Slobodan Praljak

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Slobodan Praljak (2013)

Slobodan Praljak (* 2. Januar 1945 in ?apljina , Herzegowina ; † 29. November 2017 in Den Haag , Niederlande ) war ein kroatischer Regisseur sowie General der Kroatischen Armee und des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) wahrend der Jugoslawienkriege . Der Internationale Strafgerichtshof fur das ehemalige Jugoslawien (ICTY) legte ihm die Beteiligung an mehreren Kriegsverbrechen wahrend seiner Zeit als General des HVO im Bosnienkrieg zur Last. [1] 2004 stellte er sich dem Gericht und wurde 2013 und 2017 als Kriegsverbrecher [2] in erster und zweiter Instanz zu 20 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Obwohl er aufgrund der bereits in Haft verbrachten Zeit bald freigekommen ware, entging er der Strafe durch offentlichen Suizid im Gerichtssaal.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bis zum Kriegsausbruch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Praljak besuchte die Universitat Zagreb und schloss zwischen 1970 und 1972 Studiengange in Elektrotechnik , Philosophie und Theaterwissenschaft ab. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er auf Baustellen in Deutschland . [3]

Bis in die 1980er-Jahre hatte er Lehrtatigkeiten inne, war als Regisseur und Theaterintendant an verschiedenen Hausern tatig [4] und fuhrte bei Fernsehserien und einem Dokumentarfilm Regie. Bei dem Spielfilm Povratak Katarine Ko?ul (1989) fuhrte er Regie und schrieb gemeinsam mit Abdulah Sidran das Drehbuch .

In seinem letzten Dokumentarfilm Sand?ak ? Novi Pazar (1991) sprach er unter anderem mit Rasim Ljaji? , dem damaligen Generalsekretar der sozialdemokratischen SDA Sand?ak , uber die Situation der Bosniaken in der Region. [5]

Kroatien- und Bosnienkrieg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei Ausbruch des Kroatienkrieges schloss er sich 1991 der kroatischen Armee (HV) an. Ab 1992 nahm er dort mehrere Funktionen wahr:

Praljak stieg bis in den Rang des Generalmajors auf. 1992 begann der Bosnienkrieg und 1993 trat Praljak auf eigenen Wunsch zum Kroatischen Verteidigungsrat (HVO) uber, der Armee der Kroaten in Bosnien und Herzegowina . Die Truppen des HVO kommandierte er fur mehrere Monate als Generalstabschef . [6]

Im Kroatisch-bosniakischen Krieg kam es zu den Ereignissen, fur die sich Praljak spater vor Gericht verantworten musste. So traten am 23. Oktober 1993 nach einem Angriff der bosnischen ARBiH auf die kroatische Enklave im Raum um Vare? HVO-Verbande zu einer Gegenoffensive an. Praljak hatte sich nach Zeugenaussagen mit seinem Stellvertreter General Milivoj Petkovi? und dem Prasidenten der HR HB , Mate Boban , beraten und die Entsendung der Einheit von Ivica Raji? beschlossen. [7] Praljak hatte die Truppen angewiesen, die Situation in Vare? zu klaren und ?keine Gnade gegenuber irgendjemandem zu zeigen“. [8] Die HVO-Truppen toteten im Zuge der Offensive einige ARBiH-Kampfer und Bewohner des Dorfes Stupni Do bei Vare?. [9]

Ein weiteres Thema waren vor Gericht die Zustande und Vorkommnisse in drei Gefangenenlagern, darunter die Lager Dretelj , Heliodrom sowie Gabela , in denen auch viele ehemalige bosnische HVO-Kampfer von ihren bosnisch-kroatischen Kameraden inhaftiert wurden, nachdem das Bundnis beider Seiten nach dem gemeinsamen Kampf gegen die Serben zerbrochen war. Das Lager Dretelj unterstand im September 1993 Praljaks Zustandigkeit. [10] Praljak sagte aus, er ubernehme die Verantwortung fur die Entwaffnung und Verhaftung der bosnischen Kampfer, habe aber angewiesen, sie gut zu behandeln. Fur die Zustande in den Lagern schame sich jeder Kroate. [11] Dennoch sah es das Gericht als erwiesen an, dass Praljak von den Zustanden gewusst haben musse und die Verbrechen dort hingenommen habe. [12]

Des Weiteren wurde Praljak die Verantwortung fur die Zerstorung von Kulturgut zur Last gelegt. Am 9. November 1993 war die Brucke Stari most in Mostar zusammengebrochen, nachdem HVO-Soldaten sie mit einem Panzer den 8. November uber beschossen hatten. [13] Die Brucke sei zwar von gegnerischen ARBiH-Truppen benutzt worden und damit ein militarisches Ziel, jedoch habe ihre Zerstorung der muslimischen Zivilbevolkerung von Mostar nach Ansicht der Anklager des ICTY unverhaltnismaßig viel Schaden zugefugt. [14]

Praljak bestritt die Verantwortung fur die Zerstorung der Brucke, da er am 9. November 1993 das Kommando an Ante Roso abgegeben habe. In einem Fernsehinterview mit dem Journalisten Mate đakovi? im Jahr 1998 in Sarajevo fuhrte Praljak dazu aus:

