Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in
Deutschland
,
Osterreich
und der
Schweiz
dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
Eine
Selbstanzeige
ist im Steuerstrafrecht ein personlicher Strafaufhebungsgrund. Wer wirksam eine Selbstanzeige erstattet, kann gemaß
§ 371
Abgabenordnung
(AO) nicht bestraft werden, obwohl er eine
Steuerhinterziehung
(
§ 370
AO) vollendet hat. Wichtigster Grund der strafbefreienden Selbstanzeige ist die Erschließung von Steuereinnahmequellen, die dem Staat bis zur Selbstanzeige nicht bekannt waren. Die Selbstanzeige ist politisch und gesellschaftlich umstritten.
Im allgemeinen Strafrecht wird der Begriff ?Selbstanzeige“ nicht verwendet. Wer sich wegen anderer als steuerlicher Straftaten selbst anzeigt, kann Strafmilderung wegen
tatiger Reue
erlangen. In Deutschland gibt es zudem beim Subventionsbetrug, bei der Geldwasche und bei der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeitragen der steuerlichen Selbstanzeige ahnliche Regelungen.
Seit Jahren gibt es Diskussionen um die Selbstanzeige im
Steuerstrafrecht
. Ein Anlass dafur war z. B. eine medial stark beachtete Hausdurchsuchung bei
Klaus Zumwinkel
im Februar 2008. Deutsche Behorden kauften einige
Steuer-CDs
und losten damit jeweils hunderte von Selbstanzeigen von Steuerpflichtigen aus.
Dem
Steuerabkommen Deutschland?Schweiz
verweigerte am 23. November 2012 der
Bundesrat
(in dem die von
SPD
,
Grunen
und
Linken
regierten
Lander
die Mehrheit innehaben) die Zustimmung. Das
Bundeskabinett
rief den
Vermittlungsausschuss
an. Die Bundesregierung hat das Vermittlungsergebnis am 17. Januar 2013, der Bundesrat am 1. Februar 2013 abgelehnt; damit war das Gesetz gescheitert (
BT-Drs. 17/12282
, BR-PlenProt Nr. 906).
Im Fruhjahr 2013 wurde die Diskussion intensiver.
- Anfang April begann
OffshoreLeaks
. Seitdem wird verstarkt ? auch auf EU-Ebene ? diskutiert, wie man
Steueroasen
austrocknen konnte.
- Die Bankenkrise auf Zypern (Naheres
hier
) und die drohende Staatspleite der
Republik Zypern
mach(t)en bewusst, wie viel Geld von Steuerpflichtigen ins Ausland geschafft wurde.
- Auch das
Bankgeheimnis
steht in der Kritik. Im April 2013 wurde bekannt, dass
Osterreich
und
Luxemburg
ihr Bankgeheimnis lockern wollen.
[1]
[2]
- Am 20. April 2013 machte
Focus online
offentlich bekannt, dass es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der
Steuerhinterziehung
gegen Uli Hoeneß (Prasident des FC Bayern Munchen) gibt, nachdem Hoeneß im Januar eine Selbstanzeige abgegeben hatte.
[3]
[4]
Naheres siehe
im Artikel 'Uli Hoeneß'
.
- Im Februar 2014 wurden mit
Alice Schwarzer
und
Andre Schmitz
zwei weitere Falle von Steuerhinterziehung durch prominente Deutsche bekannt.
- Laut Handelsblatt gingen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 etwa 20.000 Selbstanzeigen bei deutschen Finanzamtern ein. Im gesamten Jahr 2012 waren es nur rund 8.000 Selbstanzeigen.
[5]
Der Fall Hoeneß findet große mediale Aufmerksamkeit und veranlasst(e) zahlreiche Spitzenpolitiker, sich zum Thema ?Selbstanzeige“ zu außern.
Die SPD kundigte an, im Falle eines Wahlsieges die Selbstanzeige auf Bagatelldelikte zu reduzieren und binnen einer Frist von hochstens zwei Jahren komplett abzuschaffen.
[6]
Am 26. April 2013 stimmte der Bundestag uber eine Abschaffung der Selbstanzeige ab. Die Partei Die Linke hatte diese Abstimmung beantragt; alle anderen Bundestagsfraktionen stimmten gegen diesen Antrag.
