Robert Guiscard wird von Papst Nikolaus II. zum Herzog gekront. (Darstellung aus der
Nuova Cronica
des
Giovanni Villani
, 14. Jahrhundert)
Robert Guiskard
(* um 1015; † vermutlich am 17. Juli
1085
bei
Porto Atheras
) war ein
normannischer
Herrscher sowie
Herzog von Apulien und Kalabrien
.
Guiscard
(
guiscard
,
guiscart
) ist die altfranzosische Aussprache von ?Wiß-hart“/?Weis-hard“ (bzw. ?Fischart“: noch heute im suddeutschen Raum fur ?Schlauberger“). Die
Normannen
, ursprunglich aus
Norwegen
und
Danemark
stammend, hatten ihre altgermanischen Namen weiter gepflegt, obwohl sie als neue Herren der
Normandie
(Nordfrankreich) im Alltag die altfranzosische Sprache ubernommen hatten (vgl.
Geschichte der Normandie
).
Wilhelm von Apulien
schrieb: ?… sein Name war Guiskard, weil er an Verschlagenheit
Cicero
und auch
Odysseus
uberlegen war.“
Robert war der sechste Sohn des
Tankred von Hauteville
, eines Angehorigen des niederen Adels (
Valvassor
) der westlichen Normandie (heute:
Hauteville-la-Guichard
bei
Coutances
). Er war der erste Sohn der zweiten Frau Tankreds, Frensendis, und stand damit in der Erbfolge an sechster Stelle. Obgleich der vaterliche Besitz schon 1035 auf den Sohn
Gottfried
uberging, blieb Robert (im Gegensatz zu den alteren Brudern) bis etwa 1045 in der Normandie. Aus seinen Jugendjahren ist nichts uberliefert. Das normannische Herzogtum wurde in jenen Jahren von blutigen Fehden erschuttert. Der Herzog in Rouen,
Wilhelm
(spater ?der Eroberer“ genannt), war zum Zeitpunkt seiner Erhebung 1035 noch ein Kind und kampfte um sein Uberleben.
Der rasante Aufstieg der Bruder in
Suditalien
erschien Robert verlockend. Ein Jahr nachdem sein altester (Halb-)Bruder
Wilhelm
, der Anfuhrer der apulischen Normannen, gestorben war, traf er um 1047 selbst dort ein. Die Hautevilles hatten schon mit der Wahl des nachruckenden zweitaltesten Bruders
Drogo
ein dynastisches Prinzip in der Region etabliert. Aus den ehemals 12 gleichwertigen normannischen Grafen ragten die Hautevilles deutlich als
primi inter pares
heraus. Sie bauten
Melfi
zur Zentrale ihrer Herrschaft aus. Robert jedoch schien zunachst alles andere als willkommen und erhielt vom Bruder kein Lehen. Daher verdingte er sich zunachst als Soldner fur den kriegerischen Pandulf von Capua. (Zur Vorgeschichte der Normannen in Italien, siehe
Geschichte Apuliens#Exkurs: Aufstieg der Normannen 1000 bis 1050
.)
Etwa 1048 gelang es ihm, die Burg
Scribla
an der Via Popilia in Nord
kalabrien
als Lehen fur sich herauszuschlagen ? aus Sicht seines Bruders Drogo in ausreichender Entfernung vom Machtzentrum Melfi. Allerdings erhielt er die Zusage, alles hinzueroberte Land behalten zu durfen. Bei Scribla handelte es sich lediglich um eine kleine, holzerne Burg (
Motte
) in der damals stark malariaverseuchten Ebene von
Sibari
. Es verwundert nicht, dass Robert Guiskard schon bald den unwirtlichen Platz gegen das nicht weit entfernte, aber hoch gelegene
San Marco Argentano
eintauschte. Dort errichtete er einen soliden steinernen Wehrturm. Mangels Pferden und ausgebildeter Kampfer verlegte er sich zunachst auf ein reines Banditendasein. Bald schon gebot er uber eine etwa 60 Mann starke Bande, die vermutlich aus entlaufenen Balkansklaven bestand. Gegen befestigte Stadte konnte die Truppe nichts ausrichten.
