Sertao

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Subregionen Nordostbrasiliens
  •  1 Meio-Norte
  •  2 Sertao
  •  3 Agreste
  •  4 Mata Atlantica
  • Sukkulentensavanne im Sertao nordeste im brasilianischen Nordosten

    Der Sertao ( portugiesische Aussprache: [ser?t??w?] , auch Sertao Nordestino ) bezeichnet die halbwustenartigen Landschaften im Binnenland Brasiliens . Er ist eine der vier Subregionen der Region Nordosten ( Regiao Nordeste do Brasil ) mit dem hochsten Flachenanteil. Er erstreckt sich uber die Bundesstaaten Alagoas , Bahia , Ceara , Paraiba , Pernambuco , Piaui , Rio Grande do Norte und Sergipe , bis hinunter in die Mesoregionen Norte de Minas und Vale do Jequitinhonha im Bundesstaat Minas Gerais .

    Zum Atlantik liegt zwischen dem Sertao und der Waldzone ( Mata Atlantica ) als Ubergangsgebiet der agreste , im Westen wird die Ubergangsregion zwischen Trockengebiet und den Regenwaldern des Amazonasbeckens meio norte genannt.

    Klima, Flora und Fauna

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    Die Region ist von sehr geringen Niederschlagen gekennzeichnet und haufig von Durre betroffen, die Trockenzeit betragt zehn bis elf Monate. Die Jahresniederschlage betragen meist unter 300 mm und erreichen ihr Minimum in Petrolina am Rio Sao Francisco mit 213 mm.

    Im Zentrum und Suden des Landes ist sie mit Baumsavanne bewachsen, der Nordosten ist mit Laubbaumen durchsetzte Strauchsavanne. Nur wenigen Tieren wie dem Ameisenbaren oder dem Gurteltier genugen heute die Bedingungen dieser Region zum Leben.

    Landwirtschaftliche Nutzung

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    Extensive Rinderwirtschaft und Großgrundbesitz herrschen vor, wobei auf den trockenen Boden heute nur ein Rind pro 10 ha gehalten werden kann. Um 1700 sollen hier uber eine Million Tiere aller Art geweidet haben ? Viehhaute waren der Hauptexportartikel der Region ?, was die Wustenbildung beschleunigte. Von Marz/April bis November/Dezember sind Herdenwanderungen in die feuchteren Hugel- und Berggebiete ublich. Ackerbau ist nur vereinzelt moglich. Einige Quellgebiete und feuchtigkeitssammelnde Talgebiete bilden relativ fruchtbare Inseln, die sogenannten brejos , in denen sich die kleinbauerliche Bevolkerung konzentriert und die im Nordosten insgesamt etwa 18.000 km² ausmachen. Etwa 500.000 ha werden bewassert, moglich waren etwa 2,5 Millionen ha.

    Sozialstruktur und Folklore

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    Die Grundeigentums- und Sozialstruktur ist, vor allem im Nordosten, von extremen Gegensatzen gepragt. Teilweise kann man noch von feudalen Strukturen oder sogar von moderner Sklaverei sprechen.

    Die Sertanejos haben eine vielfaltige Folklore hervorgebracht, die in der unterentwickelten Region lange von Modernisierungen unbehelligt uberleben konnte. Die Musica sertaneja (brasilianischer Country) ist ein Kulturprodukt des Sertao im sudlichen Brasilien.

    Die Cangaceiros

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    Cangaceiros waren Mitglieder von marodierenden Banden im Sertao. Wichtigster und bekanntester Anfuhrer war Virgulino Ferreira da Silva , genannt Lampiao (Lampe, Laterne) wahrend der 1920/30er Jahre. Seine Person und seine Bande wurden im Laufe der Jahrzehnte glorifiziert und uberhoht. Es wurden Vergleiche zu Robin Hood gezogen, die mit der Realitat aber nicht zu vereinbaren waren. Die Geschichte der Cangaceiros wurde filmisch aufgearbeitet ( O Cangaceiro ? Die Gesetzlosen ). Bekannt geworden ist auch die ?Hymne“ der Cangaceiros Mulher Rendeira , die heute noch im Sertao gesungen wird und durch Helmut Zacharias auch erfolgreich in das deutsche musikalische Kulturgut uberfuhrt wurde.

    Darstellung des Sertao in der Literatur

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    Der romantische Dichter Antonio Goncalves Dias , der auch die Indianersprachen und -mythen erforschte, trug zur Mythisierung des Sertao und zur Schaffung der Brasiliade in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts bei. Der geographisch-historisch-poetische Essay Os Sertoes: Campanha de Canudos des Ingenieurs und Journalisten Euclides da Cunha uber die Unterdruckung des Aufstands der Landlosen in der Siedlung Canudos loste beim Erscheinen im Jahr 1902 eine Sensation aus und gilt seitdem ?weit uber den Kreis der Gebildeten hinaus als kanonisches, identitatsstiftendes Werk, als das reprasentativste Buch Brasiliens, als die ?Bibel der Nation‘“. [1] Bekannt wurden auch das Buch Grande Sertao: Veredas (1956; deutsch: ?Grande Sertao. Roman“, 1965) von Joao Guimaraes Rosa und der Roman Vidas secas (1938; dt. ?Karges Leben“ 2013) von Graciliano Ramos , der 1963 unter der Regie von Nelson Pereira dos Santos verfilmt wurde. [2] In Deutschland erschien er unter dem Titel ?Nach Eden ist es weit“. Die Darstellung des Sertao in der Literatur gilt als ein zentrales Element bei der Konstruktion der brasilianischen nationalen Identitat. [3]

    Commons : Sertao  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. Website des Lateinamerikainstituts der FU Berlin
    2. Vidas secas auf imdb.com.
    3. Mateus de Novaes Maia: A colonialidade e a literatura na construcao discursiva do sertao . In: Via Atlantica . Band   25 , Nr.   1 , 30. April 2024, ISSN   2317-8086 , S.   632?674 , doi : 10.11606/va.i1.197865 ( usp.br [abgerufen am 2. Mai 2024]).