Johannes Theodor Rudolf Kogel
(*
18. Februar
1829
in
Birnbaum
; †
2. Juli
1896
in
Berlin
) war ein
deutscher
evangelischer
Theologe
und
Kanzelredner
. Unter den Kaisern
Wilhelm I.
,
Friedrich III.
und
Wilhelm II.
amtierte er als
Oberhofprediger
am
Berliner Dom
.
Seine Eltern waren der Pfarrer von Birnbaum Gottfried Kogel (1796?1871) (ab 1865 Superintendent) und dessen Ehefrau Florentine Bartusch (1809?1852).
Rudolf Kogel studierte von 1847 bis 1852 in
Halle
und Berlin Theologie und Philologie und begleitete wahrend seiner Studienzeit seinen Lehrer
August Tholuck
auf einer Reise nach Frankreich und Spanien und
Hans Hugo von Kleist-Retzow
nach Osterreich, der Schweiz und Italien. Von 1852 bis 1854 war er als Religionslehrer am
Vitzthumschen Gymnasium
in
Dresden
, dann als Lehrer am Seminar fur Stadtschulen in Berlin tatig. 1853 wurde er aufgrund seiner Dissertation
Augustins
Lehre von Sunde und Gnade
in Leipzig zum
Dr. phil.
promoviert. Von 1854 bis 1857 war er Pfarrer in
Nakel
bei Bromberg und danach bis 1863 Prediger der deutsch-evangelischen Gemeinde in
Den Haag
(Holland).
Von hier wurde er von
Wilhelm I.
als Hof- und
Domprediger
nach Berlin berufen und zugleich zum Mitglied des
Konsistoriums der Mark Brandenburg
und zum vortragenden Rat im
Kultusministerium
ernannt. 1873 erhielt er außerdem das Amt des Schlosspredigers und des Ephorus des
Domkandidatenstifts
. 1878 wurde er zum Mitglied des
altpreußischen
Evangelischen Oberkirchenrats
(EOK) und 1880 zum Generalsuperintendenten der
Kurmark
sowie zum Oberhofprediger ernannt. 1884 wurde er Mitglied des
Staatsrates
.
Kogel hatte schon unter Kultusminister
Heinrich von Muhler
(bis 1872) großen Einfluss und konnte die Berufung mehrerer Theologieprofessoren
?positiver“
Ausrichtung durchsetzen. Wahrend der Amtszeit seines Vorgangers als Oberhofprediger
Wilhelm von Hengstenberg
(1873?1880) war er die starkste Personlichkeit innerhalb des Kollegiums der Hofprediger, zu dem seit 1872 bzw. 1874 auch
Wilhelm Baur
und
Adolf Stoecker
gehorten. Er galt als Fuhrer der sogenannten ?Hofpredigerpartei“, die dank ihres direkten Zugangs zum Kaiser und seiner Gemahlin
Augusta
die Kirchenpolitik in Preußen in konservativem Geist pragen konnten. In der Zeit des
Kulturkampfes
bekampfte er den liberalen Kultusminister
Adalbert Falk
und den EOK-Prasidenten
Emil Herrmann
und erreichte 1878/79 ihren Rucktritt. Mit seinem Schwager
Leopold Schultze
(1827?1893) grundete er 1875 als Abspaltung von der
Evangelischen Vereinigung
die ?
Positive Union
“, die bis 1918 die dominierende Kirchenpartei in Preußen war. Er unterstutzte das Engagement Adolf Stoeckers zur
sozialen Frage
, blieb aber distanziert gegenuber dessen parteipolitischen Aktivitaten.
Ab 1890 schwer erkrankt, musste Kogel seine Amter nach und nach aufgeben. 1890 gab er das Amt des Schlosspredigers und 1892 die Generalsuperintendentur an
Ernst Dryander
ab, der nach seinem Tod auch Oberhofprediger wurde; im Marz 1894 schied er aus dem EOK aus. Er wurde auf dem Domfriedhof II an der
Mullerstraße
in Berlin bestattet.
Kogel wurde als ausgezeichneter Kanzelredner bezeichnet (
Der Prediger unter den Fursten, der Furst unter den Predigern
); viele seiner Predigten erschienen als Sammlungen. Daneben veroffentlichte er auch Gedichte und Kirchenlieder, die zum Teil (z. B.
Zions Stille soll sich breiten
) in Gesangbucher aufgenommen wurden.
