Sommerhit
ist ein Ausdruck der
Musikindustrie
fur Lieder der
Unterhaltungsmusik
, die von vielen Musikkonsumenten mit dem
Sommer
eines bestimmten Jahres assoziiert werden und durch intensives
Airplay
bekannter werden als andere Musikstucke derselben Saison.
Sommerhits, deren textlicher Inhalt auf Urlaubs- oder Sommerthemen fokussiert war, entstanden zunachst aus der eher zufalligen Veroffentlichung von Songs wahrend der Sommerzeit. So ist der am 11. Juni 1958 veroffentlichte
Summertime Blues
von
Eddie Cochran
oder
Here Comes Summer
von
Jerry Keller
vom Juni 1959 zu erklaren. Beide entwickelten sich zu
Millionensellern
[1]
und waren damit Vorbild fur weitere Hits dieser Art. Erster
Nummer-eins-Hit
wurde dann ein Jahr spater
Brian Hylands
Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow Polkadot Bikini
, der ebenfalls uber eine Million Mal verkauft wurde. Die ersten Sommerhits hatten somit auch mit dem Sommer zusammenhangende Themen zum Inhalt, was jedoch spater nicht immer der Fall war.
In der Retrospektive lasst sich fast jedem Jahr mindestens ein Sommerhit zuordnen, obwohl es keinen offiziellen und neutralen Entscheidungstrager gibt, der ein Lied zum Sommerhit des Jahres deklariert. Vielmehr werden von der Musikindustrie schon im Fruhjahr eines jeden Jahres bestimmte Lieder aus Promotionsgrunden mit dem Pradikat ?Sommerhit“ beworben.
[2]
Bisweilen versuchen auch Unternehmen, die im Rahmen ihrer
Kommunikationspolitik
in der Werbung eingesetzte Musik zu Sommerhits zu stilisieren.
[3]
Einer Studie der
University of Huddersfield
(Großbritannien) vom September 2005 fur das Inflight-Magazin
British Airways High Life Magazine
zufolge
[4]
gibt es eine stereotype Formel, die den perfekten Sommerhit entstehen lasst. Rupert Till analysierte die als Sommerhits klassifizierten Charthits und gelangte auf diese Weise zu einem ?
Ohrwurm
-Quotienten“ (?Catchiness Quotient“), der sich aus verschiedenen Variablen zusammensetzt. Hierzu gehoren insbesondere die Entfernung von Halbtonen zum hochsten und niedrigsten Ton im
Refrain
, die Anzahl der verwendeten
Akkorde
, Anzahl der Schritte in einer
Tanzabfolge
oder die Aufwendungen fur Promotion durch die Plattenfirma. Der Quotient bestatige, so die Studie, dass es eine Formel fur das Phanomen eines Sommerhits gebe und warum aus musikwissenschaftlichen Grunden in beinahe jedem Sommer die
Hitparaden
durch derart eingangige und einpragsame Songs uberfallen wurden. Die Studie lasst allerdings offen, ob alle von ihr untersuchten Sommerhits diesem Schema folgen und ob die Kaufer von Tontragern ihr Kaufverhalten danach richten.
Merkmale eines klassischen Sommerhits sind demnach in der Regel eine einfache Melodie, ein tanzbarer Rhythmus und einfacher Text. Als Rhythmusvorlage dienen haufig lateinamerikanische Tanze wie
Samba
,
Salsa
und
Merengue
.
[2]
Daruber hinaus wird ein Sommerhit sehr haufig mit einem sehr einfachen
Partytanz
verbunden, wahrend sich der Text zumeist zwischen Urlaubs- und Sommerthemen bewegt.
[5]
In der Regel ist der Sommerhit bzw. der Interpret ein
One-Hit-Wonder
oder jedenfalls nur von kurzlebiger Dauer im Musikgeschaft.
