Sergio Leone
Sergio Leone
(*
3. Januar
1929
in
Rom
; †
30. April
1989
ebenda) war ein
italienischer
Filmregisseur
. Besondere Bekanntheit erlangte er durch seine Arbeiten im Bereich der
Italowestern
. Mit den epischen Westernfilmen
Zwei glorreiche Halunken
und
Spiel mir das Lied vom Tod
konnte er in den spaten 1960er Jahren seine großten Erfolge verbuchen.
Sergio Leone war der Sohn des Filmpioniers Vincenzo Leone (?
Roberto Roberti
“) und der Schauspielerin Edvige Valcarenghi (?Bice Valerian“). Sein Vater war ab 1911 im Filmgeschaft tatig und wurde in Italien vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem
Stummfilmstar
Francesca Bertini
bekannt. Er sympathisierte mit den
Kommunisten
und zog sich unter dem Eindruck des
Faschismus
weitgehend von der Außenwelt zuruck.
[1]
Leone selbst wurde in seiner Jugend nicht nur durch die Herrschaft des
?Duce“
, sondern auch durch die
Besetzung Roms
sowie die letzten
Kriegsjahre
1943/45 gepragt. In diese Zeit fallt auch sein erster Kontakt mit der US-amerikanischen
Popularkultur
, fur die er sich begeisterte. Besonders das
Kino Hollywoods
faszinierte den jungen Leone:
?Unsere Welt war wahrhaftig die Straße und das Kino. Vornehmlich die Filme, die aus Hollywood kamen! Niemals die franzosischen Produktionen oder die italienischen ?
telefoni bianchi
’.“
Vincenzo Leone drehte ab 1939 wieder Filme.
[3]
Da er den kleinen Sergio regelmaßig zu seiner Arbeit mitnahm, war dieser bereits von Kindesbeinen an mit den Ablaufen der Filmherstellung vertraut.
Ab Mitte der 1940er Jahre arbeitete Leone in den unterschiedlichsten Positionen im
italienischen Studiosystem
. Als
Statist
,
Regieassistent
,
Regisseur des zweiten Kamerateams
oder Autor von
Drehbuchern
wirkte Leone bei einer Vielzahl von italienischen Filmen mit.
[4]
Meist handelte es sich um kunstlerisch eher anspruchslose Filme im Stile des damals sehr popularen
Sandalenfilms
(Peplum)
.
Allerdings war Leone als Kleindarsteller und Regieassistent auch an dem Filmklassiker
Fahrraddiebe
(1948) beteiligt. Bei dem amerikanischen Monumentalfilm
Quo Vadis
(1951), der in Rom gedreht wurde, fungierte er als einer der Regisseure des zweiten Aufnahmeteams. Dieselbe Funktion hatte er 1959 auch bei
Ben Hur
inne, dem aufwendigsten Filmprojekt der 1950er Jahre, unter dem
Pseudonym
Bob Robertson. Auch dieses Hollywood-Epos wurde in Italien gedreht. Als Regisseur war Leone spater stark vom amerikanischen Kino beeinflusst und vor allem an epischen, publikumswirksamen Filmen interessiert.
1959 war Sergio Leone als (ungenannter) Co-Regisseur bei
Die letzten Tage von Pompeji
tatig, einem von
Mario Bonnard
inszenierten, zeittypischen Sandalenfilm. Streifen dieser Art wurden damals in Italien in großer Zahl produziert. Leone hatte bei
Die letzten Tage von Pompeji
bemerkenswerterweise mehrere Mitarbeiter, die spater zu den fuhrenden Regisseuren des Italo-Western wurden:
Duccio Tessari
war Regieassistent,
Sergio Corbucci
und
Enzo Barboni
agierten als Regisseur bzw. Kameramann des zweiten Kamerateams. Auch wenn
Die letzten Tage von Pompeji
eine Billigproduktion war, lernte Leone bei der Herstellung des Films viel uber die Filmfinanzierung.
1961 absolvierte der 32-jahrige Sergio Leone mit
Der Koloß von Rhodos
, einem weiteren Sandalenfilm italienischer Pragung, sein eigentliches Regiedebut. Verglichen mit den spateren Werken des Regisseurs ist dieser Film nach allgemeinem Tenor von geringer Bedeutung. Leone selbst raumte ein, er habe den Film nur gedreht, um seine Hochzeitsreise zu finanzieren.