[7]
Der bayerische Ministerprasident
Horst Seehofer
sagte am 27. April: ?Wir sollten die strafbefreiende Selbstanzeige nicht abschaffen, wir sollten sie auf bestimmte, kleinere Falle begrenzen.“ ?Wenn es […] um mafiose Strukturen geht, wenn viel Geld und kriminelle Energie im Spiel sind, ware Milde vollig unangebracht. Gegen solche Straftater muss der Staat mit der ganzen Harte des Gesetzes vorgehen.“
[8]
Nach Bekanntwerden der Steuerhinterziehung durch
Alice Schwarzer
und
Andre Schmitz
wiederholten im Februar 2014
SPD
-Politiker wie
Sigmar Gabriel
,
Hubertus Heil
und
Joachim Poß
die Forderung, die strafbefreiende Selbstanzeige abzuschaffen. Bei den
Grunen
forderte
Katrin Goring-Eckardt
, die strafbefreiende Selbstanzeige nur noch fur Bagatellstraftaten zuzulassen.
[9]
Aus den Reihen der CDU/CSU hingegen wird an der strafbefreienden Selbstanzeige festgehalten. So erklarte CDU-Finanzminister
Wolfgang Schauble
am 6. Februar 2014, dass er keine uberzeugenden Grunde fur eine Abschaffung des Instruments sehe.
[10]
Die Bundesregierung
legte im Marz 2011 einen Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Bekampfung der Geldwasche und der Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekampfungsgesetz)
[11]
und BR-Drs. 851/10 vor, der vorsieht, die Vorschrift des
§ 371
AO uber die Selbstanzeige zu andern. Dies ist Ausfluss einer Entwicklung, die ihren Anfang im Ankauf von
Steuersunder-CDs
nahm (diese enthielten Listen deutscher Kunden von Schweizer Banken). Im Rahmen dieser Diskussion wurde argumentiert, dass die Straffreiheit durch eine Selbstanzeige ungerecht und daher abzuschaffen sei.
[12]
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte am 20. April 2010 den Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung
[13]
vorgelegt, der jedoch nicht weiter beraten wurde.
Wolfgang Joecks
kommt zum Ergebnis,
[14]
dass eine Streichung der Selbstanzeige Unsinn sei, stellt aber zur Diskussion, uber eine Erweiterung der Sperrgrunde in
§ 371
Abs. 2 AO nachzudenken. In diese Richtung gingen Antrage der Regierungsparteien
[15]
sowie der Fraktion von Bundnis 90/Die Grunen,
[16]
uber die der Bundestag am 21. Mai 2010 beraten hat. Einen Tag vor dieser Beratung hat der Bundesgerichtshof einen Beschluss
[17]
verkundet, in dem er seine Rechtsprechung zur Selbstanzeige anderte und deren Vollumfanglichkeit zum Postulat erhob.
Der Bundestag hat am 17. Marz 2011 das Gesetz zur Verbesserung der Bekampfung von Geldwasche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekampfungsgesetz)
[18]
und damit die Verscharfung der strafbefreienden Selbstanzeige § 371 Abgabenordnung ? AO bei Steuerhinterziehung beschlossen. Grundlage waren gleichlautende Gesetzentwurfe von CDU/CSU und FDP
[19]
sowie der Bundesregierung
[20]
zur Verbesserung der Bekampfung von Geldwasche und Steuerhinterziehung.
Wesentliche Punkte der Gesetzesnovelle sind:
- Die Selbstanzeige muss zu allen unverjahrten Steuerstraftaten einer
Steuerart
(also zum Beispiel Einkommensteuer, Umsatzsteuer) in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigen, die unvollstandigen Angaben erganzen oder die unterlassenen Angaben nachholen.
- Die Selbstanzeige ist begrenzt auf Hinterziehungsbetrage von hochstens 50.000 Euro je Tat. Daruber hinaus kann unter den Voraussetzungen des neu eingefugten
§ 398a
AO von Strafverfolgung abgesehen werden, wobei dann eine Zusatzleistung von 5 Prozent auf den Hinterziehungsbetrag zusatzlich zu leisten ist.
- Der Zeitpunkt, von dem an die Selbstanzeige im Regelfall gesperrt ist, wird vorverlagert. War bislang das Erscheinen des Steuerprufers der praktisch bedeutsamste Sperrgrund, so ist dies kunftig die Bekanntgabe der Prufungsanordnung.
Die Gesetzesanderung wurde auch entsprechend umgesetzt.
Zum 1. Januar 2015 wurden die Voraussetzung zur strafbefreienden Selbstanzeige erneut verscharft.
