Robert von Mohl (Stahlstich von
Christoph Friedrich Dorr
, 1830er-Jahre)
Robert Mohl
, seit 1837
von Mohl
, (*
17. August
1799
in
Stuttgart
; †
5. November
1875
in
Berlin
) war ein deutscher
Staatswissenschaftler
. Er war auch Abgeordneter mehrerer Parlamente, beispielsweise der
Frankfurter Nationalversammlung
1848 und des
Reichstages
. 1848/1849 war er Reichsjustizminister in der
deutschen Zentralgewalt
.
Von 1827 bis 1846 war er Professor der Staatswissenschaften in
Tubingen
. Mohl gilt als derjenige, der die weite Verbreitung des Begriffs ?
Rechtsstaat
“ ausloste, den er aber gerade
nicht
dem ?
aristokratischen
“
Polizeistaat
entgegensetzte.
[1]
Er war Gegner des allgemeinen Mannerwahlrechts und der
Republik
als Staatsform.
[2]
Robert von Mohl (1799?1875), 1846, Kunstler:
Georg Peter Groß
Robert entstammte einer seit dem 16. Jahrhundert in
Wurttemberg
lebenden Beamtenfamilie
Mohl
und war Sohn des
Oberkonsistorialprasidenten
und
Staatsrats
Benjamin Ferdinand von Mohl
(1766?1845), der im Jahr 1811 mit der Verleihung des Wurttembergischen Zivilverdienstordens in den wurttembergischen personlichen
Adelsstand
erhoben wurde. Er war ein Urenkel des Staatsrechtslehrers
Johann Jacob Moser
.
Auch Robert Mohl wurde 1837 wie zuvor sein Vater mit der Verleihung des Ritterkreuzes des
Ordens der wurttembergischen Krone
zunachst in den wurttembergischen personlichen Adelsstand, dann aber am 10. August 1871 als badischer
Wirklicher Geheimer Rat
und Prasident der Oberrechnungskammer in den
badischen
erblichen Adelsstand erhoben.
Seine Bruder waren
Julius
,
Moritz
und
Hugo Mohl
. Zu seinen Kindern gehorten die
Salonniere
Anna von Mohl
(1834?1899), verheiratet mit dem Physiker
Hermann von Helmholtz
, der preußische Generalmajor
Erwin von Mohl
(1839?1895) und der Diplomat
Ottmar von Mohl
(1846?1922).
Mohl studierte an den Universitaten in
Heidelberg
,
Gottingen
und
Tubingen
Jura
und
Politik
. In Tubingen schloss er sich 1817 der
Alten Tubinger
Burschenschaft
(spater
Germania Tubingen
), in Heidelberg 1818 der
Alten Heidelberger Burschenschaft
an.
[3]
Nachdem er sein Studium beendet sowie
Promotion
und
Habilitation
hinter sich gebracht hatte, wurde er 1824 zum außerordentlichen und 1827 zum ordentlichen Professor der Staatswissenschaften in Tubingen ernannt. Neun Jahre spater avancierte Mohl dort zum Oberbibliothekar. 1833 legte von Mohl in einem deutschlandweit beachteten Prozess eine Verteidigungsschrift fur den kurhessischen Minister
Ludwig Hassenpflug
in seinem Ministeranklageverfahren vor dem Kasseler Oberappellationsgericht vor.
[4]
Als Abgeordneter der Stadt
Balingen
veroffentlichte Mohl 1845 anlasslich des Wahlkampfes seine politische Einstellung und kritisierte dabei schonungslos das Verhalten der Regierung. Daraufhin wurde Mohl die
Lehrbefugnis
aberkannt und er von seinen universitaren Amtern enthoben. Er sollte als Regierungsrat nach
Ulm
versetzt werden, zog es aber vor, aus dem Staatsdienst auszuscheiden und wurde kurz darauf in die wurttembergische Kammer gewahlt. 1847 folgte er einem Ruf als Professor der Rechte nach Heidelberg. Im gleichen Jahr wurde er Landtagsabgeordneter fur
Tuttlingen
.
