Sonate

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Sonate oder Sonata ( italienisch , abgeleitet von lateinisch sonare ?klingen‘ bzw. ?ein Instrument erklingen lassen‘) [1] ist die Bezeichnung fur eine Kompositionsgattung der Instrumentalmusik mit solistischer oder zumeist kleinerer kammermusikalischer Besetzung. Je nach Anzahl der Ausfuhrenden wird zwischen Solosonaten fur ein einzelnes Instrument, Duosonaten (z. B. fur ein Streich- oder Blasinstrument plus Klavier ), und Triosonaten unterschieden. Mehrsatzige Sonaten fur Orchester bezeichnet man auch als Sinfonien .

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sonata ist gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine allgemeine Bezeichnung fur Instrumentalstucke ohne bestimmtes Formschema. Die altesten Sonaten sind Stucke fur mehrere Instrumente (Violinen, Violen, Zinken und Posaunen); ihr Schwerpunkt liegt in der Entfaltung harmonischer Fulle, [2] dies bei Giovanni Gabrieli und von ihm beeinflussten Komponisten oft sogar im Zusammenwirken mehrerer Chore, was nach der Wirkungsstatte der meisten fur diesen Stil bedeutenden Komponisten als Venezianische Mehrchorigkeit bezeichnet wird. Ihre praktische Bestimmung ist oft die, einem kirchlichen Gesangswerk als Einleitung vorausgeschickt zu werden. Die Sonate tritt in der Folge (bis ins 17. Jahrhundert gleichbedeutend mit der Sinfonia ) als Einleitung einer Kantate auf. Besonders bekannt unter Gabrielis Sonaten ist die dynamische Differenzierung schon im Titel tragende Sonata pian’ e forte (1597); als monodisch wird die Sonata con tre violini eingestuft, da der Bass mehr Fundament als eigentliche Stimme ist. [3]

Die Ubertragung der Form auf die im Folgenden sehr bedeutsamen Gattungen Solosonate (Soloinstrument und Basso continuo ) und Triosonate (zwei Soloinstrumente und Basso continuo) nahm Giovanni Paolo Cima 1610 vor. In Folge setzt eine Phase des Experimentierens ein, ublich ist die Gliederung in mehrere kontrastierende Abschnitte, wobei Tempi und Taktarten sowie die verwendete Faktur wechseln: die Oberstimmen dialogisieren [4] , es gibt Imitation mit oder ohne Beteiligung der Bassstimme und Scheinpolyphonie durch Selbstimitation, Soli im rezitativischen Stil und Tanze. [5] Tonartenbeziehungen sind kaum ausgepragt, auch die Gestaltung mit Figuren, die typischerweise am Beginn eines Abschnittes anders gestaltet sind als vor den kadenzierenden Schlusswendungen, entstammt noch dem 16. Jahrhundert. Neu ist eine zunehmend idiomatische Behandlung der Instrumente und eine Zunahme an Virtuositat. Fuhrende Komponisten dieser Phase sind Biagio Marini , Giovanni Battista Fontana und Dario Castello .

Die nachste Phase ab etwa 1650 kombiniert ein Ruckbesinnen auf konsequentere Imitation mit der Entwicklung von Form aus dem Spannungsverhaltnis tonaler Beziehungen und unter Verwendung von mehrgliedrigen Themen , deren Imitationen den Bewegungsimpuls uber ganze Abschnitte aufrechterhalten konnen. [6] Neben dem Hauptmeister Giovanni Legrenzi sind Maurizio Cazzati und Marco Uccellini zu nennen, letzterer ubte mit Sequenzierung durch den Quintenzirkel Einfluss auf die kommenden Generationen aus.

Arcangelo Corelli ist Hauptvertreter der folgenden klassizistischen Phase. Die Sonaten werden nun in einzelne Satze zergliedert, die formal durch sorgfaltige Tonartendisposition gegliedert sind, was bis ins spate 19. Jahrhundert nachwirkte. [7] Unterschieden werden zwei Typen von Triosonaten. Sebastien de Brossard (1655?1730) definierte in seinem Musiklexikon Dictionnaire de musique nachstehende Einteilung erstmals auch schriftlich:

Die Sonata da chiesa (Kirchensonate) besteht gewohnlich aus einer langsamen Einleitung, einem lose fugierten Allegro, einem sanglichen langsamen Satz und einem lebhaften Finale in zweiteiliger Form. Dieses Schema wird allerdings nicht in starrer Weise angewendet und etabliert sich erst in den Werken Handels und Bachs als Sonatenform schlechthin. In der italienischen Violinmusik findet sie sich bis ins 19. Jahrhundert hinein in der Musik Boccherinis .
Die Sonata da camera (Kammersonate) dagegen besteht weitgehend aus stilisierten Tanzsatzen. Zur Zeit Bachs und Handels hatte sich ihre Entwicklung von der Kirchensonate vollkommen abgekoppelt und sie wurde als Suite , Partita , Ordre oder (mit einem vorangestellten Praludium im franzosischen Stil) als Ouverture bezeichnet, siehe Suite .

