Dieser Artikel beschreibt die Sanktion im Mannschaftssport. Fur das gleichlautende (geplante) Instrument der nationalen Parlamente im EU-Gesetzgebungsprozess siehe
Subsidiaritatsruge
.
Die
Rote Karte
(auch
rote Karte
) symbolisiert bei mehreren
Mannschaftssportarten
einen vom
Schiedsrichter
gegen einen Spieler ausgesprochenen Platzverweis. Sie gilt unter anderem in den Sportarten
Fußball
,
Handball
,
Hockey
,
Petanque
,
Radball
und
Rugby
. Im
Volleyball
und beim
Fechten
wird sie zur Anzeige eines verhangten Strafpunktes gegen einen Sportler seitens des 1. Schiedsrichters (Volleyball) oder des jeweiligen Kampfrichters (Fechten) gezeigt.
Der betroffene Spieler hat das
Spielfeld
und den Innenraum (Fußball) sofort und ersatzlos zu verlassen und darf in die laufende Partie nicht mehr eingreifen. In den meisten Fallen wird er daruber hinaus fur eines oder mehrere der folgenden Spiele gesperrt. Abweichend davon darf die Mannschaft im Handball nach zwei Minuten erganzt werden, eine Sperre in folgenden Spielen gibt es nur, wenn der Schiedsrichter durch das zusatzliche Zeigen der
Blauen Karte
einen Bericht anzeigt, den er spater verfasst. Dieser Bericht veranlasst die spielleitende Stelle, ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
[1]
Nach einer Roten Karte darf das Spiel erst fortgesetzt werden, wenn der bestrafte Spieler das Spielfeld verlassen hat und der Schiedsrichter die Spielfortsetzung mit einem Pfiff freigibt. Wird der Ball zu fruh gespielt, hat dies ? bei exakter Regelauslegung ? eine
Gelbe Karte
zur Folge.
Auch konnen Trainer oder Co-Trainer vom Spielfeldrand bzw. der
technischen Zone
auf die Tribune verwiesen werden, dies geschieht dann aber in den meisten Sportarten ohne die Rote Karte (beim Handball und Fußball wird die Rote Karte gezeigt; bei besonders schwerer Unsportlichkeit im Handball die Rote und Blaue Karte). Gegen Trainer bzw. Co-Trainer kann, auf Grundlage des Schiedsrichterberichts, eine Sperre fur nachfolgende Spiele durch das Sportgericht ausgesprochen werden.
Die Rote Karte wird meist bei einer
groben Unsportlichkeit
verhangt. Dies kann ein grobes
Foulspiel
, eine
Tatlichkeit
oder
Beleidigung
sein. Im
Fußball
wird die Rote Karte auch gezeigt, wenn durch ein Foulspiel oder ein absichtliches
Handspiel
eines Feldspielers eine offensichtliche Torchance des Gegners verhindert wird. Eine ?
Notbremse
“ außerhalb des Strafraums wird mit roter Karte und direktem Freistoß bestraft. Falls eine ?Notbremse“ innerhalb des Strafraums begangen wurde und der Schiedsrichter dementsprechend auf Foulelfmeter entscheidet, wird die Notbremse nur mit gelb bestraft, sofern das Foulspiel
ballorientiert
war. Diese Regelung verhindert eine sogenannte Doppelbestrafung.
Beim Fußball kann vom Betreten des Platzes durch den Schiedsrichter anlasslich der Platzkontrolle und nach Spielende eine Rote Karte gezeigt werden, wenn es zu ?groben Unsportlichkeiten“ kommt; nach Spielende muss sich der Schiedsrichter noch auf dem Spielfeld befinden. Dies ist im Handball auch außerhalb des Spielfeldes moglich.
Als Abgrenzung zur Gelb-Roten Karte spricht man auch von einer
glatten Roten Karte
oder schlicht von
glatt Rot
.
Wenig bekannt ist, dass Verwarnungen wie auch Platzverweise zumindest in den oberen Ligen mit einer Geldstrafe verbunden sind. Nach dem Reglement des
Schweizerischen Fussballverbandes
muss ein
Super-League
-Spieler nach einer Roten Karte 400 Franken Buße bezahlen; bei einer Roten Karte in einem Freundschaftsspiel sogar 600.