?Ja nisam sru?io Stari most. Pazite re?enicu ? ja nisam sru?io Stari most niti sam da zapovijed. […] I to ?u ponoviti ? nisam sru?io Stari most, ali bih tri Stara mosta sru?io za prst svoga vojnika“

?Ich habe die alte Brucke nicht zerstort. Achten Sie auf meine Worte ? ich habe weder die Alte Brucke zerstort noch den Befehl dazu gegeben. […] Und ich sage es nochmal ? ich habe die Alte Brucke nicht zerstort, aber ich wurde drei Alte Brucken zerstoren fur den Finger eines meiner Soldaten.“ [15]

Da sich Praljak aber am Vortag in Mostar aufgehalten hatte und HVO-Truppen zu diesem Zeitpunkt schon begonnen hatten, die Brucke zu beschießen, sah es das Tribunal als erwiesen an, dass Praljak zumindest Kenntnis von dem Angriff gehabt haben musste und es versaumt hatte, sich die entsprechenden Informationen zu beschaffen und einzugreifen. [13] [16]

Verurteilung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

2004 hatte sich Praljak dem UN-Gericht gestellt. [2] Er wurde mit funf weiteren Personen vor dem ICTY wegen zahlreicher Kriegsverbrechen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwerer Verstoße gegen die Genfer Konventionen sowie das Kriegsvolkerrecht angeklagt. [1] [14]

Das Tribunal stellte fest, dass es Praljak versaumt habe einzugreifen, als ihn 1993 Berichte uber kroatische Soldaten erreichten, die in Prozor Muslime zusammengetrieben hatten. Des Weiteren habe er nicht gehandelt, als er von Planungen zu Ermordungen und Ubergriffen auf internationale Helfer erfuhr. [6] Er war 13 Jahre im ICTY-Gefangnis in Scheveningen inhaftiert und schrieb in dieser Zeit 18 Bucher, die als Rechtfertigungs- und Exkulpationsliteratur angesehen werden. [2]

Suizid [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachdem Slobodan Praljak bereits 13 Jahre in Untersuchungshaft verbracht hatte, [17] bestatigte der Strafgerichtshof am 29. November 2017 in Den Haag die vorherige Verurteilung zu 20 Jahren Haft. Da Praljak bereits mehr als zwei Drittel dieser Zeit in Haft verbracht hatte, ware er trotz dieses Urteils wahrscheinlich bald auf freien Fuß gesetzt worden. [18] Nach dem Richterspruch sagte Praljak in kroatischer Sprache :

Suci, Slobodan Praljak nije ratni zlo?inac, s prijezirom odbacujem va?u presudu!
?Richter, Slobodan Praljak ist kein Kriegsverbrecher, mit Verachtung weise ich Ihr Urteil zuruck.“

Anschließend trank er etwas aus einem kleinen Behalter und informierte das Gericht auf Kroatisch:

To je otrov koji sam popio.
?Das ist Gift, das ich getrunken habe.“

Daraufhin wurde er in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er starb. [19] Die niederlandische Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein, um zu klaren, wie Praljak an das Gift gekommen war. Sie stellte fest, dass er an Herzversagen , ausgelost durch Zyankali , starb. [20] Es konnte nicht geklart werden, wie Praljak in den Besitz des Zyankalis gelangt war. [21]

Der kroatische Ministerprasident Andrej Plenkovi? kondolierte der Familie Praljaks und nannte das Urteil ?inakzeptabel“. [4] Auch andere kroatische Politiker kritisierten das Gericht. [22] [23] Dragan ?ovi? , kroatisches Mitglied im Staatsprasidium von Bosnien und Herzegowina , nannte Praljaks Suizid ?hochst ehrenwert“. [24] Das kroatische Parlament forderte in einer Erklarung die Regierung auf, das Urteil mit allen rechtlichen und politischen Mitteln anzufechten. [4]

Filmografie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Slobodan Praljak fuhrte bei folgenden Filmen Regie:

  • 1976: Blesan i Tulipan (Der Trottel und die Tulpe, Fernsehserie, 1 Episode)
  • 1979: Jegulje putuju u Sargasko more (Fernsehfilm)
  • 1989: Povratak Katarine Ko?ul (Die Ruckkehr der Katarina Ko?ul)
  • 1990: Duhan (Video-Dokumentation)
  • 1990: Sand?ak (TV-Dokumentation)

Quellen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Filme [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • 2005: Die Amateure und der General , Dokumentarfilm, Deutschland, Regie und Drehbuch: Helge Cramer

