Skandinavien

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Skandinavien im Winter, Satellitenbild vom Februar 2003
Schweden und Norwegen um 1888
Skandinavismus

Skandinavien ( norwegisch Skandinavia, danisch und schwedisch Skandinavien ) ist ein Teil Nordeuropas . Je nach Definitionsweise umfasst er unterschiedliche Lander, darunter in jedem Fall Norwegen und Schweden auf der Skandinavischen Halbinsel , daneben im Regelfall auch Danemark und bisweilen auch Finnland .

Definitionen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im geographischen Sinn entspricht Skandinavien der Skandinavischen Halbinsel , auf der sich die Staaten Norwegen und Schweden sowie der Nordwesten Finnlands befinden. Aus geschichtlicher Sicht und in sprachlich-kultureller Hinsicht setzt sich Skandinavien im engeren Sinne aus Schweden, Norwegen und Danemark zusammen. In diesem Gebiet ist der nordgermanische Sprachzweig entstanden. Im weiteren Sinn werden aber auch ganz Finnland ( Fennoskandien ) und seltener Island und die Faroer zu Skandinavien gezahlt, [1] d. h. die Nordischen Lander als Ganzes.

Aus geologischer Sicht ist die Skandinavische Halbinsel ein Teil Fennoskandinaviens , zusammen mit der Halbinsel Kola sowie den Landmassen von Karelien und dem restlichen Finnland.

Topographie und Geodasie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die skandinavische Halbinsel war wahrend der letzten Eiszeit von Eis bedeckt. Der Druck und die Bewegung der Eismassen hat die Landschaft in vielen Teilen wesentlich mitgestaltet. Ein auch heute noch wichtiger Faktor ist die postglaziale Landhebung . Das Abschmelzen der Eismassen, die die Erdkruste niedergedruckt hatten, hat seit der letzten Eiszeit (ungefahr 10.000 v. Chr.) zu einer Landhebung von 800 m gefuhrt. Heutzutage betragt die Landhebung, die von der geographischen Breite abhangt, in Nordskandinavien 10 bis 11 mm jahrlich. Auf der Hohe von Stockholm liegt sie bei 4 mm, in Schonen bei null. [2]

An den Flachkusten macht sich das Auftauchen ehemaligen Meeresbodens besonders deutlich bemerkbar: Altere Strand- oder Fischerhutten, Bootsstege usw. liegen manchmal schon weit landeinwarts. Auch Fragen der Besitzverhaltnisse sind damit verbunden.

In der Geodasie haben diese und andere ozeanografische Phanomene viel zur Entwicklung der Erdmessung beigetragen. So geht die Lehre der Isostasie auf fennoskandische Geodaten und Geophysiker zuruck, die Besonderheiten der Ostsee haben die Kooperation mehrerer Geowissenschaften angeregt, und der Ostseering stellt das erste wirklich internationale Vermessungsnetz dar.

Wortherkunft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der mittellateinische Name Scandinavia, der sich in den modernen Sprachen durchgesetzt hat, ist nicht ursprunglich, sondern wahrscheinlich eine Mischung aus den alteren Namen Scadinavia einerseits und Scandia andrerseits. [3]

Scadinavia oder Scatinavia findet sich zuerst in den Schriften von Plinius dem Alteren (um 50 n. Chr.). Eine altgermanische, von der lateinischen unabhangige Entsprechung ist Sceden?g im altenglischen Beowulf -Epos (um 700). Auf der Grundlage dieser beiden Uberlieferungen kann man ein urgermanisches *Skaðinauj? erschließen. Es handelt sich dabei um eine Zusammensetzung, in deren Zweitglied germanisch *aw? / *auj? ?Land am Wasser, Halbinsel, Insel‘ (vgl. Aue ) steckt. Uber die Bedeutung des Erstglieds besteht keine Einigkeit. Vorgeschlagen wurden unter anderem ein Zusammenhang mit dem Gottinnennamen Skaði (als schadigendes, damonisches Wesen, mit Bezug auf den Nordwestwind), mit dem Gattungswort skaði ?Schaden‘ (mit Bezug auf fur die Schifffahrt gefahrliche Meeresverhaltnisse), mit dem gotischen Gattungswort skadus ?Schatten‘ (im Sinne von nordwarts gelegene Insel oder Insel des Dunkels, des Nebels) sowie mit germanisch *skað- ?Hering‘ (im Sinne von Heringsaue). [3]

Scandia findet sich ebenfalls schon bei Plinius und bezeichnet dort eine nicht naher eruierbare Insel jenseits Britanniens. Bei Ptolemaus (um 150) sind die Scandiai vier Inseln, bei Jordanes (um 550) steht Scandza schon deutlich fur Skandinavien. Das sprachliche Verhaltnis zwischen den Namen Scadinavia und Scandia ist ungeklart. [3]