Scribla, Festungsruine auf einer kunstl. Erhohung, Ebene von Sibari, Kalabrien.
Dieses Manko schien Robert Guiskard um das Jahr 1050 durch eine Heirat kompensiert zu haben: Er ehelichte nach einigem Widerstand seitens Drogos schließlich
Alberada von Buonalbergo
, eine Tante des normannischen Anfuhrers
Girard von Buonalbergo
, der Robert als Mitgift 200 Krieger uberließ und so dessen Handlungsmoglichkeiten betrachtlich steigerte. Auf Girard, mit dem Robert nun auch ofter zusammenarbeitete, durfte auch sein Beiname Guiskard (etwa ?Schlaukopf“) zuruckgehen.
Ein Jahr spater (1051) fiel Graf Drogo einer Verschworung zum Opfer. Mit
Humfred
ruckte der nachste Hauteville-Bruder als Anfuhrer nach. Die unterdruckte Bevolkerung begehrte wohl um den
St. Laurentiustag
(9./10. Aug.) allerorten gegen die normannischen Besatzer auf und totete viele von ihnen. Hinzu kamen die zunehmenden Schwierigkeiten mit dem 1049 inthronisierten Papst
Leo IX.
, die 1051 darin gipfelten, dass die Bevolkerung
Benevents
dem Papst den Oberbefehl uber ihre Stadt ubergab.
Leo IX. entschloss sich, massiv gegen die als Unglaubige gebrandmarkten Normannen vorzugehen und sie militarisch niederzuringen. Bei seiner letzten Bittfahrt ins Reich erhielt er von seinem Landsmann und Vertrauten Kaiser
Heinrich III.
allerdings lediglich 300?400 Schwaben als Schutztruppe. Auf dem Zug zuruck durch Oberitalien nach Rom gesellten sich noch etwa 2000 Leute aus dem Volk sowie ein Kontingent der Langobarden zu seinem Heer, so dass Leos Siegesbewusstsein stieg.
Als sich die Heere bei
Civitate
gegenuberstanden, boten die in ungewohnter Einigkeit erschienenen Normannen zunachst ihre Lehnsabhangigkeit an, wenn sie im Gegenzug freie Hand gegen das mit dem Papst verbundete
Byzanz
erhielten. Nachdem Leo den Vorschlag abgelehnt hatte, kam es am 18. Juni zur
Schlacht von Civitate
, in der die Normannen trotz starker Gegenwehr die Papstlichen besiegten. Papst Leo wurde arrestiert und neun Monate in Benevent festgehalten.
Robert konnte in der Folge in Kalabrien weitgehend selbstandig vorgehen und die beiden Bischofsstadte
Bisignano
und
Cosenza
einnehmen. Die angewandte Taktik war in erster Linie die Belagerung, was zunachst die schlichte Abschneidung der Versorgungswege bedeutete. Erst in einem zweiten Schritt suchten die Normannen den offenen Kampf. Die Besiegten hatten in der Regel Geiseln zu stellen und mussten Tribut zahlen.
Der Erfolg zog die Rivalitat mit dem alteren Bruder und Lehnsherren Roberts, Humfred, nach sich. Wahrend Humfred als Anfuhrer der apulischen Normannen sich permanent der anderen normannischen Grafen, die z. T. ahnlich lange vor Ort waren wie er, zu erwehren hatte, erweiterte Robert seine Machtsphare in kurzester Zeit um ein Vielfaches. Das schurte den Neid. Eine Quelle berichtet, dass Humfred Robert eine kurze Zeit lang einsperren ließ. Kaum in Freiheit, eroberte Robert freilich unbekummert weiter.
Etwa um das Jahr 1057 erschien Roberts jungerer Bruder
Roger
, der spatere Herrscher (Graf) von Sizilien, in Suditalien. Trotz einiger Zerwurfnisse zwischen den beiden Brudern sollte Roger Roberts wichtigste Stutze bei der Eroberung des Sudens werden. Ohne Roger ware wohl nie ein normannisches Sudreich entstanden. Seinen Erfolgen haftete ein bestandigeres Gluck an als denen des alteren Bruders.
