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Segel

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Ein Segel (von althochdeutsch segal, wohl ursprunglich: abgeschnittenes Tuchstuck [1] ) ist ein Tuch , das dem Antrieb von Fahrzeugen durch den Wind dient.

Je nach Konstruktion und Funktion werden Segel in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die beiden Hauptgruppen heißen Rahsegel und Schratsegel . Segel bewegen ein Fahrzeug durch Ausnutzen des Winddrucks . Er wirkt als Druck auf der dem Wind zugewandten Seite und als Zug oder Sog auf der dem Wind abgewandten Seite. Die Krafte der beiden Seiten wirken zusammen. Segelfahrzeuge konnen mittels entsprechender Segelstellung auch schrag gegen den Wind fahren. [2]

Beim Material der Segeltuche gab es markante Entwicklungsschritte. Wahrend Segel fruher aus pflanzlichen Geweben und spater aus gewebten Kunstfasern gefertigt wurden, kommen gegenwartig auch Laminatsegel auf der Basis von Kunststofffolien zum Einsatz.

Rahsegel an einem Nachbau eines mittelalterlichen Kraweel
Schratsegel am Bermuda-Rigg einer Jolle

Entwicklungsgeschichte

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Agyptisches Segelschiff mit einem Rahsegel (Wandbild um 1422?1411 v. Chr.)

Ein stetes Hauptmotiv in der langen Entwicklungsgeschichte des Segelschiffs war das Bemuhen, das Segeln nicht nur sicherer und zuverlassiger zu gestalten, sondern auch die Naturkrafte effektiver auszunutzen und dadurch schneller voranzukommen. Die zunehmenden Anforderungen an die Beherrschung von Wasser und Wind auch unter ungunstigen Bedingungen und die Spezialisierung der Schifffahrt zu Zwecken des Fischfangs, des Transports oder der militarischen Expansion erforderten dabei nicht nur neuartige Konstruktionen von Booten und Schiffen, sondern auch die standige Entwicklung und Verbesserung ihres Antriebs. Die Ausnutzung der Windenergie durch Segel erwies sich dabei gegenuber dem nur durch Rudern vorangetriebenen Schiff als vorteilhaft, auch wenn es dieses uber lange Zeit nicht vollstandig ersetzen konnte. Die zumeist empirisch gewonnenen Erkenntnisse uber die Verwendung von Segeln und ihre Verbesserung brachten den Beruf des Segelmachers hervor, der sich auf die Verarbeitung der jeweils verfugbaren Rohstoffe zu geeigneten Tuchen spezialisierte. Erst in den letzten rund einhundert Jahren gelang es, die Physik des Segelns auf wissenschaftlicher Grundlage zu klaren und, zusammen mit der Entwicklung und Verwendung von Kunststoffen, erneut wesentliche technologische Fortschritte zu erzielen. Zwischenzeitlich haben sich jedoch kulturubergreifend eine Reihe von Segelmaterialien und -formen bewahrt, die bis heute im Einsatz sind.

Die erste bekannte Darstellung eines Segels ist auf einer agyptischen Totenurne aus Luxor aus der Zeit 5000 v. Chr. zu finden. Vornehmlich fur die Fahrt auf dem Nil , aber auch fur Fahrten uber das Mittelmeer und das Rote Meer nutzten die Agypter Schiffe mit einem Mast und einem großen Rahsegel .

Die Entwicklung der Segelformen war mit der Entwicklung der Schiffsrumpfe eng verknupft. In fruhen Zeiten, in denen der unter Wasser liegende Teil des Schiffsrumpfs noch flach (der Lateralplan also klein) war, wurden Schiffe durch seitlich wirkende Krafte leicht abgetrieben . Daher konnte der Wind nur genutzt werden, wenn er moglichst von achtern (hinten) auf das Schiff einfiel.

