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Runensteine von Haithabu

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Die Runensteine von Haithabu stellen wertvolle historische Urkunden dar, deren Bedeutung darin liegt, dass die Fruhgeschichte im sudlichen Danemark aus der Zeit vor und nach der danischen Reichseinigung mit realen Ereignissen verbunden werden kann. Der Sinn von Runensteinen ist es, der Nachwelt die Erinnerung an bedeutende Manner zu uberliefern. Die Aufrichtung solcher Gedenksteine beschrankt sich deshalb auf einen sozial abgehobenen Kreis. Die vier auf die Stadt Haithabu zu beziehenden Runensteine sind im Wikinger Museum Haithabu ausgestellt und werden in zwei Gruppen eingeteilt, die ?Sigtryggsteine“ und die ?Svensteine“.

Die Sigtryggsteine [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der kleine Sigtryggstein im Wikingermuseum Haithabu

Die altere Gruppe wird durch die von einer Konigin namens Asfrid fur ihren Sohn Sigtrygg gesetzten Steine reprasentiert und stammt aus der Mitte oder der zweiten Halfte des 10. Jahrhunderts.

Der große Sigtryggstein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachbildung des großen Sigtryggsteins in der Nahe des Fundorts ( Lage )

Der 1797 entdeckte Stein lag zerbrochen an der Furt zwischen dem Haddebyer und dem Selker Noor . [1] Seine Inschrift ist in schwedischen Runen geritzt. Man benutzte einen Stein, der wohl bronzezeitliche Zeichen trug. Der Text lautet:

?Asfrid machte dieses Denkmal nach (zum Gedenken an) Sigtrygg, ihren und Knubas Sohn.“

Der kleine Sigtryggstein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der im Jahre 1887 in den Fundamenten einer Bastion des Schlosses Gottorf eingemauert gefundene zweite Runenstein ist kleiner als der erste. Die Runen stammen von einem danischen Runenmeister . Die Inschrift lautet:

?Asfrid, die Tochter Odinkars, machte diese Denkmaler nach (zum Gedenken an) Konig Sigtrygg, ihren und Knubas Sohn. Gorm ritzte die Runen.“

Die Quellenlage [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Diese Runensteine sind als zeitgenossische Quellen fur ein ansonsten kaum bewahrtes Ereignis wichtig.

  • Adam von Bremen berichtet, dass ein Adliger namens Olaf aus Schweden zu Beginn des 10. Jahrhunderts Danemark eroberte. Seine Sohne werden Chnob (Knuba) und Gyrd genannt. Der letzte Vertreter dieses Geschlechtes mit Namen Sigtrygg wurde von einem Mann namens Hardegon seines Konigtums beraubt. Fur das Vorhandensein schwedischer Wikinger auf der sudlichen Kimbrischen Halbinsel in der ersten Halfte des 10. Jahrhunderts gibt es ein weiteres Zeugnis, auf dem Runenstein von Sædinge auf der danischen Insel Lolland , also unmittelbar am Seeweg zwischen der Schlei und Schweden, wird Schweden erwahnt.
  • Die zweite Notiz verdanken wir dem sachsischen Chronisten Widukind von Corvey , der etwa ein Menschenalter nach den Ereignissen berichtet, dass der deutsche Konig Heinrich I. im Jahre 934 bis zur Schlei vordrang, einen Konig namens Chnuba unterwarf, tributpflichtig machte und zum Christentum bekehrte.

Der Vater Konig Sigtryggs herrschte also 934 uber die Gegend um Haithabu (nicht etwa uber ganz Danemark). Seine Mutter Asfrid uberlebte ihren Mann Chnuba und ihren Sohn Sigtrygg und setzte die beiden Runensteine. Trotz dieser historischen Zeugnisse fur das Eindringen der nur drei Generationen lang herrschenden schwedischen Dynastie bleibt die Geschichte des Geschlechtes im Dunkel. Vor allem ist offen, durch wen es aus Haithabu verdrangt wurde. [2] Hardeknud wurde nur als Eroberer Haithabus infrage kommen, wenn die Eroberung unmittelbar nach jener Heinrichs I. erfolgt ware, denn Gorm der Alte starb bereits 958 n. Chr.

