Roger Mortimer, 1. Baron Mortimer of Chirk
(auch
Sir Roger Mortimer of Chirk
; * um 1256; †
3. August
1326
in
London
) war ein englischer Adliger und Rebell. Als jungerer Sohn eines Adligen stieg er durch seine Dienste als Militar zu einem machtigen
Marcher Lord
auf, starb dann aber als Rebell in Gefangenschaft im
Tower of London
.
Roger Mortimer entstammte der
anglonormannischen
Adelsfamilie
Mortimer
. Er war der dritte Sohn von
Roger III de Mortimer
und von dessen Frau
Maud
(auch
Matilda
)
de Briouze
. Wahrend sein alterer Bruder
Edmund
zunachst Geistlicher werden sollte, wurde Roger noch zu Lebzeiten seines Vaters vor 1282 zum Ritter geschlagen. Konig
Eduard I.
hoffte, dass Roger Mortimer eine ahnlich starke Position wie sein Vater einnehmen und auch eine enge Beziehung zu ihm haben wurde. Durch seine Heirat mit
Lucy Wafre
, der Tochter und Erbin von Robert Wafre, erwarb Mortimer die Herrschaften
Pencelli
und
Tir Ralph
in
Brecknockshire
, die er als
Lehen
von
Humphrey de Bohun, 3. Earl of Hereford
hielt. Schon bald kam es zwischen Mortimer und Bohun zu Streitigkeiten, und ab 1279 beschuldigte Mortimer Bohun, dass dieser vor Gericht in
Brecon
seine Anspruche verweigere.
Wahrend des
Zweiten Feldzugs zur Eroberung von Wales
vergab der Konig am 2. Juni 1282 die Besitzungen des Rebellen
Llywelyn Fychan ap Gruffydd
, einem der Sohne und Nachfolger von Furst
Gruffydd ap Madog
von
Powys Fadog
, an Mortimer. Damit erhielt Mortimer den ersten großeren Besitz, den der Konig im eroberten Wales vergab. Diese
Nanheudwy
,
Cynllaith
und
Mochnant Is Rhaeadr
genannten Gebiete bildeten die neue Herrschaft
Chirk
, nach der Mortimer spater den Namen
Mortimer of Chirk
fuhrte. Nach dem Tod von seinem Vater im Oktober 1282 erbte sein alterer Bruder Edmund dessen Besitzungen. Der Konig forderte aber auch Mortimer am 31. Oktober 1282 auf, unter
Roger Lestrange
, dem Nachfolger seines Vaters als Kommandant der englischen Truppen in Mittelwales, am weiteren Feldzug zur Eroberung von Wales teilzunehmen. Im Dezember 1282 war er einer der Kommandanten der englischen Truppen, die in Mittelwales operierten. Ob er den walisischen Fursten
Llywelyn ap Gruffydd
in einem Hinterhalt lockte, indem er vortauschte, dass es in Mittelwales zu Rebellionen gegen die Englander gekommen war, und ob er an dem Gefecht beteiligt war, in dem Llywelyn am 11. Dezember getotet wurde, ist unklar.
[1]
In dem Gefecht fiel auch der Llywelyn Fychan, dessen Besitzungen Mortimer im Juni erhalten hatte.
[2]
Angeblich soll Mortimer selbst den abgeschlagenen Kopf von Llywelyn ap Gruffydd zu Eduard I. nach
Rhuddlan Castle
gebracht haben.
[3]
Zur selben Zeit beschuldigte Erzbischof
Pecham
, der eine
Visitation
der
Diozese Hereford
durchfuhrte, Mortimer des Ehebruchs mit
Margaret
, der Frau von
Roger of Radnor
, und mit anderen Frauen. Mortimers Reaktion auf diese Vorwurfe verschlimmerte noch die Situation, denn er ließ den Kaplan, der ihn fur sein sundiges Leben tadelte, ins Gefangnis werfen. Pecham befurchtete, dass Mortimer unbestraft bleiben wurde, wenn er die Region wieder verlassen hatte. Er beauftragte deshalb
William de Braose
, den Bischof von Llandaff, die Sache weiter zu verfolgen und Kirchenstrafen gegen Mortimer zu verhangen.