[21]
§ 398a AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2015 sieht nunmehr vor, dass ein Zusatzbeitrag von 10 Prozent an die Staatskasse zu entrichten ist, wenn der Hinterziehungsbetrag den Betrag von 25.000,00 Euro ubersteigt (fruher 5 Prozent ab 50.000,00 Euro). Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000,00 Euro betragt der Zusatzbeitrag 15 Prozent und steigt bei einem Hinterziehungsbetrag von 1.000.000,00 Euro auf 20 Prozent an.
[22]
Daruber hinaus entfaltet die Selbstanzeige ab 2015 nur noch dann strafbefreiende Wirkung, wenn die Einkunfte fur die vergangenen 10 Jahre nacherklart werden (bis 2014 waren es nur 5 Jahre). Außerdem ist nun eine Selbstanzeige nicht mehr zulassig, wenn ein Fahndungsprufer oder ein Amtstrager zur USt-/LSt-Nachschau erschienen ist.
[23]
Das Recht zur strafbefreienden Selbstanzeige besteht bundes-(reichs-)einheitlich seit dem Inkrafttreten der Reichsabgabenordnung vom 13. Dezember 1919,
[24]
§ 374
ab 23. Dezember 1919, wurde mit der Neubekanntmachung der Reichsabgabenordnung am 22. Mai 1931
[25]
als
§ 410
fortgefuhrt (Anderungen: RGBl. 1939 I S. 1181,
[26]
1184;
[27]
(
BGBl. 1951 I S. 941
); (
BGBl. 1967 I S. 877, 881
), wurde durch Anderungsgesetz vom 12. August 1968 (
BGBl. I S. 953
) zum § 395 und wurde durch die Abgabenordnung vom 16. Marz 1976 als § 371 ubernommen (
§ 371
AO)).
Voraussetzung fur eine wirksame Selbstanzeige ist, dass der Tater der
Steuerhinterziehung
seine Tathandlung korrigiert (unrichtige oder unvollstandige Angaben berichtigt oder erganzt oder unterlassene Angaben nachholt) und die hinterzogene Steuer entrichtet. Der
Bundesgerichtshof
entschied am 20. Mai 2010, dass ein Steuerhinterzieher keine Straffreiheit erlangt, wenn er von mehreren bisher den Finanzbehorden verheimlichten Auslandskonten nur diejenigen offenbart, deren Aufdeckung er furchtet. Vielmehr muss man, um Straffreiheit zu erlangen, hinsichtlich aller Konten ?reinen Tisch“ machen.
[17]
Diese Auslegung des
§ 371
AO war zum damaligen Zeitpunkt umstritten. Der Wortlaut der Norm, erlaubte bis zur Novelle 2011 auch die Auslegung, dass bei einer Teilberichtigung auch teilweise Straffreiheit eintritt.
Die Voraussetzungen fur die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige ergeben sich aus § 371 AO:
- eine Berichtigungserklarung,
- die fristgerechte Nachzahlung, und
- das Nichteingreifen eines Sperrgrundes.
Die Selbstanzeige ist auch wirksam, wenn sie nicht als solche bezeichnet wird. Der Steuerpflichtige kann die Selbstanzeige als Berichtigung eines nicht vorsatzlich gemachten Fehlers (§ 153 AO) bezeichnen.
Nicht mehr moglich ist die Selbstanzeige, wenn ein sog. Sperrgrund vorliegt. Diese sind in § 371 Abs. 2 AO abschließend genannt:
- Bekanntgabe einer
Prufungsanordnung
nach
§ 196
AO. Dieser Sperrgrund wurde durch die Novellierung mit dem Schwarzgeldbekampfungsgesetz eingefuhrt, um bei anstehender Steuerprufung die Sperrwirkung vorzuverlegen. Es handelt sich um den praktisch bedeutsamsten Sperrgrund.
- Einleitung und Bekanntgabe eines Steuerstrafverfahrens. Eine Selbstanzeige kann nicht mehr wirksam erstattet werden, wenn ein Strafverfahren bereits eingeleitet und dies dem Steuerpflichtigen bereits mitgeteilt wurde. Hier bleibt die Sperrwirkung auf die Steuerarten und -jahre beschrankt, die zur Einleitung des Verfahrens gefuhrt haben.
