Silvester I.
(* vor 300; †
31. Dezember
335
in
Rom
) war von 314 bis zu seinem Tod
Bischof von Rom
und damit aus
katholischer
Perspektive
Papst
. Er erfuhr durch die spater als Falschung klassifizierte
Konstantinische Schenkung
eine kirchengeschichtliche Uberhohung seiner Person, die bis in die Gegenwart wirkt.
Aus dem Leben von Papst Silvester I. ist eher Schemenhaftes bekannt: Er wurde um 284 zum Priester geweiht und am 31. Januar 314 zum Bischof von Rom gewahlt.
[1]
Sein Vorganger war Papst Miltiades, sein Nachfolger Papst Marcus. Sein Name wurde 813 in den
Heiligenkalender
aufgenommen. Silvester gilt als der erste Papst, der nicht mehr unter einer Verfolgung der Christen in Rom zu leiden hatte, denn der romische Kaiser
Konstantin der Große
(reg. 306?337) hatte im Jahr 313 durch die
Mailander Vereinbarung
allen Burgern des Romischen Reiches das Recht auf freie Religionsausubung gewahrt. Damit vollzog sich wahrend des 21-jahrigen Pontifikats von Silvester I. (314?335) die entscheidende Wende von einer christenfeindlichen zu einer christenfreundlichen Staatspolitik.
[2]
Die seit dem 5. Jahrhundert entstandenen Legenden
[3]
enthalten zum großten Teil keinen historischen Kern. Sie wurden verbreitet vor allem durch die
Legenda Aurea
des
Dominikaners
und spateren
Erzbischofs
von Genua
Jacobus de Voragine
(1228?1298).
[4]
Nach der unter dem Namen
Konstantinische Schenkung
bekannten, gefalschten Urkunde soll Papst Silvester I. den kranken Kaiser Konstantin getauft und vom Aussatz geheilt haben. Die Entstehung dieser Urkunde wird in die Mitte des 8. Jahrhunderts datiert (um 754, nach der Salbung der
Karolinger
zu
frankischen Konigen
). Kaiser Konstantin wurde wahrscheinlich aber erst auf dem Totenbett von
Eusebius von Nikomedia
getauft. Zum Dank fur die Heilung soll Papst Silvester I. von Konstantin das sogenannte
Patrimonium Petri
, das die Grundlage des spateren
Kirchenstaates
bildete, als Geschenk erhalten haben.
An dem
Konzil von Arles (314)
, auf dem wichtige Weichenstellungen und Beschlusse fur die weitere Entwicklung der christlichen Kirche gefasst wurden, nahm Papst Silvester nicht teil. Bei dem
Konzil von Nicaea
(325) ließ sich Silvester I. durch seine
Presbyter
Victor und Vincentius vertreten; dort wurde das erste christliche Glaubensbekenntnis, das
Bekenntnis von Nicaa
festgelegt, das weitgehend dem bis heute in der
Okumene
verbreiteten
Credo
entspricht.
[5]
Wahrend des
Pontifikats
von Silvester I. wurden im Zusammenwirken mit Kaiser Konstantin die ersten großen Kirchenbauten geplant und unter Berucksichtigung liturgischer Leitlinien ausgefuhrt. Allein in Rom entstanden innerhalb kurzester Zeit die Basiliken:
[6]
Außerdem wurden uber oder in der Nahe von Martyrergrabern an den Ausfallstraßen außerhalb der
Aurelianischen Stadtmauer
monumentale
Umgangsbasiliken
[8]
als Gedachtnis- und Begrabniskirchen errichtet. Es handelt sich um einen nur in Rom und nur in der ersten Halfte des 4. Jahrhunderts vorkommenden Bautypus ohne Vorbild im Romischen Reich. Der
Grundriss
ist mit einem antiken
Hippodrom
oder einem U vergleichbar. In der dreischiffigen
Umgangsbasilika
laufen die
Seitenschiffe
um das rund abschließende Mittelschiff herum und bilden einen Umgang. Mittelschiff und Seitenschiffe sind durch Pfeiler mit Bogenarkaden getrennt. Charakteristisch ist die Fassade im Osten, die bei den meisten Umgangsbasiliken schrag zur Hauptachse verlauft.
Wenn man berucksichtigt, dass die ersten Basiliken sowie die meisten Umgangs- und Begrabniskirchen Roms in den Jahren zwischen 312 und 317 begonnen und bereits 324 vollendet worden sind, wird diese außerordentliche Bauleistung deutlich.
Mit Planung und Bau weiterer Kirchen wurde wahrend des Pontifikats von Silvester I. begonnen; dazu zahlen vor allem:
sowie zahlreiche weitere fruhchristliche
Sakralbauten
in der Bannmeile um Rom und außerhalb.
[9]
Papst Silvester I. starb am 31. Dezember 335, wurde in den
Priscilla-Katakomben
an der
Via Salaria
in Rom beigesetzt und wahrend der
Langobarden-Einfalle
im 8. Jahrhundert in die Kirche
San Silvestro in Capite
an der Piazza di San Silvestro uberfuhrt.
