Schleswig-Holsteinische Armee

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Wappen der Schleswig-Holsteinischen Armee [1]

Die Schleswig-Holsteinische Armee entstand zur Zeit der Schleswig-Holsteinischen Erhebung gegen Danemark. Ihre Grundung markiert den demokratischen und nationalliberalen Aufbruch in den Herzogtumern Schleswig und Holstein. Mit den verbundeten Preußen und dem Deutschen Bund verloren die Schleswig-Holsteiner den Dreijahrigen Krieg (1848?1851), wie er in Danemark bezeichnet wird.

Festung Rendsburg (1848)

Nachdem Christian VIII. im Januar 1848 gestorben war, proklamierte sein Nachfolger Friedrich VII. den Entwurf einer Gesamtverfassung fur Danemark und die Herzogtumer. Als Metternich bei der Revolution von 1848/49 im Kaisertum Osterreich gesturzt war und es auch in Berlin zu Unruhen kam, brach am 21. Marz 1848 in Kopenhagen die Marzrevolution aus, infolgedessen am 22. Marz 1848 die erste burgerliche Regierung (Marzministerium) gebildet wurde. Die deutsch gepragte schleswig-holsteinische Bewegung furchtete die vollstandige Einverleibung des Herzogtums Schleswig in das Konigreich Danemark und bildete am 24. Marz 1848 in Kiel die Provisorische Regierung (Schleswig-Holstein) . Beide Regierungen waren von einem Dualismus aus (national-)liberalen und konservativen Kraften gepragt. Wahrend die deutsche Seite den Zusammenschluss der Herzogtumer und den Anschluss an den Deutschen Bund (bzw. einen zu schaffenden deutschen Nationalstaat ) forderte, forderten danische Nationalliberale den Zusammenschluss Schleswigs mit Danemark (unter Aufgabe Holsteins). Daneben gab es auf danischer Seite noch konservative Befurworter des Danischen Gesamtstaates. Bis dahin war Holstein ein Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes und Schleswig als danisches Lehen in (einmaliger) Personalunion mit dem Konig von Danemark verbunden.

Am selben Tag, an dem in Kiel die deutsch-gesinnte Provisorische Regierung ausgerufen wurde, uberrumpelten bewaffnete Truppen, darunter die freiwillige Burgerwehr, Studenten und Turner, die danische Festung Rendsburg . [2] Das Corps Holsatia spielte dabei eine fuhrende Rolle. Als einziger Militarfachmann war Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg , der Prinz zu Noer, bereit, den Oberbefehl uber die neu zu bildende Truppen zu ubernehmen. Aus ubergetretenen Armeeteilen des danischen Heeres und eingezogenen Militarpflichtigen, aus Freischaren und Revolutionaren musste er ein Volksheer mit landesfremden Berufsoffizieren schaffen, das auch bei einer Niederlage einsatzfahig bleiben konnte. Der Mangel an Offizieren war ein Problem bis zum Ende der Erhebung. Generalstabsarzte der Armee waren Bernhard von Langenbeck und danach Louis Stromeyer .

Zeltlager der Schleswig-Holsteiner (1848)

Die Zahl der ubergetretenen danischen Truppen belief sich bei Kriegsbeginn auf etwa 2.500 Mann. Es waren im Wesentlichen das 14. bis 17. Linien - Bataillon , das 4. und 5. Jager -Corps, das 1. und 2. Dragoner - Regiment sowie das 2. Artillerieregiment und einige technische Truppen ( Pioniere und Pontoniere ). Nach drei Wochen waren es 8.900 Mann.

Um die Streitkrafte durch Freiwillige zu verstarken, rief die Provisorische Regierung am 27. Marz 1848 zur Bildung von Freikorps auf. Die Fuhrer der schließlich vier Freikorps waren von Krogh, Graf Kuno zu Rantzau-Breitenburg , von Wasmer und Major von der Tann . Der regularen Armee und den preußischen Offizieren ein Dorn im Auge, wurden die Freikorps nach einer ?verpreußenden“ Neuorganisation bereits im Juli 1848 aufgelost; im Feldzug von 1849 gab es aber wieder ein Freiwilligen-Scharfschutzen-Korps.

Mit dem Staatsgrundgesetz vom September 1848 wurde die allgemeine Wehrpflicht eingefuhrt. Ausgenommen waren lediglich Studenten und Angehorige geistlicher Berufe. Nach preußischem Vorbild existierte fur vorgebildete Rekruten, die Offizieranwarter werden wollten, die Moglichkeit, als Einjahrig-Freiwillige eingestellt zu werden.

Am Ende der Erhebung hatte die Schleswig-Holstein-Armee eine Gesamtstarke von 860 Offizieren und 43.288 Mann. Sie umfasste 15 Infanterie-Bataillone, 5 Jager-Korps, 2 Dragoner-Regimenter, eine Artillerie- Brigade , Pioniere und andere Truppenteile .

