Sinn (Philosophie)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
(Weitergeleitet von Sinn (Semantik) )
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Sinn ist ein in verschiedene wissenschaftliche Disziplinen hineinreichender Begriff , der teilweise den Bedeutungs ­gehalt eines sprachlichen Ausdrucks bezeichnet (in der Semantik ) oder allgemeiner der Klarung der Beziehung von Sprache, Denken, Intentionalitat und Wirklichkeit dient.

Wortverwendungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

?Sinn“ wird in verschiedenen Gebieten unterschiedlich verwendet:

  • Als Handlungssinn:
Der Begriff des Handlungssinns bildet einen Ubergangsbereich von Soziologie und Philosophie . Hierbei steht ?Sinn“ als Synonym fur Ziel oder Zweck der Handlung . Siehe unter Handlungstheorie .

Philosophische Ansatze [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Unter dem teleologischen Sinn versteht man das, wozu etwas da ist. Dabei geht es um die Ausrichtung von Prozessen auf ein Ziel.

Vom metaphysischen Sinn des endlich Seienden spricht man, wenn die Bezogenheit auf das unendliche Sein , die Transzendenz bzw. Gott betont werden soll.

Aristoteles [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die integrative Funktion des menschlichen Geistes wurde zuerst von Aristoteles beschrieben und als sensus communis in die Wissenschaft eingefuhrt ( de anima III/2). Das Erkennen von Bewegung, Zahl, Große und kausalen Zusammenhangen ist nach Aristoteles nicht Leistung der einzelnen Sinne, sondern eines gemeinsamen Sinnes (sensus communis).

Luhmann [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Eine moderne, ?systemtheoretische“ Betrachtung dieses Sinn-Ganzen wird von Niklas Luhmann vertreten, der Kommunikation als Essenz der Gesellschaft verstand und dem ?Sinn“-Begriff dabei eine bedeutende Stellung einraumte. Er definiert: ?Sinn ist laufendes Aktualisieren von Moglichkeiten“. Grundlegend ist sein Hauptwerk Soziale Systeme . Luhmanns Systembegriff geht von einem Funktionszusammenhang aus, welcher sich durch Abgrenzung von der Umwelt selbst im Zustand einer stabilen Ordnung halt. Ein System muss demnach primar zur aktiven Erzeugung und Gestaltung von speziellen Grenzen fahig sein. Psychische und soziale Systeme konstituieren sich fur Luhmann als Sinnzusammenhange. Der Sinnbegriff umfasst jegliche Ordnungsform menschlichen, bewussten Erlebens; es gibt demnach kein sinnloses Erleben. Die Welt ist viel zu komplex, um perfekt von einem System erfasst zu werden. Deshalb ist nach Luhmann das konstruierte ?Bild“ der Welt immer eine Vereinfachung, eine Reduktion der unendlichen Komplexitat auf ein uberschaubares Maß. An Stelle der außeren Weltkomplexitat erzeugt das System ?Mensch“ eine innere Ordnung. Dieses Geschehen versteht Luhmann als Sinnbildung. Das Komplexitatsgefalle wird vom Sinn-System in der Form eines subjektiven Weltentwurfs, der die außere Welt reduziert, ausgeglichen. Das System interpretiert die Welt selektiv und reduziert damit die Komplexitat auf das ihm zugangliche Maß hin. Dadurch ermoglicht es strukturierte Moglichkeiten des eigenen Erlebens und Handelns. Sinn tritt immer in abgrenzbaren Zusammenhangen auf und verweist zugleich uber den Zusammenhang, dem er angehort, hinaus; er macht andere Moglichkeiten vorstellbar und genau hierin liegt nach Luhmann die Funktion der Sinnbildung.

Sinn ist in Luhmanns Sicht ?die Einheit der Differenz von Aktualitat und Potentialitat “. Kommunikation konstituiert immer Sinn, ist aktuelle Selektion aus der Potentialitat aller zuvor gegebenen Moglichkeiten. Sinn reguliert nach Luhmann die selektive Erlebnisverarbeitung, ist die selektive Beziehung zwischen System und Welt. Sinn ermoglicht gleichzeitig die Reduktion und Erhaltung von Komplexitat. Sinn lasst sich demnach verstehen als Pramisse der Erlebnisverarbeitung. Sinn ermoglicht dem Bewusstsein eine Auswahl und verweist uber das Gewahlte auf das Nichtgewahlte und somit auf die Grenzenlosigkeit der Welt. Kommunikation kann nach dieser Terminologie keine Ubertragung von Sinn oder von Informationen sein, sondern Kommunikation ist gemeinsame Aktualisierung von Sinn, die mindestens einen der Teilnehmer informiert. Die zentrale Bedeutung der Semantik besteht fur Niklas Luhmann in den erhaltenswerten Sinnpramissen innerhalb eines sozialen Systems.

Weick [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der amerikanische Organisationspsychologe Karl E. Weick bezeichnet Sinn als das Ergebnis eines sozialen Prozesses, den er Sensemaking (englisch fur ?Sinn erzeugen“) nennt. In dieser Betrachtungsweise ist Sinn eine psychische Konstruktion, die im Prozess des Sensemakings entsteht und verandert wird. [2]

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Gottlob Frege : Uber Sinn und Bedeutung. In: Zeitschrift fur Philosophie und philosophische Kritik , NF 100, 1892, S. 25?50. Auch in: Gottlob Frege: Funktion, Begriff, Bedeutung. Funf logische Studien. Herausgegeben und eingeleitet von Gunther Patzig. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1962, S. 38?63.
  • Niklas Luhmann : Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-28266-2 , insbes. das 2. Kapitel ?Sinn“.
  • John Lyons : Semantik , Band I. Beck, Munchen 1980, ISBN 3-406-05272-X , insbes. S. 210 ff.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Gottlob Frege: Uber Sinn und Bedeutung.
  2. Karl E. Weick: Der Prozess des Organisierens. Suhrkamp Wissenschaft, Band 1194. 1995, ISBN 978-3-518-28794-1 .