Mit dem
Schmotzigen Donnerstag
beginnt in der
schwabisch-alemannischen Fastnacht
die eigentliche
Fastnachtszeit
. Er fallt auf den Donnerstag vor
Aschermittwoch
.
[1]
Der Tag wird je nach Region auch genannt:
Gausaliger oder Ausaliger Donschdig, Schmotziger Dunschtich, Schmotziga Dorschdich, Schmotziger Dauschtich, Schmotziga Dauschteg, Dicker Donnerstag, Unsinniger Donnerstag, Gombiger Doschdig, Gombadonnerschdag, Gumpiger Dunschtig, Glombiger Doschdig, Lumpiger Donnerstag
oder einfach nur
Schmotziga,
in
Sudbaden
[2]
[3]
und der
Schweiz
[4]
Schmutzige Donschtig, Schmutzige Dunschtig
bzw. schriftdeutsch
Schmutziger Donnerstag,
an einigen Badener und Schweizer Orten auch
Feischte Dunschtig
bzw.
Feiße Donschtig
.
Der darauffolgende Freitag heißt regional ?
Rußiger oder Bromiger Freitag
“.
Schmotzig, schmutzig
bedeutet in den
alemannischen Dialekten
?fettig, feiß“,
Schmotz
oder
Schmutz
?Fett“.
[5]
[6]
[7]
Der Name geht darauf zuruck, dass an diesem Tag gerne
Fettgebackenes
gegessen wird wie
Fasnetskuechle
,
Fasnachtskiechli
(Hefegeback) oder
Krapfen
(ein
Siedegeback
aus
Brandmasse
, z. B.
Scherben,
Nonnenfurzle
,
oder aus
Quark-Ol-Teig
).
[8]
Im Rheinland sind solche Gebacke unter dem Namen
Mutzen
, anderorts auch als Quarkballchen zu finden. Der Donnerstag war aber außerdem der letzte Tag, an dem geschlachtet und daher große Mengen Fleisch verzehrt werden konnten (siehe unter ?Geschichte“). Die Wortbedeutungen passen genauso zur Tradition des Backens wie zu der des Schlachtens.
[9]
[10]
Der kirchliche Zyklus der Monate, Wochen und Tage bzw. die Ausrichtung der Menschen des Hoch- und Spatmittelalters an der kirchlichen
Liturgie
begrundet den Namen als fetten (?schmotzigen“) Donnerstag.
Der Donnerstag galt in der liturgischen Abfolge der Woche, d. h. in den von der katholischen Kirche angeordneten Richtlinien und Gebeten in Form von
Psalmen
, als der allgemeine Schlacht- und Backtag.
Mittwochs musste gefastet werden; der Freitag als der Gedenktag an das Leiden Christi ? Jesus starb an einem Freitag (
Karfreitag
) ? wird noch heute als Fastentag (traditionell mit dem Verzicht auf Fleisch und Wurst) begangen.
Auch der Samstag fiel als Schlachttag aus; auf ihn nahmen Uberbleibsel aus dem judischen Glauben Einfluss. Dieser besagt, dass der Tag nicht etwa am Morgen beginnt, sondern bereits am Vorabend. Daher beginnt der Sonntag schon am Samstag-Spatnachmittag. An einem halben Tag war es nicht moglich, die verschiedenen Arbeitsgange der Wurst- und Fleischherstellung zu bewerkstelligen.
Der heilige Sonntag kam als Arbeitstag gemaß der Bibel ohnehin nicht in Frage.
Der Montag und Dienstag ? obwohl von der Liturgie grundsatzlich erlaubt ? konnten an Fastnacht nicht als Schlachttag genutzt werden, da es nicht denkbar war, zu schlachten: Der Aschermittwoch, mit dem die Fastenzeit beginnt, war nah; ab diesem Zeitpunkt durfte kein Fleisch mehr gegessen werden.
