Sanktionierung (Taxonomie)

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Die Sanktionierung verschafft einem wissenschaftlichen Namen einer Pilzart automatisch Prioritat (Vorrang) vor einem alteren Namen und setzt damit die Anterioritatsregel des Internationalen Codes der Nomenklatur fur Algen, Pilze und Pflanzen (ICN) außer Kraft. Die Anterioritatsregel gibt einem alteren Namen, also einem Namen, der fruher veroffentlicht wurde, automatisch Vorrang. Die Sanktionierung setzt diese Regel außer Kraft. Durch die Sanktionierung wird also ein jungerer und gut etablierter Name davor geschutzt, durch einen alteren, aber vollkommen ungebrauchlichen Namen ausgetauscht zu werden. Wurde der sanktionierte Name selbst fruher von einem anderen Autoren bereits eingefuhrt, wird diese altere Verwendung als alteres Homonym des gultigen Namens behandelt. Die Sanktionierung ist im Artikel 13.1 und Artikel 15 des ICN geregelt.

Sinn der Sanktionierung ist es, die gravierenden Folgen des beim 13. Internationalen Botanischen Kongress in Sydney 1981 verabschiedeten ?Sydney Code“ zu mildern. Auf dieser Konferenz wurde der Startzeitpunkt fur die Gultigkeit von wissenschaftlichen Pilznamen auf den 1. Mai 1753 gelegt. An diesem Tag wurde der erste Band von Carl von Linnes Werk Species Plantarum veroffentlicht. Zuvor lag der Startzeitpunkt fur Uredinales, Ustilaginales und Gasteromycetes, also Rostpilze , Brandpilze und Bauchpilze im weitesten Sinne, auf dem 31. Dezember 1801 und fur die ubrigen Pilze auf dem 1. Januar 1821. Geregelt ist die Sanktionierung im Artikel 13.1d des ICNs. Danach gelten alle Namen, die einen Rostpilz, Brandpilz oder Bauchpilz benennen als sanktioniert, wenn sie in Christian Hendrik Persoons Synopsis methodica fungorum veroffentlicht wurden. Fur die ubrigen Pilze sind E. M. Frieses Werke Systema mycologicum Band 1?3 und die zusatzlichen Indices (1832) und sein Werk Elenchus fungorum Band 1?2 maßgebend. Die auf der Sydney-Konferenz getroffenen Beschlusse wurden besonders von europaischen Mykologen als großer Fehler angesehen, deren taxonomische Folgen bis heute spurbar sind.

Mochte man darauf hinweisen, dass ein Name durch Persoon oder Fries sanktioniert wurde, kann man dies tun, indem man dem Autorenzitat das Kurzel ?: Fr.“ beziehungsweise ?: Pers“ hinzugefugt (mit Doppelpunkt vor dem Autorenzitat). Dies ist im ICN in der Empfehlung 50E.2 geregelt. Beispiel: Russula consobrina , der Rußgraue Taubling, wird so angegeben: Russula consobrina (Fr.: Fr.) Fr.

"Fr." ist das Autorenkurzel fur E. M. Fries. Dieser hat den Pilz das erste Mal 1818 unter dem Namen Agaricus consobrinus beschrieben , durch die Erwahnung in seiner Systema mycologicum hat er diesen Namen sanktioniert, bevor er den Pilz in die Gattung Russula stellte und ihm durch diese Neukombination seinen heute gultigen Namen gab. Die Angabe des Sanktionierungsautors ist nur eine Empfehlung und kann auch weggelassen werden.