Der Name der zuerst danischen und dann schwedischen Landschaft Schonen (Skane) wird auf die gleiche Wurzel wie lateinisch Scadinavia bzw. altenglisch Sceden?g zuruckgefuhrt, wobei die lautlichen Verhaltnisse, die zur heutigen Form gefuhrt haben, im Einzelnen unsicher sind. Uberliefert ist er erstmals als de Sconaowe im Jahr 811. [3]

Ursprunglich durfte sich Scadinavia jedenfalls auf den sudlichsten Teil der skandinavischen Halbinsel bezogen haben. [3]

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Yoldiameer nach dem Durchbruch zur Nordsee vor etwa 10.000 Jahren

Die altere Geschichte Skandinaviens ist durch die Einwanderung zweier mesolithischer Jager- und Sammlerpopulationen gepragt. Die erste Gruppe stammt aus der Ahrensburger Kultur und uberquerte Jutland und die danischen Inseln. Um 9.600 v. Chr. ist die erste Siedlung in Schonen nachweisbar. Man hat jedoch verschiedene altere saisonale Lagerplatze gefunden, die zeigen, dass Sammler und Jager schon kurz nach dem Ende der Eiszeit begannen, auf danischen Inseln zu jagen. Zu diesem Zeitpunkt durfte es noch eine Landbrucke zwischen Jutland und Schonen gegeben haben, da das glaziale Schmelzwasser weiter nordlich uber den Vanersee in die Nordsee floss. Diskutiert wird, ob die Besiedlung per Boot erfolgte. Nachweisbar ist eine Besiedlung der schwedischen Kuste in Schonen, bis schließlich auch die norwegische Kuste eine Besiedlung zuließ.

Die zweite große Einwanderung kam uber Estland , Karelien und Finnland etwa 1000 Jahre spater und wird auf ca. 8000 v. Chr. datiert. Zu dieser Zeit wandelte sich der Baltische Eisstausee in das Yoldia-Meer , und es entstand nach und nach der Finnische Meerbusen. Rund 4000 Jahre lebte diese skandinavische Urpopulation, die recht schnell auch den Norden erreichte, isoliert vom Rest Europas. Wahrenddessen verwandelte sich die Ostsee zum Ancylussee und schließlich zum Littorinameer . Es ist unklar, inwieweit diese massiven Umweltveranderungen Einfluss auf die Besiedlung Skandinaviens hatten.

Erst um etwa 3500 v. Chr. erreichte mit den Trichterbechern auch die Landwirtschaft Skandinavien, deren nordlichste Position auf der Insel Aland gefunden wurde. Damit einher geht der Fund einer Pestinfektion, die dem Urstamm der Pest bisher am nachsten steht und eine Folge der Einwanderung war. Kurz darauf folgten ihnen Schnurkeramiker und schließlich auch Glockenbecher , die auf das sudliche Skandinavien und den außersten Westen Finnlands beschrankt blieben. Ein Ostsee-Handelsnetz zwischen Estland, Karelien, Finnland und Schweden entstand ebenfalls zu dieser Zeit und zeigt, dass auch in der ostlichen See ahnliche Handelsnetze wuchsen, die mit dem westlichen Handelsnetz der Schnurkeramiker in Kontakt stand. Kujawien durfte hier als Kontakt-Gruppe eine wichtige Rolle gespielt haben. [4]

Lamnidis et al. (2018) weisen auf eine weitere Einwanderungswelle um 2000?1500 v. Chr. aus dem Gebiet der Taimyrhalbinsel , die eng mit den Samen (Volk) verbunden ist. Die Nganasanen weisen hierzu die engsten Verbindungen auf und sind mit der Asbestos-Ware in Finnland und Karelien assoziiert. Sie zeigen auch, dass die Samen einst viel weiter sudlich lebten und stimmen mit dem Auftreten der Rentierzucht uberein. Rund 50 % der Finnen weisen genetische Spuren dieser Einwanderung auf und belegen eine gewisse Kontinuitat im ostlichen Skandinavien. [5]

Die jungere historische Geschichte Skandinaviens ist vielfaltig und durch verschiedene Phasen des Mit- und Gegeneinanders gepragt. Die starke Tradition der nationalen Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts wurde zunehmend durch alternative Betrachtungsweisen erganzt. Trotzdem dominiert die nationalstaatliche Perspektive.

Uber 500 Jahre bestand quasi eine Gemeinsamkeit im außenpolitischen Bereich, als vom Uberfall des danischen Kleinkonigs Chlochilaicus auf Gallien (517) bis zum unglucklichen Zug Harald Hardrades gegen England 1066 die Wikinger ihre Raub- und Kriegszuge auf alle europaischen Kustengebiete, aber auch bis tief nach Russland ausdehnten. Eine andere Gemeinsamkeit stellt lange Zeit die Ablehnung des Christentums dar in Zeiten, als es im westlichen Europa schon Jahrhunderte verbreitet war. In Skandinavien setzte sich das Christentum in der Mitte und am Ende des 10. Jahrhunderts durch. Außerdem ist die große Bedeutung der Jarle , die zunachst nur Anfuhrer von Beutezugen waren, als solche aber sehr reich und machtig wurden, fur diese Zeit charakteristisch. Deshalb entwickelte sich das Lehnswesen in Skandinavien deutlich langsamer als in Kerneuropa, und die Leibeigenschaft setzte sich nicht vollstandig durch.