Lateinersegel gehoren zu den ersten Schratsegeln

Mit der Vergroßerung des Lateralplans durch Kiel und Schwert , die ein seitliches Abtreiben des Schiffs wirksam verringerten, war es moglich, auch andere Segelformen zu verwenden. Im 2. Jahrhundert v. Chr. kamen in der griechisch - romischen Schifffahrt mit den Sprietsegeln die ersten Schratsegel auf. [3] In der Spatantike (2.?4. Jahrhundert n. Chr.) folgte das Lateinersegel , das ? zunachst auf kleineren romischen Wasserfahrzeugen eingesetzt ? bis zum Ubergang zum Mittelalter das Rahsegel fast vollstandig aus dem Mittelmeer verdrangte. [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] Sprietsegel und Lateinersegel waren die ersten Segel, die nicht mehr quer, sondern in Richtung der Schiffslangsachse gefuhrt wurden (Schratsegel). Damit war es erstmals moglich, schrag gegen den Wind zu segeln und Raum nach Luv zu gewinnen.

Aus dem Lateinersegel entwickelte sich uber das Luggersegel im 17. Jahrhundert das Gaffelsegel . Aus diesem wiederum entstand im 19. Jahrhundert das bis heute ubliche, dreieckige Hochsegel , das gunstige Am-Wind-Kurse ermoglicht.

Weiterentwicklungen in Bezug auf Typenvielfalt und Material der Segeltuche erfuhren die Segel ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch prestigetrachtige Segelregatten , wie etwa den America’s Cup . Heute stehen nicht nur Rennyachten, sondern auch Fahrtenyachten und -booten eine Vielzahl von Segeltypen und -materialien fur alle Windrichtungen und Windstarken zur Verfugung.

Einteilung und Definitionen

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Segel werden ? je nach Konstruktion und Verwendung ? verschiedenen Segelgruppen zugeordnet. So fallt beispielsweise die Fock einer Jolle in die Gruppen Schratsegel , Stagsegel , Hauptsegel und Vorsegel . Die Zugehorigkeit zu einer Gruppe (beispielsweise Hauptsegel ) schließt die Zugehorigkeit zu anderen Gruppen (wie Vorsegel ) nicht aus.

  • Rahsegel sind viereckige Segel, die an einer waagrechten, am Schiffsmast quer zur Schiffslangsrichtung angeschlagenen Stange (der Rah ), befestigt sind. Sie sind die altesten bekannten Segel. Man sieht sie heute praktisch nur noch auf traditionell geriggten Schiffen. Der Vorteil dieser Segel liegt in ihrer einfachen Herstellbarkeit und in ihren guten Eigenschaften auf Vor- und Raumwind-Kursen .
Stagsegel
  • Schratsegel sind drei- oder viereckige Segel, die in Schiffslangsrichtung gesetzt werden. Die modernen Schratsegel sind mit ihrem Vorliek (der Vorderkante) in der Mittschiffsebene am Mast oder einem Stag befestigt. In letzterem Fall werden sie auch als Stagsegel bezeichnet. Der große Vorteil dieser Segel ist, dass mit ihnen schrag gegen den Wind gesegelt werden kann. Die Befestigung am Stag erfolgt heute zumeist uber Stagreiter oder uber ein im Segel eingenahtes Liektau, welches in die Nut eines Profilstags eingefuhrt wird.
  • Hauptsegel oder Arbeitssegel werden die normalerweise am Wind gesetzten Segel genannt, die zur Grundausstattung des jeweiligen Boots bzw. Schiffs gehoren. Bei einer Ketsch oder Yawl sind dies beispielsweise Fock , Groß- und Besansegel .
  • Beisegel werden jene Segel genannt, die anstatt oder zusatzlich zu den Hauptsegeln gefahren werden. Sie werden bei besonderen Windbedingungen (Leichtwind oder Sturm) oder bei bestimmten Kursen zum Wind gesetzt. Eines der bekanntesten Beisegel ist der Spinnaker .
  • Als Vorsegel werden bei mehrmastigen Segelschiffen alle Segel bezeichnet, die sich vor dem Großmast oder am Bugspriet befinden. Bei einer slupgetakelten Segelyacht sind dies beispielsweise Fock, Genua und Spinnaker.

Es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl von verschiedenen Segeltypen, wobei gleiche Segeltypen teilweise verschieden bezeichnet werden. Eine erklarende Aufstellung befindet sich im Hauptartikel.