[2]
Bei der
Fußball-Weltmeisterschaft 1966
kam es bei dem Viertelfinalspiel
Argentinien
gegen
England
zu turbulenten Szenen auf dem Spielfeld, die unter anderem darauf zuruckzufuhren waren, dass ein argentinischer Spieler den durch den deutschen
Schiedsrichter
Rudolf Kreitlein
mundlich ausgesprochenen Platzverweis nicht verstand oder verstehen wollte und noch fast neun Minuten auf dem Platz verblieb. In den folgenden Tumulten wurden sogar Verwarnungen gegen englische Spieler von diesen nicht wahrgenommen. Auch die Zuschauer bekamen dies nicht mit.
Um derartige Missverstandnisse zu vermeiden, schlug der englische Schiedsrichter
Ken Aston
vor, analog zu den international bekannten Verkehrs-
Lichtzeichenanlagen
(Ampeln) gelbe und rote Karten zu verwenden. Bei der
Fußball-Weltmeisterschaft 1970
wurde diese Regelung zum ersten Mal verwendet ? allerdings wurde dort noch keine Rote Karte gegen einen Spieler fallig ? und setzte sich schnell durch. Kurioserweise wurde die einzige Rote Karte dieser WM gegen den deutschen Physiotherapeuten
Erich Deuser
fallig, der im Spiel gegen Peru ohne Erlaubnis des Schiedsrichters das Feld betrat, um einen verletzten Spieler zu behandeln.
[3]
Die erste Rote Karte gegen einen Spieler bei einer Fußball-WM wurde am 14. Juni 1974 im Vorrundenspiel
Deutschland ? Chile
gegen den Chilenen
Carlos Caszely
, nach einem Revanchefoul an
Berti Vogts
, vom turkischen Schiedsrichter
Do?an Babacan
gezeigt.
[4]
In der Bundesrepublik Deutschland, wo die Verwendung von Gelben und Roten Karten im Dezember 1970 erstmals in einem Hallenturnier Berliner Regionalligisten getestet wurden, erhielt Mittelfeldspieler
Waldemar Kurpanik
vom
SV Alsenborn
am 10. Januar 1971 nach einem Foul an Jurgen Neumann von
Wormatia Worms
die erste Rote Karte in einem deutschen Pflichtspiel.
[5]
Die erste Rote Karte der Fußball-Bundesligageschichte zeigte der Bochumer Schiedsrichter
Wilfried Hilker
am 3. April 1971 im Spiel von
Eintracht Frankfurt
gegen
Eintracht Braunschweig
, nachdem der Frankfurter Spieler
Friedel Lutz
ein Revanchefoul gegen
Jaro Deppe
begangen hatte.
[6]
Lange Zeit war die erste rote Karte der Bundesligageschichte falschlicherweise mit dem Namen
Lothar Kobluhn
verbunden. Der
Oberhausener
berichtete in einem Zeitungsinterview davon, am 10. Oktober 1970 die rote Karte gesehen zu haben.
[7]
Es wurde vom Frankfurter Schiedsrichter
Dieter Heckeroth
nur verbal ein Platzverweis ausgesprochen, wie das seinerzeit ublich war. Auch wenn das Kartensystem auf FIFA-Ebene bereits zur Weltmeisterschaft 1970 eingefuhrt wurde, zog die Regelung in der hochsten deutschen Spielklasse erst zur Ruckrunde 70/71 ein.
[8]
Absichtliches Handspiel wurde zunachst allerdings noch nicht mit Platzverweis und somit Roter Karte geahndet, ja noch nicht einmal mit Gelber Karte. Sogar auf der Torlinie konnten Feldspieler mittels Einsatz der Hande Gegentore verhindern, ohne dafur eine personliche Strafe zu erhalten; selbstverstandlich gab es jedoch einen Elfmeter fur die gegnerische Mannschaft. Erst ab 1990 wurde Gelb fur absichtliches Handspiel eingefuhrt.
[9]
[10]
Seit 1991 gibt es im Fußball außerdem die
Gelb-Rote Karte
, die gezeigt wird, wenn ein Spieler bereits eine
Gelbe Karte
bekommen hat und erneut eine Regelwidrigkeit begeht, fur die der Schiedsrichter Gelb zeigen wurde. Sie gilt ebenfalls als Platzverweis, zieht jedoch im Gegensatz zur Roten Karte generell nur die Sperre fur ein Spiel nach sich.
