Signaturenlehre

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Sympathien zwischen Pflanzen und Tieren (Holzschnitt nach Auffassung Giambattista della Portas , 16. Jahrhundert) [1]

Die Signaturenlehre oder Lehre von den Signaturen (lateinisch signatura rerum ; von signare ?bezeichnen, kennzeichnen“) ist die Lehre von den Zeichen in der Natur, die als Merkmale auf Ahnlichkeiten, Verwandtschaften und innere Zusammenhange hinweisen. Analogien bestehen demnach zwischen Form, Farbe, Charakter, Geruch, Geschmack, Standort, Entstehungszeit, humoralpathologischen und astrologischen Zuordnungen und vielen weiteren Aspekten. Die Signaturenlehre beruht auf einem kosmischen Denken in Entsprechungen ( universale Sympathie bzw. Mikrokosmos-Makrokosmos -Lehre) ? eine Bohne habe eine Heilwirkung bei Nierenleiden; die Form der Walnuss pradestinierte sie fur Behandlungen des Gehirns; der gelbe Saft des Schollkrauts wirke bei Gelbsucht ? und ist als typische Denkform nicht-naturwissenschaftlicher Welterklarungsmodelle weltweit zu finden. Als Prinzip herrscht sie in der Mehrzahl traditioneller Heillehren, die solche Kosmologien als Rahmen voraussetzen.

Die Signaturenlehre fand bereits im Altertum weite, unter anderem auch im alten [2] China, Anwendung und war im spaten Mittelalter in einer prototypischen Form als Denkungsart bereits stark verbreitet, [3] geht aber in ihrer konkreten schriftlichen Formulierung in Europa auf Paracelsus [4] (etwa bei der Ergrundung der Arcana [5] ) und den neapolitanischen Arzt und Alchemisten Giambattista della Porta (1538?1615) zuruck, der in seinem Buch Phytognomonica (eine ? Physiognomik der Pflanzen“) anhand von Signaturen ein System von Zusammenhangen zwischen Pflanzen, Tieren und Gestirnen aufzeigt.

Die Signaturenlehre beruht auf der Grundannahme, dass samtliche Erscheinungen und Wesen miteinander in Beziehung stehen. Sie bilden quer zu der Einteilung in Gattungen und Arten Verwandtschaftssysteme mit gleichartigen Eigenschaften. Etwas modifiziert, aber mit gleichen Folgerungen, bestand die Signaturenlehre unter den Vorzeichen des Christentums: Die Welt war von Gott vollkommen und auf den Menschen hin geschaffen. Die Signaturen waren somit auch Werk dieses Schopfers. Dem Menschen kam es zu, diese Zeichen zu erkennen und richtig zu deuten.

Als Signaturen gelten unter anderem: Geruch, Geschmack, Farbe, Gestalt, Struktur, Beschaffenheit, Standort, Wachstumsphase und Lebensdauer. Diese werden verschiedenen Kategorien wie Elementen , Planeten oder Eigenschaften zugeordnet. Demnach hat eine bitter schmeckende Pflanze eine Beziehung zum Element Feuer, das mit der Sonne in Verwandtschaft steht und ? unter anderem ? Umwandlung und Anregung von Stoffwechsel prozessen bewirkt.

Die Signaturenlehre ist nicht nur in Europa bekannt. In der chinesischen und auch der ayurvedischen Medizin existieren ausgearbeitete Systeme der Zuordnungen nach Signaturen. So werden etwa in der chinesischen Medizin Geschmack, Geruch, Farbe, Tages- und Jahreszeiten, Elemente, Organe, Sinnesorgane und Korperteile unter anderem zu einem diagnostischen Konzept verbunden.

Erfolge und Misserfolge der Signaturenlehre

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Verteidiger verweisen auf eine Reihe von Fallen, bei denen moderne wissenschaftliche Untersuchungen die Anwendungsbereiche der Signaturenlehre bestatigten. Die Walnuss ? wegen ihrer Ahnlichkeit mit einem menschlichen Hirn ein traditionelles Heilmittel bei Krankheiten des Kopfes ? enthalt tatsachlich fur das Gehirn wertvolle Fettsauren . Die Herbstzeitlose ? wegen der Ahnlichkeit der Zwiebel mit einer gichtkranken Zehe gemaß der Signaturenlehre ein Mittel gegen Gicht ? liefert tatsachlich wirksame Heilstoffe gegen diese Krankheit. Kritiker weisen jedoch auf die Zufalligkeit dieser Funde hin und fuhren an, dass sich fur jeden Erfolg auch mehrere Beispiele nicht wirksamer Zuordnungen nachweisen lassen. So konnte beim Frauenmantel keine der dieser Pflanze zugesprochenen Wirkungen bei Frauenkrankheiten nachgewiesen werden. Auch das Lungenkraut , das wegen seiner getupften Blatter bei Lungenkrankheiten Verwendung fand, hat sich nach wissenschaftlichen Untersuchungen bis jetzt als weitgehend wirkungslos erwiesen. Zu den Heilmitteln der Signaturenlehre gehoren zudem auch Mittel, die heute sehr seltsam anmuten. So empfahl Nicolas Lemery 1697 in einem damals aufsehenerregenden Arzneibuch den getrockneten und pulverisierten Schadel eines gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen als Heilmittel gegen Hirnkrankheiten. [6]

Einzelnachweise

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  1. Hans Biedermann: Medicina Magica. Metaphysische Heilmethoden in spatantiken und mittelalterlichen Handschriften. 2. Auflage. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1978, ISBN 3-201-01077-4 , S. 33.
  2. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff /Diepgen/Goerke: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 5.
  3. Wie Friedrich Ohly und Michel Foucault gezeigt haben, s. angegebene Literatur.
  4. Kurt Quecke: Die Signaturenlehre im Schrifttum des Paracelsus. In: Beitrage zur Geschichte der Pharmazie und ihrer Nebengebiete. Band 1, 1955, S. 41?55 (= Pharmazie. Beiheft 2, hrsg. von Otto Beßler , Hans Seel und Rudolph Zaunick ).
  5. Paul Diepgen , Heinz Goerke : Aschoff /Diepgen/Goerke: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 22.
  6. Die Geheimnisse der Heilpflanzen S. 51 f.
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