[5]
Dies fuhrte dazu, dass dieser Film in Gesamtdarstellungen von Sergio Leones Werk nur rudimentar behandelt oder sogar ausgelassen wird.
[6]
Dennoch lassen sich bereits einige Charakteristika seines spateren Schaffens erkennen.
[7]
Wahrend in den fruhen 1960er Jahren die Nachfrage nach Sandalenfilmen langsam verebbte, war Leone schon mit der Vorbereitung seines nachsten Filmes befasst. Er orientierte sich diesmal in eine vollig andere Richtung und bereitete die Produktion eines Western vor. Leone war von diesem Genre begeistert und glaubte daran, dass auch europaische Westernfilme erfolgreich sein konnen, obwohl bis dato alle bedeutenden Western aus den USA gekommen waren. Seit 1962 liefen im deutschsprachigen Raum allerdings bereits mit großem Erfolg die Filme der Karl-May-Reihe.
In Italien waren bereits vor Leone Western produziert worden (ungefahr 25), doch blieben diese in kommerzieller wie kunstlerischer Hinsicht bedeutungslos. Es war Leone, der mit
Fur eine Handvoll Dollar
(1964) das Genre des Italo-Western in der heute bekannten Form begrundete. Bei der Ausarbeitung des Drehbuchs orientierten sich er und seine Co-Autoren an
Akira Kurosawas
Film
Yojimbo ? Der Leibwachter
(1961). Die Hauptfigur von Kurosawas Film, einen
Samurai
-Krieger, transformierte Leone in einen Westernhelden. Kurosawa und sein Co-Autor strengten einen Copyright-Prozess an und erhielten unter anderem 15 % der weltweiten Einnahmen des Leone-Films.
Da Sergio Leone nur ein geringes Budget zur Verfugung stand (200.000 Dollar), konnte er keinen etablierten amerikanischen Star wie
Henry Fonda
oder
James Coburn
fur die Hauptrolle von
Fur eine Handvoll Dollar
engagieren. Auf der Suche nach einem bezahlbaren US-Schauspieler stieß Leone auf den damals relativ unbekannten TV-Darsteller
Clint Eastwood
, der schließlich fur 15.000 Dollar verpflichtet wurde. Der 34-jahrige Eastwood trat in der Rolle eines mysteriosen Revolvermannes auf, der in einem abgelegenen Dorf in New Mexico zwei verfeindete Clans gegeneinander ausspielt und sich dabei durch seine phanomenalen Schießkunste auszeichnet.
?Der ?Fremde‘ ist eine Variation vertrauter Heldenfiguren, die Handlung eine Abwandlung vertrauter Konflikte […]. Leones Annaherung an den Westernmythos versieht die zum Klischee gewordenen Bestandteile des Genres mit einem mehr zynischen Blick auf die Figuren, auf ihre Taten und Motive. Der Held besitzt keine personliche oder historische Identitat mehr, sondern er ist ein anonymer einsamer Mann ohne Vergangenheit und ohne Zukunft, der seine Unverwechselbarkeit erst aus seinem Verhalten gewinnt.“
Fur eine Handvoll Dollar
galt zunachst als obskur und wurde von den Kritikern entweder verrissen oder uberhaupt nicht beachtet. Der Film entwickelte sich jedoch zu einem sensationellen Kassenerfolg. In der Rolle des
zynischen
?Fremden ohne Namen“ (tatsachlich trug er den Rollennamen ?Joe“), der seinen Gegnern in einem
Poncho
mit aufreizender Lassigkeit gegenubertritt, wurde Eastwood zu einem internationalen Star. Unzahlige Westerndarsteller orientierten sich in den Folgejahren an diesem Charaktertypus. Leone selbst hielt nicht allzu viel von den schauspielerischen Fahigkeiten seines Hauptdarstellers: ?Er hat zwei Gesichtsausdrucke: einen mit und einen ohne Hut.“
Um den Eindruck zu erzeugen,
Fur eine Handvoll Dollar
sei ein amerikanischer Film, hatten sich Leone und seine Mitarbeiter englische Pseudonyme zugelegt (Leone agierte beispielsweise als ?Bob Robertson“ ? eine Hommage an seinen Vater, der als
Roberto Roberti
bekannt gewesen war). Bei
Fur ein paar Dollar mehr
(1965) wurden im Vorspann dagegen die richtigen Namen der Filmemacher genannt. Fur diesen zweiten Film seiner ? spater so genannten ? ?Dollar-Trilogie“ stand ihm ein sehr viel hoheres Budget (600.000 Dollar) zur Verfugung.
