Dieser Artikel behandelt den Informations- und Kommunikationsdienst. Zur niederlandischen Comedyserie siehe
Rundfunk (Comedy)
.
Rundfunk
ist als
Informations
- und
Kommunikationsdienst
die fur die
Offentlichkeit
und zum zeitlich unverzogerten (Echtzeit-)Empfang durch eine unbestimmte Vielzahl von
Empfangsgeraten
bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von
journalistisch
-
redaktionell
gestalteten Angeboten in
Bewegtbild
oder
Ton
nach einem
Sendeplan
mittels
Telekommunikation
(§ 2 Abs. 1 Satz 1
MStV
). Zum Rundfunk gehoren insbesondere der (in Deutschland seit dem 29. Oktober 1923 bestehende)
Horfunk
(Empfangsgerat:
Radio
) und das
Fernsehen
. Behorden in Deutschland stufen aber mittlerweile auch die Inhalte von
Live-Streaming
von Bild und Ton via
Internet
als Rundfunk ein.
Den Begriff
Rundfunk
pragte der Radiopionier
Hans Bredow
im Jahr 1921 in einem Vortrag.
[1]
Die Wortschopfung geht auf das ursprungliche Verfahren der drahtlosen
Telegrafie
zuruck, die auch als Vorlaufer der
digitalen Ubertragung
angesehen werden kann (siehe auch
Funktechnik
).
Der Begriff
Rundfunk
ist kontextabhangig: Im medieninhaltlichen Sinn umfasst der Begriff die Inhalte von Radio und Fernsehen, allgemeiner aber alle Wege, die in gleicher Form in Echtzeit an viele Rezipienten ubermittelt werden. Im Technikkontext ist der Begriff Rundfunk als unidirektionaler Verteilerdienst fur Horfunk- oder Fernsehprogramme definiert. Das Grundprinzip ist, mit einem Sender moglichst viele nicht individuell festgelegte
Empfanger
zu erreichen.
[2]
Jeder kann Rundfunksendungen empfangen; gegebenenfalls sind sie aber verschlusselt und nicht ohne vorherige Entschlusselung vollstandig verwertbar, auf jeden Fall sind Rundfunksendungen aber anonym nutzbar.
Rundfunkprogramme und einzelne Rundfunksendungen konnen auch via Internet empfangen werden, wenn sie ins Internet gestreamt werden, so dass im Prinzip jeder internetfahige Computer ein Rundfunkempfangsgerat im Sinne des
Rundfunkstaatsvertrags
oder auch des
Rundfunkgebuhrenstaatsvertrags
war. Auf die technischen Aspekte des Streamens (z. B.
multicast
) kommt es dabei nicht an, sondern nur darauf, dass die Angebote an die Allgemeinheit gerichtet sind und ?nicht zeitversetzt“, also nur in Echtzeit abgerufen werden konnen. Technisch handelt es sich bei einer solchen Ubertragung uber das Internet allerdings nicht mehr um Rundfunk, da Streams gezielt angefordert werden mussen und somit keine anonyme Nutzung mehr vorliegt (da zumindest die eigene IP-Adresse ubermittelt werden muss). Dadurch ist es Anbietern und ggf. Regierungen moglich, Nutzerstatistiken zu erstellen, was bei Rundfunk sonst nicht moglich ist. Ebenfalls kann das Angebot leicht durch Eingriffe wie Geoblocking oder politische ?Firewalls“ eingeschrankt werden.
Politisch und
rundfunkrechtlich
relevant ist die Definition von Rundfunk besonders bei Regulierungsaspekten. Der Ubergang zu den
Telemedien
ist fließend: wo der Rundfunk endet (Bagatellrundfunk), beginnen jene.
