Schacht 371
ist der Hauptschacht des stillgelegten
Bergbaubetriebes Aue
(vormals
Objekt 09
) der
SDAG Wismut
, einem
Uran
-
Bergwerk
im
Westerzgebirge
. Das Bergwerk war mit einer
Gesamtteufe
von mehr als 1.800 m bis zur Schließung das tiefste
Bergwerk
Deutschlands. Es ist Bestandteil der
Montanregion Erzgebirge/Kru?noho?i
, welche seit 2019 zum
UNESCO-Welterbe
gehort.
[1]
Der Schacht
371
befindet sich im
Poppenwald
im Tal der
Zwickauer Mulde
auf der Flur der Stadt
Hartenstein
im
sachsischen
Landkreis Zwickau
, an der Grenze zum
Erzgebirgskreis
. Er liegt an der Straße Hartenstein?
Bad Schlema
und an der
Bahnstrecke Schwarzenberg?Zwickau
, an welcher der Schacht zwischen 1960 und dem Ende der
DDR
mit dem Haltepunkt
Poppenwald
eine Bahnstation fur den Berufsverkehr der SDAG Wismut besaß.
[2]
Der Bergbau im
Schlematal
begann im 15. Jahrhundert auf
Kupfer
,
Silber
und
Eisen
. Die ebenfalls schon im 15. Jahrhundert entdeckten reichen Silbervererzungen in Schneeberg sind mit
Kobalt
,
Nickel
und
Wismut
vergesellschaftet. Als die Silberausbeute zuruckging, wurden diese Erze, insbesondere Kobalt, Gegenstand des
Schneeberger
Bergbaus. Zusammen mit den Silbererzen trat gehauft ein schweres schwarzes
Mineral
unbekannter Zusammensetzung auf, das wegen seiner Farbe und seines Glanzes
Pechblende
genannt wurde. 1789 entdeckte
Martin Heinrich Klaproth
in einer Pechblendestufe der
Johanngeorgenstadter
Grube
Georg Wagsfort
das
Element
Uran
. Am 1. Marz 1896 entdeckte
Antoine Henri Becquerel
zufallig die
Radioaktivitat
des Urans.
Marie Curie
und ihr Ehemann
Pierre Curie
entdeckten 1898 in Abfallerzen aus
Joachimsthal
die Elemente
Polonium
und
Radium
. Dies war der Ausloser fur die Errichtung eines Heilbades im bohmischen St. Joachimsthal, das im Jahr 1906 eroffnet wurde. Es nutzte die radioaktiven Wasser der dortigen Uran-Silber-Lagerstatte. Das florierende Heilbad auf bohmischer Seite erweckte Begehrlichkeiten auf sachsischer Seite. Daraufhin begannen
Carl Schiffner
und Max Weidig von der
Bergakademie Freiberg
im Auftrag des Koniglich-Sachsischen Finanzministeriums mit der Suche nach radioaktiven Wassern in
Sachsen
. 1909 wurden durch
Richard Franz Friedrich
in Oberschlema starke Quellen im Radiumort des
Marx-Semler-Stollns
entdeckt, der das Schneeberger Revier entwassert. Daraufhin wurde in Oberschlema am 2. August 1916 mit dem Bau eines Heilbades begonnen, das am 16. Mai 1918 eroffnet wurde.
Nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges
wurden diese Quellen in Oberschlema sowie die bekannten Uranvorkommen in Schneeberg und Johanngeorgenstadt Ausgangspunkt fur die sowjetischen Erkundungsarbeiten auf Uran in Sachsen fur das
sowjetische Kernwaffenprogramm
. Im Jahr 1946 wurde mit der Aufwaltigung alter Gruben in Oberschlema (
Objekt 02
) und Schneeberg (ab 1947
Objekt 03
) begonnen und das erste Erz gefordert. Im Zuge der Untersuchungsarbeiten der Flanken der Lagerstatten Schneeberg und Oberschlema durch das Objekt 21 entdeckte man in den Jahren 1948/1949 die Fortsetzung der Oberschlemaer Lagerstatte nach Norden in den Bereich Niederschlema und
Aue
-
Alberoda
. Fur den Abbau dieser Lagerstatte wurde im Herbst 1948 das Objekt 09 gegrundet. Das Objekt 09 entwickelte sich schnell zum bedeutendsten Uranproduzenten im Erzgebirge. Die Vererzungen lagen deutlich tiefer als in Schneeberg und Oberschlema. Dies und die Große der Lagerstatte machten moderne Schachtanlagen notig, die primitiven Anlagen aus der Anfangszeit des Uranbergbaus waren fur die weitere Entwicklung der Lagerstatte ungeeignet. Daher wurden in den 1950er-Jahren mehrere moderne Forder- und Wetterschachte in Betrieb genommen. Am 4. April 1956 begann das Objekt 11 der SDAG Wismut mit den Teufarbeiten fur den Schacht 371. Am 1. Mai 1959 wurde der Schacht als ?Jugendschacht 1. Mai“ an die Produktion ubergeben. Im Laufe der 1960er-Jahre wurden die oberen Sohlen bis zur -540-m-Sohle der Lagerstatte Niederschlema großtenteils ausgeerzt und die Forderung auf den fur jene Sohlen verantwortlichen Schachten eingestellt. Ab 1972 verblieb Schacht 371 als letzter Forderschacht auf der Lagerstatte. Im Falle einer Havarie konnte aber der Schacht 366 die Aufgaben von Schacht 371 zeitweilig ubernehmen. Das hochste Forderergebnis wurde 1963 mit 4.553 t Uran im Jahr erreicht. Danach sank die Produktion allmahlich ab. 1989, im letzten kompletten Betriebsjahr, wurden rund 1,4 Millionen Tonnen Erz mit einem Urangehalt von 442 t Uran an die Aufbereitungsbetriebe geliefert. Die Gewinnungskosten lagen bei 364,62 Mark/Kilogramm, der Bergbaubetrieb Aue war damit der zweitteuerste von 7 aktiven Bergbaubetrieben der SDAG Wismut in jenem Jahr. Die planmaßige Urangewinnung wurde zum 31. Dezember 1990 eingestellt, ein Restabbau wurde bis zum 1. Marz 1991 betrieben, um die Kontaktflache zwischen Uranerz und Flutungswasser zu minimieren. Insgesamt lieferte die Lagerstatte in 44 Betriebsjahren 73.125 t Uran.
Im Jahr 1991 begannen die Sanierungsarbeiten auf der Lagerstatte Niederschlema mit umfangreichen Maßnahmen unter und uber Tage. Schadstoffe wurden entfernt, Grubenbaue gesichert, Gebaude abgerissen sowie Halden konturiert und abgedeckt. Weiterhin wurde eine Wasserbehandlungsanlage fur das Grubenwasser errichtet. Wahrend dieser Zeit war es fur Besucher moglich, auf Schacht 371 bis zur -540-m-Sohle einzufahren. Der Schacht war damit einige Zeit das tiefste europaische Besucherbergwerk. Im Jahr 1997 erreichte das Flutungswasser die -540-m-Sohle und die Arbeiten auf Schacht 371 wurden eingestellt. Der Schacht wurde 2011 mittels einer Betonplombe verwahrt. Die Gebaude dienen aber weiterhin der
Wismut GmbH, Niederlassung Aue
als Betriebspunkt fur die Sanierung der Betriebsflachen in der Umgebung. Weiterhin befindet sich die mineralogische Lagerstattensammlung der
Wismut GmbH
auf Schacht 371 und ist fur die Offentlichkeit zuganglich.
[3]
Seit 2019 gehort der Schachtkomplex 371, bestehend u. a. aus den Tagesanlagen der Schachtgebaude mit einem 50 m hohem Stahl-Fordergerust, dem Maschinenhaus mit Fordermaschine und einem großen Funktions- und Verwaltungsgebaude zur
Bergbaulandschaft Uranerzbergbau
der
UNESCO-Welterbe
-Region
Montanregion Erzgebirge/Kru?noho?i
.
Schacht 371 diente als
Seilfahrts
-,
Forder
-, Material- und einziehender Wetterschacht. Er wurde als Rundschacht mit einem lichten
Durchmesser
von 6,20 m angelegt. Der
Schachtausbau
besteht aus Schalbeton. Die
Rasenhangebank
liegt bei
355
m u. NN
, die Endteufe von 1.090,60 m bei
735,6
m unter NN
, mit Anbindungen an die -540- und -990-m-Sohle, wobei sich die Sohlenbezeichnungen auf die Marx-Semler-Sohle als 0-m-Sohle beziehen. Uber ein Uberhauen wurde die Schachtrohre zur Entwasserung an die -1080-m-Sohle angeschlossen. Schacht 371 besaß als Schachtforderung zwei parallele
Koepeanlagen
: Eine Gefaßforderanlage (
Skip
) mit einer Nutzlast von 7,5 t, einer Forderkapazitat von 250 t/h und einer maximalen
Fordergeschwindigkeit
von 16 m/s. Die zweite Anlage war eine Gestellforderanlage mit 4 Etagen fur jeweils 2
Forderwagen
(0,63 m³), wovon bei Seilfahrt 3 Etagen fur je 20 Personen genutzt wurden. Mit einer Nutzlast von 8 t und einer Forderkapazitat von 160 t/h. Die Fordergeschwindigkeit lag bei 12 m/s bei Seilfahrt (Personenforderung) oder 16 m/s im normalen Forderbetrieb.
