Sait-Faik-Abasıyanık-Museum in
Burgazada
(2009)
Sait Faik Abasıyanık
(*
18. November
1906
in
Adapazarı
; †
11. Mai
1954
in
?stanbul
) war ein
turkischer
Schriftsteller
. Er gilt als der Wegbereiter und Begrunder der modernen turkischen
Kurzgeschichte
.
Sait Faik stammte aus einer wohlhabenden Familie. Sein Vater war der Handler und zeitweilige Burgermeister (1922) Mehmed Faik Bey. Seine Mutter war Makbule Hanım und stammte aus einer angesehenen Familie mit großem Grundbesitz. Sait Faik besuchte in
Adapazarı
die Grundschule und zwei Jahre lang die Mittelschule. Als die griechischen Truppen wahrend des
Griechisch-Turkischen Krieges
die Stadt einnahmen, floh die Familie nach
Duzce
, dann
Bolu
und ließ sich nach dem Krieg in Istanbul nieder, wo Sait Faik das Gymnasium besuchte. Er wurde aufgrund eines Streiches der Schule verwiesen und beendete das Gymnasium in einem Internat in
Bursa
im Jahr 1928. Bis zum Jahre 1930 studierte er in Istanbul Literaturwissenschaften und Lehramt. Von 1931 bis 1935 lebte er in Frankreich und studierte zwei Jahre Literatur in
Grenoble
.
Auf Geheiß seines Vaters kehrte er nach Istanbul zuruck, damit er einem geregelten Beruf nachgehe. Zuerst versuchte er sich als Turkisch-Lehrer an einer armenischen Waisenschule, danach als Kaufmann in einem Geschaft, das sein Vater fur ihn eroffnet hatte, und schließlich als Gerichtsreporter. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1939 lebte er von dessen Erbe.
Ab 1943 arbeitete er als freier Schriftsteller. Sait Faik blieb unverheiratet und starb 1954 an
Leberzirrhose
als Folge ubermaßigen Alkoholkonsums.
Sait Faik schrieb zwei Romane und eine Vielzahl von Kurzgeschichten. Er gilt als der Wegbereiter und Begrunder der modernen turkischen Kurzgeschichte, der nach Ansicht von
Mahmut Makal
neue Themen und eine neue Erzahlweise einfuhrte.
[1]
Sait Faik lebte in einem Umfeld, das seine Art zu leben ablehnte und ihn als
aylak
(Mußigganger) betrachtete.
[2]
Die meiste Zeit seines Lebens hat er nach eigener Aussage damit verbracht, fischen zu gehen, im Cafe zu sitzen, herumzulaufen, Alkohol zu trinken und Geschichten zu schreiben.
[3]
Sait Faik war ein Sonderling.
Orhan Kemal
bezeichnete ihn als sehr direkt und streitsuchtig.
[4]
Sait Faik hatte Schwierigkeiten im Umgang mit Frauen und litt unter Einsamkeit. Er zog sich nicht ganz zuruck, sondern suchte immer wieder die Nahe. Aber auch in der Menge war Sait Faik einsam. Seine Geschichten entstehen wie unter Zwang. Folgerichtig schreibt er denn auch in der Geschichte
Haritada bir Nokta
: "Wenn ich nicht schriebe, wurde ich verruckt werden."
Schauplatz seiner Geschichten sind Istanbul oder die Inseln der Region. Die Geschichten basieren auf subjektiven Beobachtungen, die einem Ereignis oftmals uberraschende Aspekte abgewinnen. In der Geschichte "Kafa ve ?i?e" (in: Alemda?da var bir Yılan) beschreibt er seine Beobachtungsgabe anhand einer Messerstecherei:
- "Ich sehe nicht auf das Messer, sondern meine Blicke bleiben an den Augenbrauen desjenigen hangen, der das Messer zuckt."
Es sind Beobachtungen alltaglicher Situationen, die sich mit Fantasie und Erinnerungen mischen. Die Handlung oder das Ereignis einer Geschichte tritt in den Hintergrund oder findet gar nicht statt.
[5]
Sait Faik macht aus einem beliebigen Gesicht eine Geschichte, wie zum Beispiel in "Birahanedeki Adam" (in: Luzumsuz Adam).
Seine Geschichten handeln vom stadtischen Leben der Fischer, Matrosen, Kneipenbesucher, Passagiere eines Dampfers, Straßenfeger, Wirte, Postboten, Armenier, Juden und Straßenmusikanten von ?stanbul.