Die Bezeichnung
Rundfunk
bedeutet nicht, dass Rundfunksender stets uber Antennen mit Rundstrahlcharakteristik verfugen, sondern dass die Informationen ohne Tragermedium und ohne im Einzelnen festgelegte Empfanger verbreitet werden. In allen Rundfunkbereichen ? von der
Langwelle
bis zur
Ultrakurzwelle
? werden zur besseren Versorgung bestimmter Gebiete teilweise
Richtstrahlantennen
verwendet. Dies wird fur die entsprechenden Standorte im Rahmen von Frequenzkoordinationen (wie sie in internationalen Abkommen, zum Beispiel dem
Genfer Wellenplan von 1984
definiert sind) festgelegt. Weiterhin gibt es
Sendeanlagen
, insbesondere im Langwellen- und
Mittelwellenbereich
, die zu bestimmten Zeiten (meist tagsuber) mit Rundstrahl- und nachts mit Richtstrahlantenne arbeiten.
Hauptstrukturelemente von Rundfunk sind
Organisation
,
Verbreitungstechnik
und
Produktion
. Diese konnen, mussen aber nicht in einer Hand zusammenfallen.
Im Mittelpunkt steht die Organisation, der
Rundfunkveranstalter
. Er betreibt ein oder mehrere
Rundfunkprogramme
und gestaltet dabei den Ablauf der einzelnen
Horfunk-
und
Fernsehsendungen
. Rundfunkveranstalter sind insbesondere
Der Dualismus von nichtkommerziellem und kommerziellem, d. h. auf
Gewinnerzielung
angelegtem Rundfunk findet seinen Niederschlag im
dualen Rundfunksystem
. Rundfunkanstalten und Landesmedienanstalten entstehen als
Anstalten des offentlichen Rechts
mit entsprechendem Auftrag durch Gesetz. Private Anbieter (einschließlich Hochschulen und Religionsgemeinschaften) bedurfen der Zulassung oder Anzeige;
[3]
zustandig sind insofern die Landesmedienanstalten in Deutschland, die
KommAustria
in Osterreich bzw. das
Bundesamt fur Kommunikation
(BAKOM) in der Schweiz.
Besondere Rechtsgrundlagen haben die als
Soldatensender
verbliebenen auslandischen Rundfunkveranstalter in Deutschland:
American Forces Network
(AFN) und
British Forces Broadcasting Service
(BFBS) in
Art. 60 Abs. 5
des
Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut
, die beiden
Anlagen des International Broadcasting Bureau
(IBB) in einem Abkommen mit den USA.
[4]
Dem Sendeunternehmen steht ein dem Urheberrecht verwandtes
Leistungsschutzrecht
zu.
[5]
Die
analoge
oder
digitale
Verbreitung erfolgt uber
Fur die internationale Koordinierung der
Frequenzbander
und ihrer Rundfunkfrequenzen ist die
Weltfunkkonferenz
der
Internationale Fernmeldeunion
(ITU) zustandig.
Die terrestrische Verbreitung lag ursprunglich bei den
Postverwaltungen
, heute teilweise bei den Rundfunkveranstaltern, teilweise bei privaten Anbietern (etwa
Media Broadcast
,
Osterreichische Rundfunksender
(ORS),
Swisscom
). Sie bedarf der Zuweisung von Ubertragungskapazitaten bzw. der Frequenzzuteilung.
[6]
In
Westdeutschland
wurden die Sendeanlagen nach dem Zweiten Weltkrieg von den
Besatzungsmachten
der Post entzogen
[7]
und den Rundfunkanstalten zugewiesen,
[8]
weshalb auch heute die Landesrundfunkanstalten in Westdeutschland noch uber eigene Sendeanlagen verfugen. Anders ist die Lage bei den spater gegrundeten Rundfunkanstalten (
Deutschlandfunk
(DLF), ZDF,
Dritte Programme
), wo zunachst wieder die
(Bundes-)Post
zustandig war, oder in Ostdeutschland, wo die Sendeanlagen der
Post
nach der
Wende
privatisiert wurden.
