermien von einem mannlichen Individuum meistens in großer Zahl in den Samenkanalchen der Hoden produziert und sind wesentlich kleiner als die zu befruchtende Eizelle der Frau, weil sie im Gegensatz zur Eizelle keine großeren Plasmamengen und dotterhaltigen Nahrstoffe enthalten. Zu unterscheiden sind die Begriffe Spermium und Sperma . Das Sperma (die Flussigkeit) besteht aus dem Seminalplasma mit den darin enthaltenen Spermien und etlichen Epithelzellen der Hodenkanalchen .

Verschiedene Zelltypen, so auch die Spermatozyten, besitzen eine Form des Immunprivilegs . [1] Dieses Privileg verhindert eine Autoimmunreaktion gegen die Spermatozyten und ist zur Vorbeugung von Infektionen ausschlaggebend. Vergleiche mit Mausen haben gezeigt, dass besonders Menschen bei einer Storung dieses Privilegs haufig an einer Orchitis zu erkranken scheinen, welche wiederum eine mogliche Ursache fur Unfruchtbarkeit ist.

Trotz der historisch bedingt synonymen Bezeichnungsverwendung ist das Spermium nicht homolog zum Samen der Pflanzen, der bereits den pflanzlichen Embryo enthalt, sondern es handelt sich um einen Gameten, welchem bei Pflanzen die generative Zelle in einem Pollenkorn funktionell entspricht.

Als Zelle hatte Adolph von La Valette-St. George das Spermium (ebenso wie das Ei ) 1865/1866 nachgewiesen. [2]

Spermien mit Geißeln

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Feinstruktur eines humanen Spermatozoons

Menschliche Spermien konnen mit einem gewohnlichen Lichtmikroskop bereits bei einer 100-, besser aber 400-fachen Vergroßerung ohne Einfarbung beobachtet werden. Beim menschlichen Spermium handelt es sich um eine begeißelte Zelle, die einen Kopfteil mit haploidem Chromosomensatz in einem Zellkern (entweder mit X- oder Y-Chromosom), ein Mittelstuck (?Hals“ mit Zentrosom und darumliegenden Mitochondrien -Paketen) sowie eine Geißel (auch als ?Schwanz“ bezeichnet) besitzt. An der der Geißel gegenuberliegenden Seite, also beim Schwimmen an der Vorderseite des Spermiums, liegt der Kopf, der fur das Eindringen in die Eizelle zustandig ist. Am außersten Ende des Spermienkopfs befindet sich die Kopfkappe ( Akrosom ), die mit Enzymen gefullt ist, die das Durchdringen der Ei-Membran erleichtern. Mittel- und Schwanzstuck enthalten den Achsenfaden ( axial filament ). Dieses Filamentbundel entspringt am Zentriol und besteht wie eine Geißel aus zwei Zentral- und neun peripheren Doppelfilamenten.

Die Große der Spermien variiert bei den einzelnen Arten stark. Wahrend die Riesenspermien von Ostrakoden (Muschelkrebse) 7 mm lang sind und damit bis zu zehnmal so lang wie die Muschelkrebse selbst werden konnen, [3] besitzen menschliche Spermien nur eine Lange von etwa 60 μm: der Kopfteil ist hierbei etwa 5 μm lang und 3 μm breit, wahrend die Geißel einschließlich ?Hals“ rund 50 μm lang ist. Die Große der Spermien kann sogar innerhalb der gleichen Art variieren, je nachdem, ob ein Mannchen mehrere Nebenbuhler hat oder nicht. So hat man bei Froschen festgestellt, dass die Spermiengroße und damit auch die Lange der Geißel zunimmt, wenn das betreffende Mannchen sich mit anderen Mannchen um die Befruchtung der Eier eines Froschweibchens auseinanderzusetzen hat. Die Spermien mit der langsten Geißel, die am schnellsten schwimmen konnen, haben dabei die großte Chance, als erste die vom Weibchen ins Wasser abgegebenen Froscheier zu erreichen.