Die Sprache Sait Faiks ist ein ungekunsteltes Istanbul-Turkisch mit vielen umgangssprachlichen Elementen. Alangu
[2]
beschreibt diese als "Randbezirksdialekte". Verschiedene Autoren werfen Sait Faik eine gewisse Nachlassigkeit (
savrukluk
) und Disziplinlosigkeit im Umgang mit der Sprache vor. Sein Stil schwankt zwischen
realistischer
Beschreibung und
impressionistischen
Einwurfen. Sein literarischer Ansatz, gleichzeitig skizzenhaft zu schreiben und sich auf Details zu konzentrieren, beeinflusste in der Folge viele junge Schriftsteller.
1953 wahlte ihn die
US-amerikanische
Mark-Twain
-Gesellschaft zum Mitglied. 1955 stiftete seine Mutter den jahrlichen
Sait-Faik-Literaturpreis
. Sein Haus auf der zu ?stanbul gehorenden Insel
Burgaz
ist seit 1964 ein
Museum
.
1936 veroffentlichte Sait Faik seinen ersten Kurzgeschichtenband
Semaver
(?Der Samowar“). Es folgten dutzend weitere wie
Luzumsuz adam
(1948; ?Der nutzlose Mann“),
Kumpanya
(1951; ?Die Firma“) und
Alemda?da var bir yilan
(1953; ?In
Alemda?
gibt es eine Schlange“).
Sein experimenteller Roman
Bir takım insanlar
(1952; ?Eine Gruppe von Leuten“) fiel der turkischen
Zensur
zum Opfer, weil er sich intensiv mit
Klassenunterschieden
auseinandersetzte.
Seine Kurzgeschichten und Reportagen erschienen u. a. auch in der namhaften Literaturzeitschrift
Varlık
(?Existenz“).
- Ein Lastkahn namens Leben. Roman
, ubersetzt von Monika Carbe und Enis Gulegen,
Unionsverlag
, Zurich 1996,
ISBN 3-293-20078-8
(turk.: "Medarı Mai?et Motoru")
- Ein Punkt auf der Landkarte. Erzahlungen
.
Dagyeli-Verlag
, Frankfurt/M. 1991,
ISBN 3-89329-118-0
(turk.: "Haritada bir nokta")
- Der Samowar. Erzahlungen
, ubersetzt von Monika Carbe und Enis Gulegen, DIPA, Frankfurt am Main, 1993,
ISBN 3-7638-0365-3
(turk.: "Semaver")
- Verschollene gesucht. Roman und drei Erzahlungen
, ubersetzt von Monika Carbe und Enis Gulegen, DIPA, Frankfurt am Main 1993,
ISBN 3-7638-0199-5
(turk.: "Kayıp Aranıyor")
- Geschichten aus Istanbul
, ubersetzt und mit einem Nachwort versehen von Gerhard Meier, Manesse Verlag, Zurich 2012.
ISBN 978-3-7175-2288-1
.
[6]
- ?ukran Kurdakul:
?airler ve Yazarlar Sozlu?u.
Istanbul 1971
- Mahmut Alptekin:
Sait Faik Abasıyanık, Bir Oyku Ustası.
Istanbul 1976
- Tahir Alangu:
Cumhuriyetten Sonra Hikaye ve Roman Onculer 1930-1950,
Bd. 2, Istanbul 1965
- Seyit Kemal Karaalio?lu:
Edebiyetımızda ?air ve Yazarlar.
Istanbul 1976
- Mustafa Kutlu:
Sait Faik Hikaye Dunyası.
Istanbul 1968
- Karl-Markus Gauß
, Der Alltag der Welt. Zwei Jahre, und viele mehr. Wien 2015. S. 111?114.
Sait Faik
? Quellen, Texte, Werke, Ubersetzungen, Medien auf
Wikilivres
(auch bekannt als
Bibliowiki
)
- ↑
Mahmut Alptekin:
Sait Faik Abasıyanık, Bir Oyku Ustası.
Istanbul 1976, S. 255
- ↑
a
b
Tahir Alangu:
Cumhuriyetten Sonra Hikaye ve Roman Onculer 1930-1950,
Bd. 2, Istanbul 1965, S. 118
- ↑
Seyit Kemal Karaalio?lu:
Edebiyetımızda ?air ve Yazarlar.
Istanbul 1976, S. 140
- ↑
Mahmut Alptekin:
Sait Faik Abasıyanık, Bir Oyku Ustası.
Istanbul 1976, S. 200
- ↑
Mahmut Alptekin:
Sait Faik Abasıyanık, Bir Oyku Ustası.
Istanbul 1976, S. 23
- ↑
Paris? Das ist doch nur etwas fur die High Society
in
FAZ
vom 10. Januar 2013, Seite 26