Im Sommer 1287 musste Mortimer Soldaten zur Niederschlagung der Rebellion des walisischen Lords
Rhys ap Maredudd
stellen, wahrend er selbst in seiner Herrschaft bleiben sollte, um eine Ausweitung der Rebellion zu verhindern. Er darf dabei nicht mit dem namensgleichen
Roger Mortimer
verwechselt werden, der Grundbesitz in
Is Coed
and
Genau'r-glyn
in
Cardiganshire
besaß. Dieser nahm aktiv am Kampf gegen Rhys ap Maredudd teil und geriet im November 1287 bei der Eroberung von
Newcastle Emlyn Castle
in Gefangenschaft. Wahrend des
Franzosisch-Englischen Kriegs
diente Roger Mortimer of Chirk ab 1294 in der
Gascogne
, so dass er nicht an der Niederschlagung des
walisischen Aufstands ab 1294
beteiligt war. In Sudwestfrankreich war er nach der Ruckeroberung von
Bourg
und
Blaye
einer der Kommandanten der beiden Stadte. 1297 war er erneut in der Gascogne. 1298 wurde er beauftragt, in Wales Fußsoldaten fur den
Krieg gegen Schottland
zu rekrutieren. 1300 und 1301 nahm er an Feldzugen gegen Schottland teil, unter anderem 1300 bei der Belagerung von
Caerlaverock
. Zusammen mit
William of Leyburn
und vier weiteren Rittern war er dabei fur die Sicherheit und fur die weitere ritterliche Ausbildung des Thronfolgers
Eduard
verantwortlich.
[4]
Erstmals wurde Mortimer am 6. Februar 1299 durch
writ of Summons
in ein
Parlament
berufen worden, weshalb er als
Baron Mortimer of Chirk
gilt.
[5]
Wahrend des Parlaments von
Lincoln
1301 besiegelte er mit den
Brief der Barone
an den Papst, mit dem diese gegen dessen Einmischung in den schottischen Unabhangigkeitskrieg protestieren wollten. In Wales gelang ihm der Ausbau seiner Besitzungen. Nach 1295 begann er vermutlich mit dem Bau von
Chirk Castle
.
[6]
Aus dem Erbe seiner vor 1301 gestorbenen Mutter erhielt er die Herrschaft
Narberth
sowie ein Drittel der Herrschaft
St Clears
. 1303 diente Mortimer wieder in Schottland, ebenso 1306. In diesem Jahr gehorte er zu den Baronen, die ohne Genehmigung des Konigs die Armee verließen, weshalb er beim Konig in Ungnade fiel. Der Konig stellte seine Landereien eine Zeitlang unter konigliche Verwaltung.
Sein ehemaliger Schutzling, Eduards I. Sohn und Nachfolger Eduard II., nahm ihn nach seiner Thronbesteigung im Juli 1307 sofort wieder in seine Gunst auf. Am 15. Februar 1308 ernannte ihn der Konig zum
Justiciar
fur Nordwales und wenige Tage spater zum Justiciar fur Sudwales. Fur seine Dienste erhielt er 1310 das lebenslange Recht an der Herrschaft
Blaenllyfni
in Brecknockshire, die zuvor
Reginald fitz Peter
gehort hatte. Gemaß der
Ordinances
musste er 1311 wieder auf die Herrschaft verzichten, doch 1316 wurde sie ihm als erbliches Lehen verliehen. Im Juni 1309 wurde er aufgefordert, die Verwaltung von
Powys
, der Herrschaft des verstorbenen
Gruffydd de la Pole
, des Erben von
Owen de la Pole
zu ubernehmen. Dies wurde von einem anderen
Gruffudd de la Pole
, dem Bruder von Owen de la Pole angefochten. Dieser beanspruchte nach walisischem Recht anstelle von
Hawise
, der Tochter von Owen das Erbe. Seine Anspruche wurden vom machtigen
Earl of Lancaster
, dessen Vasall er war, unterstutzt. Gruffudd schlug Vermittlungsversuche aus und belagerte schließlich sogar
Welshpool Castle
. Auf Befehl des Konigs entsetzte Mortimer die belagerte Burg und vertrieb Gruffudd, womit er sich Lancaster zum Feind machte.