Der
vertikale
Sohlenabstand
betrug im oberen Bereich bis zur -540-m-Sohle 30 m und unterhalb dieser 45 m. Sohlen unterhalb der -540-m-Sohle waren durch mehrere Blindschachte angebunden. Als tiefste Sohle wurde ab 1986 die -1.800-m-Sohle vorgerichtet. Das vorherrschende Abbauverfahren war der
Firstenstoßbau
mit Versatz. Bei diesem Verfahren wird der Gang zwischen zwei Sohlen von unten nach oben abgebaut und mit taubem Gestein verfullt. Die horizontale Forderung in der Grube wurde gleisgebunden durchgefuhrt. Zum Einsatz kamen auf den Hauptstrecken oberleitungsgebundene E-Loks der Typen
El 30
und
EL 30 T
und auf den Nebenstrecken Akkuloks der Typen
B 360
und
B 660
. Die eingesetzten
Forderwagen
hatten ein Volumen von 0,63 m³. Neben den 4 Frischwetterschachten 366, 371, 382 und 383 gab es die vier Abwetterschachte 372, 373, 208
W
und 208. Die Frischwetter fur die tiefen Sohlen mussten gekuhlt werden, um akzeptable Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu befanden sich an den Schachten 382 und 383 sowie auf den Sohlen -1485 und -1620 große Kuhlanlagen. Neben der Bewetterung der Grube war die Wasserhaltung eine weitere Herausforderung. Die beiden Hauptpumpenstationen am Schacht 38 -546-m-Sohle und am Schacht 371-540-m-Sohle hoben, das gesammelte Wasser zur Tagesoberflache, von wo es in die
Vorfluter
abgegeben wurde. Zwischen 1965 und 1989 waren dies durchschnittlich 20.696 m³ pro Tag.
Das Erz wurde bis 1965 untertagig vorsortiert und in Kisten verpackt zutage gefordert. 1965 ging am Schacht 371 die Radiometrische Aufbereitungsfabrik (RAF) in Betrieb, welche Stufenerz (0,1 bis 1 % Urangehalt) und Fabrikerz (0,01 bis 0,1 % Urangehalt) vorsortierte. Ab 1980 wurde nach der Aufbereitung der Fabrikerze in der RAF diese mit dem Stufenerz verschnitten und auf einem durchschnittlichen Urangehalt von 0,4 % gebracht. Dieses Erz ging per Eisenbahn an die
Aufbereitungsanlage
in
Crossen
und ab 1989 nach
Seelingstadt
. Die Erze wurden dort nass-mechanisch angereichert und in die Sowjetunion geschickt. Ab 1980 wurde die Verschickung von Stufenerz eingestellt und alle Erze in Crossen oder Seelingstadt zu chemischem Urankonzentrat in Form von
Yellow Cake
verarbeitet. Taubes Material wurde mittels eines Schragaufzuges auf eine Anhohe hinter der Schachtanlage gefordert und von dort mittels LKW auf die beiden Halden 371/I und 371/II verteilt, welche teilweise in zwei kleinen Talern geschuttet wurden. Halde 371/I hatte bei Betriebseinstellung ein Volumen von 9,3 Millionen m³ und Halde 371/II ein Volumen von 3,7 Millionen m³.