Bach benutzt diese Bezeichnungen fur die Sonatentypen nicht, aber sie lassen sich bei ihm in Stil und Form klar unterscheiden. In seinen sechs Sonaten fur Violine solo sind die Nummern 1, 3 und 5 Kirchensonaten. Die Nummern 2, 4, 6 werden ? Partita “ genannt, man kann sie jedoch als Kammersonaten betrachten.

Die Ubertragung des Namens Sonate auf Klavierwerke ahnlicher Gestaltung geschieht erstmals 1605 durch Adriano Banchieri , der erste Sammelband erscheint 1645 vom Komponisten Gian Pietro del Buono . Bekannter sind die sogenannten ?Biblischen Historien“ Johann Kuhnaus (Leipzig 1700).

In der Klassik andert sich die Sonate in Stil und Form, namentlich die Polyphonie wird abgelost. Vorbereitet durch Domenico Scarlatti entwickeln vor allem Carl Philipp Emanuel Bach und Joseph Haydn eine Sonatenform, in der der erste Satz oder Kopfsatz in Sonatensatzform geschrieben ist. Die neue Form der Sonate wird durch Haydn, Mozart , Clementi und Beethoven auf die Komposition fur verschiedene Ensembles (Violine und Klavier, Klavier solo, Violine und Cello, Streichtrio, Streichquartett etc.) und fur Orchester ( Sinfonie ) ubertragen, wobei die Bezeichnung Sonate trotz gleicher Form aber der Kammermusik vorbehalten bleibt.

Aufbau der klassischen Sonate [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die folgende Reihenfolge der Satze entspricht dem am haufigsten verwirklichten Modell. In der Fruhphase werden aber auch der zweite und dritte Satz vertauscht, z. B bei Haydn in den ersten vier der sechs Streichquartette op. 33 von 1781. Dann entwickelt sich der unten beschriebene Standard und seit Beethoven wurde die Reihenfolge des zweiten und dritten Satzes gelegentlich wieder vertauscht, so dass an zweiter Stelle das Menuett oder Scherzo und an dritter Stelle der langsame Satz platziert wurde.

Erster Satz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Kopfsatz ist der fur die Sonate charakteristische Satz (da diese sich hierdurch von Suite , Serenade etc. unterscheidet); seine Form ist die so genannte Sonatensatzform mit ihren Formteilen Exposition , Durchfuhrung , Reprise und Coda . Da dieser Begriff eine Schopfung der Formenlehre des 19. Jahrhunderts ist, bleibt seine Verwendung fur Kompositionen der Zeit vor 1800 zu Recht umstritten. Es ist weithin ublich, nach ihm Satzformen zu beschreiben; er gliedert Satze jedoch eher nach Tonartbereichen als nach der Abfolge selbstandiger musikalischer Gedanken. Dies entspricht sicherlich nicht immer der strukturellen Absicht der Komponisten. Die zeitgenossische formale Begrifflichkeit ist in zahlreichen musiktheoretischen Werken, z. B. bei Johann Gottfried Krause , Bernard Germain Lacepede und anderen zu finden. Bildungen wie die der ersten Satze der so genannten Mondscheinsonate (Op. 27, cis-Moll) oder der As-Dur-Sonate (Op. 26) von Beethoven haben mit diesem Schema nichts zu tun. Beiden Sonaten fehlt der eigentliche erste Satz; sie beginnen mit dem langsamen Satz ? der in der Regel der zweite ist. In der Mondscheinsonate folgt erst der dritte Satz dem Sonatensatzschema. Schon Mozart hatte in seiner Klaviersonate A-Dur (KV 331) auf den Kopfsatz verzichtet.