Die Runensteine bezeugen, dass die Dynastie aus Schweden kam, denn anders lassen sich die schwedischen Runen und Sprachformen auf dem großeren Stein nicht erklaren. Der Brauch, gleich zwei Steine zu setzen, findet sich zudem ? im Gegensatz zu Danemark ? in Schweden haufiger. Das Alter der Steine wird dadurch eingegrenzt, dass Knuba 934 noch lebte und von Heinrich I. im Amt belassen wurde. Wann Sigtrygg umkam, ist dagegen vollig offen. Seine Gleichsetzung mit einem Normannen namens Setricus, der 943 in der Normandie ums Leben kam, bleibt eine vage Vermutung, die aber erklaren wurde, weshalb seine Mutter Gelegenheit hatte, die Steine zu setzen, was bei einer feindlichen Eroberung Haithabus kaum moglich gewesen ware.

Ungereimtheiten der Kirchenchronik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Jahre 948 soll der danische Konig Harald Blauzahn bereits Bistumsgrundungen zugelassen haben, darunter die in Schleswig, obwohl er sich erst im Jahre 960 taufen ließ, dafur indessen vom Deutschen Reich die Eider-Schlei-Grenze garantiert bekam, so dass die Herrschaft in Haithabu durch ihn oder einen seiner Vasallen spatestens zu dieser Zeit erfolgt sein musste.

Der Name des Konigs Chnob bzw. Knuba zu Haithabu [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Laut Anmerkung eines fruheren Hamburgischen Archivars scheint der Name Chnob (Knuba) in Deutschland Knop zu lauten. Vermutlich entstand aus diesem Namen der heute noch existierende Nachname Knop bzw. Knoop, der noch immer vermehrt im norddeutschen Raum vorkommt.

Die Svensteine [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die zweite Gruppe der bei Haithabu gefundenen Runensteine ist etwas junger. Auch sie umfasst zwei Steine, von denen der eine noch lange auf seinem Platz stand und heute im Haithabu-Museum steht.

Der Skarthestein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Skarthestein (Skardesten) im Wikingermuseum Haithabu

Der 1857 sudlich des Ortes Busdorf an der alten Landstraße gefundene Stein lag an der Stelle, an der die Straße zwischen den Grabhugeln ?Twebargen“ hindurchfuhrt. In der Grabgrube des etwa 3 m hohen Hugels fand man 1889 die Reste eines Holzsarges, Spuren eines Skelettes, kleinere Eisenreste und ein Stuck Leder mit gepresster Ornamentik. Es handelt sich um eine Bestattung der jungeren Wikingerzeit, deren genaues Alter sich aber nicht ausmachen ließ. Dass sie zu dem Runenstein gehort, ist zwar nicht sicher, aber wahrscheinlich. Die Inschrift des Steines ist in altdanischer Sprachform gehalten und von einem Typ, der etwas junger ist als die der beruhmten Runensteine von Jelling . Sie lautet:

?Konig Sven setzte diesen Stein nach (zum Gedenken an) Skarthe, seinem Gefolgsmann, der nach Westen (England) gefahren war, aber nun fiel bei Haithabu.“

Welcher Konig Sven gemeint ist, lasst sich nicht sicher entscheiden. Entweder war es Sven Gabelbart oder Sven Estridsen . Sowohl nach der Namensform als auch nach der Art der Runen und dem Schrifttyp sind theoretisch beide moglich. Nimmt man jedoch an, dass das im Grabhugel (neben dem Runenstein) gefundene Grab die Reste Skarthes enthalt, dann kann es sich nur um Sven Gabelbart handeln, denn zur Zeit Sven Estridsen war die Errichtung großer Grabhugel, fur die Sven Gabelbart steht, nicht mehr ublich. Das Wiederaufleben heidnischer Sitten lasst sich wahrend der Herrschaft Sven Gabelbarts auch an anderen Stellen beobachten.

Welches historische Ereignis den Hintergrund fur den Tod Skarthes bildet und den Konig personlich nach Haithabu brachte, ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen, da Haithabu bereits vor dem Jahre 986, als Sven Konig wurde, zum danischen Reichsgebiet gehort haben soll.