Lee Marvin
,
Charles Bronson
oder Henry Fonda sollten die zweite Hauptrolle neben Clint Eastwood spielen, konnten aber nicht verpflichtet werden, weshalb Leone den 40-jahrigen
Lee van Cleef
engagierte, der bis dahin in zahlreichen Hollywood-Western (u. a.
Zwolf Uhr mittags
) in kleineren Nebenrollen aufgetreten war.
Eastwood trat erneut als unrasierter Revolvermann in Erscheinung und spielte einen Kopfgeldjager, der mit seinem ?Kollegen“ (van Cleef) eine Gaunerbande zur Strecke bringt. Wie schon der Vorgangerfilm wurde auch
Fur ein paar Dollar mehr
hauptsachlich in der Gegend von Almeria in Spanien gedreht und avancierte ebenfalls zu einem großen Kassenerfolg.
Leone war als Regisseur nun so etabliert, dass ihm fur den letzten Teil der ?Dollar-Trilogie“ ein Budget von 1,2 Millionen Dollar bewilligt wurde, was die Produktion eines epischen Westernfilms mit aufwendigen Szenenaufbauten und einer großen Zahl an Statisten ermoglichte. In
Zwei glorreiche Halunken
(1966) war Eastwood erneut als Kopfgeldjager im Poncho zu sehen und jagte neben van Cleef (als sadistischem Bosewicht) und
Eli Wallach
(als mexikanischem Banditen) hinter einem Goldschatz her, der in den Wirren des Burgerkriegs verlorengegangen war. Leones dritter Western wurde zu einem riesigen Kassenerfolg und avancierte im Lauf der Jahrzehnte zu einem beliebten Kultfilm. In der
Internet Movie Database
rangiert er auf der Liste der besten Filme auf Platz 10 und gilt dort als bester Western aller Zeiten (Stand: Marz 2023).
[9]
Die mit seinem Erfolg gewachsenen Budgets schlugen sich auch in den Spielzeiten von Leones Produktionen nieder; ab
Zwei glorreiche Halunken
hatten alle Filme eine Uberlange von mindestens zweieinhalb Stunden.
Der enorme finanzielle Erfolg der relativ gunstig produzierten ?Dollar“-Filme loste die Welle der
Italowestern
aus, die in der zweiten Halfte der 1960er Jahre ihren Hohepunkt hatte und hunderte von Filmen unterschiedlichster Qualitat hervorbrachte. Fast alle Vertreter waren Billigproduktionen, die sich an den Werken Leones orientierten, welcher das Genre stilistisch und thematisch nachhaltig pragte.
Typischerweise traten in den Italowestern zynische, unrasierte Revolverleute in Erscheinung, die im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet gegen sadistische Schurken kampften. Explizite Gewaltdarstellungen und Folterszenen pragten das Genre, die Protagonisten wurden haufig (auch bei Leone) schwer misshandelt. Die gangigen Themen der amerikanischen Western (Landbesiedelung, Krieg gegen die Indianer etc.) wurden hingegen kaum behandelt. Zahlreiche Filme waren, korrespondierend mit dem Zeitgeist der spaten 1960er Jahre, als ?Revolutions-Western“ konzipiert und zeigten den Kampf der mexikanischen Landbevolkerung gegen ihre Unterdrucker. Da viele der Filme in Spanien gedreht wurden, konnten die sudlandisch aussehenden spanischen Statisten leicht als Mexikaner ausgegeben werden.
Anfang der 1970er Jahre wurde durch die enorm erfolgreichen Klamauk-Western mit
Bud Spencer
und
Terence Hill
, in denen die Klischees dieses Sub-Genres persifliert wurden, das Ende des Italowesterns eingelautet. Bis Mitte der 1970er Jahre entstanden noch einige ernsthafte Filme, wie zum Beispiel
Keoma ? Das Lied des Todes
(1976) mit
Franco Nero
, dem wohl profiliertesten italienischen Star dieses Genres. Obwohl sich Regisseure wie
Sergio Corbucci
(
Django
)
oder
Duccio Tessari
(
Eine Pistole fur Ringo
)
ebenfalls im Italowestern profilieren konnten, blieb Leone in kommerzieller wie kunstlerischer Hinsicht die bestimmende Figur.