Neben diesen allgemeinen Gemeinsamkeiten gab es aber auch Zeiten, in denen mehrere der skandinavischen Lander unter einer Herrschaft vereinigt waren, so waren schon unter Knut dem Großen von 1028 bis 1035 Danemark, Norwegen und (lockerer) Schweden sowie auch England in einem Nordseereich vereinigt. Danemark und Norwegen standen bald darauf von 1042 bis 1046 unter der gemeinsamen Herrschaft Magnus des Guten . Doch die Hauptzeit der gemeinsamen politischen Entwicklung liegt in der Kalmarer Union , der die Lander Danemark, Norwegen und Schweden von 1397 bis 1523 in Personalunion verbunden waren. In dieser Zeit verlor Norwegen deutlich an politischer Selbstandigkeit, so dass nach dem Ausscheiden Schwedens aus der Kalmarer Union mit der danisch-norwegischen Personalunion bis 1814 praktisch eine danische Vorherrschaft bestand, die 1814 von der schwedisch-norwegischen Union abgelost wurde, die bis 1905 andauerte.

Finnland gehorte seit der schwedischen Eroberung durch Konig Erik IX. 1154 bis zum Verlust an Russland im Vertrag von Fredrikshamn 1809 zu Schweden.

Mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO in den Jahren 2023 und 2024 sind alle Skandinavischen Lander erstmals seit dem 16. Jahrhundert wieder Teil eines (und desselben) Militarbundnisses. [6] [7]

Sprachen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Skandinavien wird vor allem als kulturelle und sprachliche Einheit beschrieben und zeichnet sich durch das nordgermanische Dialektkontinuum aus. In den drei nahe verwandten Standardsprachen, Danisch , Norwegisch und Schwedisch ist eine gegenseitige Verstandigung zwischen geubten Sprechern moglich. Zu den nordgermanischen Sprachen gehoren daneben auch Faroisch und Islandisch , die aber von den drei erstgenannten bereits so stark abweichen, dass eine Verstandigung nicht mehr leicht moglich ist. Das Finnische sowie die samischen Sprachen gehoren zur bereits erwahnten uralischen Sprachfamilie.

Skandinavische Flaggen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bekannt fur die skandinavischen Lander sind die an den Dannebrog angelehnten Kreuzflaggen , die jeder heutige Staat Skandinaviens fuhrt. Auch skandinavische Provinzen und andere Regionen haben Kreuzflaggen (zum Beispiel Schonen , Smaland und Aland ).

Island   Island · Norwegen   Norwegen · Danemark   Danemark · Schweden   Schweden · Finnland   Finnland

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Jarosław Suchoples (Hrsg.): Skandinavien, Polen und die Lander der ostlichen Ostsee: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Wydawn. Uniw. Wrocławskiego, Breslau 2005, ISBN 83-229-2637-5 .
  • Nordis (Das Nordeuropa-Magazin) ist eine deutsche Zeitschrift mit Berichten uber skandinavische Lander.
  • Harm G. Schroter: Geschichte Skandinaviens. Beck Verlag Munchen 2007, ISBN 978-3-406-53622-9 .
  • Fritz Petrick: Norwegen, Geschichte der Lander Skandinaviens. Pustet, Regensburg 2002, ISBN 3-7917-1784-7 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Skandinavien  ? Sammlung von Bildern
Wiktionary: Skandinavien  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Wissen.de: Eintrag Skandinavien , abgerufen am 12. September 2015.
  2. Leif Wastenson, Curt Freden: Sveriges nationalatlas. Berg och jord. 3. Auflage, S. 101. Hrsg. Sveriges nationalatlas (SNA), Vallingby, ISBN 91-87760-50-9 .
  3. a b c d e E. Nyman: Skandinavien. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde . Hrsg. von Heinrich Beck , Dieter Geuenich und Heiko Steuer . Band 28. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2005, S. 582?587.
  4. Thomas Terberger und Joachim Burger, Migration im Palaolithikum und Mesolithikum Mitteleuropas ? Archaologie trifft Palaogenetik. Oktober 2016, ISBN 978-3-94450-761-3 .
  5. Lamnidis et all 2018, Ancient Fennoscandian genomes reveal origin and spread of Siberian ancestry in Europe, DOI:10.1038/s41467-018-07483-5
  6. Ronald D. Gerste: Unabhangigkeit von Schweden: Ein blutiger Weg zum eigenen Land . In: Die Zeit . 30. Mai 2023, ISSN   0044-2070 ( zeit.de [abgerufen am 28. Februar 2024]).
  7. Linda Koponen: Schweden tritt der Nato bei: was die Erweiterung fur die Ostsee bedeutet . In: Neue Zurcher Zeitung . 28. Februar 2024, ISSN   0376-6829 ( nzz.ch [abgerufen am 28. Februar 2024]).