Auch die schleswig-holsteinische Marine wurde neu organisiert; mit der danischen konnte sie aber nicht konkurrieren. Das Kanonenboot Nr. 1 Von der Tann war eines der weltweit ersten Schiffe mit Dampfschraubenantrieb. Wilhelm Bauers Kieler Brandtaucher war das erste deutsche U-Boot .

Entwicklung und Ende

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Truppenstempel Rendsburg (1848)
Ruckmarsch der Schleswig-Holsteinischen Truppen (1849)

Am Tag nach ihrer Bildung, am 25. Marz 1848, wurde der Sitz der Provisorischen Regierung von Kiel nach Rendsburg verlegt. Sechs Tage spater bot sie den Danen in Nordschleswig eine Abstimmung uber ihre Staatszugehorigkeit an. Am 9. April 1848 wurde die Schleswig-Holstein-Armee bei Bau geschlagen. Der Niederlage folgte die Osterschlacht bei Schleswig am 23. April 1848, die mit dem Ruckzug der Danen endete. Nachdem sachsische und bayerische Bundestruppen die Duppeler Schanzen eingenommen hatten, uberschritt die Schleswig-Holstein-Armee am 20. April 1849 die Grenze nach Jutland und nahm Kolding ein. Die Festung Fredericia wurde am 3. Mai 1848 kampflos besetzt. In der Folgezeit kam es zu zahlreichen Kampfen auf dem Sundewitt und um Duppel . [3]

Den auf sieben Monate begrenzten Waffenstillstand von Malmo nutzte man zur umfassenden Verstarkung von Armee und Marine. Am Tag nach seinem Ende, am 28. Marz 1849, wurde in Frankfurt am Main die Paulskirchenverfassung verabschiedet. Eine Woche spater siegten die Schleswig-Holsteiner im Gefecht bei Eckernforde .

Am 6. Juli 1849 gelang den Danen der Ausfall aus der Festung Fredericia; die Schleswig-Holstein-Armee wurde zuruckgeschlagen. Wahrend die deutschen Bundestruppen den Ruckmarsch aus Schleswig-Holstein antreten, blieb die Schleswig-Holstein-Armee an der Eider-Linie stehen. Anfang September 1849 bezog sie ihre Unterbringungsorte im Herzogtum Holstein.

Am 8. April 1850 wurde der preußische Generalleutnant a. D. Karl Wilhelm von Willisen Oberbefehlshaber der Schleswig-Holstein-Armee. Nachdem Preußen das Herzogtum Schleswig und das Herzogtum Holstein im Frieden von Berlin (1850) preisgegeben hatte, uberschritt die am 1. Juli 1850 mobilgemachte Armee am 13. Juli 1850 die Eidergrenze zu Schleswig. Nach der verlorenen Schlacht bei Idstedt zusammengebrochen, hatte sie weiteres Ungluck hinzunehmen: Die Explosion ihres Laboratoriums in Rendsburg forderte 122 Tote. Die Danen nahmen Friedrichstadt und Tonning ein. Das Gefecht bei Missunde war erfolglos, die Belagerung, Beschießung und Besturmung Friedrichstadts vergeblich. Beim Untergang des Kanonenboots Nr. 8 ?Nubbel“ in der Elbe ertranken 42 Mann, das Gemeinschaftsgrab befindet sich auf dem Friedhof von Kronprinzenkoog . [4] Der Brandtaucher sank im Kieler Hafen. Und schließlich verzichtete Preußen im Vertrag von Olmutz auf seine Plane zur Einigung Deutschlands.

So reichte Generalleutnant v. Willisen am 7. Dezember 1850 seinen Abschied als Oberkommandierender der Schleswig-Holstein-Armee ein. Sein Nachfolger wurde Generalmajor Ulrich von der Horst . Nach dem vergeblichen Kampf um Rendsburg wurde die Schleswig-Holstein-Armee am 31. Marz 1851 aufgelost, das Bundeskontingent des Herzogtums Holstein in die danische Armee eingegliedert. An Kriegsgerat wurden den Danen am Ende der Erhebung unter anderem 527 Festungsgeschutze , 118 Feldgeschutze , 54.810 Gewehre , Karabiner und Pistolen , 42.660 Sabel sowie samtliche Fuhrwerke und Kriegsschiffe ubergeben, die zum Teil im Deutsch-Danischen Krieg von 1864 benutzt wurden.