Nicht nur bei Sußwasser-Muschelkrebsen , sondern auch bei einigen anderen Arten im Tierreich gibt es Riesenspermien. Diese sind teilweise um ein Vielfaches langer als ihr Produzent. Sie kommen bei einigen Arten von Wurmern, Schmetterlingen und Wasserwanzen vor. Den Großenrekord halt dabei die Taufliege Drosophila bifurca . Ihre Samenzellen messen mit bis zu 58 Millimetern Lange mehr als das Zehnfache der Korperlange des Insekts. [4]

Besondere Spermienformen

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Bei niederen Krebsen und etlichen Spinnentieren konnen die Spermien insgesamt kugelformig sein. Der Spulwurm besitzt nagelformige Spermien mit einem Glanzkorper aus spezifischen Eiweißen . Andere Rundwurmer und auch Milben haben amoboid bewegliche Spermien. Bei den Zehnfußkrebsen ( Decapoda ) kommt eine Art ?Explosionseinrichtung“ in Form eines Sprungfedermechanismus vor, der das Spermium in die Eizelle katapultiert.

Bei Wirbeltieren werden Spermien im Epithel der Hodenkanalchen des Hodens produziert. Siehe Spermatogenese .

Menschliche Spermien

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Phasenweise Darstellung des Eindringens des Spermiums in eine Eizelle

Bei Galenos (2. Jahrhundert n. Chr.) herrschte die Vorstellung von in den Hoden gebildetem mannlichen und in den ?weiblichen Hoden“, den Ovarien, gebildetem weiblichen ?Sperma“ [5] bzw. Samen. [6]

Spermatozoen wurden mikroskopisch vom Medizinstudenten Johan Ham († nach 1723 [7] ) entdeckt. Er kam zu Antoni van Leeuwenhoek , der weiterfuhrende Untersuchungen machte und 1677 einen Brief mit der Entdeckung an die Royal Society schickte. [8] [9] Leeuwenhoek benannte die neu entdeckten ?Partikel“ wie schon zuvor von ihm entdeckte Bakterien als Animalcula , also (Samen-)Tierchen, und ordnete sie den Infusorien zu, er erkannte bereits richtig, dass sie im Hoden gebildet werden mussen. Seiner Vorstellung nach als einer der Begrunder der Praformationslehre handelte es sich aber um etwas wie Menschen-Larven. Der gesamte Mensch ware demnach im Spermium als ? Homunculus “ bereits vorgebildet und musse nur noch heranwachsen, er bestritt jede Bedeutung der Mutter und der mutterlichen Eier (die Eizelle wurde erst 1827 entdeckt); sein Konkurrent Jan Swammerdam vertrat jedoch die gegenteilige Ansicht. In der Forschung der folgenden Jahrhunderte tobte ein erbitterter Streit zwischen den ?Ovisten“, die den Keim des kunftigen Menschen im Ei, und den ?Animalculisten“, die ihn im Spermium lokalisierten. Beide glaubten an eine Praformation des Menschen in dem jeweiligen Keim, moglicherweise sogar immer kleiner eingeschachtelt, und so auf die ersten Menschen Adam oder Eva zuruckgehend. [10]

Den Ausdruck Spermatozoon (griechisch fur Samentier, Samenlebewesen) verwendete erstmals 1826 der Embryologe Karl Ernst von Baer , der die fertile Funktion dieser ?Lebewesen im Sperma“ damals zu Recht fur unbewiesen hielt. [11]

1842 veroffentlichte der Schweizer Biologe Albert von Kolliker seine Untersuchungen an Spermien in dem Werk Untersuchungen uber die Bedeutung der Samenfaden .

Dass Spermien in das Ovum eindringen, wurde mikroskopisch erstmals 1843 von Martin Barry beobachtet und berichtet. [12]

Bau und Funktion

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Das Spermium des Mannes besteht aus

  • einem Kopfteil, der den haploiden Chromosomensatz und zwischen 2682 und 2886 verschiedene mRNA -Molekule im Zellkern enthalt,
  • einem Mittelstuck mit vier bis funf Mitochondrien , die die Energie in Form von ATP -Molekulen fur die Fortbewegung liefern,
  • einem beweglichen Schwanzteil mit langsverlaufendem Fibrillensystem aus Mikrotubuli zur Fortbewegung.