Robert von Mohl, 1871
Mohl war Teilnehmer des
Vorparlaments
im Marz und April 1848, das die Wahl der
Frankfurter Nationalversammlung
vorbereitete. Danach wurde er von den Oberamtern
Mergentheim
und
Gerabronn
in die Nationalversammlung gewahlt. Mohl, der dort dem linken Zentrum angehorte, wurde Mitglied im
Verfassungsausschuss
. Am 25. September 1848 wurde er Justizminister der
vorlaufigen Reichsregierung
. Im Mai 1849 musste das
Kabinett Gagern
aufgeben. Mohl widmete sich wieder seinem Lehramt in Heidelberg. Seit 1857 Vertreter der Universitat in der badischen
Ersten Kammer
, seit 1863 deren Mitglied durch allerhochstes Vertrauen sowie von 1867 bis 1872 deren Prasident,
[5]
1861 bis 1866 Bundestagsgesandter des
Großherzogtums Baden
bei der
Bundesversammlung
in Frankfurt, 1867 bis 1871 badischer
Gesandter in Munchen
(in dieser Zeit war er dort Mitglied der
Zwanglosen Gesellschaft Munchen
[6]
), war er der berufenste Vertreter der nationalen Reformpolitik der großherzoglichen Regierung.
Wahrend dieser Jahre fungierte er mit Kollegen als Herausgeber der
Zeitschrift fur die gesamte Staatswissenschaft
. 1871 erhielt er das Amt des Prasidenten der Oberrechnungskammer in Karlsruhe. An den Verhandlungen des deutschen Reichstags nahm er fur den zweiten badischen Wahlkreis in bundesfreundlichem Sinn teil. Von Mohl starb in der Nacht vom 4. zum 5. November 1875 in Berlin.
Ein Teil-Nachlass befindet sich in der
Universitatsbibliothek Tubingen
.
[7]
- Das Bundes-Staatsrecht der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika.
Stuttgart und Tubingen 1824.
- Die deutsche Polizeiwissenschaft nach den Grundsatzen des Rechtsstaats.
Tubingen 1833.
- System der Praventiv-Justiz oder Rechts-Polizei.
Tubingen 1834 (
Digitalisat
http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3Dr8ZRAAAAMAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
).
- Ueber die Nachtheile, welche sowohl den Arbeitern selbst, als dem Wohlstande und der Sicherheit der gesammten burgerlichen Gesellschaft von dem fabrikmaßigen Betriebe der Industrie zugehen, und uber die Nothwendigkeit grundlicher Vorbeugungsmittel.
Tubingen 1835.
[8]
- Die Verantwortlichkeit der Minister in Einherrschaften mit Volksvertretung, rechtlich, politisch und geschichtlich entwickelt.
Tubingen 1837.
- Staatsrecht des Konigreichs Wurttemberg.
Tubingen 1840.
- Geschichte und Litteratur der Staatswissenschaften.
Erlangen 1855?1858 (3 Bande).
- Encyklopadie der Staatswissenschaften
Tubingen 1859 (
Digitalisat und Volltext
im
Deutschen Textarchiv
).
- Staatsrecht, Volkerrecht und Politik.
Tubingen 1860?1869 (3 Bande).
- Das deutsche Reichsstaatsrecht.
Tubingen 1873.
- Lebens-Erinnerungen.
Stuttgart 1902.
- Gesellschaftswissenschaften und Staatswissenschaften.
(Nachdruck), Schutterwald/Baden 1992.
- Aktenstucke betreffend den Dienst-Austritt des Professors R. von Mohl in Tubingen.
Herder, Freiburg im Breisgau 1846 (
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
- Isidor Kastan
:
Herr Robert von Mohl und die Judenemancipation. Eine Erwiderung.
J. M. Spath, Berlin 1869 (
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
- Artikel
Robert v. Mohl.
In:
Illustrirte Zeitung
.
Bd. 57 (1871), S. 153 f.
- Herr Mohl
. In:
Almanach der koniglich Bayerischen Akademie der Wissenschaften fur das Jahr 1871
, Verlag der Koniglichen Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Munchen 1871, S. 75 (Aufzahlung der Ehrungen und Auszeichnungen).
- Heinrich Marquardsen
:
Mohl, Robert von
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 745?758.
- Hermann Schulze:
Robert von Mohl.
In:
Badische Biographien
.
Dritter Theil, 1881, S. 85?109 (
Digitalisat
).