- Erscheinen eines Prufers der Finanzverwaltung zur Prufung. Wenn ein Prufer der Finanzbehorde beim Steuerpflichtigen zu einer Prufung erschienen ist, ist die Selbstanzeige ausgeschlossen, da mit Beginn der Prufung die sogenannte Sperrwirkung eintritt. Die Sperrwirkung erstreckt sich auf die Steuerarten und -jahre, wegen derer der Prufer erschienen ist.
- Erscheinen eines
Amtstragers
zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit. Es ist erforderlich, dass ein Amtstrager (z. B. ein Finanzbeamter, die
Staatsanwaltschaft
oder die
Polizei
) in ernsthafter Ermittlungsabsicht erscheint.
- Erscheinen eines Amtstragers der Finanzbehorde zu einer Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b des Umsatzsteuergesetzes, einer Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g des
Einkommensteuergesetzes
oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften. Zusatzlich muss sich der Amtstrager ausgewiesen haben.
- Tatentdeckung. Wenn die Tat von der Finanzbehorde ganz oder teilweise entdeckt ist (sog. objektive Voraussetzung) und der Tater dies weiß bzw. bei Wurdigung der Sachlage damit rechnen musste (sog. subjektive Voraussetzung). Entdeckt ist die Tat, wenn das Finanzamt im konkreten Fall erkennt, dass der Tater eine unrichtige Erklarung abgegeben und dadurch Steuern hinterzogen hat. Der bloße Umstand, dass die Finanzbehorde von Einnahmen erfahren hat, fuhrt nicht zur Tatentdeckung. Erst der Abgleich mit der jeweiligen Steuerakte kann zur Tatentdeckung fuhren.
- Ubersteigen des Steuervorteils von 25.000 € je Tat.
- Besonders schwerer Fall von Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO.
Mit der Gesetzesnovelle hat der Gesetzgeber das Postulat umgesetzt, dass der BGH formulierte,
[17]
namlich dass der Steuersunder reinen Tisch machen musse, um Straffreiheit zu erlangen. Damit soll die bewusst unvollstandige Offenbarung, die Teilselbstanzeige, keine strafbefreiende Wirkung mehr haben. Von hoher praktischer Bedeutung ist dies etwa bei der verspateten Abgabe von
Steueranmeldungen
(Anweisungen fur das Straf- und Bußgeldverfahren, Nr. 132 Abs. 1). Die verspatete Abgabe verwirklicht eine Steuerverkurzung auf Zeit, die verspatet eingehende Steueranmeldung wird nach allgemeiner Ansicht als Selbstanzeige gewertet. Werden mehrere Steueranmeldungen nacheinander verspatet abgegeben, kann einer spateren Steueranmeldung die Selbstanzeigewirkung abhandenkommen, wenn eine vorherige unpunktliche Steueranmeldung schon den Sperrgrund der Tatentdeckung nach
§ 371
Abs. 2 Nr. 2 AO auslost. Die Tatentdeckung hangt ganz wesentlich von dem jeweiligen Verstandnis des
Tatbegriffs
ab. Es kommt darauf an, ob beide Steueranmeldungen Gegenstand derselben (entdeckten) Tat sind.
[28]
Fur
Umsatzsteuer-Voranmeldungen
und Lohnsteueranmeldungen hat der Gesetzgeber ab dem 1. Januar 2015 die Moglichkeit der Teilselbstanzeige wieder eingefuhrt.
[29]
Im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklarung und der Steueranmeldungen fur andere Steuerarten (z. B. Kapitalertragsteueranmeldung, Bauabzugsteueranmeldung) bleibt es bei der Abschaffung der Teilselbstanzeige.
Folge einer wirksamen Selbstanzeige ist die Straffreiheit wegen der begangenen Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Die wirksame Selbstanzeige stellt ein Strafverfolgungshindernis dar (
§ 398a
AO). Zur Wirksamkeit tritt neben die vorstehend dargestellten Voraussetzungen noch, dass ein Zuschlag auf die hinterzogene Steuer zu zahlen ist. Der Zuschlag betragt 10 Prozent der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 25.000 Euro ubersteigt und 100.000 Euro nicht ubersteigt, 15 Prozent, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 Euro ubersteigt und 1 Million Euro nicht ubersteigt, 20 Prozent, wenn der Hinterziehungsbetrag 1 Million Euro ubersteigt (§ 371 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 398 a Abs. 1 Nr. 2 AO (m. W. v. 1. Januar 2015)).
