Rukmini Devi Arundale
Rukmini Devi Arundale
(*
29. Februar
1904
in
Madurai
; †
24. Februar
1986
in
Indien
) war eine indische
Tanzerin
,
Politikerin
und
Theosophin
.
Rukmini Devi wurde am 29. Februar 1904 in Madurai als eines von acht Kindern von Nilakanta Sastri und seiner Frau Seshammal geboren. Die Familie gehorte der
Brahmanenkaste
an, der Vater war Ingenieur und ein bekannter
Sanskritgelehrter
, die Familie sehr angesehen und wohlhabend. Als Rukmini Devi 7 Jahre alt war, zog die Familie nach
Chennai
, da sich der inzwischen pensionierte Vater der dortigen
Theosophischen Gesellschaft Adyar
(Adyar-TG) anschließen wollte. Seit dieser Zeit war auch Rukmini Devi mit der Theosophie in Kontakt. Eine Zeitlang war sie Sekretarin von
Annie Besant
, in der zweiten Halfte der 1910er Jahre begegnete sie dem Theosophen
George Arundale
, wurde seine Dienerin und Begleiterin und 1920 heiratete sie ihn. Die Hochzeit loste einen Skandal bei den konservativen Brahmanen aus, da ihr Mann, ein
Englander
, als Auslander angesehen wurde und eine Heirat mit einer Brahmanin der Tradition widersprach. Rukmini Devi war zu diesem Zeitpunkt 16, ihr Mann hingegen bereits 41 Jahre alt. Um die Wogen zu glatten und auch die Adyar-TG, die durch die Heirat ebenfalls kritisiert wurde, aus der Schusslinie zu bringen, verließ das Paar Chennai und fuhr nach
Mumbai
. Da sich auch dort Schwierigkeiten fur die Adyar-TG anbahnten, gingen sie zusammen mehrere Jahre nach Europa, um dort fur die Theosophie zu wirken. Rukmini Devi begleitete Arundale auf den meisten seiner Reisen rund um die Welt, auch den großten Teil der Unternehmungen inner- und außerhalb der TG bearbeiteten sie gemeinsam. Die Ehe blieb kinderlos, ihr Mann George starb am 12. August 1945, als sie 41 Jahre alt war, sie heiratete kein zweites Mal. Rukmini Devi war die Schwester von
Nilakanta Sri Ram
, dieser wurde spater Prasident der Adyar-TG.
Seit ihrer Jugend arbeitete Rukmini Devi bei zahlreichen Projekten der Adyar-TG mit. 1923 ernannte Besant sie zur Prasidentin der
All India Federation of Young Theosophists
und 1925 zur Prasidentin der
World Federation of Young Theosophists
. Nach dem Tod
Annie Besants
wurde Rukmini Devis Mann,
George Arundale
, im Juni 1934 neuer Prasident der Adyar-TG. Noch in diesem Jahr 1934 grundeten sie gemeinsam die
Besant Memorial School
und, nachdem sie vom Werk der Reformpadagogin
Maria Montessori
gehort hatten, luden sie diese nach Indien ein, um sie fur die Schule zu verpflichten. 1939 folgte Montessori der Einladung, nicht zuletzt deshalb, da
Benito Mussolini
sie in
Italien
als unerwunscht erklart hatte. Zusammen mit ihrem Sohn
Mario
ubernahm sie die Lehrerausbildung an der
Besant Memorial School
und gestaltete die Schule nach ihren Prinzipien. Spater wurde diese in
Besant Theosophical School
umbenannt und existiert heute (2006) noch als Universitat in
Varanasi
. 1980 bewarb sie sich neben
Radha Burnier
um die Prasidentschaft der Adyar-TG, unterlag dieser jedoch bei der Abstimmung.