[6]
[7]
Zudem heben sich Sommerhits durch intensives
Airplay
im Radio von anderen, gleichzeitig erschienenen Titeln heraus. Umsatztechnisch ist in der Musikindustrie bekannt, dass ein Sommerhit weniger Plattenumsatz erfordert als ein im Winter veroffentlichter Titel, wenn er den gleichen Rang in der Hitparade erreichen soll. Das liegt daran, dass der saisonale Umsatzschwerpunkt der Plattenindustrie im Winter liegt. Das Phanomen des Sommerhits ist lediglich in den umsatzstarksten Tontragermarkten bekannt (USA, Großbritannien, Japan, Deutschland u. a.). Hier erscheinen auch fast regelmaßig im Rahmen der Zweitverwertung
Kompilationen
von Sommerhits mit Titeln wie
Biggest Hits of Summer
oder
Hit Giganten ? Sommerhits
(jeweils Deutschland).
Als einer der erfolgreichsten Sommerhits aller Zeiten gilt
In the Summertime
von
Mungo Jerry
, der am 22. Mai 1970 veroffentlicht wurde und mindestens sechs Millionen Mal verkauft worden ist. Er verwirklicht alle Anforderungen an einen Sommerhit: textlich auf den Sommer bezogene Freizeitinhalte, tanzbarer Rhythmus, eingangige Melodie, rechtzeitige Veroffentlichung und Rang Nummer eins der Hitparaden in 26 Landern. Auch
Lou Begas
Mambo No. 5
von 1999 gehort in die Kategorie der umsatzstarksten Sommerhits.
Die GfK Entertainment hat am 13. August 2014 erstmals den offiziellen ?Sommerhit des Jahres“ in Deutschland benannt, hierbei fiel die Wahl auf
Prayer in C (Robin Schulz Remix)
vom deutschen DJ
Robin Schulz
und dem franzosischen Folkpop-Duo
Lilly Wood & the Prick
. Im gleichen Jahr wurden ruckwirkend die Sommerhits bis ins Jahr 2009 prasentiert.
[8]
Mit der Prasentation fur den ?Sommerhit des Jahres 2016“ erweiterte man die Liste ruckwirkend bis ins Jahr 1990. Als Kriterien fur einen Sommerhit nennt GfK Entertainment: ?Er hat eine eingangige Melodie, ist zum Tanzen geeignet, verbreitet Urlaubsstimmung, stand moglichst auf Platz eins der Charts, wurde durch kein Großevent bekannt, wird in Clubs rauf und runter gespielt und stammt von einem Kunstler, der in den Jahren zuvor keine großen Charterfolge feiern konnte. Dazu kommen hohe Abrufe auf Musik-Streaming-Portalen und im Social Media Bereich.“
[9]
- ↑
Joseph Murrells:
Million Selling Records.
1985, S. 130.
- ↑
a
b
Andreas Guntert:
Wir basteln einen Sommerhit ? Abspielen, durchtanzen, einkassieren ? der Business-Plan zur großen Hitbombe des Sommers.
In:
Cash
.
Heft 29/1997, S. 17.
- ↑
Jens Holst:
Die Beliebigkeit des Exzentrischen ? Coke will mit seiner Sommerkampagne einen Hingucker produzieren ? und vergisst daruber die Verbindung zu seiner Marke.
In:
Horizont
.
Heft 22/2009, S. 10.
- ↑
Proven By Science: The Catchiest Songs of All Time.
nme.com, 16. September 2005
- ↑
vgl. Cornelie Dietrich und Volker Schubert:
Bildung und Popmusik ? Selbst-Thematisierungen in der Darstellung asthetischer Erfahrung.
In:
Zeitschrift fur Erziehungswissenschaft.
2002, S. 326, 331.
- ↑
Peter Lau:
Vom Industrieprodukt zur Kunstlerin ? Die Verwandlung des Technopop-Stars Blumchen in die Sangerin Jasmin Wagner.
In:
brand eins
.
Heft 4/2006, S. 128.
- ↑
Marcel Eng: In: Michel Clement, Oliver Schusser, Dominik Papier (Hrsg.):
Okonomie der Musikindustrie.
2. Auflage, Gabler, Wiesbaden 2009,
ISBN 978-3-8350-0685-0
, S. 104.
- ↑
gfk Entertainment:
“Prayer In C” ist Sommerhit 2014.
gfk-entertainment.com, 13. August 2014,
abgerufen am 9. August 2020
.
- ↑
gfk Entertainment:
GfK ermittelt offiziellen Sommerhit 2016: “Don’t Be So Shy” von Imany.
gfk-entertainment.com, 2. August 2016,
abgerufen am 9. August 2020
.