Saint-Domingue
war von 1697 bis 1804 eine
franzosische Kolonie
auf dem Gebiet des heutigen
Haiti
mit der Hauptstadt
Cap-Francois
. Der Name Saint-Domingue ist die franzosische Entsprechung des spanischen Begriffs
Santo Domingo
.
Bis zum Jahr 1697 beherrschte Spanien die gesamte, ebenfalls als Santo Domingo bezeichnete Insel
Hispaniola
. Im
Frieden von Rijswijk
verzichtete Spanien dann zugunsten Frankreichs auf das westliche Drittel der Insel. Von nun an war die Insel Hispaniola geteilt in das franzosische Saint-Domingue (heute
Haiti
) und Santo Domingo (heute
Dominikanische Republik
).
Saint-Domingue, der heute deutlich armere Teil, hatte zu Zeiten franzosischer Herrschaft eine florierende Wirtschaft. Die Kolonialherren ließen Urwald abholzen, um Platz fur Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen zu schaffen. Diese Guter wurden zusammen mit Kaffee erfolgreich nach Europa exportiert. Zeitweise war Saint-Domingue Frankreichs reichste Kolonie.
[1]
Sie erreichte im Jahr 1770 den großten Anteil an der weltweiten Zuckerproduktion.
[2]
Haupteinfuhrhafen waren
Bordeaux
,
Nantes
,
Le Havre
und
Marseille
.
[2]
Vom Zucker wurde 70 %
reexportiert
.
[2]
Um den Profit weiter zu steigern, wurden immer mehr afrikanische Sklaven nach Saint-Domingue gebracht, sodass Ende des 18. Jahrhunderts 90 % der Bevolkerung Schwarze waren. Zeitweise wurden jahrlich 40.000
Sklaven
eingefuhrt.
[3]
Im Nachhinein stellte sich die fur den Anbau benotigte Rodung des
Regenwalds
als großer Fehler heraus und ist einer der zahlreichen Faktoren, die zu der schwierigen Lage des heutigen Haiti beitragen. So entstanden durch die Abholzung extreme
Erosionen
. Heute sind nur noch 30 % der landwirtschaftlichen Flache Haitis nutzbar.
[4]
Ein Nebeneffekt ist zudem, dass heute die Walder als Schutzwall gegen Uberflutungen und Schlammlawinen fehlen.
[5]
1791 war Saint-Domingue das großte kaffeeexportierende Gebiet der Welt. Zudem exportierten die Kolonisten rund 80.000
[2]
Tonnen Zucker nach Frankreich.
Um das Ende des 18. Jahrhunderts hatten nur 5 %
[6]
aller
Schwarzen
und
Mulatten
in der franzosischen Kolonie den rechtlichen Status freier Personen, alle anderen waren Sklaven. 1789 begann im kolonialen
Mutterland
Frankreich die
Franzosische Revolution
. 1790 begannen nun auch in Saint-Domingue die
Haitianische Revolution
unter der Fuhrung von
Vincent Oge
[6]
und
Francois-Dominique Toussaint L’Ouverture
. Im Verlauf der Aufstande kam es zu Massakern an der weißen Bevolkerung, zur Abschaffung, Wiedereinfuhrung und erneuten Abschaffung der Sklaverei, zu einer franzosischen Invasion der Insel, zur Vertreibung der franzosischen Truppen durch die schwarzen Generale, zum Burgerkrieg zwischen Schwarzen und
Mulatten
sowie zur Besetzung und spateren Raumung des spanischen Teiles der Insel. Rund 10.000
[2]
Weisse hatten Saint-Domingue hauptsachlich in Richtung
Jamaika
[2]
und nach Nordamerika verlassen. 1804 wurde Haiti unabhangig und somit der erste unabhangige Staat Lateinamerikas und der erste unabhangige Staat mit farbiger Bevolkerung. Zudem gelang den Sklaven einer der erfolgreichsten Sklavenaufstande uberhaupt.
Letztendlich war die euphorisch gefeierte Unabhangigkeit von Saint-Domingue jedoch der Beginn ihres finanziellen und wirtschaftlichen Untergangs. Von dem Reichtum der Kolonie blieb nach der Unabhangigkeit nicht mehr viel ubrig. Ursache waren vor allem die Entschadigungszahlungen, die Saint-Domingue nach seiner Unabhangigkeit an Frankreich zahlen musste. Auch der Niedergang des Exports und die zunehmende
Subsistenzwirtschaft
der Bevolkerung trugen zum Verfall des Staates bei.
- ↑
Der Brockhaus in drei Banden, Band 2, 3. Auflage (2004), S. 79.
- ↑
a
b
c
d
e
f
James Walvin:
Histoire du sucre, histoire du monde
. Editions La Decouverte, Paris 2020,
ISBN 978-2-348-04621-6
,
S.
141
ff
. (Originalausgabe:
How Sugar corrupted the World. From Slavery to Obesity
, 2019; ubersetzt von Philippe Pignarre).
- ↑
C. L. R. James:
The Black Jacobins
. Vintage Books: New York, 1963, S. 55.
- ↑
Wirtschaftsentwicklung Haiti.
In:
giz.de (Gesellschaft fur Internationale Zusammenarbeit).
Abgerufen am 12. Juni 2013
.
- ↑
Wenke Husmann, Stephan Knieps:
Haiti und Dominikanische Republik: Ungleiche Nachbarn.
In:
Die Zeit
.
14. Januar 2010,
abgerufen am 13. Juni 2013
.
- ↑
a
b
Frederic Regent:
Libres de couleur : Les affranchis et leur descendants en terres d’esclavage XIV
e
?XIX
e
siecle
. Editions Tallandier, Paris 2023,
ISBN 979-1-02104749-5
,
S.
280, 460 (chronologie)
.