Trivia [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In dem Text des Liedes Malo nas je al' nas ima (Wir sind wenige, aber es gibt uns) von Boris Novkovi? aus dem Jahr 2004, welches dieser mit Dino Dvornik singt, wird Praljaks Name in einer textlichen Aneinanderreihung von Namen bekannter Kroaten aufgesagt. [25] Das Lied ist ein Fangesang und gleicht im Stil des Textes und der Musik dem Lied We Didn’t Start the Fire von Billy Joel .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Slobodan Praljak  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Carla Del Ponte : Prlic et al. Initial Indictment. Anklage der ICTY gegen Jadranko Prli? , Slobodan Praljak und andere. In: icty.org. 2. Marz 2004, abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  2. a b c Keno Verseck: Nach Suizid von Ex-General Praljak: Kroatien trauert ? um einen Kriegsverbrecher. In: spiegel.de. 30. November 2017, abgerufen am 1. Dezember 2017 .
  3. Zoran Kre?i?: Nepoznati Slobodan Praljak ? Obiteljsku ku?u dao je mladoj obitelji bez stana. In: vecernji.hr. Styria Media Group, 1. Dezember 2017, abgerufen am 2. Dezember 2012 (kroatisch).
  4. a b c Stephan Lowenstein, Michael Stabenow: Freitod im Gerichtssaal: Wie kam Slobodan Praljak an das Gift? In: faz.net. 30. November 2017, abgerufen am 1. Dezember 2017 .
  5. (Foto) pi?e pesme za narodnjake, a u politici je vi?e od 26 godina: Ovako je izgledao kad je bio mlad! Prepoznajete li ovog ministra? In: kurir.rs . 4. Dezember 2017, abgerufen am 25. August 2020 (serbisch).
  6. a b Praljak: Bosnian Croat war criminal dies after taking poison in court. In: bbc.com. 29. November 2017, abgerufen am 22. Januar 2021 (englisch).
  7. The International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia 2001 . In: Andre Klip, Goran Sluiter (Hrsg.): Annotated Leading Cases of International Criminal Tribunals . 1. Auflage. Band   7 . Intersentia, 2012, ISBN 978-90-5095-375-7 , S.   424 (englisch).
  8. Baron Serge Brammertz, Michelle Jarvis: Prosecuting Conflict-Related Sexual Violence at the ICTY. Oxford University Press, 2016, ISBN 978-0198768579 , S. 320 (englisch).
  9. Case Information Sheet “STUPNI DO” (IT-95-12) ? Ivica Raji?. (PDF; 219 KB) In: icty.org. Abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  10. Ed Vulliamy : The day I came face to face with General Slobodan Praljak in The Hague. In: theguardian.com. 29. November 2017, abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  11. ITCY-Befragung vom 3. September 2009 . In: icty.org . Abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  12. Emina Dizdarevic: Courtroom Suicide Overshadows Slobodan Praljak’s Crimes. In: balkaninsight.com. Balkan Investigative Reporting Network (BIRN), 30. November 2017, abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  13. a b Jadranka Petrovic: The Old Bridge of Mostar and Increasing Respect for Cultural Property in Armed Conflict . In: International Humanitarian Law Series . Band   40 . Martinus Nijhoff Publishers, Leiden 2012, ISBN 978-90-04-21028-8 , S.   235   ff . (englisch).
  14. a b Six Senior Herceg-Bosna Officials Convicted. Pressemitteilung. In: icty.org. 29. Mai 2013, abgerufen am 8. Juli 2020 (englisch).
  15. Praljak u Sarajevu nakon rata: ‘Znam da me mrzite, ali ja se ne bojim. A za prst svog vojnika sru?io bih tri Stara mosta’. In: depo.ba. 2. Dezember 2017, abgerufen am 9. April 2020 (kroatisch, mit Video).
  16. Rachel Irwin: Guilty Sentences for Six Bosnian Croat Leaders. In: iwpr.net . 13. Mai 2013, abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  17. Nach Schuldspruch in Den Haag: Der Tod eines Generals. In: zeit.de. 30. November 2017, abgerufen am 2. Dezember 2017 .
  18. ‘I am not a war criminal,’ convicted Bosnian Croat cries as he takes a fatal dose of poison. In: latimes.com . 29. November 2017, abgerufen am 26. April 2022 (englisch).
  19. Verurteilter General Praljak ist tot. In: n-tv.de . 29. November 2017, abgerufen am 12. Oktober 2020 .
  20. Justiz: Gifttod in Den Haag durch Zyankali. In: orf.at . 1. Dezember 2017, abgerufen am 8. September 2020 .
  21. Gifttod vor Gericht bleibt unaufgeklart. In: tagesschau .de. 2. November 2018, abgerufen am 2. November 2018 .
  22. Clemens Verenkotte : Kroatien nach Praljak-Urteil ? Vereint in der Emporung uber das UN-Tribunal. In: tagesschau.de. 30. November 2017, archiviert vom Original am 30. November 2017 ; abgerufen am 25. September 2019 .
  23. Predsjednica o Praljku: Njegov ?in duboko je pogodio u srce hrvatski narod. In: vecernji.hr . Styria Media Group, 30. November 2017, abgerufen am 30. November 2017 (kroatisch).
  24. Marlise Simons: Croatian War Criminal Dies After Swallowing Poison in Court. In: nytimes.com. 29. November 2017, abgerufen am 30. November 2017 (englisch).
  25. Die 3. Strophe lautet: ? Ivani?evi? i ?tuli? / Thompson , Boban , Mate Buli? / Divas , Kazali?te , Valjak / ?uker i general Praljak