Aufbau und Ausrustung des Segels

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Ausrustung eines Hochsegels (Großsegel)

Als Kopf wird bei dreieckigen Segeln die obere Ecke des Segels bezeichnet. Er ist auf modernen Booten durch das Kopfbrett (auch Kopfplatte ), aus Holz , Leichtmetall oder Kunststoff, verstarkt. Am Kopf ist das Fall angeschlagen (befestigt), das zum Hochziehen des Segels dient. Bei den viereckigen Rah- und Gaffelsegeln wird die obere Kante des Segels als Kopf bezeichnet.

Hals heißt bei dreieckigen Segeln die vordere untere Ecke des Segels. Er ist bei diesen Segeln durch den Stoßlappen verstarkt. Beim Spinnaker gilt jene Ecke des Segels als Hals, in welcher der Spinnakerbaum eingepickt (mittels einer Vorrichtung eingehangt) ist. Nicht zu verwechseln ist damit der Hals von Untersegeln ( Rahsegeln ), der aber nicht ein Teil des Segels, sondern Tauwerk ist. [13]

Das Schothorn ist bei Schratsegeln die hintere, untere Ecke des Segels. Bei Rahsegeln sind die Schothorner die unteren Ecken, an denen die Schoten ? und bei Untersegeln zusatzlich die Halse ? befestigt sind. [13] [14] Segel sind an dieser Ecke in der Regel besonders verstarkt, da dort große Krafte auftreten.

Gaffeltoppsegel (Schratsegel) werden oft am Neck , das heißt etwa mittig zwischen Kopf und Hals, mit dem Neckfall noch zusatzlich an Mast bzw. Stenge befestigt, sofern traditionell keine Stagreiter o. A. benutzt werden.

Die Rander der Segel werden als Lieken bezeichnet. Beim dreieckigen Segel werden drei Lieken unterschieden: das Vorliek (beim Großsegel am Mast, daher auch Mastliek genannt), das Unterliek (beim Großsegel auch als Baumliek , beim Vorsegel als Fußliek bezeichnet) und das Achterliek . Beim Großsegel sind Vor- und Unterliek oft durch ein Liektau oder einen Liekdraht verstarkt, um ein Ausreißen und Ausrecken des Segels zu verhindern. Oft ist im Achterliek eine Leine vorhanden, mit der die Achterliekspannung verandert und damit das Segel getrimmt werden kann. Das Vorsegel hat nur im Vorliek ein eingenahtes Liektau, das heute aus Stahldraht besteht.

Beim Gaffelsegel heißt das Liek an der Gaffel Oberliek oder Gaffelliek . Beim Rahsegel wird das an der Rah befindliche Liek Rahliek genannt, die beiden seitlichen Lieken werden als Steuerbord- oder Backbordliek oder als Seitenlieken bezeichnet.

Die Segelbahnen

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Die Segelbahnen (beim Segelmacher als Kleider bezeichnet) sind Tuchstreifen, aus denen das Segel zusammengenaht oder -geklebt ist. Durch entsprechenden Zuschnitt der einzelnen Bahnen wird die notwendige Segelwolbung (bei Schratsegeln) erreicht. Bei rechteckig geschnittenen Rahsegeln verlaufen die Bahnen senkrecht zur Rah. Bei Dreiecksegeln von Jollen und Yachten verlaufen sie ublicherweise senkrecht zur Sehne des Achterlieks (Horizontalschnitt) oder entlang der Lastlinien (Bi- oder Triradialschnitt), siehe Segelschnitte .

Die Cunningham-Kausch

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Cunningham-Kausch (zweite Offnung von unten)

Die Cunningham-Kausch befindet sich in der Nahe des Vorlieks im unteren Bereich des Segels und dient zum Trimmen des Segels. Durch Strecken des Vorlieks (Hinunterziehen in Richtung des Halses) wandert die Wolbung (der Bauch ) des Segels nach vorne und das Segelprofil wird insgesamt flacher.

Die Segellatten

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Die Segellatten sind schmale, biegsame, aus Eschenholz oder Kunststoff hergestellte Latten, die in die dafur vorgesehenen Lattentaschen eingefuhrt werden. Sie dienen der Formgebung des Segels und sollen das Achterliek ausstutzen, damit der hintere Teil des Segels nicht killt (flattert). Beim Lattensegel verlaufen die Segellatten durchgehend vom Mast- bis zum Achterliek.