Uber eigene Sendeanlagen verfugen auch die
ERF-GmbH
(fur
Europe 1
), das IBB (fur
Radio Free Europe
(RFE/RL) und
Voice of America
(VoA)) sowie teilweise AFN und BFBS.
Eine weitere Marktoffnung brachte ab 2016 eine Regulierungsverfugung der
Bundesnetzagentur
[9]
gegen die Media Broadcast als
marktbeherrschendes Unternehmen
. Im ersten Quartal 2016 wurden alleine durch den neuen Anbieter
Uplink Network
uber 100 UKW-Frequenzen auf eigene Sender umgestellt.
[10]
Empfangerseitig ist Individualempfang ublich; fruher gab es auch offentliche Lautsprecher (Beispiel:
Stadtfunk Leipzig
) bzw.
Fernsehstuben
. Auch Rundfunkempfang in Ladengeschaften ist noch immer teilweise ublich. Große Verbrauchermarkte mit zahlreichen Standorten werden dafur auch mit eigenen Telemediendiensten beschallt, meist mit Werbung fur eigene Produkte und teilweise mit journalistischen Beitragen, um die Aufmerksamkeit zu steigern. Sie gelten allerdings nicht als Rundfunk.
Haufig fremdproduziert sind entweder ganze Sendungen (so die
Fernsehproduktion
insbesondere im Unterhaltungsbereich) oder nur einzelne Beitrage (Beispiel
Musikproduktionen
im Horfunk). Werden Sendungen ursprunglich uber mehrere Rundfunkveranstalter verteilt, spricht man (speziell im amerikanischen Bereich) von
Syndication
.
Der Zielrichtung nach zu unterscheiden sind Inlands- und
Auslandsrundfunk
.
Beim Inlandsrundfunk sind das Herkunftsland des Rundfunkveranstalters und das Bestimmungsland seiner Sendungen identisch. Nach dem konkreten Zielgebiet konnen nationaler (bundesweiter), regionaler und lokaler Rundfunk (bzw. Regional- oder Lokal
fenster
) unterschieden werden. Nach der programmlichen Ausrichtung lassen sich
Voll-
und
Spartenprogramme
unterscheiden (wobei umfassende Vollprogramme im Sinne fruherer Jahre aufgrund der Zunahme der Programmzahl
[11]
insbesondere im Horfunk heute kaum mehr existieren). Sprachliche Besonderheiten stellen
ethnische Medien
oder Sendungen fur Touristen dar.
Beim Auslandsrundfunk sendet ein Rundfunkveranstalter, der
einem
Herkunftsland zuzuordnen ist, fur
andere
Bestimmungslander. Der traditionelle typische Auslandsrundfunk berichtet inhaltlich uber das Herkunftsland. Beim anderen Formen des Auslandsrundfunks besteht eine engere Verbindung zum Bestimmungsland; Beispiele:
- Wahl des Herkunftsgebietes nur, um ein Verbot privaten Rundfunks im Bestimmungsland zu umgehen (
Peripherie-Radio
, Sendungen vom Meer jenseits der
Hoheitsgewasser
[12]
)
- Aufgreifen von Themen aus dem und Einwirkung auf das Bestimmungsland (Beispiele: RFE/RL,
SNA
-Radio, Untergrundsender/
Clandestine-Radio
)
- Rundfunkveranstalter im Bestimmungsland selbst
Die weltweite technologische Kapazitat, Informationen uber Rundfunk zu empfangen, ist von 432 Exa
byte
im Jahr 1986 auf 1,9 Zettabyte 2007 gewachsen.
[13]
Dies ist der informationelle Gegenwert von 55
Tageszeitungen
pro Person pro Tag (1986) und 175 Tageszeitungen pro Person pro Tag (2007).
