Selma Elisabeth Graf
(*
11. Juni
1887
in
Nurnberg
; †
31. Dezember
1942
im
KZ Auschwitz
) war eine deutsche romisch-katholische
Martyrerin
und Opfer des
Holocaust
.
Selma Reichold wuchs als Tochter eines beguterten judischen Kaufmanns in
Nurnberg
auf. Sie besuchte die Stadtische Hohere Madchenschule und machte 1907 Abitur. Sie studierte als eine der ersten Frauen Medizin an der
Universitat Erlangen
(auch ein Semester an der
LMU
in Munchen), legte 1913 das Staatsexamen ab und wurde am 7. Juni 1913 mit der Arbeit
Uber die Adrenalinamie in der Schwangerschaft
promoviert
. Im selben Jahr heiratete sie den Bamberger Apotheker Konrad Graf, nachdem sie zuvor zum katholischen Glauben ubergetreten und auf den Namen Elisabeth getauft worden war. Als Katholikin gehorte sie zur Pfarrgemeinde
St. Martin
.
Sie ließ sich als Frauen- und Kinderarztin in Bamberg nieder, hatte eine große Praxis und war fur ihre selbstlose Arbeit unter den Armen bekannt. Als Frauenarztin stand sie im Konfliktfeld des
Schwangerschaftsabbruchs
, der seit 1926 nicht mehr als Verbrechen, sondern nur noch als Vergehen geahndet wurde und dessen Verbot besonders ab 1931 einem starken politischen Druck ausgesetzt war. Mit der Machtubernahme durch die
Nationalsozialisten
anderte sich die Praxis der Rechtsprechung zu starkerer Unnachsichtigkeit, vor allem dann, wenn sich der Vorwurf gegen judische Arzte richtete und fur die
Judenverfolgung
instrumentalisiert werden konnte. Selma Graf wurde am 15. Juli 1938 unter dem Vorwurf der gewerbsmaßigen Abtreibung verhaftet und am 19. Juli 1939 zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 28. November 1939 begann ihre Haft im
Zuchthaus Aichach
. Anfang Dezember wurde sie in das KZ Auschwitz deportiert. Dort starb sie am 31. Dezember im Alter von 55 Jahren.
Die
Romisch-katholische Kirche in Deutschland
hat Selma Elisabeth Graf als Martyrerin aus der
Zeit des Nationalsozialismus
in das
deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts
aufgenommen. 2007 wurde zu ihrer Erinnerung in der Franz-Ludwig-Straße 15 in Bamberg ein ?
Stolperstein
“ verlegt.
- Gaby Franger:
Regelstorung. Der Weg der judischen Frauenarztin Dr. Selma Graf nach Auschwitz
. In:
Frauen in der einen Welt
(Hrsg.: Frauen in der Einen Welt, Zentrum fur Interkulturelle Frauenalltagsforschung und Internationalen Austausch e.V. Nurnberg) 14, 2003, S. 56?74.
- Helmut Moll:
Dr. Selma Elisabeth Graf
. In:
Zeugen fur Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts
. Hrsg.
Helmut Moll
im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. Bd. 1. Siebte, uberarbeitete und aktualisierte Auflage. Schoningh, Paderborn 2019, S. 98?101.
- Renate Wittern
und Andreas Frewer:
Aberkennungen der Doktorwurde im "Dritten Reich". Depromotionen an der Medizinischen Fakultat der Friedrich-Alexander-Universitat Erlangen
. Erlangen 2008, S. 149?158. (online)