Menschliche Spermien dienen ? wie die Spermatozoen der anderen Organismen ? der Befruchtung einer weiblichen Eizelle . Sie werden nach ihrer Fertigstellung ( Spermatogenese ) zunachst im mannlichen Nebenhoden gelagert, um von dort aus uber den Samenleiter und die Harnrohre bei der Ejakulation wahrend des mannlichen Orgasmus ausgestoßen zu werden. Rund 300 Millionen von ihnen landen in der weiblichen Scheide . Von der Scheide aus gelangt nur ein kleiner Teil der Spermien, die zur Befruchtung vorgesehen sind, uber den Eileiter zur Eizelle, dem weitaus großeren Teil gelingt der hindernisreiche Weg bis in diese Region nicht, oder aber er ist fur andere Funktionen vorgesehen (vergl. Spermienkonkurrenz ).

Auf dem Weg zur Eizelle werden die Spermien wahrscheinlich chemotaktisch von Progesteron oder duftahnlichen Substanzen, dem pH-Wert und Temperaturunterschieden geleitet. [13] Aufgenommen werden die Reize einerseits von Molekulen der großen Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren in der Membran des Anfangsteils des Spermienschwanzes, die z. T. mit denen in den Riechzellen unserer Nase identisch sind (Geruchsrezeptoren), andererseits durch den CatSper-Ionenkanal, der auch durch viele niedermolekulare Substanzen aktiviert werden kann. [14] Experimentell konnte gezeigt werden: Bindet der Duftstoff Bourgeonal [15] (Maiglockchenduft) an den OR1D2 , steigt im Innern des Spermiums die Calcium -Konzentration. Gleiches gilt nach aktuellen Erkenntnissen fur eine Bindung und Aktivierung des CatSper-Kanals. [14] Dies hat zur Folge, dass das Spermium seine Schwimmrichtung andert und gleichzeitig die Schwimmgeschwindigkeit verdoppelt. [15] Dabei sind insbesondere die Veranderungen der Calcium-Konzentrationen, nicht deren absolute Hohe, fur die Richtung der Fortbewegung verantwortlich. [16] [17] Es ist jedoch hochst unwahrscheinlich, dass der naturliche Bindungspartner des Bourgeonal-Rezeptors der einzige ?Wegweiser“ zur Eizelle ist; eher ist von mehreren Faktoren auszugehen. [13]

Wegen der vielen Hindernisse erreichen unter Normalbedingungen nur etwa 300 Spermien diejenige Stelle am Ende des Eileiters, an der die Eizelle auf ihre Befruchtung wartet. Die Eizelle lasst sich allerdings nur von einem einzigen Spermium befruchten. Bei der Befruchtung dringt der Inhalt des Spermienkopfes in die Eizelle ein, die dadurch diploid wird und nun Zygote heißt. Nach neueren Erkenntnissen beeinflussen die zusammen mit dem Zellkern des Spermiums in die Eizelle eingedrungenen mannlichen mRNA -Molekule die Entwicklung des aus der Zygote entstehenden Embryos . 2018 wurde entdeckt, dass in seltenen Fallen auch Mitochondrien des Spermiums in die Eizelle gelangen konnen.

Menschliche Spermien unter einem Lichtmikroskop
Darstellung der Krafte, die bei der rhythmischen Fortbewegung eines Spermiums wirken.