Die Reffkauschen, Reffgattchen und Reffbandsel

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Zum Reffen eines Lattengroßsegels mittels Bindereffs werden die in der jeweiligen Reffreihe vorhandene Reffkausch sowie die Reffgattchen und Reffbandsel verwendet. Ein Großsegel mit Rollreffanlage , das zum Reffen in den Mast oder Baum eingerollt wird, hat dagegen keine Reffreihen.

Materialien fur Segel

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An das Material von Segeln wird eine Reihe von Anforderungen gestellt: Es soll luftundurchlassig, reißfest, formstabil, bestandig gegen die UV-Strahlung und gegen Seewasser sein, es soll eine geringe Wasseraufnahme aufweisen und leicht sein. Segeltuche sollten auch leicht verarbeitbar und moglichst kostengunstig sein. Je nach Verwendungszweck treten dabei unterschiedliche Auswahlkriterien in den Vordergrund. Fur den Antrieb eines kleinen Kustenfischerbootes ist etwa die Kostenfrage wichtiger als fur ein Hochleistungs-Regattasegel.

In der Vergangenheit bestanden Segel uberwiegend aus pflanzlichen Geweben, aber auch aus Tierhauten wie bei den Segeln der Eskimos. Heute werden Segel uberwiegend aus Kunstfasern gefertigt.

Naturliche Materialien

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Auslegerboot mit Rahsegel aus Pandanus -Blattstreifengeflecht

Als Material fur Segel dienten fruher Gewebe , Tuch aus fast jeder verfugbaren Naturfaser . Auch heute sind fur kleine Boote in armeren Weltgegenden Segel aus allen moglichen lokal verfugbaren Materialien in Gebrauch. Selten werden dabei jedoch tierische Fasern verwendet.

Aus dem ? Alten China “ ist bekannt, dass im fruhen 15. Jahrhundert die Segel der sogenannten Schatzschiffe aus roter Seide gefertigt waren. Nordische Langschiffe wurden oft mit Wollsegeln gefahren, wobei der naturliche Fettgehalt der Wolle einer speziellen langhaarigen Schafrasse verhindert haben soll, dass die Segel zu viel Wasser aufnahmen. In Skandinavien wurde auch haufig Nesselstoff fur Segel verwendet. [15]

In sudlichen Gebieten, wie zum Beispiel in Polynesien , wurden bis ins 20. Jahrhundert Segel aus geflochtenen Palmblatt- oder Pandanusblattstreifen fur die traditionellen Auslegerboote verwendet.

In der Vergangenheit wurde Segeltuch aber uberwiegend aus Hanf oder Leinen hergestellt, sofern diese Materialien verfugbar waren. Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Hanf und Leinen als Segeltuchmaterial langsam durch die billigere Baumwolle verdrangt, auch dadurch dass die Segel großer wurden und Baumwollsegel leichter sind (Baumwolle kann viel feiner verzwirnt und fester gewebt werden) als Leinen- oder Hanfsegel. Die Baumwollsegel sind auch weniger poros, dadurch halten diese Segel den Wind besser und sie halten ihre Form besser. [16]

Sportsegler verwendeten fur ihre Boote bis zur Einfuhrung synthetischer Segeltuche fest gewebte Baumwollsegel. Neben der geringeren Formstabilitat haben Baumwollsegel den Nachteil, dass sie nicht feucht zusammengelegt gelagert werden durfen, da sie sonst durch Schimmelpilze verstocken . Auch die aus Naturfasern bestehenden Liektaue quollen bei Feuchtigkeit auf und ließen sich in der jeweiligen Keep nur noch schwer bewegen.

Segel aus Naturfasern werden heute noch bei einigen Traditionsseglern benutzt. Ansonsten wurden diese Materialien durch Chemiefasern ersetzt, da diese nicht verrotten, langsamer verschleißen und eine bessere Formstabilitat (geringeres Reck ) aufweisen.