Daher war es naheliegend, den Donnerstag als Schlacht- und Backtag zu nehmen. Dieser Tag vor dem Aschermittwoch war damit der letzte Schlacht- und Backtag vor der
Fastenzeit
. Dies wurde entsprechend gefeiert, weil es ja wenig Sinn hatte, Fleisch aufzubewahren, wenn nachher bis Ostern die 40 fleischlosen Tage der Fastenzeit auf dem Kalender standen. Das uberschussige Fleisch und Wurste wurden gerauchert, um sie haltbar zu machen.
[11]
[12]
Die Menschen nannten daher diesen Tag, an dem nochmals alles mogliche Vieh zu Essbarem verarbeitet wurde, den fetten (?schmotzigen“) Donnerstag.
Dies erklart auch, warum heute noch in sehr traditionellen Fasnachten wie
Villingen
oder
Rottweil
nur am Schmotzigen Donnerstag, Fasnachtsmontag und -dienstag maskierte
Narren
zu sehen sind und Umzuge stattfinden: Die kirchliche Liturgie des Mittelalters ließ solche Spektakel nur an diesen Tagen zu. In spaterer Zeit wurde am Schmotzigen Donnerstag in verschiedenen Orten von der Zunft der Metzger der sogenannte Metzgertanz offentlich aufgefuhrt, um an diesen alten Schlachttag zu erinnern.
In vielen
Fastnachtshochburgen
werden Umzuge veranstaltet und Straßenfastnachten gefeiert, Kindergartenkinder oder Schuler befreien die Amtsgeschafte und beim
Rathaussturm
wird der Rathausschlussel symbolisch vom Burgermeister bis zum
Fastnachtsdienstag
an die
Narren
ubergeben.
In vielen Orten wurde
Schmotziger Donnerstag
fruher mit
Schmaus
und
lustigem
Mummenschanz
gefeiert. Seit dem Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts werden an diesem Tag auch
Hemdglunki
-Umzuge veranstaltet. Uberregional bekannt ist das
Stockacher Narrengericht
, das jahrlich am Schmotzigen Donnerstag stattfindet.
In
Aachen
heißt der Tag
Fettdonnerstag
, im
Saarland
, weiten Teilen der Eifel und der Region Trier
Fetter Donnerstag
(vgl. oben die Erlauterungen zu
Schmotz
); in anderen rheinischen Karnevalsgebieten wird er meist als Altweiber- oder
Weiberfastnacht
bezeichnet. Der Tag markiert dort den Ubergang vom
Sitzungs
- zum
Straßenkarneval
.
Der Begriff wird in der
schwabisch-alemannischen Fastnacht
nahezu ausschließlich verwendet. Je nach Region und Dialekt wird auch die Sprechweise
Schmotziger Dunnschdig, Schmotziger Donnerstag, Schmotziger Dorschdich, Gompiger Donnerstag
verwendet. Gumpig hat seine Wurzel in
schwabisch
gumpen,
was lustige Spruche machen oder hupfen bedeutet. Insbesondere am Hochrhein wird er als
Faisse Dunnschdig
bezeichnet. Faisse bedeutet ?fett“.
[13]
In
Konstanz
werden am Schmotzige Dunschtig ab 6:00 Uhr die Bewohner in den Stadtteilen durch laute Trommler und Fanfarenzuge geweckt. Die Schuler werden aus ihren Schulen befreit, im Rathaus die
Macht
abgegeben. Danach beginnt die Straßenfastnacht und am Abend der
Hemdglonkerumzug
durch die Altstadt.
[14]
In Teilen
Bayerisch-Schwabens
wird er
Glumpader Duuschde
ausgesprochen. Das Wort
glumpig
wurde aus ?Lumpen“ abgeleitet, vergleiche unten die Bezeichnung in Tirol.
Die Fasnacht der katholischen Orte der Schweiz beginnt mit dem
Schmutzige Donnschtig
. Neben der bekannten
Luzerner Fasnacht
finden in allen Ortschaften eigene Veranstaltungen statt, welche sich lokal stark unterscheiden.
In
Bayern
, in
Tirol
und
Sudtirol
heißt der Tag meistens ?Unsinniger Donnerstag“. In Bayern hat dieser Tag auch den Namen ?Lumpiger Donnerstag“.
