Fassade Andrea Palladios
Kirche San Francesco della Vigna
Innenansicht
San Francesco della Vigna
ist neben
Santa Maria Gloriosa dei Frari
die zweite
Franziskanerkirche
in
Venedig
, unmittelbar an der Lagune am Nordrand der Stadt mit einem weithin sichtbaren
Campanile
. Sie liegt im
Sestiere
Castello
in der Nahe des
Arsenal
.
Die Kirche verdankt ihren Namen einem Weingarten (ital.
vigna
), der durch testamentarische Verfugung des Marco Ziani, Sohn des Dogen
Pietro Ziani
, am 26. Juni 1253 an die
Franziskaner
kam. Auf dem Grundstuck stand eine dem
heiligen Markus
geweihte Kapelle. Nach der Legende erschien Markus, als er hier auf der Reise von
Aquileja
nach
Rom
ubernachtete, ein Engel, der ihn mit den Worten
?Pax tibi Marce Evangelista meus“
(?Friede dir, Markus, mein Evangelist“) begrußte. Diese Worte sind infolgedessen den meisten venezianischen Darstellungen des Markuslowen beigefugt.
Canaletto
:
Kirche und Campo San Francesco della Vigna
, 18. Jh.
Auf einer Stadtansicht des
Jacopo de’ Barbari
fanden sich um 1500 an dieser Stelle eine gotische Kirche mit Kreuzgang und Anbauten, die zum Teil erhalten sind. Das Erbauungsdatum der dreischiffigen gotischen Kirche ist nicht bekannt. Im zugehorigen Kloster lebten die
Minderen Franziskanerbruder
, wahrend die
Minoriten
im Kloster der Frari Kirche lebten. Zum Wiederaufbau der renovierungsbedurftigen Kirche im 16. Jahrhundert fuhrte die Anerkennung der Minderen Bruder als eigenstandiger Ordenszweig und die Unterstutzung des Dogen
Andrea Gritti
, dessen Familienpalast gegenuber der Kirche lag.
Andrea Gritti legte 1534 den Grundstein der neuen Renaissancekirche. 1554 war der Bau vollendet. Der ursprungliche Plan von
Jacopo Sansovino
sah eine Kuppel vor, dieser wurde jedoch von Sansovino selbst zugunsten der nun bestehenden
Saalkirche
mit je funf seitlichen Familienkapellen geandert.
Mit dem Bau der Fassade, der schon 1565 aufgenommen worden war, wurde
Andrea Palladio
betraut. Palladio loste ein verbreitetes Problem der Renaissance, woran Sansovino und die Architekten zuvor scheiterten: die Anbringung einer antiken Ordnung mit korrekten Proportionen an eine Kirchenfassade mit hohem
Mittelschiff
und niedrigen Seitenschiffen. Zur Losung des Fassadenproblems nutzte Palladio zwei miteinander vernetzte Tempelfassaden, das heißt eine große Ordnung fur das Mittelschiff und eine auf zwei Halften aufgeteilte kleine Ordnung fur die Seitenschiffe. Um beide Ordnungen miteinander zu verbinden, stellte Palladio sie auf einen gemeinsamen Sockel, was es in Antike und Renaissance zuvor nicht gegeben hat. Das zentrale und große Tempelmotiv steht dabei "vor" dem kleinen und wird von einem
Dreiecksgiebel
bekront. Auf die Seitenschiffe sind halbe Giebel aufgesetzt. Die Fassade ist als Relief konzipiert, mit verschiedenen Schichten bestehend aus Nischen und
Halbsaulen
, die Hell-Dunkel-Kontraste erzeugen und mit der Lichtwirkung spielen. Die Kirchenfassade kann als dreidimensionaler
Portikus
vor einer
Cella
gelesen werden und ist damit ein Scheinportikus.
[1]
Sie steht unabhangig vom restlichen Bau als
Vorhangfassade
vor der Kirche. Ein ahnliches Konzept wandte Palladio in den nachfolgenden Jahrzehnten auf
San Giorgio Maggiore
und
Il Redentore
in Venedig an.
Paolo Veronese
:
Hl. Familie mit den hll. Antonio Abate, Katharina und Johannes d. Taufer
, 1551 (Cappella Giustiniani)
Das reich ausgestattete Innere der Kirche beherbergt Werke von
Veronese
(
Auferstehung
,
Heilige Familie
), eine Madonna von
Giovanni Bellini
, eine
Maria in Anbetung des Kindes
von
Antonio da Negroponte
, eine
Anbetung der Konige
von
Federico Zuccari
, ein
Opfer Isaaks
von
Giovanni Battista Pittoni
und Marmorreliefs von
Pietro Lombardo
. Weiter befinden sich die Grabmaler der Dogen
Andrea Gritti
,
Marcantonio Giustinian
sowie
Francesco
und
Alvise Contarini
in San Francesco della Vigna.
In der sechsten Kapelle (Cappella Priuli) der linken Seite des Hauptschiffes befindet sich eine von
Marchio Molziner
1691 geschnitzte Holzstatue, die den Heiligen
Paschalis Baylon
darstellt.
An einer Mauer liest man folgende Inschrift:
MCCLIII
(1253 ? Jahr der Widmung durch Marco Ziani)
HIC / REQUIEVIT CORPUS / B.MARCI EV /
RESTAURATA / A.D. MDCCCLXXXV /
CURANTE P.BERNARDINO /A VERONA PLEBANO
- Ennio Concina, Piero Codato, Vittorio Pavan:
Kirchen in Venedig.
Hirmer, Munchen 1996,
ISBN 3-7774-7010-4
.
- ↑
James S. Ackerman:
Palladio
. Penguin Books Harmondsworth, Baltimore / Middlesex 1966,
S.
143?144
(englisch).
45.438108333333
12.347591666667
Koordinaten:
45° 26′ 17,2″
N
,
12° 20′ 51,3″
O