Nachdem anfangs gefarbte danische Uniformen getragen worden waren, wurde eine Uniform nach preußischem Muster eingefuhrt. Die Mehrheit der Truppen trug jedoch bis September 1848 die alten danischen Uniformen, wobei alle Soldaten zur Unterscheidung vom danischen Gegner eine weiße Binde am linken Arm zu tragen hatten. Die Linieninfanterie trug ? um die typische danische rote Uniformfarbe zu vermeiden ? die kurzer geschnittenen hellblauen Arbeitsjacken. Ab Herbst 1848 galt dann: Die Rocke der Linieninfanterie , Artillerie , Pioniere , der Traintruppe , Intendantur , Militararzte , Auditeure und des Generalstabes waren dunkelblau, die Jager trugen dunkelgrune, die Dragoner hellblaue Rocke. Die Hosen waren hellblau mit roter Paspel, außer bei den Jagern, die dunkelgraue Hosen mit ebensolcher Paspel trugen. Als Kopfbedeckung waren Lederhelme ( Pickelhauben ) und schirmlose Feldmutzen ublich. Dragoner trugen einen Stahlhelm genannten Kurassierhelm mit Spitze, die Jager einen Filztschako mit Rossschweif. Die Dienstgradabzeichen ( Epauletts bei den Offizieren, Kragen- und Armelstreifen bei Unteroffizieren) richteten sich nach preußischem Vorbild. Die Dekoration aller Kopfbedeckungen war der gesamtdeutsche Doppeladler mit dem Wappen Schleswig-Holsteins auf der Brust.

Als Kokarden wurden ab dem 7. September 1848 links das Blau-Weiß-Rot fur Schleswig-Holstein, rechts Schwarz-Rot-Gold getragen. ( Am 9. Marz 1848 hatte der Bundestag diese Farben beschlossen, spater auch die Frankfurter Nationalversammlung per Reichsgesetz .) Alle Offiziere trugen als Feldzeichen silberne Scharpen , in die schleswig-holsteinische Farben eingewirkt waren. Als Truppenfahnen wurden nur die schleswig-holsteinischen und die deutschen mitgefuhrt. Die Schleswig-Holstein-Armee galt in mancher Hinsicht als vorbildlich, zum Beispiel im Sanitatsdienst und in der Logistiktruppe .

Ehrenmal auf dem Nordfriedhof (Kiel)

Der Krieg von 1848 bis 1851 fand vor dem Hintergrund genereller waffentechnischer Neuerungen statt. Dabei entwickelte sich die Artillerie ebenso weiter wie die Handfeuerwaffen: Ab 1840 begann man mit der allgemeinen Einfuhrung von Perkussionszundungsmechanismen anstelle der Feuersteinschlosser und experimentierte mit gezogenen Laufen, neuen Geschossen (Minie-Geschosse) und dem sogenannten Thouvenischen System. Bei letzterem sorgt ein am Laufende angebrachter Dorn fur die Stauchung des Geschosses in die Zuge des Laufes. Die schleswig-holsteinische Armee verwendete Infanteriegewehre, Jagerbuchsen und Karabiner aus alten danischen (Musketen 1822 und 1828) und preußischen Bestanden (Model 1809 U/M und 1839) und kaufte sogenannte Dornbuchsen (Thouvenin-Gewehre) in Luttich und Suhl. Die Mehrzahl der Blankwaffen kam aus alten danischen Bestanden oder aus den Waffenfabriken in Solingen. An Artillerie stand der schleswig-holsteinischen Armee zunachst nur das in der Festung Rendsburg vorgefundene Material zur Verfugung. Hier bildeten die 6-, 12- und 24-pfundigen Kugel- und Bombenkanonen des Modells 1834 aus der danischen Armee die Bewaffnungsgrundlage wahrend des gesamten Krieges. Zur Jahreswende 1850/51 experimentierte die Artillerie auch mit der Aufstellung einer Raketenbatterie vom Typ Congreve .

Obwohl es in Rendsburg ein Arsenal, ein Zeughauslaboratorium und mit der Carlshutte auch eine moderne Eisengießerei gab, stellten die Schleswig-Holsteiner wahrend des Krieges selbst keine Waffen her, außer einigen wenigen Handmorsern und Kanonenbooten (mit Riemen und Segel ausgerustete Kriegsschaluppen). Alle Waffen mussten also eingefuhrt werden.

Ausstellung 2012

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Zur Geschichte der Erhebung, des Krieges und der schleswig-holsteinischen Armee kuratierte die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek mit Jens Ahlers und Jan Schlurmann 2012 eine Doppelausstellung in Kiel und Rendsburg. [5]

Commons : Schleswig-Holsteinische Armee  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die beiden ?aus dem Wappen schreitenden“ Schleswiger Lowen umgedreht, um die Einigkeit der beiden Landesteile zu zeigen (Manfred Ruthlein: Wohin ?schreiten“ die Schleswiger Lowen im Wappen Schleswig-Holsteins? In: Heimatkundliches Jahrbuch Rendsburg , 53, 2003, S. 170)
  2. Festung Rendsburg ( Memento vom 6. Januar 2005 im Internet Archive )
  3. Gerd Stolz, Heyo Wulf: Danische, deutsche und osterreichische Kriegsgraber von 1848/51 und 1864 in Schleswig-Holstein . Husum 2004, ISBN 978-3-89876-167-3
  4. Bilder der Grabstelle
  5. Jan Schlurmann, Jens Ahlers: AufBruch & BurgerKrieg. Schleswig-Holstein 1848?1851 . Ausstellungskatalog, Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel 2012. ISBN 978-3-941713-10-9 .