- Karl Geiger:
Robert von Mohl als Vorstand der Tubinger Universitats-Bibliothek
. In: Zentralblatt fur Bibliothekswesen, Jg. 17, 1900, Heft 4, S. 161?191 (
Digitalisat
).
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:
Robert von Mohl, 1799?1875. Leben und Werk eines altliberalen Staatsgelehrten.
Luchterhand, Neuwied 1962.
- Peter Michael Ehrle: Robert von Mohl als Leiter der Tubinger Universitatsbibliothek 1836?1844, Mohr, Tubingen 1975 (Contubernium, Band 10),
ISBN 3-16-937881-3
.
- Birgit Stocker:
Die Gemeinwohltheorie Robert von Mohls als ein fruher Ansatz des sozialen Rechtsstaatsprinzips.
Tuduv, Munchen 1992.
- Erich Angermann:
Mohl, Robert von.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994,
ISBN 3-428-00198-2
, S. 692?694 (
Digitalisat
).
- Adelslexikon.
Band IX (=
Genealogisches Handbuch des Adels
.
Band 116). C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1998,
ISSN
0435-2408
.
- Helge Dvorak:
Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft.
Band I:
Politiker.
Teilband 4:
M?Q.
Winter, Heidelberg 2000,
ISBN 3-8253-1118-X
, S. 127?129.
- Frank Raberg
:
Biographisches Handbuch der wurttembergischen Landtagsabgeordneten 1815?1933
. Im Auftrag der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden-Wurttemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001,
ISBN 3-17-016604-2
,
S.
577
.
- ↑
Siehe dazu den Abschnitt ?
Erste Entwicklungsetappe Rechtsstaat vs. Polizeystaat
“ des Artikels ?
Rechtsstaatsbegriff
“.
- ↑
Thomas Stockinger:
Robert von Mohl: Der Linksausleger im Reichsministerium ? alles andere als ein Demokrat
. In:
Achtundvierzig vom 25. Marz 2013
(
online
).
- ↑
Peter Kaupp:
Burschenschafter in der Paulskirche.
- ↑
[Hans Daniel Ludwig Friedrich Hassenpflug (Hrsg.)]:
Actenstucke, die landstandischen Anklagen wider den kurfurstlich hessischen Staatsminister Hans Dan. Ludw. Friedr. Hassenpflug betreffend. Ein Beitrag zur Zeitgeschichte und zum neuern deutschen Staatsrechte. Die Vertheidigungsschriften von dem Angeklagten selbst und von Professor Dr. R. Mohl in Tubingen
, Stuttgart/Tubingen 1836;
Ewald Grothe
:
Verfassungsgebung und Verfassungskonflikt. Das Kurfurstentum Hessen in der ersten Ara Hassenpflug 1830?1837
,
Duncker & Humblot
, Berlin 1996 (=
Schriften zur Verfassungsgeschichte,
Bd. 48),
ISBN 3-428-08509-4
(Zugleich: Marburg, Univ., Diss., 1994), S. 258?260.
- ↑
Fur Freiheit und Demokratie. Badische Parlamentsgeschichte 1818?1933. Eine Chronik zur demokratischen Bewegung seit 1818 mit Biographien, historischen Film- und Tonaufnahmen, Wahlergebnissen, Bilddokumenten und einer umfassenden Bibliographie.
Multimedia CD-ROM herausgegeben vom Stadtarchiv Karlsruhe 1997,
ISBN 3-9805956-0-9
. Systemvoraussetzung
Windows 95
oder Apple Macintosh. Unter Betriebssystemen der
Microsoft-Windows-NT
-Linie lasst sich die CD-ROM nicht verwenden!
- ↑
Zwanglose Gesellschaft:
Hundertfunfzig Jahre Zwanglose Gesellschaft Munchen 1837?1987
, Universitatsdruckerei und Verlag Dr. C. Wolf und Sohn KG, Munchen 1987.
- ↑
Bundesarchiv, Zentrale Datenbank Nachlasse
. Abgerufen am 11. September 2019.
- ↑
Digitalisat
(
Memento
vom 6. Januar 2013 im Webarchiv
archive.today
)
Dieser Artikel basiert auf einem
gemeinfreien
Text aus
Meyers Konversations-Lexikon
, 4. Auflage von 1888 bis 1890.
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