Der Erikstein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachbildung des Eriksteins in der Nahe des Fundorts ( Lage )

Der bereits 1796 gefundene zweite Stein dieser Gruppe ist der so genannte Erikstein. Er wurde umgesturzt zwischen zwei eng nebeneinander liegenden Grabhugeln in der Nahe des Dorfes Wedelspang, etwa 500 m sudlich des Halbkreiswalls von Haithabu, gefunden. In einem der Hugel fand man bei Grabungen Spuren von Brandbestattungen, aber nichts, was als Bestattung eines wikingerzeitlichen Hauptlings aufzufassen ware. [3] Die Inschrift des Steines lautet:

?Thorolf, der Gefolgsmann Svens, errichtete diesen Stein nach (zum Gedenken an) seinem Genossen Erik, der den Tod fand, als die Krieger Haithabu belagerten, und er war Steuermann, ein wohl geborener Krieger.“

Nach Sprachform, Runen und Schrifttyp ist der Erikstein gleichaltrig mit dem Skarthestein. Diese Gleichzeitigkeit der Steine legt den Schluss nahe, dass der Sven des Skarthesteines und der Sven des Eriksteines identisch sind und sich daher beide Monumente auf eine Belagerung Haithabus beziehen. Wann diese stattgefunden hat, ist dagegen unklar. Geht man davon aus, dass Sven und Skarthe gemeinsam ?nach Westen“ gefahren waren, so grenzt sich das Ereignis immerhin auf den Zeitraum zwischen der ersten Englandfahrt Svens im Jahre 1003 und seinem Tod im Jahre 1014 ein.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Herbert Jankuhn : Haithabu. Ein Handelsplatz der Wikingerzeit , 8. neubearbeitete und stark erweiterte Auflage. Wachholtz, Neumunster 1986, ISBN 3-529-01813-9 .
  • Ernst G. J. Knoop: Archiv der Knop-Geschlechter . 1939?1950, ZDB -ID 974238-4 .
  • Rochus von Liliencron : Der Runenstein von Gottorp. Konig Sigtrygg's Stein im Schleswig-Holsteinischen Museum vaterlandischer Altertumer zu Kiel. Universitats-Buchhandlung, Kiel 1888
  • Lutz Mohr : Der ?Große-“ und der ?Kleine Sigtrygg-Stein“ in Schleswig ? Das Vermachtnis der Wikingerkonigin Asfrid von Haithabu. In: Steinkreuzforschung (SKF). Studien zu deutschen und internationalen Steinkreuzforschung. (= Beitrage zur Runensteinforschung, Bd. 10. Hrsg. von Rainer H. Schmeissner.) Regensburg 1999, S. 6?13.
  • Lutz Mohr: Der ?Skarthi-Stein“ von Haithabu/Schleswig. Ein konigliches Runendenkmal fur einen pommerschen Jomswikinger? In: Ebda, S. 14?22.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Runensteine von Haithabu  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Johann Matthias Schultz : Beschreibung und Erlauterung zweyer in der Nahe von Schleswig aufgefundenen Runensteine . Friedrichstadt 1799, S.   32?33 ( Volltext in der Google-Buchsuche – Autor laut Katalogeintrag BLL01003280655 der British Library ; auf der Titelseite werden ?zwey Freunde“ als Autor genannt).
  2. Laut angefuhrter Literatur (Jankuhn, 1986) S. 72: ?Die danische Runologin Lis Jacobsen hat, gestutzt auf eine Angabe in der großen Saga von Olav Tryggvason, die Vermutung ausgesprochen, dass es der danische Konig Gorm, der Sohn eines Hauptlings namens Hardeknud, war.“
  3. Johann Matthias Schultz : Beschreibung und Erlauterung zweyer in der Nahe von Schleswig aufgefundenen Runensteine . Friedrichstadt 1799, S.   25?29 ( Volltext in der Google-Buchsuche – Autor laut Katalogeintrag BLL01003280655 der British Library ; auf der Titelseite werden ?zwey Freunde“ als Autor genannt).