Die offiziellen Bestimmungen des DFB in Deutschland besagen folgendes: Spieler, Auswechselspieler oder ausgewechselte Spieler, die eines der folgenden Vergehen begehen, werden des Feldes verwiesen:
- Verhindern eines Tors oder Vereiteln einer offensichtlichen Torchance des Gegners durch ein Handspielvergehen (mit Ausnahme des Torhuters im eigenen Strafraum)
- Verhindern eines Tors oder Vereiteln einer offensichtlichen Torchance des Gegners, dessen Gesamtbewegung auf das Tor des Taters ausgerichtet ist, durch ein Vergehen, das mit einem Freistoß zu ahnden ist
- grobes Foulspiel
- Beißen oder Anspucken einer anderen Person
- Tatlichkeit
- anstoßige, beleidigende oder schmahende Außerungen und/oder Handlungen
- zweite Verwarnung im selben Spiel (gelb-rote Karte)
- Betreten des Video-Uberprufungsraums (VUR)
Den Rekord fur die schnellste bekannte Rote Karte halt der walisische Amateur-Fußballer Lee Todd. Er reagierte im Jahr 2000 auf den Anpfiff des Schiedsrichters mit den Worten ?Fuck me, that was loud“ und wurde wegen ?foul language“ bereits nach zwei Sekunden vom Platz gestellt.
[11]
Haufig wird auch David Pratt von Chippenham Town FC als schnellster Rotsunder genannt, der in einem Amateurspiel wegen Foulspiels nach drei Sekunden des Feldes verwiesen wurde.
[12]
Technisch betrachtet gab es noch zwei schnellere Feldverweise, diese ereigneten sich jedoch nicht bei Spielbeginn, sondern wahrend einer Einwechslung.
Walter Boyd
vom walisischen Klub
Swansea City
sah die Rote Karte sozusagen in Sekunde 1, weil er einem Gegner den Ellenbogen ins Gesicht rammte, noch bevor der Schiedsrichter die Partie wieder anpfeifen konnte. Gleiches ?gelang“ auch
Keith Gillespie
von
Sheffield United
im Januar 2007.
[11]
Die schnellste Rote Karte in einem WM-Spiel erhielt
Jose Batista
(
Uruguay
) im Spiel Uruguays gegen
Schottland
bei der
WM 1986
56 Sekunden nach Spielbeginn durch Schiedsrichter
Joel Quiniou
(Frankreich). Uruguay verteidigte mit 10 Spielern uber 90 Minuten ein 0:0 und zog damit ins Achtelfinale ein.
[13]
Die bisher schnellste Rote Karte im
DFB-Pokal
sah am 18. April 2018 der bei
Eintracht Frankfurt
spielende
Gelson Fernandes
im Halbfinale gegen den
FC Schalke 04
nur 33 Sekunden nach seiner Einwechslung.
[14]
Gezahlt vom Beginn einer Bundesliga-Partie zeigte Schiedsrichter
Felix Brych
dem
Kolner
Youssef Mohamad
im Spiel gegen den
1. FC Kaiserslautern
am 21. August 2010 aufgrund einer Notbremse nach 87 Sekunden Rot.
[15]
[16]
Die meisten Roten Karten in einem Spiel sprach im Marz 2011 der Schiedsrichter Damien Rubino in der funften argentinischen Liga im Spiel Claypole (Vorort von Buenos Aires) gegen Victoriano Arenas (
Avellaneda
) aus. Er verteilte an samtliche Spieler, alle Ersatzspieler und beide Trainer insgesamt 36 Rote Karten.
[17]
Ubermaßig viele Platzverweise gab es auch am 17. August 1986 beim Spitzenspiel in der mexikanischen
Primera Division
zwischen
Club America
(Mexiko-Stadt) und
Deportivo Guadalajara
, in dem der Schiedsrichter 22 Rote Karten aufgrund permanenter Tatlichkeiten vergab.