Die ersten drei Western Leones revolutionierten den Inszenierungsstil des gesamten Genres und wirkten stilbildend nicht nur fur den Italowestern. Der amerikanische Westernfilm, der Mitte der 1960er Jahre in seinen Konventionen erstarrt war, orientierte sich in der Folge deutlich an den viel zeitgemaßeren italienischen Western. Filme wie
Die gefurchteten Vier
(1966),
Hangt ihn hoher
(1968),
Das Wiegenlied vom Totschlag
(1970), aber auch die englische Produktion
Chatos Land
(1971) orientierten sich am harten, zynischen Grundton des Italowesterns.
Leone arbeitete ab Mitte der 1960er Jahre mit einem festen Mitarbeiterstab, der an den meisten seiner Filme beteiligt war. Kameramann
Tonino Delli Colli
sorgte fur den speziellen Look der Leone-Filme, der unter anderem durch den Wechsel zwischen opulenten Landschaftspanoramen und ungewohnlichen Großaufnahmen der Darstellergesichter gepragt war. Delli Colli und Leone waren auch darauf spezialisiert, aufwendige Kamerabewegungen zu arrangieren (wie die Kamerafahrt uber das Dach des Bahnhofsgebaudes in
Spiel mir das Lied vom Tod
).
Der Filmeditor bei allen Leone-Filmen ab
Zwei glorreiche Halunken
war
Nino Baragli
, der zusammen mit Leone fur die komplexen Szenenmontagen verantwortlich zeichnete (?Triello“ am Schluss von
Zwei glorreiche Halunken
). Als Produktionsdesigner und Kostumbildner war
Carlo Simi
fur die Ausstattung der Leone-Filme zustandig, die meist durch eine besondere Opulenz gepragt war.
Von elementarer Bedeutung fur Leones Filme war die Musik von
Ennio Morricone
. Als Komponist zeichnete er ab 1964 bei jedem Leone-Film fur die Musik verantwortlich. Auf Empfehlung des Produzenten von
Fur eine Handvoll Dollar
kontaktierte er eher widerwillig Morricone, der dem verdutzten Leone sagte, sie seien zugleich zur selben Schule gegangen und dies auch mit einem alten Foto belegen konnte ? sie saßen sogar in derselben Reihe. Nach einigem Hin und Her einigte man sich auf eine damals bereits neun Jahre alte Komposition Morricones, fur deren Neuinterpretation noch ein Pfeifer gesucht wurde, der dem Titelsong seinen charakteristischen Klang gab. Morricone, der seit 1961 als Filmkomponist arbeitete, schuf fur Leone Soundtracks, die sich fundamental von den traditionellen symphonischen Westernsoundtracks unterschieden und durch den Einsatz unkonventioneller Instrumente (
Maultrommel
) und Soundeffekte (Kojotengeheul) auffielen. Morricone stellte seine Musik in der Regel bereits vor den Dreharbeiten fertig und Leone stimmte haufig Szenen oder Kamerabewegungen genau auf die fertige Musik ab. So wird auch verstandlich, dass Leone uber Morricone sagte: ?Er ist nicht mein Komponist. Er ist mein Szenarist!“
[10]
Morricone stieg zu einem der bekanntesten und international gefragtesten Filmkomponisten auf und schuf Melodien, die uber das Kino hinaus zu einem Teil der Popularkultur wurden (
Lied vom Tod
,
Nobody-Thema
). Er zeichnet fur mehr als 500 Soundtracks verantwortlich. Seine Musik wurde so popular, dass er sie uber Jahre mit großer Orchesterbegleitung live auffuhrte. Zahlreiche Komponisten wie zum Beispiel
Bruno Nicolai
orientierten sich bei ihren Italo-Western-Soundtracks an Morricones Arbeiten.
Leone, der stark vom amerikanischen Kino gepragt war, verpflichtete fur seine Filme vor allem US-Schauspieler. Eine Ausnahme war der Italiener
Gian Maria Volonte
, der in den ersten beiden Filmen der ?Dollar-Trilogie“ als Schurke auftrat. Deren Hauptdarsteller war Clint Eastwood, der als Zigarillo rauchender Revolvermann zu einer Ikone der Popkultur wurde und es vom TV-Cowboy (
Rawhide
) zum internationalen Filmstar brachte. Als Darsteller, Regisseur und Produzent zahlt Eastwood seit Jahrzehnten zu den fuhrenden Hollywood-Personlichkeiten.