Die menschlichen Spermien besitzen eine aktiv bewegliche Geißel . Im 17. Jahrhundert beschrieb der niederlandische Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek als erster menschliche Samenzellen und erkannte mittels Lichtmikroskop auch die langliche Geißel, mit deren Hilfe sie sich fortbewegen. Nach Aussage dieses Forschers peitschen die Spermien beim Schwimmen ihre Geißeln schlangenahnlich wie Aale im Wasser. Deshalb galt uber 300 Jahre in den Lehrbuchern, dass die beiden auf der Geißel markierten Punkte sich nach oben (linker Punkt) und unten (rechter Punkt) bewegen. Diese Geschwindigkeit wird aufgeteilt in den Teil, der parallel (V[par]) zum Abschnitt der Geißel verlauft, und den Teil, der senkrecht (V[senkr]) dazu verlauft. Die daraus resultierende Kraft F wird wiederum in zwei Teile aufgeteilt, namlich den Teil der Kraft, der parallel zur Bewegungsrichtung des Spermiums wirkt (F[horiz]), und den Teil, der vertikal zur Bewegungsrichtung wirkt (F[vert]). Die Summe der beiden Krafte, die parallel zur Bewegungsrichtung des Spermiums gerichtet sind, bilden die vorantreibende Kraft. [18] Laut einer neuen Studie drehen sich jedoch bei der Fortbewegung die Geißeln eher wie ein Korkenzieher immer in eine Richtung. [19] Das Forscherteam um Hermes Gadelha hat hochauflosende 3-D-Aufnahmen von Spermien gemacht und konnte dabei die tatsachliche Bewegungsart beobachten. Demnach ist die Geißel schief und schlangelt nur auf eine Seite. Damit sich die Spermien auf diese Weise nicht nur im Kreis herum bewegen und somit den Weg zur Eizelle verfehlen, drehen sie sich als Ganzes wie Korkenzieher oder Kreisel , gleichen damit die einseitige Schlagbewegung der Geißel aus, und bewegen sich vorwarts. Mit dem von van Leeuwenhoek und auch heute oft verwendeten normalen Mikroskop war und ist das nicht zu erkennen, denn die schnellen und synchronisierten Drehbewegungen sehen dabei so aus, als bewege sich die Geißel symmetrisch von Seite zu Seite. Die neuen Erkenntnisse durch Beobachtungen mit einem 3-D-Mikroskop konnen nach Ansicht der Forscher auch praktische Folgen haben. Da die Ursache von mehr als der Halfte aller Falle von Unfruchtbarkeit beim Mann liegt, ist es sehr bedeutend und grundlegend, genau zu verstehen, wie der Schwanz von Spermien sich tatsachlich bewegt und funktioniert, um in Zukunft Exemplare mit Fehlfunktion erkennen zu konnen. [19]

Nach einer Reifungsdauer von etwa 10 Wochen von der Spermatogonie zur Spermatozoe [20] (ausgereiftes Spermium) kann ein Spermium bis zu einem Monat im Spermadepot des Mannes uberdauern. An der Luft konnen Spermien je nach Umweltbedingungen (Licht, Temperatur, Feuchtigkeit) bis zu 24 Stunden uberleben. Sobald das Ejakulat mit den Spermien trocknet, sterben diese ab. Es kann also keine Befruchtung mittels eingetrocknetem Sperma stattfinden. [21] Dies liegt daran, dass die Spermien zum Uberleben die Flussigkeit benotigen, die sie umgibt: das Seminalplasma. Solange darin die Bewegungsfahigkeit der Samenzellen gesichert ist, sind sie lebensfahig. [22] Durch den Ausgleich der pH-Werte von Vagina (pH 4?5) und Zervixschleim und Sperma (pH 6?8) ist es den Spermien moglich, in dem an sich ≫feindlichen≪ Milieu zu uberleben. Unter optimalen Bedingungen in den Buchten der Zervixschleimhaut konnen Spermien dort bis zu sieben Tage uberleben. Von den durchschnittlich 250 Millionen Spermien pro Samenerguss erreichen nur ca. 500 bis 800 die Eileiter. Ein Grund hierfur ist der Zervixschleim, durch den die nicht schwimmfahigen Spermien gefiltert werden. [23] Eine Abweichung vom optimalen, leicht basischen pH-Wert (7,2?7,8) [24] fuhrt zum Absterben der Spermien. Die meisten in mechanischen und chemischen Empfangnisverhutungsmethoden verwendeten Spermizide arbeiten auf dieser Basis. Die im Genitalbereich haufig verwendeten pH-neutralen Pflegeprodukte sind nicht spermizid und fur eine empfangnisverhutende Nachsorge ungeeignet.