[10]
An den Wanden des
Silvester-Oratoriums
im ersten Vorhof der romischen Basilika Santi Quattro Coronati entstanden um 1246
Fresken
byzantinischer Meister,
[11]
unter denen vor allem die Szenen der Silvester-Legende religionshistorisch und zeitgeschichtlich bedeutsam sind. In acht Bildern wird dargestellt, wie der vom
Aussatz
befallene Kaiser Konstantin nach Silvester I. habe rufen lassen, nachdem ihn im Traum die Heiligen
Petrus und Paulus
dazu aufgefordert hatten. Silvester habe ihn durch ein wundersames Bad (
Taufe
) geheilt und habe dafur zum Dank die Stadt Rom als Geschenk erhalten.
[12]
Das vorletzte und letzte Bild sollen kurz beschrieben und erlautert werden:
Silvester I. ? mit
Mitra
des Bischofs von Rom auf seiner
Kathedra
thronend ? nimmt von Kaiser Konstantin dessen Herrschaftsinsignien als Zeichen der weltlichen Macht uber die Stadt Rom entgegen: das
Phrygium
(spitz zulaufende Kopfbedeckung), das
Solecchium
(schirmartiger
Baldachin
) und den kaiserlichen Schimmel, den der kniende Konstantin mit dem Zugel in seiner Linken heranfuhrt. Bei den funf Figuren ? mit Buch und
Kaiserkrone
? auf den Zinnen der Stadtmauer soll es sich um romische Burger handeln, die als Vermittler zwischen Kaiser und Papst tatig waren.
[13]
Silvester I. ? jetzt mit
Phrygium
und Baldachin ? reitet auf seinem Schimmel mit Bischofen im Gefolge in der Stadt Rom ein, wo er von Kaiser Konstantin ? jetzt mit Kaiserkrone ? empfangen wird. Bemerkenswert ist, dass Konstantin das Pferd des Papstes am Zugel fuhrt und ihm damit den sogenannten
Stratordienst
leistet; neben Konstantin ein Heerfuhrer mit geschultertem Schwert.
Silvester gilt als der erste heilige Papst, der nicht das Martyrium erlitten hat. Sein Gedenktag wird von der
griechisch-orthodoxen Kirche
und der
bulgarisch-orthodoxen Kirche
am 2. Januar, von der
russisch-orthodoxen Kirche
am 15. Januar und von der
romisch-katholischen Kirche
an seinem Todestag, dem 31. Dezember, gefeiert. Weil sein Fest auf den letzten Tag des Kalenderjahres fallt, wurde sein Name mit den an diesem Tag ublichen Feierlichkeiten verknupft und der Tag allgemein
Silvester
genannt. Sein Name bedeutet ?der Waldmann“ (von lat. silva = ?Wald“). Silvester ist Schutzpatron der Haustiere und wird um eine gute Futterernte und ein gutes neues Jahr angerufen.
Nach einer mehr als 700 Jahre alten Uberlieferung soll Papst Silvester einst auf dem Weg von Rom nach
Trier
durch
Hausen (Mayen)
in der
Eifel
geritten sein, wo sein Pferd ein Hufeisen verloren habe. In Erinnerung daran segnet der Pfarrer von Hausen alljahrlich am 31. Dezember die vor der Kirche St. Silvester versammelten Reiter und ihre Pferde. Anschließend fuhrt er hoch zu Ross in liturgischem Gewand und mit Reiterhelm die Prozession an, die dreimal um die Kirche zieht, bevor ein Festgottesdienst gefeiert wird.
[14]
Silvester I. ist Patron von Kirchen und Kapellen in:
Eine Silvester-Kapelle mit Silvester-Reliquie gab es fruher in
Dernau
. In der
St. Johannes Apostel Kirche
in Dernau steht heute eine Silvesterstatue auf dem rechten Seitenaltar.
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- ↑
Nach dem
Liber Pontificalis
hatte Papst Silvester dem Kaiser vorgeschlagen, auf dem Vatikanhugel uber einem Apollo-Tempel und dem
Petrusgrab
im Graberfeld des
Vatikanischen Hugels
eine Petrus-Basilika zu errichten
- ↑
Ursula Leipziger: Die romischen Basiliken mit Umgang ? Forschungsgeschichtliche Bestandsaufnahme, historische Einordnung und primare Funktion. Diss. Erlangen-Nurnberg 2006, S. 14ff. 20ff. 28ff. 33ff. 64ff.
- ↑
Louis Duchesne
: Le Liber pontificalis, Texte, Introduction et Commentaire. Tome I, S. 75?80, Thorin, Paris 1886
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Corinna Muhlstedt: Dreimal Silvester: Wahrheit und Legende dreier Kirchenmanner. Eine Spurensuche in Rom. Beitrag in Tag fur Tag, Sendung im Deutschlandfunk vom 30. Dezember 2011, abgerufen am 4. Januar 2012
- ↑
Andreas Sohn: Bilder als Zeichen der Herrschaft. Die Silvesterkapelle in SS. Quattro Coronati, Rom 1995,
https://www.jstor.org/stable/23564493
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Claudio Rendina: Le chiese di Roma. Mailand 2004, S. 320ff.
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Matthias Thumser: Perfekte Harmonie ? Kardinal Stefano Conti und der Freskenzyklus bei SS. Quattro Coronati in Rom. In: Kirche und Frommigkeit ? Italien und Rom. Colloquium zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Jurgen Petersohn, Wurzburg 2010, 81 (84ff.) (
https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/5608/file/Kirche_Froemmigkeit_Italien_Rom_Petersohn.pdf
)
- ↑
Elvira Bell:
Pastor auf hohem Ross
. In:
Paulinus
Nr. 3/2020,S. 10, Hrsg. Bistum Trier,
ISSN
1436-9214