Kunstliche Materialien

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Moderne Segel lassen sich grob in drei Arten aufteilen:

  1. Segel aus gewobenem Segeltuch , zum Beispiel aus Polyester (Markenname: Dacron ), in unterschiedlichsten Qualitaten und Ausfuhrungen;
  2. Laminatsegel (manchmal als Sandwichsegel bezeichnet), bei welchen Fasern, sogenannte Gelege, mit Folien oder Polyestergewebe verklebt werden;
  3. Membransegel ? das sind Laminatsegel, bei welchen verstarkende Fasern bereits bei der Produktion des Segels gemaß der zu erwartenden Lastlinien eingeschweißt werden.

In der Folge eine Aufstellung verschiedener, heute verwendeter Chemiefasern zur Herstellung von Segeln:

Farbiger Nylon Spinnaker

Polyamid (Markenname: Nylon)
Die Starken des Materials liegen im geringen Gewicht bei relativ hoher Festigkeit. Als Schwache kann die große Elastizitat angesehen werden.
Zielgruppe: Tuch fur Spinnaker und Cruising-Gennaker

Polyester (Markennamen: Dacron , Diolen, Trevira, Terylene, Tetoron, Pentex, Mylar)
Die großen Vorteile des Materials liegen in seiner Robustheit und Haltbarkeit. Es gibt eine große Auswahl an Tuchgewichten und Qualitaten. Nachteile sind die geringe Formstabilitat und der relativ hohe Reck.
Zielgruppe: Regatta- und Fahrtensegler

Polyethylennaphthalat (PEN, Markenname: PenTex)
Das Material ist doppelt so reckfest wie Polyester und liegt preislich zwischen Polyester und Aramid. Es ist nicht als gewebtes Tuch, sondern nur als Gelege im Laminat erhaltlich.
Zielgruppe: Vielsegler im Fahrten- und Regattabereich

Carbon Hauptsegel mit typischer grauer und schwarzer Farbe

Thermotropisches Flussigkristallpolymer (TLCP, Markenname: Vectran )
Vectran hat ahnlich gunstige mechanische Eigenschaften wie Aramid, ist aber langlebiger. Es ist allerdings empfindlich gegen UV-Strahlen. Zielgruppe: Fahrten- und Fahrtenregattasegler auf hochstem Niveau

Aramid (Markennamen: Kevlar 29, Twaron, Technora Black)
Kevlar hat eine hohere Zugfestigkeit als Stahl und ist die erste Hightech-Faser im Segelbereich. Schwachen sind die Knick- und UV-Empfindlichkeit.
Zielgruppe: Regattasegler

Kevlar-Carbon-Segel

Hochmodul-Aramid (Markennamen: Kevlar 49, Kevlar Edge, Twaron HM)
Das Material ist extrem dehnungsarm, jedoch knick- und UV-empfindlich.
Zielgruppe: Top-Regattasegler

Ultra-Hochmolekulares Polyethylen (PE-UHMW, Markennamen: Spectra, Dyneema )
Die Starken des Materials liegen in dessen hoher Bruchlast, dem leichten Handling und der guten UV-Bestandigkeit. Es weist einen geringen, profilverandernden Langzeitreck auf.
Zielgruppe: Langfahrtsegler

Kohlenstofffaser (Carbon)
Das Material ist leicht, weist eine geringe Dehnung auf und ist resistent gegenuber UV-Strahlung. Es gibt aber große Qualitatsunterschiede, Segel aus Kohlenstofffasern sind sehr knickempfindlich und teuer.
Zielgruppe: Top-Regattasegler

Zylonfaser (PPBO) Poly(p-phenylen-2,6-benzobisoxazol)
Zylon-Fasern besitzen ausgesprochen gute Eigenschaften. Wenig Reck und hohe Formbestandigkeit aufgrund hoher Festigkeit. Jedoch wenig UV-bestandig, teurer als Aramid, mit kurzerer Lebensdauer.