Die Spermienqualitat in den Industriestaaten geht weltweit seit Jahren zuruck. Bei 60 % der untersuchten Schweizer zwischen 18 und 22 Jahren liegt mindestens ein Kennwert unterhalb des Grenzwerts der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fur gute Zeugungsfahigkeit. [25]

Kritiker, darunter Dolores Lamb, die stellvertretende Direktorin der urologischen Klinik der Cornell University , wenden ein, dass die Qualitat der verwendeten Daten der meisten Studien zur Spermienqualitat unzureichend sei und sich die verwendete Zahlweise uber die Jahre stark geandert habe. Dadurch seien die meisten Studien zusammen mit darauf basierenden Metastudien sinnlos. Als Gegenbeispiel wird die unter sehr kontrollierten Bedingungen ausgefuhrte Studie von Elisabeth Carlsen in Danemark angefuhrt, bei der zwischen 1996 und 2010 sogar eine leichte Steigerung der Spermienkonzentration der Probanden festgestellt wurde. [26]

Die zweigeißeligen Gameten der mannlichen Geschlechtsorganen (Antheridien) von Moosen , Farnen und Barlapppflanzen werden Spermatozoide genannt. In der Regel gelangen diese durch Regen auf das Archegonium , das weibliche Geschlechtsorgan der Sporenpflanzen. Hier konnen sie sich bis zu mehreren Millimetern fortbewegen, bis sie die Zygote erreichen. Hornmoose besitzen rechtsdrehende Spermatozoide. Nach der Befruchtung bildet sich der Sporophyt .

Spermienkonkurrenz

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Der Begriff Spermienkonkurrenz beschreibt die Konkurrenz von Spermien eines oder mehrerer Mannchen um die Chance zur Befruchtung einer Eizelle . Spermienkonkurrenz entsteht, weil die Mannchen aller Tier arten sehr viel mehr Spermien produzieren als die Weibchen ihrer Art befruchtungsfahige Eizellen.

Eine weitere Variante, die zuerst bei Insekten beobachtet wurde und auch bei den Saugetieren vorkommen soll, besteht darin, dass die Mannchen nicht nur befruchtungsfahige Spermien ejakulieren, sondern auch bewegungsunfahige und solche, die durch Zelloberflachenmolekule konkurrierende Spermien abtoten. Die bewegungsunfahigen Spermien blockieren den Weg etwaig vorhandener Fremdspermien, so dass sie schlechter an den weiblichen Schleimhautoberflachen entlang zur Eizelle wandern konnen. Sogenannte ?Killerspermien“ suchen gezielt nach Fremdspermien, deren Oberflachenstruktur nicht der eigenen entspricht, und toten diese chemisch ab. [27] [28]

Eine defensive Strategie besteht darin, ein Weibchen moglichst oft zu begatten. Dies fuhrt dazu, dass sich im Korper des Weibchens zu jeder Zeit eine großere Menge eigener Spermien befinden. So haben die Spermien eines Konkurrenten eine geringere Wahrscheinlichkeit, zur Befruchtung zu gelangen.

Verwendung der Bezeichnung ?Samen“

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Spermien und Sperma werden oft als Samen bezeichnet. Dies kann in die Irre fuhren, denn ein Same ist ein (oft in Fruchtfleisch eingebettetes) Verbreitungsorgan der hoheren Pflanzen, das aus einem ruhenden pflanzlichen Embryo besteht, der von Nahrgewebe und einer Samenschale umgeben ist.

Die Verwendung der Bezeichnung Same oder Samen fur die Spermien leitet sich aus der Bibel ab, wobei sie dort nicht den Anspruch erhebt, wissenschaftlich korrekt zu sein, sondern eher verwandtschaftliche Abstammung betonen will, und dies auf eine fur damalige Verhaltnisse verstandliche Weise. Das hebraische Wort fur Same ( ??? zera ) wird dort unterschiedslos fur Pflanzen, Tiere und den Menschen gebraucht. So empfangt einerseits die Frau den mannlichen Samen (Num 5, 28) oder erweckt ihn beim erotischen Spiel (Gen 19, 32 und 34), andererseits wird das Land mit den Samen der Feldfruchte besat (Dtn 29, 22; Ez 36, 9).

Zudem beschrankte sich in antiken und mittelalterlichen Vorstellungen das Vorhandensein eines ?Samens“ als Keimzelle nicht nur auf das mannliche Geschlecht. [29] Das Corpus Hippocraticum sah den Zeugungsstoff als Samen an, welcher von beiden Geschlechtern sowohl in weiblicher als auch mannlicher Form beigesteuert wird. Das Geschlecht des dabei gezeugten Kindes hinge vom Verhaltnis des starkeren zum schwacheren Samen ab. [30]

Aus dem alten Agypten stammt die falsche Vorstellung, dass der mannliche Same bereits der Mensch in nuce sei, der im Mutterleib quasi wie in einer Nahrlosung nur noch heranzureifen braucht. Diese Vorstellung wurde in Antike und Neuzeit als Praformationslehre vertreten.