Zweiter Satz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Charakteristikum des zweiten Satzes ist die langsame Bewegung (nur ausnahmsweise vertauschen der langsame Satz und das Scherzo ihren Platz). Seine Form kann eine sehr verschiedenartige sein. Ist er wie der erste mit zwei kontrastierenden Themen ausgestattet, so ist das bewegtere das zweite; die Reprise und Durchfuhrung fallen weg, dagegen erscheint gern das Hauptthema dreimal, meistens mit immer gesteigerter Figuration. Oft begnugt sich der Tonsetzer mit der dreiteiligen Liedform, d. h. der Ordnung A-B-A. Sehr beliebt ist auch die Variationenform fur den zweiten Satz. Die Tonart des zweiten Satzes ist meistens die der Dominante oder der Mollparallele .

Dritter Satz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der dritte Satz bringt Menuett oder Scherzo , gewohnlich wieder in der Haupt- oder einer eng verwandten Tonart. In fruhen Sonaten fehlen Menuett oder Scherzo ganzlich, so dass man gleich vom zweiten zum letzten Satz, dem Finale, gelangt.

Vierter Satz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der vierte Satz, das Finale , steht bei durchschnittlich schneller Bewegung immer in der Haupttonart, verwandelt sie aber nicht selten aus Moll in Dur. Seine Form ist entweder die Sonatensatzform , zum Teil ohne Reprise, aber mit Durchfuhrung, oder eine weit ausgesponnene Rondoform mit mehr als zwei meistens kurzen Themen. In seltenen Fallen lauft er in eine Fuge aus.

Die Sonate in der Musik der Romantik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Romantik gab es einerseits die Stromung (etwa Schumann oder Brahms ), in der die klassische Sonatensatzform beibehalten und mit neuen Inhalten gefullt wurde. Frederic Chopin hatte die Sonatensatzform schon relativiert, indem bei ihm in der Reprise das 1. Thema gar nicht mehr erscheint. Andererseits war Franz Liszt der erste Komponist, der in seiner einsatzigen Klaviersonate in h-moll (1854) ganz neue Wege beschritten und damit gleichzeitig die Neudeutsche Schule begrundet hat. Die Sonatensatzform spielt keine Rolle mehr. Das musikalische Grundmaterial besteht aus vier Leitmotiven , aus denen die ganze musikalische Entwicklung abgeleitet wird. Damit kehrte der Begriff ?Sonate“ zu seiner ursprunglichen Bedeutung ?Klingstuck“ zuruck. In der Spatromantik und dem Ubergang zu nicht-tonaler Musik sind die Klaviersonaten Alexander Skrjabins zu nennen. Vor allem die spateren Sonaten weisen intensive Motivverarbeitung auf, kombiniert mit der Abkehr von der Tonalitat, zugunsten eines harmonischen Systems, das auf Quarten basiert (ab der 6.).

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Etymologie und Begriffsgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Artikel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzeluntersuchungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Claus Bockmaier, Siegfried Mauser (Hrsg.): Die Sonate. Formen instrumentaler Ensemblemusik (= Handbuch der musikalischen Gattungen. 5). Laaber-Verlag, Laaber 2005, ISBN 3-89007-128-7 .
  • Thomas Schmidt-Beste: Die Sonate: Geschichte ? Formen ? Asthetik. Barenreiter, Kassel/Basel/London/New York/Prag 2006, ISBN 3-7618-1155-1 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wiktionary: Sonate  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Hans-Joachim Hinrichsen: Sonata / Sonate . In: Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Handworterbuch der musikalischen Terminologie . Franz Steiner, Stuttgart 1972?2006, Bd. 6, 27. Auslieferung, Herbst 1998 Digitalisat .
  2. Im Sinne von ?Pracht und Gravitat“ sowie ?klangliche Vielstimmigkeit und kraftige breite harmonische Entfaltung“ (Arrey von Dommer: Handbuch der Musik-Geschichte , Leipzig 1868, S. 235).
  3. Im 1924 von Guido Adler herausgegebenen Handbuch der Musikgeschichte wird der Typ abschatzig als ?Flick-Kanzone“ bezeichnet (Seite 548).
  4. Vergl. den Titel Sonata in dialogo im terzo libro de varie sonate von Salomone Rossi .
  5. Werner Braun: Die Musik des 17. Jahrhunderts. Athenaion, Wiesbaden 1981 (= Neues Handbuch der Musikwissenschaft, Band 4), ISBN 3-7997-0746-8 , S. 280ff.
  6. Werner Braun: Die Musik des 17. Jahrhunderts . Neues Handbuch der Musikwissenschaft hrsg. von Carl Dahlhaus, Band 4, ISBN 3-7997-0746-8 , S. 282.
  7. Henry Burnett, Roy Nitzberg: Composition, Chromaticism and the Developmental Process . Ashgate Publ. 2007. S. 133.