Sardanapalus

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Werkdaten
Titel: Sardanapalus

Eugene Delacroix : Der Tod des Sardanapal (1827)

Form: Oper in drei Akten mit Prolog
Originalsprache: Deutsch
Musik: Christian Ludwig Boxberg
Libretto : Christian Ludwig Boxberg
Urauffuhrung: 1698
Ort der Urauffuhrung: Ansbach
Spieldauer: ca. 3 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Ninive , Assyrien im 7. Jahrhundert v. Chr.
Personen
  • Sardanapalus ( Sardanapal ), letzter Konig von Assyrien ( Tenor )
  • Arbaces ( Kyaxares II. ), ein Furst und spater Konig der Meder ( Bass )
  • Belesus ( Nabopolassar ), ein Furst und spater Konig der Babylonier (Bass)
  • Belochus, sein Sohn ( Alt )
  • Atrax, Arbaces Diener (Tenor)
  • Agrina, assyrische Furstin ( Sopran )
  • Salomena, assyrische Furstin (Sopran)
  • Didonia, assyrische Furstin (Sopran)
  • Saropes, Sardanapalus‘ Diener (Tenor)
  • Misius, Agrinas Page (Sopran)
  • Kavaliere, Frauen, Mohren, Soldaten, Komodianten

Prolog:

Titelblatt des Librettos

Sardanapalus ist die einzig erhaltene Oper des deutschen Komponisten und Librettisten Christian Ludwig Boxberg . Als Musiker war er ein Schuler von Nicolaus Adam Strungk , fur den er auch Opernlibretti verfasste.

Das Stuck handelt vom letzten Herrscher der Assyrer, der an seiner Luxusgier und seinen Leidenschaften zugrunde geht und sich am Ende mit seinen Frauen und Schatzen auf dem Scheiterhaufen selbst verbrennt.

Entstehung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der 1670 als Sohn des Sondershauser Hoforganisten geborene Boxberg, wurde 1685 Alumne der Thomasschule zu Leipzig , als Johann Schelle Thomaskantor war. Als Nicolaus Adam Strungk 1693 in Leipzig das erste burgerliche Opernhaus Mitteldeutschlands mit seiner Alceste eroffnete, ubernahm dessen Schuler Boxberg, inzwischen Student an der Universitat Leipzig , schon bei der Eroffnungsproduktion die Tenor-Partie des lustigen Dieners Lesbus.

Schon bald avancierte Boxberg zu Strungks rechter Hand beim Erstellen der Leipziger Opern. Spatestens ab 1696 schrieb er fast samtliche Libretti fur die Opern seines Lehrers, meist auf der Basis italienischer Vorlagen. Nach 1697 komponierte Boxberg auch Opern, die in Wolfenbuttel und Kassel aufgefuhrt wurden, wo er als Kapellmeister tatig war. Doch fur Leipzig durfte Boxberg erst spater Musik schreiben, als der stets hoch verschuldete Strungk sich aus Angst vor den Glaubigern in Leipzig nicht mehr sehen lassen konnte. Doch unternahm das Leipziger Opernunternehmen 1698 eine Reise nach Ansbach , ohne Kapellmeister Strungk. Dort bekam es Gelegenheit, am Hof des kunstsinnigen jungen Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach zwei Opern ? Die verschwiegene Treue und Sardanapalus ? aufzufuhren; beide dichtete und komponierte Boxberg. Eine davon ? der Sardanapalus ? blieb in der Ansbacher Bibliothek erhalten. Das Stuck ist die alteste erhaltene deutschsprachige Oper aus Mitteldeutschland und somit in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Denkmal der fruhen deutschen Operngeschichte.

Libretto [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Boxberg sein Libretto auf der Grundlage einer italienischen Vorlage verfasste. Dies ist nach Meinung von Alberto Martino das Dramma per musica Sardanapalo von Carlo Mademi gewesen, welches im Jahre 1679 mit der Musik von Giovanni Domenico Freschi in Venedig uraufgefuhrt wurde. [1] Boxbergs Libretto besteht aus einem Prolog und drei Akten und dieses wurde 1698 bei Jeremias Kretschmann in Ansbach gedruckt.

Die erste moderne Wiederauffuhrung des Stuckes gab es am 27. Juli 2012 im historischen Ekhof-Theater in Gotha, mit der Compagnie Opera Baroque und dem United Continuo Ensemble unter der musikalischen Leitung von Bernhard Epstein und in einer an der historisch-informierten Auffuhrungspraxis orientierten Inszenierung mit Barockgestik und -tanz von Milo Pablo Momm .