Schließlich bezeichnet das Wort Same auch die Nachkommenschaft selbst. Wenn die Bibel vom Samen Abrahams spricht, dann sind damit die aus Abraham hervorgegangenen Nachkommen gemeint (Jes 41, 8; Jer 33, 26). All diese Bedeutungen sind hier nicht gemeint. Neuere Schulbucher sprechen nicht mehr vom Samenleiter , sondern ausdrucklich vom Spermienleiter .

Tatsachlich bedeutet bereits das griechische Wort σπ?ρμα (Sperma) nichts anderes als ?Samen“. [31] Das findet sich auch in botanischen Bezeichnungen wie Angiospermen fur ?Bedecktsamer“ wieder. Die Mehrdeutigkeit besteht also in mehreren Sprachen.

Weitere Wortbildungen

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  • Spermatophore (Samenpakete) dienen bei manchen Tierarten der Spermienubertragung.
  • Ein Spermiogramm wird bei Menschen durch Analyse des Ejakulats erstellt und dient der Beurteilung der Zeugungsfahigkeit des Mannes.

Popularwissenschaftliche Bucher

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  • Britta Hahnel: ReproTier-Kompetenzverbund prasentiert: Die kleine Spermienfibel: Großenmessung an Spermien verschiedener Tierarten . durchgefuhrt und dokumentiert im Institut fur Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schonow e. V., Mensch & Buch, Hahnel 2007, ISBN 978-3-86664-186-0 .
  • Robie H. Harris: Was jetzt kommt ist … einfach irre! Ein Buch uber Eier und Spermien, Geburt, Babys und Zusammenleben . Beltz & Gelberg, Weinheim 2002. ISBN 3-407-75319-5 .
  • Vivien Marx: Das Samenbuch, alles uber Spermien, Sex und Fruchtbarkeit (= Fischer-Taschenbuch. Band 14140). Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-14140-0 .