Technische Daten kunstlicher Materialien im Vergleich

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Hinweise zu den Angaben in der Tabelle:
Die Einheit g/den bedeutet Gramm pro Denier . Eine 1-denier Polyester-Faser hat einen Durchmesser von zirka 10 Mikrometer (0,01 mm).
Elastizitatswert: Ein hoherer Zahlenwert bedeutet eine geringere Elastizitat. Segel mit geringer Elastizitat haben den Vorteil, dass sie auch bei hoher Belastung die Form behalten.
UV-Bestandigkeit: Nach der angegebenen Monatszahl hat sich die Bruchlast auf die Halfte des Neuwertes verringert (gilt fur subtropische Gewasser, beispielsweise das Mittelmeer).
Knickverlust: Die Prozentangabe ist der Bruchlastverlust nach 60 Knickbewegungen.

Material Elastizitatswert Bruchlast UV-Bestandigkeit Knickverlust
Polyamid 45 g/den 9,5 g/den 3?4 Monate 0 %
Polyester 80?120 g/den 8 g/den uber 7 Monate 0 %
Polyethylennaphthalat (PEN) 250 g/den 10 g/den 6 Monate 4 %
Polyester hochfest 510 g/den 23 g/den 1?2 Monate 15 %
Aramid 540 g/den 28 g/den 3?4 Monate 7 %
Standard-Aramid 600 g/den 23 g/den 2?3 Monate 25 %
Hochmodul-Aramid 940 g/den 24 g/den 2?3 Monate 27 %
Polyethylen hochfest 1250 g/den 33 g/den 6?7 Monate 0 %
Kohlenstofffaser, Carbon 1200?2400 g/den 20?40 g/den kein Einfluss 30?100 %

Quelle: Fachmagazin Yachtrevue , Ausgabe 4/2006

Großsegel mit Horizontalschnitt, Vorsegel mit Radialschnitt (siehe helle Streifen (Nahte) im Segel)

Segel sind aus einer mehr oder weniger großen Anzahl von Tuchstreifen, den sogenannten Segelbahnen, gefertigt. Je nach Form dieser Segelbahnen und dem entsprechenden Verlauf der Nahte, mit denen sie zusammengehalten werden, wird von unterschiedlichen Segelschnitten gesprochen. Der Segelschnitt hat Einfluss auf die Haltbarkeit und Leistungsfahigkeit des Segels.

Segel sollten unter hoher Belastung moglichst formstabil sein. Einen wesentlichen Einfluss auf die Formstabilitat hat das Reck (die Dehnbarkeit) des Segeltuchs. Das Reck soll moglichst gering sein. Polyestertuche beispielsweise haben in Kett - und Schussrichtung (in Richtung der Langs- und Querfaden) ein geringes Reck, diagonal dazu ist das Reck jedoch groß. Durch verschiedene Schnitte wird versucht, dieser Tatsache Rechnung zu tragen, damit das Gewebe beim Segeln moglichst nicht diagonal belastet wird.

Der Horizontalschnitt oder Cross-Cut ist der meistgefahrene und bewahrteste Segelschnitt bei Großsegeln. Bei diesem Schnitt laufen die Nahte etwa parallel, rechtwinklig zur Sehne des Achterlieks, bei Rahsegeln rechtwinkelig zum Rahliek. Dieser Schnitt ist preiswert in der Herstellung, robust in der Handhabung und im Allgemeinen am langlebigsten.

Der Laschenschnitt ist ein oft verwendeter Segelschnitt bei Vor- oder Stagsegeln (Fock). Dabei verlauft eine Diagonalnaht, Lasching genannt, vom Schothorn, in Richtung des Schotzuges, zum Vorliek des Segels. Von der Lasching aus verlaufen die Bahnen annahernd senkrecht zum Unterliek und zum Achterliek.

Beim Radialschnitt (Tri- oder Vollradialschnitt) verlaufen die Nahte sternformig etwa aus der Mitte des unteren Segeldrittels zu den drei Ecken des Segels beziehungsweise strahlenformig von diesen weg. Dieser Schnitt wird vor allem bei Vorsegeln verwendet, da die Krafteinleitung ins Segel beim Schothorn in diagonaler Richtung erfolgt.

Aerodynamik des Segels

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Die Konstruktion von Segeln wird durch die Gesetze der Aerodynamik bestimmt. Sie sind aeroelastische Tragflachen .