[7]
Der Erbstreit wurde dann vom Konig zugunsten von Hawise und deren Mann
John Charlton
entschieden.
Als Justiciar aller Gebiete des
Furstentums Wales
herrschte Mortimer wahrend der schwachen und unruhigen Herrschaft von Eduard II. dort wie ein Furst.
[8]
Gegen seine strenge Herrschaft kam es aber zu zahlreiche Klagen von walisischen Untertanen.
[9]
Am 19. Februar 1314 wurde er auf Betreiben des Earl of Lancaster
[10]
als Justiciar fur Nordwales und am 3. April 1317 als Justiciar fur Sudwales abgelost. Am 23. November 1316 wurde er jedoch wieder Justiciar fur Nordwales und am 30. April 1317 auch wieder Justiciar fur Sudwales, dazu wurden ihm die beiden eintraglichen Amter lebenslang verliehen. Durch seine weiterhin strengen und rucksichtslosen Entscheidungen machte er sich weitere walisische Adlige zu Feinden. Er erregte besonders den Zorn von
Gruffydd Llwyd
, dem fuhrenden walisischen Beamten der Krone in Nordwales, der vermutlich Mortimer fur seine lange Inhaftierung zwischen 1316 und 1317 verantwortlich machte. 1316 schlug Mortimer zusammen mit seinem Neffen
Roger Mortimer of Wigmore
und
Humphrey de Bohun, 4. Earl of Hereford
die Rebellion von
Llywelyn Bren
in Glamorgan nieder. Die Mortimers versuchten den Konig zu bewegen, den Rebellen nicht zu streng zu bestrafen, ehe er mit dem Earl of Hereford gesprochen hatte. Der konigliche Gunstling
Hugh le Despenser
konnte sich allerdings durchsetzen und ließ Llywelyn 1318 grausam hinrichten.
Sowohl Mortimer wie auch sein Neffe
Roger Mortimer of Wigmore
hatten mit
William de Briouze
uber einen Kauf von dessen sudwalisischen Herrschaft
Gower
verhandelt. Als der Konig im Dezember 1320 die Verwaltung der Herrschaft selbst ubernahm und sie schließlich seinem Gunstling Hugh le Despenser zuschanzte, kam es zum
Despenser War
, einer Revolte einer Reihe von
Marcher Lords
. Die Marcher Lords empfanden das Vorgehen als Verstoß gegen das besondere Recht der
Welsh Marches
, und dazu furchteten sie die Macht und die Gier Despensers, der begonnen hatte, in Sudwales ein eigenes Territorium aufzubauen.
[11]
Mortimer musste sich zudem auch direkt bedroht fuhlen, denn Despenser soll Rache fur den Tod seines Großvaters
Hugh le Despenser
geschworen haben, der angeblich 1265 in der Schlacht von Evesham von Mortimers Vater getotet worden war.