Spezielle wissenschaftliche Literatur

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  • 1938: Walther Schonfeld : Um die Entdeckung der menschlichen Samenfaden (Ludwig von Hammen aus Danzig ? Johan Ham aus Arnheim [Holland] ? Antony van Leeuwenhoek aus Delft). In: Archiv fur Dermatologie und Syphilis . Band 178, Nummer 3, 1938, S. 358?372, ISSN   0365-6020 .
  • 1950: Olaf W. Dietz: Die Zahl der Spermien im Ejakulat des Ziegenbockes in der Abhangigkeit zur Sexualpause . Dissertation Universitat Leipzig, Veterinar-medizinische Fakultat, 15. Dezember 1950, DNB 481838465 .
  • 1971: Charles A. Joel: Historical survey of research on spermatozoa from antiquity to the present. In: Fertility disturbances in men and women. Basel 1971, S. 3?43.
  • 1974: Stephan Schulte-Wrede: Raster-Elektronenmikroskopie von Spermien des Hausschafs ?Ovis ammon aries L.“ Dissertation Universitat Munchen 1974, DNB 780784022 (Aus: Zeitschrift fur Zellforschung und mikroskopische Anatomie. Nr. 134, 1972, ISSN   0340-0336 , S. 105?127, zusammen mit Rudolf Wetzstein).
  • 1983: Ulrich Wirth: Spermien und Spermatogenese bei Nematoden und die Bedeutung der Spermien fur die Phylogenetik der Metazoen . Dissertation, Universitat Freiburg, Freiburg im Breisgau 1983, DNB 840435703 .
  • 1990: Heike Rauhaus: Untersuchungen zur Morphologie und Lebend-Tot-Farbung von Spermien einiger Haustierarten . Dissertation, Universitat Munchen, 1990, DNB 901541443 .
  • 1995: Dirk Schulze Bertelsbeck: Die Bedeutung von Spermienantikorpern in Serum und auf Spermien fur die Diagnose der immunologisch bedingten Infertilitat . Dissertation Universitat Munster (Westfalen) 1995, DNB 946147442 .
  • 1996: Manuela Quandt: Inhibition und Stimulation der Spermienmigration im in vitro Spermien-Mukus-Interaktionsmodell. Dissertation, Universitat Heidelberg, 1996, DNB 949085073 .
  • 1996: Stefan Hans Uhlich: Vergleich von Spermien nach Praparation mit Glaswollfiltration oder Percoll-Dichtegradientenzentrifugation: eine elektronenmikroskopische Untersuchung . Dissertation, Universitat Ulm, 1996, DNB 949658227 .
  • 1999: World Health Organization (Hrsg.): WHO-Laborhandbuch zur Untersuchung des menschlichen Ejakulates und der Spermien-Zervikalschleim-Interaktion (Originaltitel: WHO Laboratory Manual for the Examination of Human Semen and Sperm Cervical Mucus Interaction. ubersetzt von Eberhard Nieschlag und Susan Nieschlag in Zusammenarbeit mit Monika Bals-Pratsch). Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York u. a. 1999, ISBN 3-540-66335-5 .
  • 2001: Andrea Wagner: Das funktionelle Spermienreservoir im Saugetier. Charakterisierung der kohlenhydratvermittelten Vorgange der Spermien-Oviduktbindung beim Schwein . Dissertation, Tierarztliche Hochschule Hannover, 2001, DNB 964080087 ( online PDF, kostenfrei, 113 Seiten, 1,3 MB).
  • 2002: Brigitte Reimesch: Untersuchungen zum Einfluss von Coenzym Q10 und einer Mischung aus Coenzym Q10 und Vitamin C, in vitro, auf die Beweglichkeit der Spermien. ( Mikrofiche ). Dissertation, Universitat Erlangen-Nurnberg, 2002, DNB 964741318 .
  • 2002: Steffen Klaus Meurer: Molekularbiologische und immunologische Charakterisierung von Chemorezeptoren in Saugetier-Spermien (= Berichte des Forschungszentrums Julich ). Forschungszentrum Julich, Zentralbibliothek, Julich 2002 ISSN   0944-2952 (= Dissertation, Universitat Koln, 2002).
  • 2003: Johannes Solzin: Chemotaxis von Seeigel-Spermien, kinetische Messungen intrazellularer Botenstoffe (= Forschungszentrum Julich: Berichte des Forschungszentrums Julich. Band 4030). Dissertation, Universitat Koln, 2003, DNB 968795285 .
  • 2010: Britta Verena Behr: The biotechnological potential for manipulating offspring sex in the rhinoceros and the elephant. Freie Universitat, Berlin 2010, ISBN 978-3-86664-702-2 (Dissertation, FU Berlin, 2009, Jornalnummer 3291 online PDF, kostenfrei, 126 Seiten, 3,8 MB (englisch)).
Wiktionary: Spermium  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. S. Zhao, W. Zhu, S. Xue, D. Han: Testicular defense systems: immune privilege and innate immunity. In: Cellular & molecular immunology. Band 11, Nr. 5, September 2014, S. 428?437, doi : 10.1038/cmi.2014.38 , PMID 24954222 , PMC 4197207 (freier Volltext).