Die Selbstanzeige betrifft nur die Person, die sie erstattet. Die anderen Personen (Mittater, Gehilfen) bleiben strafbar, wenn sie nicht selbst jeweils fur sich eine Selbstanzeige erstattet haben. Es ist allerdings Stellvertretung moglich (Drittanzeige, § 371 Abs. 4 AO).
In einer Vielzahl von Fallen geht mit der Hinterziehung von Steuern auch die Verwirklichung anderer Straftaten wie
Urkundenfalschung
,
Untreue
und so weiter oder
Ordnungswidrigkeiten
einher. Fur diese greift die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige nicht.
[30]
Das gilt auch, wenn sie mit der Steuerhinterziehung in einer prozessualen Handlung zusammen erfolgt sind (
Idealkonkurrenz
). Eine Selbstanzeige fuhrt in diesen Fallen zur Selbstbezichtigung wegen der nicht steuerlichen Taten. Zudem werden gewerberechtliche Maßnahmen oder der Entzug der Konzession beziehungsweise der Betriebserlaubnis wegen Unzuverlassigkeit damit nicht verhindert, da das keine strafrechtlichen Folgen sind.
2010 wurden 26.000 Selbstanzeigen in Deutschland gestellt.
[31]
Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 18.032 Steuerstrafverfahren wegen Selbstanzeigen eingestellt.
[32]
Die Anzahl der Selbstanzeigen stieg in den vergangenen Jahren deutlich an (Stand: Ende 2014):
[33]
Jahr
|
Selbstanzeigen
|
2011
|
0
4.800
|
2012
|
0
8.627
|
2013
|
26.641
|
In den letzten Jahren kam in Osterreich der Selbstanzeige nach § 29 Finanzstrafgesetz zentrale Bedeutung zu. Seit der Finanzstrafrechtsnovelle 2010 gibt es zahlreiche Entscheidungen des UFS (Unabhangiger Finanzsenat) und der Hochstgerichte, nicht zuletzt im Zusammenhang mit liechtensteinischen Stiftungen. Obwohl der Strafanspruch des Staates durch die Selbstanzeige wieder aufgehoben werden kann, handelt es sich nicht um eine Rechtswohltat des Gesetzgebers, wie es oft missverstanden wird. Fur die Ruckkehr zur Steuerehrlichkeit und damit zur Erschließung verborgener Steuerquellen legen die osterreichischen Hochstgerichte die formalen Voraussetzungen außerst eng aus.
Selbstanzeigenverlauf
[34]
|
|
|
|
|
Anzahl
|
2003
|
|
601
|
2004
|
|
528
|
2005
|
|
461
|
2006
|
|
464
|
2007
|
|
482
|
2008
|
|
654
|
2009
|
|
1.020
|
2010
|
|
2.190
|
2011
|
|
4.439
|
2012
|
|
5.189
|
Anzahl der Selbstanzeigen
|
Seit dem 1. Januar 2010 gilt in der Schweiz das
Bundesgesetz uber die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfallen und die Einfuhrung der straflosen Selbstanzeige
. Das Gesetz betrifft die direkte Bundessteuer sowie die Einkommen- und Vermogensteuern der Kantone und Gemeinden. Die neuen Regelungen haben zum Ziel, Anreize zu geben, bisher versteckte Vermogen und Einkunfte der Besteuerung zuzufuhren.
[35]
- Ramona Andrascek-Peter, Wernher Braun, Rainer Friemel:
Abgabenordnung. Lehrbuch.
17. Auflage. Verlag NWB, Herne / Berlin 2010,
ISBN 978-3-482-53627-4
.
- Philipp Kauffmann:
In dubio pro ? Selbstanzeige?
In:
JSE.
2014, S. 136 ff. (
PDF
; 1,3 MB).
- Wolfgang Lubke, Ulrike Muller, Saskia Bonenberger:
Steuerfahndung. Situationen erkennen, vermeiden, richtig beraten.
1. Auflage. Wiesbaden 2008, Verlag Gabler,
ISBN 978-3-8349-0638-0
.
- Stefan Rolletschke, David Roth:
Die Selbstanzeige.
Verlag C.H. Beck, Munchen 2015,
ISBN 978-3-406-68080-9
.
- Norbert Schrottmeyer:
Selbstanzeige nach § 29 FinStrG. Kommentar und Querschnittsmaterien mit Anmerkungen von Otto Pluckhahn.
2. Auflage. Verlag Linde, Wien 2012,
ISBN 978-3-7073-2153-1
.
- Bernhard Schwarz:
Kommentar zur Abgabenordnung (AO).