[12]
Er gehorte zusammen mit seinem Neffen Roger Mortimer of Wigmore zu den Baronen, die Humphrey de Bohun im Mai 1321 bei einem Angriff auf Despensers Herrschaft
Glamorgan
unterstutzen. Die Mortimers nahmen an dem Treffen der Barone teil, zu dem der Earl of Lancaster im Juni 1321 nach
Sherburn-in-Elmet
geladen hatte,
[13]
und unter diesem Druck musste der Konig sie im Juli 1321 offiziell begnadigen, wahrend Despenser und sein gleichnamiger Vater
Hugh le Despenser der Altere
ins Exil gehen mussten. Der Adelsopposition gelang jedoch nicht die dauerhafte Festigung ihres Erfolgs. Im Oktober 1321 begann der Konig, militarisch gegen seine Gegner vorzugehen. Zwar nahm Mortimer mit den anderen Marcher Lords an einem weiteren Treffen mit Lancaster in
Doncaster
teil, doch sie erhielten kaum weitere Unterstutzung und konnten sich auf kein einheitliches Vorgehen einigen.
[14]
Im Dezember 1321 erreichte das konigliche Heer
Gloucester
. Um den Vormarsch des Konigs aufzuhalten, vertrieben Mortimer und Hereford Anfang 1322 die Vorhut des koniglichen Heeres aus
Bridgnorth
, brannten die Stadt nieder und zerstorten die Brucke uber den Severn,
[15]
doch der Konig stieß uber
Worcester
weiter nach
Shrewsbury
vor, wo es am 14. Januar den
Severn
uberschreiten konnte. In Nordwales hatten sich konigstreue Waliser unter Mortimers alten Gegner Gruffydd Llwyd gegen die Mortimers erhoben und unter anderem Chirk Castle erobert.
[16]
Von zwei Seiten angegriffen und vom Earl of Lancaster entgegen dessen Versprechen nicht unterstutzt, ergab sich Mortimer am 22. Januar bei Shrewsbury dem Konig. Zusammen mit seinem Neffen wurde er im
Tower of London
inhaftiert. Der Konig ließ ihn wegen Hochverrat anklagen. Er wurde zwar nicht hingerichtet, aber seine Besitzungen wurden beschlagnahmt. Nach seinem endgultigen Sieg uber Lancaster und die Adelsopposition berief der Konig je 24 Vertreter aus Sud- und Nordwales zum Parlament nach
York
. Diese berichteten von zahlreichen Ungerechtigkeiten und Verstoßen, die Mortimer in Wales gegenuber Untertanen der Krone im
Furstentum Wales
begangen hatte. Mortimer blieb bis zu seinem Tod in strenger Haft im Tower. Nach der Familienchronik wurde er am 14. September 1326 von Bischof
Adam Orleton
von Hereford neben seinen Vorfahren in der Familienstiftung
Wigmore Priory
beigesetzt.
Mortimer war mit Lucy de Waffre († 1324) verheiratet, Tochter und Erbin von Robert de Waffre, Lord von
Hopton Wafers
in
Shropshire
.
[17]
Mit ihr hatte er einen Sohn:
- Roger Mortimer ? Joan de Turberville
Dieser erbte uber seine Mutter die Besitzungen seines Großvaters mutterlicherseits bei Pencelli und Tir Ralph und bei
Tedstone Wafer
in Herefordshire. Mortimers Neffe, Roger Mortimer of Wigmore konnte 1323 aus dem Tower fluchten. Im September 1326 gelang es ihm, Eduard II. und die Despensers zu sturzen. Danach ubernahm er die Regentschaft fur den minderjahrigen
Eduard III.
Er ubergab aber nun nicht Chirk seinem gleichnamigen Cousin Roger, sondern besetzte die Herrschaft selbst. Nach seinem Sturz 1330 versuchte Roger Mortimer of Chirk der Jungere und dann dessen Sohn
John
vergeblich, Chirk zuruckzuerhalten. Eduard III. hatte Chirk 1332 an
Richard FitzAlan, 10. Earl of Arundel
vergeben, und 1359 musste John Mortimer endgultig zugunsten des
Earl of March
und des Earl of Arundel auf seine Anspruche auf Blaenllyfni, Narberth und St Clears, den ubrigen Besitzungen von Roger Mortimer of Chirk verzichten.
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Abgerufen am 28. Juni 2014
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