Lee van Cleef
avancierte durch die Leone-Filme zu einem der popularsten Stars des Italo-Westerns und spielte haufig abgeklarte Kopfgeldjager und ahnliche Figuren.
Charles Bronson
wurde 1968 durch
Spiel mir das Lied vom Tod
zum internationalen Action-Star.
Nachdem sich Leone mit seinen ersten Filmerfolgen einen guten Ruf erworben hatte und seine Budgets großer geworden waren, konnte er auch renommierte amerikanische Charakterdarsteller wie
Eli Wallach
, Henry Fonda,
Jason Robards
oder
Rod Steiger
verpflichten. In den 1980er Jahren arbeitete er auch mit
Robert De Niro
zusammen.
Nachdem
Zwei glorreiche Halunken
zu einem großen Erfolg geworden war, avancierte Leone endgultig zu einem internationalen Star-Regisseur und erhielt die Chance, in Hollywood zu arbeiten. Er wollte zunachst keine Western mehr drehen, sondern plante die Produktion eines epischen Gangsterfilms. Da die Studios dieses Genre fur nicht mehr zeitgemaß hielten, erklarte sich Leone jedoch dazu bereit, einen weiteren Western zu inszenieren.
Mit seinen Drehbuchautoren
Bernardo Bertolucci
,
Dario Argento
(beide wurden spater selbst als Regisseure bekannt) und
Sergio Donati
erarbeitete er die epische, opernhafte Geschichte von
Spiel mir das Lied vom Tod
(
C’era una volta il West
/
Once Upon A Time In The West
) (1968), einer Prestigeproduktion, fur die ihm ein Budget von funf Millionen Dollar bewilligt wurde. Es war die erste von nur zwei US-Produktionen Leones.
Spiel mir das Lied vom Tod
entstand in Amerika, Spanien und Italien und war mit amerikanischen Darstellern wie
Henry Fonda
,
Charles Bronson
und
Jason Robards
besetzt, die weibliche Hauptrolle verkorperte die italienische Star-Schauspielerin
Claudia Cardinale
. Der Film zeigt Charles Bronson in der Rolle eines mundharmonikaspielenden Revolvermannes, der einen sadistischen Schurken (Henry Fonda) zur Strecke bringt. Da er von der amerikanischen Gesellschaft
Paramount
produziert wurde und drei amerikanische Stars in den Hauptrollen zu sehen waren, kann dieser Film genau genommen kaum noch als Italo-Western bezeichnet werden. Allerdings waren alle kreativen Schlusselpositionen (Drehbuch, Kamera, Ausstattung, Musik, Schnitt) mit Leones italienischem Team besetzt.
Spiel mir das Lied vom Tod
wurde zu einem riesigen Erfolg und ging als Klassiker und Kultstreifen in die Filmgeschichte ein. In den USA war eine stark gekurzte Fassung zu sehen, durch die die kunstlerische Vision Leones erheblich beeintrachtigt wurde, und fiel an den Kinokassen durch (auch mit seinen nachsten Filmen blieb er in den USA wenig erfolgreich). Vor allem in Europa konnte der Regisseur mit dem Film dagegen große Erfolge feiern. In Deutschland avancierte der Western mit 13 Millionen Zuschauern zu einem der erfolgreichsten Kinofilme und lief teils jahrelang in den Kinos. Ennio Morricone schrieb fur
Spiel mir das Lied vom Tod
eine der wohl bekanntesten Filmmusiken der Kinogeschichte.
Mit
Spiel mir das Lied vom Tod
hatte Leone seinen Karrierehohepunkt erreicht. Bis zu seinem Tod im Jahr 1989 inszenierte er nur noch zwei Filme, die beide an den Kinokassen ohne große Resonanz blieben: Bei seinem Projekt
Todesmelodie
(
Giu La Testa
; Arbeitstitel des Drehbuchs war
Es war einmal … die Revolution
) (1971) wollte er zunachst nur als Produzent im Hintergrund agieren; als Regisseur vorgesehen waren
Peter Bogdanovich
oder
Sam Peckinpah
. Nachdem die Leitung schließlich von seinem ehemaligen Assistenten
Gian Carlo Santi
ubernommen worden war, kam es bei den Dreharbeiten zu Differenzen mit den Darstellern, weshalb Leone selbst auf den Regiestuhl wechselte.