Das vom Wind angestromte Segel nimmt eine gewolbte Form ( Bauch ) an und entwickelt eine Kraft , die proportional zum Produkt aus der Segelflache und dem Quadrat der sogenannten scheinbaren Windgeschwindigkeit ist, das ist die auf dem Schiff wahrgenommene (und somit auf ihm messbare) Windgeschwindigkeit, welche mathematisch dem Ergebnis einer vektoriellen Addition der wahren Windgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit des Schiffes entspricht. Die Kraft wirkt senkrecht zur Flache des Segels in Richtung Lee . Einfluss auf die Große der Kraft hat neben Form und Große des Segels und der Windgeschwindigkeit auch der Anstrom winkel des Windes auf das Segel. Je nach Anstromwinkel uberwiegt entweder die Komponente Antrieb durch Widerstand oder die Komponente Antrieb durch Auftrieb .

Antrieb durch Widerstand

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Beim Antrieb durch Widerstand entsteht eine Kraft auf das Segel, wenn dieses die Luftstromung abbremst oder unterbricht. Die Große der Kraft ist abhangig von der Große der Segelflache und von deren Stromungswiderstandskoeffizienten (c w -Wert). Der Stromungswiderstandskoeffizient ist am großten, wenn das Segel die Form einer hohlen Halbkugel hat (c w -Wert?1,4). Deshalb sind auch spezielle Segel fur Vorwindkurse , wie Spinnaker , sehr bauchig geschnitten und haben eine große Segelflache.

Antrieb durch dynamischen Auftrieb (Tragflacheneffekt)

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1 Luftstrom
2 umgel. Luftstrom
3 Kraft auf das Segel

Werden Segel in einem bestimmten Winkel ( Anstellwinkel etwa 5° bis 30°) angestromt, funktionieren sie nach den gleichen Prinzipien wie die Tragflache eines Flugzeugs oder der Flugel eines Hangegleiters . Wird der Anstellwinkel großer, reißt die Stromung ab und es uberwiegt der Anteil Antrieb durch Widerstand (siehe oben).

Die am Segel entlang streichende Luft bewirkt eine Kraft, die etwa am ersten Drittel angreift und im Wesentlichen senkrecht zum Tuch steht. Sie ist das Resultat unterschiedlicher aerodynamischer Vorgange:

Durch die Umlenkung des Luftstromes auf der Luvseite des Segels entsteht nach dem dritten Newtonschen Gesetz (Kraft = Gegenkraft) eine Kraft auf das Segel. Die Große dieser Kraft entspricht der Impulsanderung der mittels des Segels umgelenkten Luftmasse pro Zeitspanne (siehe stark vereinfachte Skizze rechts).

Die Leeseite des Segels beschleunigt sehr effektiv die benachbarte Luft nach hinten. Wenn sich nach Umstromung des Segels die beschleunigte Luft der Leeseite mit der weniger beschleunigten Luft der Luvseite des Segels vereinigt, ergibt sich eine Umlenkung der Stromung mit einer vektoriellen Beschleunigungskomponente senkrecht zum Segel in Richtung Luv. Daraus ergibt sich eine gleich große Gegenkraft auf das Segel in Richtung Lee, aufgrund des dritten Newtonschen Gesetzes.

Wird die Luftstromung um das Segel im Detail betrachtet, ist festzustellen, dass die Luft auf der Leeseite des Segels schneller fließt als auf der Luvseite . Dies fuhrt gemaß dem Bernoulli-Effekt zu erhohtem Druck auf der Luvseite und verringertem Druck auf der Leeseite des Segels. Auch dieser Druckunterschied erklart die Kraft auf das Segel.