  2. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff /Diepgen/Goerke: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 41.
  3. Siehe Erfolgsmodell Riesenspermium. und Wettlauf der Giganten ? Riesenspermien in Mikrofossilien nachgewiesen .
  4. Spektrum der Wissenschaft: Das uralte Erbe der Riesenspermien. September 2009, S. 14?16.
  5. Wolfgang Gerlach: Das Problem des weiblichen Samens in der antiken und mittelalterlichen Medizin. In: Sudhoffs Archiv. Band 30, Heft 4?5, 1938, S. 177?193.
  6. Erna Lesky : Galen als Vorlaufer der Hormonforschung. In: Centaurus. Band 1, 1950/51, S. 156?162, hier: S. 159?161.
  7. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff : Kurze Ubersichtstabellen zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/ Gottingen/ Heidelberg 1960, S. 24.
  8. W. Schonfeld: Um die Entdeckung der menschlichen Samenfaden (Ludwig von Hammen aus Danzig ? Johan Ham aus Arnheim [Holland] ? Antony van Leeuwenhoek aus Delft) . In: Archives of Dermatological Research. Band 178, Nr. 3, 1938, S. 358?372, DOI:10.1007/BF02061155 .
  9. Observationes D. Anthonii Lewenhoeck, de Natis e semine genitali Animalculis. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Band 12, Nr. 1677, S. 1040?1046, doi : 10.1098/rstl.1677.0068 ( Volltext ).
  10. Hans Fischer: Die Geschichte der Zeugung- und Entwicklungstheorien im 17. Jahrhundert. In: Gesnerus. Band 2, Nr. 2, 1945, S. 49?80, doi : 10.5169/seals-520562 .
  11. zitiert aus Karl Friedrich Burdach : Die Physiologie als Erfahrungswissenschaft. Band 1. Voss, Leipzig 1826, S. 90, (vgl. Th. Schmuck: Baltische Genesis. Die Grundlegung der modernen Embryologie. Shaker, Aachen 2009, ISBN 978-3-83228-781-8 , S. 182).
  12. M. Barry: Spermatozoa Observed within the Mammiferous Ovum. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Band 133, Nr. 1843, S. 33?33, doi : 10.1098/rstl.1843.0005 .
  13. a b Michael Eisenbach, Laura C. Giojalas: Sperm guidance in mammals ? An unpaved road to the egg. In: Nature Reviews Molecular Cell Biology . Band 7, Nr. 4, Mai 2006, S. 276?285, DOI: 10.1038/nrm1893 .
  14. a b Christoph Brenker, Normann Goodwin, Ingo Weyand u. a.: The CatSper channel: a polymodal chemosensor in human sperm. In: The EMBO journal. ( EMBO J ) Band 31, Nr. 7, 4. April 2012, S. 1654?1665, doi:10.1038/emboj.2012.30 .
  15. a b M. Spehr, G. Gisselmann, A. Poplawski, Hanns Hatt : Identification of a testicular odorant receptor mediating human sperm chemotaxis. In: Science. Band 299, Nr. 5615, 28. Marz 2003, S. 2054?2058, DOI:10.1126/science.1080376 .
  16. Luis Alvarez, Luru Dai, Benjamin M. Friedrich, Nachiket D. Kashikar, Ingo Gregor, Rene Pascal, U. Benjamin Kaupp : The rate of change in Ca 2+ concentration controls sperm chemotaxis. In: Journal of Cell Biology Band 196, 2012, DOI:10.1083/jcb.201106096 .
  17. Mitch Leslie: As the sperm turns. In: Journal of Cell Biology Band 196, Nr. 5, Marz 2012, S. 548?548, DOI:10.1083/jcb.1965iti3 .
  18. Len Fisher: Reise zum Mittelpunkt des Fruhstuckseis. Streifzuge durch die Physik der alltaglichen Dinge (= Bastei-Lubbe-Taschenbuch. Band 77218). Bastei Lubbe Stars, Bergisch Gladbach 2007, ISBN 3-404-77218-0 .
  19. a b Hermes Gadelha, Paul Hernandez-Herrera, Fernando Montoya, Alberto Darszon u. a.: Human sperm uses asymmetric and anisotropic flagellar controls to regulate swimming symmetry and cell steering. In: Science Advances. Band 6, Nr. 31, 31. Juli 2020, Artikel: eaba5168, DOI:10.1126/sciadv.aba5168 ( Volltext als PDF ).
  20. Renate Lullmann-Rauch: Histologie: Verstehen, Lernen, Nachschlagen; 10 Tabellen. Thieme, Stuttgart/ New York 2003, ISBN 3-131-29241-5 , S. 404.
  21. Peter Thiel: Sperma. Auf: maennerberatung.de vom 5. Juni 2017; abgerufen am 13. August 2020.
  22. Svenja Hauke: Wie lange uberleben Spermien außerhalb des Korpers? Auf: gelbeseiten.de/ratgeber vom 12. Februar 2019; abgerufen am 15. Januar 2023.
  23. Sarah Gruber: Basics Gynakologie und Geburtshilfe (= Basics. ) 2., durchgesehene Auflage, Elsevier/ Urban & Fischer, Munchen 2007, ISBN 3-437-42157-3 , S. 72.
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