Rukmini Devi war von Kindheit an kunstlerisch interessiert, insbesondere an
Musik
und
Tanz
. Hierin wurde sie von ihrer Mutter gefordert, welche das gleiche Interessensgebiet hatte. Bei vielen Treffen und Versammlungen der Adyar-TG, gab es auch kunstlerische Darbietungen, in den 1920er-Jahren lernte Rukmini Devi bei ihren Reisen ein breites kunstlerisches Repertoire, von
Theater
uber
Malerei
, Musik,
Oper
bis zu
Ballett
kennen. Von der russischen Meistertanzerin
Anna Pawlowna Pawlowa
erlernte sie schließlich Ballett und diese uberzeugte sie auch, klassischen
indischen Tanz
zu studieren. Dabei lernte sie den Tanzstil
Bharatanatyam
kennen und schatzen, was einen weiteren Skandal unter konservativen Kraften ausloste, da dieser Tanz meist nur von den
Bajaderen
, der Prostitution nahestehenden Tanzerinnen, vorgetragen wurde und Rukmini Devi als Brahmanin derartigem fernzubleiben hatte. Sie ließ sich jedoch nicht entmutigen, sondern entwickelte den Bharatanatyam weiter, indem sie die Musik umgruppierte, Kostume anderte und die Darstellung im Hinblick auf Asthetik vervollkommnete, ganz dem Gedanken
Art without vulgarity
folgend. Zu diesem Zweck rief sie sogar eine eigene Textilwerkstatt, in der die Kostume nach ihren Anweisungen hergestellt wurden, ins Leben.
Schließlich grundete sie zusammen mit ihrem Mann auf dem Gelande der Adyar-TG am 6. Januar 1936
The International Academy of Arts
, spater umbenannt in
Kalakshetra
. Dafur engagierte sie die bedeutendsten Musiker und Tanzer Indiens. Ihre erste Schulerin war die spatere Prasidentin der Adyar-TG
Radha Burnier
, schon bald zeigten sich erste Erfolge, in dem die Mittelschicht ihre Tochter zur Tanzausbildung schickten. Von traditionellen Tanzdramen inspiriert,
inszenierte
sie diese neu, ubernahm die
Choreografie
und schuf damit, trotz nur geringer Anderungen, einen der Moderne angepasster Bharatanatyam und damit revolutionierte sie die indische Tanzszene.
Nach und nach entwickelte sich daraus eine regelrechte Kunstakademie mit den Schwerpunkten Musik und Tanz. 1962/63 ubersiedelte die
Kalakshetra
nach
Tiruvanmiyur
, einem Stadtteil von
Chennai
, wo sie sich heute (2006) noch befindet. Kalakshetra ist heute eine Kulturakademie fur die Erhaltung traditioneller indischer Werte und besteht u. a. aus
weiterfuhrender Schule
,
College
und
Universitat
.
1967 wurde Rukmini Devi
Fellow der indischen Akademie der darstellenden Kunste
.
Im April 1952 wurde sie vom indischen Prasidenten
Rajendra Prasad
in das
Rajya Sabha
berufen und 1956 ein weiteres Mal in dieser Stellung bestatigt. Hier engagierte sie sich hauptsachlich fur den Tierschutz, vor allem auch deshalb, da sie selbst streng
vegetarisch
lebte. Ebenso war sie maßgeblich am Aufbau des indischen
Nationalparkprogramms
beteiligt. Spater wurde ihr angeboten, fur das Amt des indischen Staatsprasidenten zu kandidieren, sie lehnte jedoch ab. Von 1955 bis zu ihrem Tod 1986 war sie Vizeprasidentin der
Internationalen Vegetarier-Union
(IVU).
Rukmini Devi Arundale starb am 24. Februar 1986, kurz vor Vollendung ihres 82. Lebensjahres. In Indien zahlt Rukmini Devi noch heute (2006) zu den bekanntesten und beruhmtesten Personen des Landes. An ihrem Geburtstag wird der
Rukmini Devi Day
gefeiert. Neben vielen Auszeichnungen, die sie noch zu Lebzeiten erhielt, sind zahlreiche Schulen, Straßen und Parks nach ihr benannt.
- Art and culture in Indian life
. Kerala University Press, Trivandrum 1975
- Selections, Some selected speeches & writings of Rukmini Devi Arundale
. Kalakshetra Foundation, Chennai 2003
- Indra Gupta:
India's 50 Most Illustrious Women
. Icon Publications, 2003,
ISBN 81-88086-19-3
.
- Kalakshetra Foundation (Hrsg.):
Rukmini Devi Arundale birth centenary volume
. Kalakshetra Foundation, Chennai 2004.
- Kalakshetra Foundation (Hrsg.):
Shraddanjali, brief pen portraits of a galaxy of great people who laid the foundations of Kalakshetra
. Kalakshetra Foundation, Chennai 2004.
- Avanthi Meduri (Hrsg.):
Rukmini Devi Arundale (1904?1986), A Visionary Architect of Indian Culture and the Performing Arts
. Motilal Banarsidass, Delhi 2005,
ISBN 81-208-2740-6
.
- S. Sarada:
Kalakshetra-Rukmini Devi, reminiscences
. Kala Mandir Trust, Madras 1985.