Albert Becker
vertonte einige seiner Dichtungen (Op. 64). Seit 1880 gab er mit Wilhelm Baur und
Emil Frommel
das Jahrbuch
Neue Christoterpe
heraus. 1868 verlieh ihm die
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universitat Bonn
die
Ehrendoktorwurde
(
D. h. c.
); 1887 ernannte der Kaiser ihn zum
Domherrn in Brandenburg
.
Kogel heiratete 1855 in Halle Marie Muller (1832?1883) eine Tochter des Theologieprofessors
Julius Muller
(† 1878). Das Paar hatte neun Kinder, darunter:
- Gottfried Kogel
(1858?1918), Verwaltungsjurist (er veroffentlichte 1899?1904 eine dreibandige Biographie seines Vaters)
- Linda Kogel
(1861?1940), Malerin (sie malte 1895 ein Portrat ihres Vaters)
[1]
- Julius Kogel
(1871?1928), Professor der Theologie in Kiel
- Anna Kogel (1874?1957), ab 1898 verheiratet mit dem evangelischen Pfarrer Andreas Braem (1873?1955), engagiert in der
Bekennenden Kirche
[2]
Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er 1884 Karoline von Bodelschwingh (1845?1902), eine Tochter des Ministers
Karl von Bodelschwingh
.
- Der erste Brief Petri in zwanzig Predigten ausgelegt
Kunze, Mainz 1863 (2. Aufl. Bremen 1879).
- Lasset euch versohnen mit Gott! Predigten
(2. Aufl., Berlin 1865)
- Die Seligpreisungen der Bergpredigt in acht Predigten ausgelegt.
Rauh, Berlin 1869.
- Aus dem Vorhof ins Heiligtum. Ein Jahrgang evangelischer Zeugnisse uber alttestamentliche Texte.
Zwei Bande. Muller, Bremen 1875 f. (2. Aufl. 1878?80).
- Der Brief Pauli an die Romer in Predigten dargelegt. Ein homiletischer Versuch.
Muller, Bremen 1876 (2. Aufl. 1883)
- Die Aufgabe des evangelischen Geistlichen an der sozialen Frage
(Bremen 1878
[3]
)
- Das Vaterunser in eilf Predigten ausgelegt
(2. Aufl., Bremen 1881)
- Wach’ auf, du Stadt Jerusalem! Zeitpredigten und Reden.
Muller, Bremen 1882.
- Ethisches und Aesthetisches : Vortrage und Betrachtungen.
Muller, Bremen 1888.
- Der Brief des Jakobus in funfundzwanzig Predigten ausgelegt.
Muller, Bremen 1889.
- Gedichte
(Bremen 1891, ²1900)
- Vaterlandische und kirchliche Gedenktage : Reden und Ansprachen.
Muller, Bremen 1892.
- Rudolf Kogel. Sein Dichten und Singen.
Herausgegeben von den Tochtern Marie Blech geb. Kogel und Linda Kogel. Halle/S. 1925.
- Gottfried Kogel
:
Rudolf Kogel. Sein Werden und Wirken.
Drei Bande. Mittler, Berlin 1899?1904.
- Arthur Titius
:
Kogel, Rudolf
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 299?310.
- Hans Brandenburg
:
Rudolf Kogel. Ein Pietist als Oberhofprediger.
Lahr-Dinglingen: Verlag der St.-Johannis-Druckerei Schweickhardt 1959 (Spuren seiner Gnade)
- Gunter Wolf:
Rudolf Kogels Kirchenpolitik und sein Einfluß auf den Kulturkampf.
Diss. Bonn 1968.
- Hans Hohlwein
:
Kogel, Rudolf.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980,
ISBN 3-428-00193-1
, S. 296 f. (
Digitalisat
).
- Wolfdietrich von Kloeden
:
Kogel, Johannes Theodor Rudolf.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992,
ISBN 3-88309-038-7
, Sp. 238?240
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- ↑
https://artsandculture.google.com/asset/der-vater-der-k%C3%BCnstlerin/NAFUQp9k29DRCQ?hl=de
.
- ↑
Margit Scholz:
Braem, Anna, geb. Kogel.
In:
Eva Labouvie
(Hrsg.):
Frauen in Sachsen-Anhalt 2: Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jahrhundert bis 1945.
Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2018, S. 99?101.
- ↑
Abgedruckt in:
Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914
, I. Abteilung: Von der Reichsgrundungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft (1867?1881), 8. Band: Grundfragen der Sozialpolitik in der offentlichen Diskussion: Kirchen, Parteien, Vereine und Verbande, bearbeitet von Ralf Stremmel,
Florian Tennstedt
und Gisela Fleckenstein, Darmstadt 2006, Nr. 144.