Handlung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Historischer und literarischer Hintergrund [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die weitgehend frei erfundene Handlung mit seinem eng verflochtenen Intrigenspiel um Liebe und Macht, dessen Verwicklungen und Verwechslungen und kunstvolle Wiederholungen schließlich zum glucklichen Ende fur einige tugendhafte Paare, aber zum Tod des lusternen Herrschers und seiner Ehefrau fuhren, ist eingebettet in die in Diodors Universalgeschichte (II, 27) uberlieferte und sich auf die Geschichte Assyriens und Persiens des Ktesias von Knidos beziehende Geschichte des legendaren letzten assyrischen Konigs Sardanapalus. Diese Figur ist wohl ein Konglomerat der historischen assyrischen Konige A??ur-b?ni-apli , seinem Bruder ?ama?-?uma-ukin und seinem Sohn Sin-?ar-i?kun . Die Eroberung der assyrischen Hauptstadt Ninive durch die Babylonier und Meder fand im Jahre 612 v. Chr. statt, bei der Sin-?ar-i?kun starb.

Prolog [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mars liebt den Krieg. Juno, Venus, Diana und Apollo versuchen seine Leidenschaft fur brennende Dorfer zu beschwichtigen. Cupido kommt zu Hilfe und bedroht Mars mit seinen Pfeilen. Daraufhin loscht er das Feuer in den Dorfern und erwahnt scherzhaft, dass er ja nur vorhat mit diesen Feuereffekten, eine Party fur den Herrscher zu feiern. Statt Krieg zu fuhren wird er die Geschichte von Sardanapalus erzahlen, denn: Wer Tugend sehen will, der solle sich erst mal das Laster genauer unter die Lupe nehmen.

Erster Akt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der maßlose assyrischer Herrscher Sardanapalus hat schon zum wiederholten Mal gegen seinen Feind Belesus und dessen Verbundeten, den jungen Feldherrn Arbaces, gesiegt. Belesus ist verzweifelt, denn er glaubt seinen Sohn Belochus im Kampf verloren. Arbaces, Konkurrent von Sardanapalus bezuglich der schonen und klugen Agrina, ist verzweifelt, da er diese im Palast des vergnugungssuchtigen Sardanapalus weiß. Agrina, die ihrem Arbaces ewige Treue geschworen hat, trifft bei der Siegesfeier des Sardanapalus auf den schonen Belochus, der ihr seine Liebe erklart. Sie bleibt standhaft und schmiedet Plane. Durch ihren Pagen Misius mochte sie heimlich Nachricht ins feindliche Lager senden, um Tipps fur den geeigneten Zeitpunkt eines erneuten Angriffs zu geben. Der schone Belochus wird aufgrund seiner Unvorsichtigkeit sogleich gefangen genommen ? zum großen Entzucken zweier Frauen des Sardanapalus.

Zweiter Akt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sowohl Salomena, die ?treue“ Gattin des Sardananalus als auch Didonia, die Belochus aus dem Kerker befreit und dem zum Zwecke in Frauenkleider steckt, begehren den jungen schonen Mann leidenschaftlich. Im Palast des lebensfreudigen Sardanapalus geht in den Liebesbeziehungen so manches drunter und druber. So gesteht der Leibgardist Saropes Salomena mehrmals leidenschaftlich seine Liebe, wovon die verliebte Gattin des Sardanapalus gar nichts wissen will. Kaum ist der zudringliche Belochus außer Sichtweite, macht sich schon Sardanapalus in seinem Serail an die schone Agrina heran. Erfolglos. Doch in Salomena findet er willigen und vergnuglichen Ersatz. Um ihren pikanten Leidenschaften zu gefallen, verkleidet sich Sardanapalus als Frau. Atrax, der beflissene Diener des feindlichen Arbaces, auch ein Verehrer der Agrina, schleicht sich als Frau verkleidet ein in das Serail, um diese ausfindig zu machen. Als Sardanapalus erfahrt, dass der schone Belochus aus dem Kerker geflohen sei, begegnet er, selbst immer noch in Frauenkleidern, versehentlich dem verkleideten Atrax, den er sogleich verfuhrt. Eventuell ein wenig verwirrt und stolz auf seine Wirkung als Frau, kommt Atrax in die Fange der eifersuchtigen Salomena. Er fliegt auf. Doch sie lasst ihn laufen. Schließlich findet er Agrina und uberbringt ihr brav die Nachricht seines Herrn Arbaces, dass dieser sie immer noch liebe. Agrina stellt ihm ihren (relativ genervten) Pagen Misius zur Fluchthilfe zur Seite. Nachts im Garten des Herrschers, findet Atrax dann zufallig die abgelegten Kleider des fluchtigen schonen Belochus und legt sich diese sogleich an, um seine Flucht fortzusetzen. Naturlich wird er sogleich verhaftet und landet im Kerker. Prompt ist der echte fluchtige schone Belochus inzwischen bei Agrina, seiner großen Liebe, angelangt und bittet sie nochmals um Erhorung. Sie entsagt ihm abermals, doch diesmal nicht so hitzig, sondern mit der guten Begrundung ihrer großen Liebe zu dem Feldherrn Arbaces. Belochus sieht die Vergeblichkeit seines Werbens ein und entsagt ihr. Just in jenem Augenblick ist der als Mohr verkleidete Arbaces selbst in die Gemacher des Palastes eingedrungen und bekommt gerade noch mit, dass sich Belochus und Agrina versohnlich umarmen. Er fuhlt sich bitter betrogen und meldet vorgeblich als Mohr von seinem Herrn Arbaces, also sich selbst, dass Arbaces Agrina nicht mehr liebe. Der enttauschte Belochus hat inzwischen in Didonia, seiner Befreierin, Ersatz gefunden und sich in intimen Liebesrausch begeben. Der immer noch falschlicherweise als Belochus im Kerker schmachtende Atrax, wird von Misius, dem Pagen der Agrina, der inzwischen Gefallen gefunden hat an dem verkleideten Atrax, mittels einer Wunderkiste mit prekaren Kleidungsstucken ? befreit. Bevor es aber ganz dazu kommt, ist Salomena dort aufgetaucht. Atrax genießt seine Wirkung in den Kleidern des schonen Belochus. Doch er fliegt erneut auf und Salomena lasst ihn abermals laufen.