Der Sinn einer Roten Karte besteht darin, als Strafe fur gravierende Regelverstoße die Erfolgsaussichten der betroffenen Mannschaft zu verringern und dadurch letztlich
Fair Play
zu fordern. Ein weit verbreiteter Fußballmythos besagt jedoch, dass ein Platzverweis keine negativen Folgen fur die Mannschaft hat, weil die ubrigen Spieler zu vermehrten Anstrengungen motiviert werden und dadurch die Unterzahl kompensieren. Diese These wurde mehrfach empirisch uberpruft. Eine Untersuchung, die auf einer Auswertung der Fußball-Bundesliga im Zeitraum 1999 bis 2009 basiert, kam zu dem Ergebnis, dass Rote Karten sich fur Heim- und Auswartsmannschaften unterschiedlich auf das Spielergebnis auswirken. Danach werden die Chancen der Heimmannschaft durch einen Platzverweis grundsatzlich negativ beeinflusst, wahrend dies bei Auswartsmannschaften nur dann der Fall ist, wenn der Platzverweis vor der 70. Spielminute erfolgt. Eine Rote Karte fur einen Spieler der Auswartsmannschaft in der Schlussphase des Spiels hat dagegen statistisch gesehen einen positiven Einfluss auf deren Erfolgsaussichten.
[18]
Szenen aus dem Europapokalspiel 1.FC Kaiserslautern ? Real Madrid im Marz 1982
Aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, fuhrte das bei Min. 5:02 zu beobachtende absichtliche Handspiel des Kaiserslauterer Feldspielers Friedhelm Funkel zwecks Verhinderung eines Tores damals noch zu keinerlei personlicher Strafe.
- ↑
Information Schweizerischer Handballverband
(
Memento
vom 9. Marz 2016 im
Internet Archive
): ?Die neuen Handball-Regeln ab dem 1. Juli 2016“, veroffentlicht am 8. Marz 2016, abgerufen am 9. Marz 2016.
- ↑
Swiss Football League (Hrsg.):
Reglement uber das Disziplinarverfahren bei der SFL
. 1. Januar 2020 (
sfl.ch
[PDF]).
- ↑
dfb.de: ?WM 1970: Jahrhundertspiel in der Hohe Mexikos“
(abgerufen am 29. Oktober 2018)
- ↑
Hardy Grune
:
Fußball WM-Enzyklopadie: 1930?2014.
Agon-Verlag, Kassel, 4. Auflage, 2010,
ISBN 978-3-89784-380-6
.
- ↑
Unverzichtbares Wissen: Waldemar Kurpanik.
In:
Zeitspiel
Nr. 10, 4. Quartal 2017, S. 12.
- ↑
Kicker Sportmagazin
, Jg. 1971, Ausgabe 28.
Hinweis in:
Ein Mann sieht rot.
In:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
, 21. Dezember 2013, Sportteil.
- ↑
1970/71: Lothar Kobluhn uber den ersten Platzverweis: ?Unartikulierte Laute des Spielers Kobluhn“
(
Memento
des
Originals
vom 8. Marz 2014 im
Internet Archive
)
Info:
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Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.11freunde.de
, abgerufen am 15. Dezember 2015.
- ↑
Kicker Sportmagazin
, Jg. 1970, Ausgabe 83.
- ↑
: Eine Ubersicht uber Regelanderungen im Fußball I
- ↑
: Eine Ubersicht uber Regelanderungen im Fußball II
- ↑
a
b
Paolo Bandini:
The quickest sending off of all time
,
The Guardian
, 7. Januar 2009 (englisch).
- ↑
What a Pratt! Chippenham star sets new world record by getting sent off after just THREE seconds
,
Daily Mail
, 29. Dezember 2008 (englisch).
- ↑
Siehe
Fußball-Weltmeisterschaft 1986/Gruppe E#Uruguay ? Schottland 0:0
.
- ↑
Fernandes sieht nach 33 Sekunden Rot
, abgerufen am 21. Juni 2018.
- ↑
1. FC Koln - 1. FC Kaiserslautern 1:3, 1. Bundesliga, Saison 2010/11, 1.Spieltag - Spielbericht.
In:
kicker.de
.
Abgerufen am 1. Dezember 2015
.
- ↑
Platzverweis fur Kolner Mohamad: In 87 Sekunden zu Rekord-Rot.
In:
Spiegel Online
.
22. August 2010,
abgerufen am 1. Dezember 2015
.
- ↑
Fußball-Weltrekord: 36 Rote Karten ? in einem Spiel
,
DiePresse.com
, 4. Marz 2011.
- ↑
Mario Mechtel, Tobias Brandle, Agnes Baker, Karin Vetter:
Red cards: Not such bad news for penalized guest teams
, Journal of Sports Economics 12(6), S. 621?646 (englisch).