Wenn Segel nahe beieinander angeordnet sind, konnen sie sich positiv beeinflussen. Ein Beispiel ist die langgestreckte Duse , die sich bei Sluptakelung im Raum zwischen Vorsegel und Großsegel ausbildet. In dieser Duse herrscht auf Grund des Venturi-Effektes eine hohere Stromungsgeschwindigkeit als in der Umgebung. Dadurch entsteht zusatzlicher Auftrieb am Großsegel. [17] Die Ansicht, dass es zwischen Vor- und Großsegel zu einer Dusenwirkung kommt, ist allerdings umstritten. [18]

Anwendungsgebiete von Segeln

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Ein großer Teil der heute hergestellten Segel wird auf Segelschiffen , Segelyachten und Segelbooten verwendet. Aber auch beim Windsurfen , Eis - und Strandsegeln kommen spezielle Segel zum Einsatz. Da diese Fahrzeuge auf bestimmten Kursen sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen, mussen die Segel aus aerodynamischen Grunden sehr flach (mit wenig Bauch) geschnitten sein.

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Wiktionary: Segel  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
  • Segelpflegetipps ( Memento vom 27. Februar 2009 im Internet Archive ) von North-Sails

Einzelnachweise

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  1. Duden, Deutsches Universalworterbuch, 8. Auflage (2015)
  2. Heinz Overschmidt: Fuhrerschein A fur Segler. Verlag Delius, Klasing & Co, Bielefeld/ Berlin 1973, ISBN 3-7688-0071-7 , S. 49 ff.
  3. Lionel Casson : Ships and Seamanship in the Ancient World. Johns Hopkins University Press, 1995, ISBN 0-8018-5130-0 , S. 243?245.
  4. Lionel Casson: Ships and Seamanship in the Ancient World. Johns Hopkins University Press, 1995, ISBN 0-8018-5130-0 , S. 243?245.
  5. Lionel Casson: The Sails of the Ancient Mariner. In: Archaeology. Band 7, Nr. 4, 1954, S. 214?219.
  6. Lynn White: The Diffusion of the Lateen Sail. Medieval Religion and Technology. Collected Essays, University of California Press, 1978, ISBN 0-520-03566-6 , S. 255.
  7. I. C. Campbell: The Lateen Sail in World History. ( Memento des Originals vom 4. August 2016 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.uhpress.hawaii.edu (PDF; 192 kB). In: Journal of World History. Band 6, Nr. 1, 1995, S. 8?11.
  8. George Makris: Ships. In: Angeliki E. Laiou (Hrsg.): The Economic History of Byzantium. From the Seventh through the Fifteenth Century. Band 1, Dumbarton Oaks 2002, ISBN 0-88402-288-9 , S. 96.
  9. Zaraza Friedman, Levent Zoroglu: Kelenderis Ship?Square or Lateen Sail? In: The International Journal of Nautical Archaeology. Band 35, Nr. 1, 2006, S. 113?114.
  10. John H. Pryor, Elizabeth M. Jeffreys: The Age of the ΔΡΟΜΩΝ. The Byzantine Navy ca. 500?1204. (= The Medieval Mediterranean. Peoples, Economies and Cultures, 400?1500. Band 62). Brill Academic Publishers, 2006, ISBN 90-04-15197-4 , S. 153?161.
  11. F. Castro, N. Fonseca, T. Vacas, F. Ciciliot: A Quantitative Look at Mediterranean Lateen- and Square-Rigged Ships. (Part 1). In: The International Journal of Nautical Archaeology. Band 37, Nr. 2, 2008, S. 347?359.
  12. Julian Whitewright: The Mediterranean Lateen Sail in Late Antiquity. In: The International Journal of Nautical Archaeology. Band 38, Nr. 1, 2009, S. 97?104.
  13. a b Bordhandbuch (PDF; 2,2 MB) der Roald Amundsen . 3. Auflage, S. 16.
  14. SSS Schonerbrigg (PDF; 1,0 MB) Greif , Segelmappe, S. 12.
  15. Anil N. Netravali, Christopher M. Pastore: Sustainable Composites: Fibers, Resins and Applications. DEStech Publications, 2014, ISBN 978-1-60595-111-9 , S. 165.
  16. Jenny Bennett: Sailing into the Past: Learning from Replica Ships. Seaforth Publishing, 2009, ISBN 978-1-84832-013-0 , S. 184.
  17. Joachim Schult: Segler-Lexikon. 13. Auflage. Delius Klasing, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-87412-103-3 , S. 132, mit Abbildung.
  18. Segel/Aerodynamik ( Memento vom 7. September 2011 im Internet Archive ).