Halbrelief auf der Grabstatte von Sergio Leone
Todesmelodie
steht in der Tradition zahlreicher ?Revolutions-Western“, die in den spaten 1960er Jahren entstanden waren. Die beiden Bankrauber
Rod Steiger
(als mexikanischer Bandit) und
James Coburn
(als irischer Sprengstoffspezialist) werden unfreiwillig zu Helden der mexikanischen Revolution. Verglichen mit den anderen Western Leones war dieser Film ? der zweite Teil der sogenannten ?Amerika-Trilogie“ ? kommerziell nicht erfolgreich und geriet bald in Vergessenheit.
Nach
Todesmelodie
war Leone jahrelang nur noch als Filmproduzent tatig, so auch 1973 bei der Westernkomodie
Mein Name ist Nobody
, bei der er außerdem als Ideenlieferant und Co-Autor fungierte. Terence Hill in der Titelrolle spielt hier eine ahnliche Figur wie in seinen erfolgreichen Spaß-Western mit Bud Spencer ? den sympathischen Abenteurer, der schneller zieht als andere. Ihm zur Seite steht Henry Fonda in der Rolle von Jack Beauregard, ein legendarer Revolvermann fortgeschrittenen Alters, den der namenlose Nobody als Fan bewundert. Obwohl sein fruherer Regie-Assistent
Tonino Valerii
offiziell als Regisseur des Films angegeben ist, wurden offenbar zahlreiche Szenen von Leone selbst inszeniert. Als Komponist fungierte abermals Morricone, der mit der Titelmelodie eines seiner wohl bekanntesten Musikstucke schuf.
Ab 1972 bereitete Leone sein Gangster-Epos
Es war einmal in Amerika
vor, das auf
Harry Greys
Buch
The Hoods
basiert und den dritten Teil der ?Amerika-Trilogie“ darstellt. Nach aufwendigen Vorbereitungsarbeiten kam die fast vierstundige Gangster-Saga 1984 schließlich ins Kino. Der Film erzahlt auf drei Zeitebenen (1922/1932/1968) das Leben des judischen Gangsters Noodles (
Robert De Niro
), der wahrend der Prohibitionszeit an der Seite seines Freundes Max (
James Woods
) Karriere macht, diesen dann aber an die Polizei verrat. Das hochbudgetierte Epos (30 Millionen Dollar) fand mit seiner komplexen Erzahlstruktur im Kino kein Publikum und wurde erfolglos umgeschnitten und gekurzt.
Der Film wurde von der Kritik allerdings rehabilitiert und gilt seit langem als einer der großen Klassiker der 1980er Jahre. Leone konnte jedoch nie die von ihm geplante Schnittfassung des Films erstellen. Unter Leitung von
Martin Scorsese
wurde der Film restauriert und 2012, bei den Filmfestspielen von Cannes, in einer um 25 Minuten verlangerten Fassung prasentiert.
Teil der Grabstatte von Sergio Leone
1987 plante Leone die TV-Miniserie
Colt
, gab das Vorhaben jedoch fur den Film
A Place Only Mary Knows
auf. Fur diesen Western, der in der Zeit des
Amerikanischen Burgerkriegs
spielen sollte, wurde jedoch lediglich die Handlung geschrieben, zu einer tatsachlichen Produktion kam es nicht. Leones Sohn Andrea veroffentlichte die Handlung 2004 in einer Ausgabe der italienischen Filmzeitschrift
Ciak
.
Sergio Leone starb Ende April 1989 im Alter von 60 Jahren an einem
Herzinfarkt
, als er gerade an einem Film uber die
Belagerung Leningrads
im
Zweiten Weltkrieg
arbeitete. Der stark ubergewichtige Regisseur hatte bereits zuvor mehrere Herzinfarkte erlitten. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte er die Eingangsszene des Films (Arbeitstitel
Leningrad: The 900 Days
) und Grundzuge der Handlung ausgearbeitet. Der Beginn der Produktion war fur das folgende Jahr angesetzt.
Leone wurde auf dem
Cimitero Napoleonico
in
Pratica di Mare
, einem Stadtteil von
Pomezia
, etwa 30 km sudlich von Rom gelegen, beigesetzt.
