Robert Nozick

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Robert Nozick 1977

Robert Nozick (* 16. November 1938 in Brooklyn , New York City ; † 23. Januar 2002 in Cambridge , Massachusetts ) war ein US-amerikanischer Philosoph . Er hatte die Pellegrino-University-Professur an der Harvard-Universitat inne. Sein Buch Anarchy, State, and Utopia aus dem Jahr 1974 war eine libertare Antwort auf John Rawls ’ Buch A Theory of Justice , das 1971 veroffentlicht wurde.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nozick wuchs in Brooklyn auf und studierte an der Columbia University mit dem Bachelor of Arts Abschluss 1959 summa cum laude . Im selben Jahr heiratete er. 1961 erhielt er seinen Master-Abschluss an der Princeton University , an der er 1963 bei Carl Hempel mit einer Dissertation uber Entscheidungstheorie promovierte. Als Post-Doktorand war er als Fulbright Scholar in Oxford. Danach war er an der Princeton und Rockefeller University. 1969 erhielt er eine volle Professur an der Harvard University, an der er 1985 Arthur Kingsley Porter Professor und 1998 Joseph Pellegrino University Professor wurde.

Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit dem 1974 veroffentlichten Buch Anarchy, State, and Utopia etablierte Nozick libertare Positionen im Mainstream der politischen Philosophie. Er versucht, den Minimalstaat zu begrunden, der sich darauf beschrankt, die naturlichen Rechte seiner Burger und ihr Eigentum zu schutzen. Gemaß seiner ?Anspruchstheorie“ ( entitlement theory ) ist es das Maß der Gerechtigkeit, ob ein Anspruch rechtmaßig zustande gekommen ist, namlich durch gerechte Aneignung und eigene Arbeit oder durch gerechte Ubertragung von Besitztumern. In seinem Buch argumentiert er unter anderem fur die Position, dass die Verteilung von Gutern gerecht sei, wenn sie mittels freiem und einvernehmlichem Austausch zwischen erwachsenen Personen erfolge, selbst wenn durch diesen Prozess große Ungleichheiten entstehen (und somit auch Machtungleichgewichte). Bei dieser Argumentation beruft sich Nozick auf die kantische Idee, dass Personen als rationale Wesen behandelt werden sollen.

Spater distanzierte er sich vom libertaren Programm und bekannte sich zu einer republikanisch- kommunitaristischen Position. [1]

Nozick machte als ein wichtiger Vertreter der zeitgemaßen anglo-amerikanischen Philosophie nennenswerte Beitrage zu nahezu allen wichtigen Bereichen der Philosophie. In Philosophical Explanations legte er neue Ansatze zu den Begriffen Wissen , freier Wille und Wert vor. The Examined Life ? einem großeren Publikum bekannt ? untersuchte Liebe , Tod und Glaube .

Kritik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der US-Philosoph Thomas Nagel kritisiert, dass Nozicks libertare Theorie kein echtes theoretisches Fundament habe, da sie ohne weitere Erklarung davon ausgehe, dass Individuen sich selbst gehorten.

Der indische Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreistrager Amartya Sen wirft Nozick vor, dass dieser die sozialen Folgen seiner libertaren Philosophie vollig missachte. Es konne bei perfekter und vollstandiger Wahrung libertarer Eigentumsrechte auch zu schweren Hungersnoten kommen, ohne dass damit die Vorgaben von Nozicks Theorie verletzt wurden. Nozick habe zwar die Moglichkeit eines Ausnahmefalls bei der Gefahr ?schwerer moralischer Katastrophen“ vorgesehen; dieser passe aber logisch nicht in Nozicks Theorie hinein. Daruber hinaus seien negative Auswirkungen in allen moglichen Schweregraden moglich. Nozicks Ansatz vernachlassige wichtige Variablen etwa der utilitaristischen Theorien und sei somit zu einseitig. [2]

Der Okonom Nicholas Barr von der London School of Economics kritisiert, dass zwischen sog. Naturrechts-Libertaren wie Nozick und den Vertretern nicht-libertarer Positionen kein wissenschaftlicher Dialog moglich sei, da die Naturrechts-Libertaren eine vollig kompromisslose Position vertraten. Dies gelte aber nicht fur empirisch argumentierende Libertare wie Milton Friedman . [3]