Loseblattkommentar. Verlag Haufe, Freiburg,
ISBN 978-3-448-01184-5
.
- Thomas Wenzler
:
Die Selbstanzeige.
Verlag Gabler, Wiesbaden 2010,
ISBN 978-3-8349-2263-2
.
- ↑
Homepage des osterreichischen Bundeskanzleramtes:
Werner Faymann: ?Bankgeheimnis fur Osterreicher bleibt, Verhandlungen zu Datenaustausch“.
(
Memento
des
Originals
vom 20. April 2013 im
Internet Archive
)
Info:
Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.bka.gv.at
(Anm.:
Werner Faymann
ist osterr. Bundeskanzler)
- ↑
Vertreibung aus dem Steuerparadies
.
In:
Suddeutsche Zeitung
, 11. April 2013
- ↑
Steuerermittlungen gegen Uli Hoeneß nach Selbstanzeige.
Focus Online
, 20. April 2013,
abgerufen am 20. April 2013
.
- ↑
Jeder muss sich auf Vertraulichkeit verlassen konnen
. In:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
.
Nr.
97
, 26. April 2013,
S.
2
(
online
).
- ↑
handelsblatt.com
- ↑
Gabriel: SPD wurde Straffreiheit fur Steuersunder abschaffen
.
FAZ.net
- ↑
Mogliche Straffreiheit: Bundestag halt an Steuer-Selbstanzeigen fest
.
Spiegel Online
- ↑
Steueraffare: Seehofer verlangt Fairness im Umgang mit Hoeneß
.
Spiegel Online
, 27. April 2013.
- ↑
SPD: Straffreiheit muss vom Tisch
.
(
Memento
vom 22. Februar 2014 im
Internet Archive
) Tagesschau
- ↑
Finanzminister Schauble bremst SPD Forderungen zur Selbstanzeige aus
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FAZ.net
- ↑
bundestag.de
(PDF; 300 kB)
- ↑
Bundesregierung verscharft Kampf gegen Steuerbetruger
.
(
Memento
vom 10. Dezember 2010 im
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) Tagesschau
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Entwurf der SPD-Fraktion eines Gesetzes zur Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (
BT-Drs. 17/1411
, PDF; 70 kB)
- ↑
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Die Steuerberatung
, Heft 5/2010.
- ↑
Gesetzesinitiative (Antrag) von Union/FDP (
BT-Drs. 17/1755
, PDF; 112 kB)
- ↑
Gesetzesinitiative (Antrag) von Bundnis 90/Die Grunen (
BT-Drs. 17/1765
, PDF; 71 kB)
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a
b
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BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010
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Gesetz zur Verbesserung der Bekampfung von Geldwasche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekampfungsgesetz) vom 28. April 2011,
BGBl. I S. 676
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BT-Drs. 17/4182
.
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BT-Drs. 17/4802
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- ↑
Neuregelungen im Bereich der strafbefreienden Selbstanzeige ? Bundesfinanzministerium ? Service.
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. 13. August 2017 (
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[abgerufen am 16. August 2017]).
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Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung.
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Abgerufen am 16. August 2017
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RGBl. 1939 I S. 1181.
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abgerufen am 26. Oktober 2019
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- ↑
1184.
alex.onb.ac.at,
abgerufen am 26. Oktober 2019
.
- ↑
Dazu eingehend: Obenhaus:
Drohende Strafverfolgung bei unpunktlicher Abgabe von Steueranmeldungen.
In:
Die Steuerberatung.
? Stbg ? 2012, S. 97.
- ↑
§ 371
Abs. 2a AO
- ↑
Pump/Kruger, Selbstanzeige ist kein Strafaufhebungsgrund fur samtliche Straftaten, DStR 2013, 1972.
- ↑
Steuerzahler-Bayern:Steuerliche Selbstanzeige ? Neuregelungen geplant
- ↑
Deutscher Bundestag
(Hrsg.):
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Pitterle, Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. ? Drucksache 18/3036 ? Statistische Erfassungen und geplante Verscharfungen zur strafbefreienden Selbstanzeige
.
Band
18
,
Nr.
3242
, 19. November 2014,
ISSN
0722-8333
,
S.
6
(
bundestag.de
[PDF]).
- ↑
welt.de
- ↑
derstandard.at
- ↑
Schweizer Bundesgesetz uber die Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfallen und die Einfuhrung der straflosen Selbstanzeige
(PDF)