[11]
Von 1960 bis zu seinem Tod war er mit der ehemaligen Tanzerin Carla Ranalli verheiratet. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
Noch heute beschreiben viele Regisseure Leone als ihr großes Idol. In einem Interview sagte
James Woods
, dass die Arbeit mit Sergio Leone der Hohepunkt seiner Filmkarriere gewesen sei.
[12]
Quentin Tarantino
ist bekennender Liebhaber seiner Filme
[13]
und lasst auch viele fur Sergio Leone typische Kameraeinstellungen in seine eigenen Filme einfließen.
[14]
Clint Eastwood
widmete Leone seinen
Oscar
fur die beste Regie von
Erbarmungslos
(
Unforgiven
, 1992), obwohl er einige Streitigkeiten mit ihm gehabt hatte.
Filme in den Top 250 der IMDb
[15]
Platz
|
Film
|
10
|
Zwei glorreiche Halunken
|
48
|
Spiel mir das Lied vom Tod
|
80
|
Es war einmal in Amerika
|
125
|
Fur ein paar Dollar mehr
|
- Oreste De Fornari:
Sergio Leone.
Bahia Verlag, Munchen 1984,
ISBN 3-922699-26-X
.
- Christopher Frayling:
Spaghetti Westerns. Cowboys and Europeans from Karl May to Sergio Leone.
I.B.Tauris, London/New York 1998,
ISBN 978-1-84511-207-3
.
- Christopher Frayling:
Sergio Leone. Something To Do With Death.
Faber & Faber, London/New York 2000,
ISBN 978-0-571-16438-7
.
- Harald Steinwender:
Sergio Leone. Es war einmal in Europa.
Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2009,
ISBN 978-3-86505-308-4
.
- Marcus Stigleder:
Sergio Leone. 1929?1989
. In:
Thomas Koebner
(Hrsg.):
Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien.
3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008,
ISBN 978-3-15-010662-4
, S. 437?439.
- ↑
Harald Steinwender:
Sergio Leone. Es war einmal in Europa.
Bertz + Fischer Verlag, Berlin 2009, S. 30.
- ↑
Steinwender:
Sergio Leone.
S. 29 (zitiert und ubersetzt nach: Noel Simsolo:
Conversations avec Sergio Leone.
Paris 1987, S. 22) Das ?Kino der weißen Telefone“ verkorperte fur viele Nachkriegsregisseure Italiens den wirklichkeitsfernen Stil des faschistischen Kinos. Naheres dazu siehe Morando Morandini:
Italien. Vom Faschismus zum Neo-Realismus.
In: Geoffrey Nowell-Smith (Hrsg.):
Geschichte des internationalen Films.
J. B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2006, S. 321 f.
- ↑
Sergio Leone selbst spricht von einem ?inoffiziellen Berufsverbot“ von 1929 bis 1939, Frayling hingegen deutet dies als ?Familienlegende“. Frayling:
Sergio Leone.
S. 38 f.
- ↑
Die Angaben daruber weichen allerdings stark voneinander ab. Christopher Frayling spricht von der Beteiligung an 28 Produktionen vor
Der Koloß von Rhodos
im Jahr 1961, der
Companion to Italian Cinema
von 56 Arbeiten, andere Quellen von ?uber 50“ Filmen.
- ↑
Michael Carlson:
Sergio Leone.
Harpenden/Herts 2001, S. 31.
- ↑
Steinwender:
Sergio Leone.
S. 32.
- ↑
Filmkritik von Christoph Huber
bei filmzentrale.com
- ↑
Der Letzte seiner Art ? Clint Eastwood
in
Lexikon des internationalen Films
, S. W 38.
- ↑
imdb.com: Top Rated Movies
- ↑
Noel Simsolo:
Conversation avec Sergio Leone
. In:
Cahiers du Cinema
. 1999,
ISBN 978-2-86642-209-7
,
S.
207
.
- ↑
Das Grab von Sergio Leone.
In:
knerger.de.
Klaus Nerger,
abgerufen am 23. Juli 2019
.
- ↑
Gavin Smith:
James Woods: The Actor as Terrorist.
In:
Film Comment.
33, 1?2/1997, S. 58 f.
- ↑
Michael Ciment, Hubert Niogret:
Interview at Cannes.
In: Gerald Peary (Hrsg.):
Quentin Tarantino. Interviews.
Jackson (Mississippi) 1998, S. 9?26.
- ↑
Steinwender:
Sergio Leone.
S. 347 ff.
- ↑
Die Top 250 der IMDb
(Stand: 26. April 2020)