In der ostlichen
Oberpfalz
ist außerdem der Begriff
Nascha Pfinsta
(gesprochen ?naschabfinnzda“, zu deutsch wortlich ?narrischer Donnerstag“) gangig.
Der Tag ist in Bayern unter den Faschingstagen der, der in die Schulzeit hineinfallt, da Rosenmontag und Faschingsdienstag zu den
Fruhjahrsferien
gehoren (und auch schon vor deren Einfuhrung schulfrei waren). Daher wird er von Schulern traditionell dafur genutzt, den Lehrern Streiche zu spielen.
In Polen ist der Tag auch als
Tłusty Czwartek
bekannt, was ?fettiger Donnerstag“ heißt und damit semantisch mit dem alemannischen ?schmutzigen Donnerstag“ ubereinstimmt. Ublicherweise wird an dem Tag viel sußes Geback gekauft und konsumiert. Traditionell werden die sogenannten
P?czki
, die in Deutschland als Berliner beziehungsweise in Berlin als Pfannkuchen bekannt sind, gegessen.
- Adalbert Kuhn:
Sagen, Gebrauche und Marchen aus Westfalen und einigen andern, besonders den angrenzenden Gegenden Norddeutschlands.
Band 2, S. 126,
Digitalisat
- Werner Mezger:
Das große Buch der Schwabisch-alemannischen Fasnet.
- Ernst Heinrich Meier,
Deutsche Sagen, Sitten und Gebrauche aus Schwaben.
Band 2, S. 376 f.,
Digitalisat
- Otto von Reinsberg-Duringsfeld:
Das festliche Jahr: in Sitten, Gebrauchen und Festen der germanischen Volker.
S. 37,
Digitalisat
- Anton Birlinger:
Volksthumliches aus Schwaben: Bd. Sitten und Gebrauche.
S. 26 f.,
Digitalisat
- ↑
Schmutziger Donnerstag
(
Memento
des
Originals
vom 15. Februar 2015 im
Internet Archive
)
Info:
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und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.bartli-brunnen.ch
Informationen der Bartligesellschaft Brunnen, abgerufen am 7. November 2012
- ↑
Badisches Worterbuch
, Band IV, Seite 653, Lemma
schmutzig
- ↑
alemannische-seiten.de:
Schmotzge Dunschtig
- ↑
Schweizerisches Idiotikon
, Band XII, Spalten 1045?1047 (
Digitalisat
).
- ↑
Badisches Worterbuch
, Band IV, Seite 652, Lemma
Schmutz II
und Seite 653, Lemma
schmutzig
- ↑
Schwabisches Worterbuch
, Band V, Spalte 1011, Lemma
Schmotz
und Spalte 1013, Lemma
schmotzig
.
- ↑
Schweizerisches Idiotikon
, Band IX, Spalte 1047 ff., Artikel
Schmutz III
(
Digitalisat
) und Spalte 1055 ff., Artikel
schmutzig
(
Digitalisat
).
- ↑
Narrenzunft Markdorf ? Der Schmotzige Dunschdig d' Schulerbefeiung ? d' Hemedglonker
- ↑
Margret Meier und Peter Schmidt:
Meersburger Fasnacht im Wandel der Zeit ab 1360.
Narrenzunft Schnabelgiere Meersburg e. V. Bodensee Medienzentrum, Tettnang 2013, S. 15?16
- ↑
schmutzig/schmotzig im Worterbuch von Grimm
- ↑
Woher hat der Schmutzige Donnerstag seinen Namen?
Regionalzeitung Rontaler AG, Ebikon, 7. Februar 2013,
abgerufen am 31. Januar 2015
.
- ↑
Woher hat der Schmutzige Donnerstag seinen Namen?
Regionalzeitung Rontaler AG, Ebikon, 7. Februar 2013,
abgerufen am 31. Januar 2015
.
- ↑
Bandbreite von Bezeichnungen von Gumpiger bis Schmutziger Donnerstag
- ↑
Dani Behnke:
Fasnacht ? Geschichten und Geschichte.
In: QLT Nr. 855/2013, S. 4?9