Dritter Akt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ein Feld von großem Missverstandnis und Eifersucht auf allen Seiten. Bevor die privaten Wirren ein Ende finden, bricht erneut der Krieg aus. Arbaces und Belesus sturmen die Mauern der Stadt Ninive. Sardanapalus hat, desinteressiert am Kriegsgeschehen, seiner Frau Salomena die Kriegsgeschafte ubertragen. Salomena wird verwundet und stirbt. Erst jetzt wird Sardanapalus klar, dass es fur ihn keinen Ausweg mehr gibt. Um nicht in Feindeshand zu geraten, verbrennt er sich selbst auf dem Scheiterhaufen mit seinen Frauen und allen Schatzen. Arbaces und Belochus haben den Krieg erfolgreich gewonnen. Agrina wird von Arbaces abgewiesen. Er halt sie immer noch fur untreu. Nun, glaubt sie, kann sie alle Traume, einst an der Seite von Arbaces auf dem Thron zu sitzen, an den Nagel hangen. Erst als er das Liebespaar Belochus und Didonia entdeckt, wird ihm klar, dass er Agrina moglicherweise unrecht getan hatte. Die neue Regierung in Assyrien tritt an: Das versohnte Liebespaar Arbaces und Agrina auf dem einen Thron sowie der alte Belesus auf dem anderen Thron. Belesus kann sein Gluck gar nicht fassen: Sein tot geglaubter Sohn Belochus ist am Leben. Fur ein Leben im privaten Gluck entscheiden sich der schone Belochus und seine nun doch von ihm geliebte Didonia. Und der ?geile Hund“ Sardanapalus ist tot.

Musik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Boxbergs Partitur stellt eine bemerkenswerte Synthese verschiedener europaischer Nationalstile dar. Neben den deutschen Einflussen finden sich zahlreiche franzosische und sogar einige der italienischen Oper. Somit stellt sie eine Fruhform des Les Gouts Reunis , des vermischten Geschmacks dar, jenes Kompositionsstils also, den der Flotist, Komponist und Theoretiker Johann Joachim Quantz Jahrzehnte spater als typisch fur die Werke Telemanns, Bachs und Handels bezeichnete.

Kennzeichnend sind die vielen kurzen Arien, die, wie die in den Opern von Johann Philipp Krieger , Philipp Heinrich Erlebach , Johann Lohner und in denen seines Lehrers Strungk, Strophenlieder mit Instrumentalritornellen sind, mit syllabischer Textverteilung, einfacher Harmonisierung und oft tanzerischem Rhythmus. Der italienische Einfluss fallt hier deutlich geringer aus, als zum Beispiel in den Buhnenwerken von Johann Wolfgang Franck , Reinhard Keiser , Johann Sigismund Kusser und dem Erstlingswerk des jungen Georg Friedrich Handel , der Almira .

Orchester [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Blockflote , drei Oboen , Fagott , vier Trompeten , Pauken , Streicher, Basso continuo (Violone resp. Violoncello, Laute, Cembalo).

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Michael Maul : Christian Ludwig Boxberg und sein Sardanapalus. In: Sardanapalus , Programmheft, Wilhelma Theater, Stuttgart 2014, S. 3?6

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Alberto Martino: Die italienische Literatur im deutschen Sprachraum . In: Chloe, Beihefte zum Daphnis , Band 17, Editions Rodopi B.V., Amsterdam 1994, S. 444