Schacht 371 selbst befindet sich außerhalb der eigentlichen
Lagerstatte Schneeberg-Schlema-Alberoda
. Der
Schachtansatzpunkt
wurde bewusst so gewahlt, dass durch den
Schachtsicherheitspfeiler
kein
Vorratsverlust
eintrat. Die Uranlagerstatte Niederschlema-Alberoda befindet sich wie die meisten Uranlagerstatten der Region auf der Gera-Jachymov-
Storungszone
. Sie besteht aus mehr als 1.000 vererzten hydrothermalen Gangen, die auf durchschnittlich 5 % ihrer Flache mit Uran vererzt sind. Die Gange befinden sich in einer Serie aus
palaozoischen
Amphiboliten
,
Schwarzschiefern
,
Quarziten
und
Skarnen
. Unterlagert wird die Lagerstatte von einem
variszischen
Granit
, der selbst kaum vererzte Gange enthalt. Die uranerzfuhrenden Gange streichen meist Nord-Nordost/Sud-Sudwest und haben eine Machtigkeit von einigen Zentimetern bis wenigen Metern. Haupturanmineral ist Pechblende und untergeordnet
Coffinit
in
Dolomit
- und
Quarz
-
Kalzit
-Gangen. Nebenbestandteile der Gange sind
Fluorit
,
Hamatit
, Buntmetallsulfide,
Pyrit
sowie untergeordnet verschiedene Wismut-, Kobalt-, Nickel-, Silber- und
Selenminerale
. Die Vererzung wurde bis zu einer Teufe von mehr als 2.000 m nachgewiesen, allerdings lagen die großten Uranvorkommen zwischen 500 und 1.500 m Teufe. Insgesamt wurden Vorrate von mehr als 82.000 t Uran in der Lagerstatte Niederschlema-Alberoda geloscht, woraus 73.105 t Uran gewonnen wurden. 1991 wurden Restressourcen inklusive Reserven von 2.049 t Uran ausgewiesen. Zusammen mit den geloschten Vorraten auf den sudlichen Teillagerstatten Oberschlema und Schneeberg sowie vermuteten Ressourcen im Erkundungsfeld Bernsbach betrug der gesamte Uraninhalt der Lagerstatte nahezu 100.000 t Uran. Sie ist damit die großte Gangtyp-Uranlagerstatte weltweit.
- Wismut GmbH (Hrsg.):
Chronik der Wismut.
Chemnitz 1999.
- Johannes Bottcher:
Seilfahrt ? Auf den Spuren des sachsischen Uranerzbergbaus.
Bode-Verlag, Haltern 2001,
ISBN 3-925094-40-7
.
- Oliver Titzmann
:
Radiumbad Oberschlema
. Eigenverlag, Schlema 1995.
- Axel Hiller, Werner Schuppan:
Geologie und Uranbergbau im Revier Schlema-Alberoda
(=
Bergbaumonographie
.
Band
14
). LfUG, Freiberg 2008,
ISBN 978-3-9811421-3-6
.
- ↑
Der Schachtkomplex 371 auf der Webseite der Montanregion Erzgebirge/Kru?noho?i
- ↑
Der Haltepunkt Poppenwald auf www.sachsenschiene.net
- ↑
Schacht 371 bekommt einen Korken verpasst
,
Freie Presse
, 17. Mai 2010 (kostenpflichtig)
Deutschland
Deutschland:
Montanlandschaft Altenberg?Zinnwald
(mit
Aschergraben
) |
Montanlandschaft Annaberg-Frohnau
(mit Altstadt von
Annaberg
,
Frohnauer Hammer
) |
Bergbaulandschaft Buchholz
|
Mittelalterliche Silberbergwerke Dippoldiswalde
|
Bergbaulandschaft Ehrenfriedersdorf
|
Bergbaulandschaft Eibenstock
|
Montanlandschaft Freiberg
(mit
Alter Mordgrube
,
Drei-Bruder-Schacht
,
Erzkanal
,
Huttenkomplex Halsbrucke
, Huttenkomplex
Muldenhutten
,
Revierwasserlaufanstalt
,
Rotem Graben
,
Rothschonberger Stolln
) |
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Filzteich
, Altstadt von
Schneeberg
,
Erzverarbeitungsanlagen Siebenschlehen
,
Silberschmelzhutte St. Georgen
,
Fundgrube St. Anna am Freudenstein
,
Fundgrube Wolfgang Maaßen
, Fundgube Daniel, Fundgrube Sauschwart,
Fundgrube Weißer Hirsch
) |
Bergbaulandschaft Uranerzbergbau
(mit
Schachtkomplex 371
)
Tschechien
Tschechien:
Montane Kulturlandschaft Abertamy ? Bo?i Dar ? Horni Blatna
(mit
Grube Mauritius
,
Plattner Kunstwassergraben
,
Wolfspinge
) |
Montane Kulturlandschaft Jachymov
(mit
Burg Freudenstein
,
Grube Svornost und Stolln Nr. 1
) |
Montane Kulturlandschaft Krupka
(mit
Burg Krupka
) |
Montanlandschaft Vrch Mednik
|
Roter Turm des Todes
50.631972222222
12.684638888889
Koordinaten:
50° 37′ 55,1″
N
,
12° 41′ 4,7″
O