[14]
Rundfunksender mussen, um sich nicht gegenseitig zu storen, die ihnen jeweils zugeteilte Sendefrequenz mit hoher Genauigkeit einhalten. Diese Frequenzen konnen deshalb als Eichfrequenzen benutzt werden. Manche Hochleistungssender ? insbesondere im Langwellenbereich ? leiten ihre Sendefrequenz sogar von einer Atomuhr ab, um eine ultrakonstante Tragerfrequenz zu bekommen, was diese Sender zu leicht nutzbaren hochgenauen Referenzfrequenzquellen macht. Digitale terrestrische Radio- und Fernsehsender, die im Gleichwellenbetrieb laufen (SFN), mussen auch sehr genau synchronisiert werden, wobei hier oft GPS und ahnliche Dienste als Referenz herangezogen werden. Daneben konnen Rundfunksender auch zur Untersuchung der Ionosphare eingesetzt werden. So misst das geophysikalische Observatorium in
Collm
mit Hilfe der Signalstarke von Langwellenrundfunksendern die Windgeschwindigkeit in der Hochatmosphare.
- ↑
Christoph Meinel:
Digitale Kommunikation
. 1. Auflage. Springer, 2009,
ISBN 978-3-540-92922-2
,
S.
60
.
- ↑
Ulrich Freyer:
Nachrichten-Ubertragungstechnik: Grundlagen, Komponenten, Verfahren und Systeme der Telekommunikationstechnik
. 1. Auflage. Hanser, 2009,
ISBN 978-3-446-41462-4
,
S.
292
.
- ↑
Deutschland:
§ 52
MStV
; Osterreich: § 3
PrR-G
/§ 4
AMD-G
; Schweiz:
Art. 3
RTVG
- ↑
Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika uber den Betrieb gewisser Rundfunkanlagen innerhalb der Bundesrepublik
vom 11. Juni 1952 (
BGBl. 1953 II S. 515
), ursprunglich fur VoA und RIAS; zum Anwendungsbereich seit 1995
International Broadcasting Bureau’s Germany Transmitting Station
- ↑
Deutschland:
§ 87
UrhG
; Osterreich: § 76a
UrhG
; Schweiz:
Art. 37
URG
- ↑
Deutschland:
§ 102
MStV,
§§ 55, 57
TKG
,
VVRuFu
; Osterreich: § 54
TKG 2003
; Schweiz:
Art. 22
FMG
- ↑
SHAEF
-
Gesetz Nr. 52
Sperre und Kontrolle von Vermogen
(1946)
- ↑
etwa
Verordnung Nr. 188
uber die
Zuweisung der Rundfunkeinrichtungen des franzosischen Besetzungsgebietes in Deutschland an den Sudwestfunk
vom 30. Oktober 1948; vgl.
BVerfGE 12, 205 (239)
,
Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens
- ↑
Regulierungsverfugung BK 3b-14/010
vom 19. Dezember 2014 in der Fassung der
Regulierungsverfugung BK 3b-16/019
vom 2. November 2016
- ↑
Ubernahme von UKW-Frequenzen durch andere Betreiber
(
Memento
vom 17. August 2016 im
Internet Archive
)
- ↑
dazu
de.statista.com: Entwicklung der Anzahl der offentlich-rechtlichen und privaten Radiosender in Deutschland in den Jahren von 1987 bis 2018
(Anstieg von 44 auf 418 Radioprogramme)
- ↑
vgl. aber
Europaisches Ubereinkommen zur Verhutung von Rundfunksendungen, die von Sendestellen außerhalb der staatlichen Hoheitsgebiete gesendet werden
, vom 22. Januar 1965 (
BGBl. 1969 II S. 1939
=
ETS No. 53
)
- ↑
?The World’s Technological Capacity to Store, Communicate, and Compute Information“
, Martin Hilbert and Priscila Lopez (2011),
Science
, 332(6025), 60-65 (
pdf
).
- ↑
"Video Animation uber The World’s Technological Capacity to Store, Communicate, and Compute Information from 1986 to 2010