Der Okonom Veit Butterlin konstatiert, dass das Nozicksche Recht absoluten Eigentums die subsistenzrechtliche Dimension des Naturrechts bedrohen wurde. Durch Nozicks Ausweitung des Naturrechts ? nach der der Mensch Eigentumer seiner eigenen Person sei ? auf ein absolutes Recht auf Eigentum an Gegenstanden, konnten Rechtsumstande entstehen, die den naturrechtlichen Gedanken selbst wiederum untergraben wurden. [4]

Ehrungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1968 erhielt er die Presidential Citation der American Psychological Association. Er war Fellow der American Academy of Arts and Sciences (1984), korrespondierender Fellow der British Academy (1996), Guggenheim Fellow und Senior Fellow der Society of Fellows von Harvard. 1997 hielt er die John Locke Lectures in Oxford und war dort Christensen Visiting Fellow am St. Catherine’s College. 1997/98 war er Prasident der Eastern Division der American Philosophical Association.

Fur sein Buch Philosophical Explanations wurde ihm 1982 der Ralph-Waldo-Emerson-Preis der Phi Beta Kappa Society zuerkannt.

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Anarchie, Staat, Utopia . Olzog, Munchen 2011, ISBN 978-3-7892-8099-3 (Originaltitel: Anarchy, State, and Utopia, 1974 . Ubersetzt von Hermann Vetter).
  • Vom richtigen, guten und glucklichen Leben . In: dtv . Band   30382 . Deutscher Taschenbuch-Verlag, Munchen 1993, ISBN 3-423-30382-4 (Originaltitel: The Examined Life: Philosophical Meditations, 1989 . Ubersetzt von Martin Pfeiffer).
  • Philosophical Explanations. Clarendon Press, Oxford 1981
  • The Nature of Rationality. Princeton University Press, Princeton, NJ 1993
  • Socratic Puzzles. Harvard University Press, Cambridge, MA 1999
  • Invariances. Belknap Press, Cambridge MA 2003

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Norman P. Barry: On Classical Liberalism and Libertarianism. Macmillan, Basingstoke u. a. 1986, ISBN 0-333-32591-5 .
  • Horst Wolfgang Boger: Anarchismus und radikaler Liberalismus. In: Jahrbuch zur Liberalismusforschung. Band 2, 1990, ISSN   0937-3624 , S. 46?66.
  • Simon A. Hailwood: Exploring Nozick. Beyond Anarchy, State and Utopia. Avebury, Aldershot u. a. 1996, ISBN 1-85972-485-X .
  • A. R. Lacey: Robert Nozick. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2001, ISBN 0-691-09044-0 .
  • Jeffrey Paul (Hrsg.): Reading Nozick. Essays on ?Anarchy, State, and Utopia“. Basil Blackwell, Oxford 1982, ISBN 0-631-12977-4 .
  • David Schmidtz (Hrsg.): Robert Nozick. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2002, ISBN 0-521-78226-0 .
  • Jonathan Wolff: Robert Nozick. Property, Justice and the Minimal State. Polity Press, Oxford 1991, ISBN 0-7456-0602-4 .
  • C. Roland Hoffmann-Negulescu (Pseudonym fur Roland Chr. Hoffmann-Plesch): Anarchie, Minimalstaat, Weltstaat. Kritik der libertaren Rechts- und Staatstheorie R. Nozicks, Tectum Verlag, Marburg 2001, ISBN 3-8288-8303-6 .
  • Roland Chr. Hoffmann-Plesch: ?Vom Minimalstaat zum Weltstaat: Eine rechtsphilosophische Untersuchung zur minarcholibertaristischen Gerechtigkeitsutopie“, 1. Auflage. Schriften zur Rechtswissenschaft Bd. 165, Wissenschaftlicher Verlag Berlin, 2013, ISBN 978-3-86573-721-2 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Hermann-Josef Große Kracht: Renaturalisierung sozialer Ungleichheiten? Zu Wolfgang Kerstings vergeblicher Hoffnung, auf dem Weg von John Rawls uber Robert Nozick zu einer liberalen Sozialstaatsphilosophie zu gelangen. In: Politische Vierteljahresschrift. Band 45 (3), 2004, S. 395?413, hier: S. 402.
  2. Amartya Sen : Okonomie fur den Menschen. Munchen 2002, S. 84 ff. Siehe auch ders.: Poverty and Famines. Oxford 1982.
  3. Nicholas Barr: The Economics of the Welfare State. Oxford/New York 2004, S. 62 f.
  4. Veit Butterlin: Kritik der politischen Philosophie. Tectum Verlag, Marburg 2005, S. 272.