Ebenfalls im Jahr 1057 starb Humfred. Zwar hinterließ er in Abalard, seinem Sohn, einen moglichen, wenngleich noch unmundigen Nachfolger, doch musste er den ungleich machtigeren Guiskard zu seinem Nachfolger bestimmen. Robert war schon zu diesem Zeitpunkt der einzige Anfuhrer, der das Zeug hatte, die normannische Sache gegen außere und innere Widersacher voranzutreiben. Offenbar war die Dynastie der Hauteville mittlerweile so etabliert, dass keiner der normannischen Grafen seinem Anspruch widersprach.
Noch im Jahr 1057 nahm Robert die Eroberung Kalabriens wieder auf, konnte hierzu nun aber auf mehrere hundert Krieger zuruckgreifen. Die Belagerung von
Reggio Calabria
, der großten Stadt Kalabriens, war aber erfolglos. Das Kommando uber Kalabrien ubertrug Robert dem jungen und ehrgeizigen Bruder Roger, um gegen einen apulischen Aufstand unter Graf
Peter von Trani
vorgehen zu konnen. Ein weiterer Versuch, Reggio Calabria einzunehmen, scheiterte. 1058 uberwarfen sich die Bruder, da Robert Roger den Sold fur dessen
stipendiarii
schuldig blieb. Roger suchte nun die Annaherung an den Bruder
Wilhelm
, der ihm das befestigte Scalea uberließ. Von hier aus zog Roger mit seiner Bande wie einst Robert durch die Lande. Dieser beargwohnte zwar den Bruder, sohnte sich aber angesichts wieder ausbrechender kalabrischer Aufstande mit Roger aus. Vielleicht ist auch eine Aufteilung Sudkalabriens vereinbart worden. Jedem der beiden wurde die Halfte einer jeden eroberten Stadt zugesprochen.
Der von Wilhelm bedrangte Furst
Gisulf von Salerno
wandte sich in dieser Zeit an Robert. Dieser nutzte die Gelegenheit und spielte beide gegeneinander aus. Gisulf zahlte fur den Frieden einen jahrlichen Tribut an Robert, wofur dieser den Frieden mit Wilhelm garantierte. Robert bekam außerdem 1058/59 die Hand von Gisulfs Schwester
Sichelgaita
. Die Ehe mit Alberada wurde zuvor wegen (angeblicher) Blutsverwandtschaft aufgelost.
In Kalabrien schlug Roger um diese Zeit den letzten großeren Aufstand nieder. Bis zum Jahresende war bis auf den außersten Suden Byzanz aus Kalabrien vollig verdrangt.
Das
Kastell von Melfi
Im Jahr 1059 vollfuhrte der Papst eine radikale Wende in seiner Haltung gegenuber den Normannen. Galten sie bis zu jenem Zeitpunkt als Unglaubige, auf einer Stufe mit den Sarazenen, so suchte die Kurie nun ein Bundnis. Der primare Grund lag in der schwachen militarischen Stellung des Reformpapsttums selbst: 1059 konnte die Reformpartei um
Archidiakon Hildebrand
den amtierenden Papst
Benedikt X.
absetzen und ihren Kandidaten
Nikolaus II.
inthronisieren. Im
Lateran
erkannte man allerdings schnell die Realitaten: Gegen so starke Feinde wie den romischen Adel und den deutschen Konig benotigte der Papst einen starken Verbundeten. Der großte Machtfaktor im Suden waren die Normannen, und so suchte der Papst vermutlich durch die Vermittlung von
Desiderius
, dem
Abt
von
Montecassino
, einen Pakt mit den Normannen.
Im August des Jahres 1059 kam es zur
Synode von Melfi
. Papst Nikolaus bestatigte nicht nur die Gebietsanspruche der beiden Fursten Richard von Capua und Robert Guiskard, sondern machte sie zu seinen Lehnsleuten. Robert wurde in den Stand des Herzogs von Apulien, Kalabrien und des zukunftigen Sizilien erhoben. Mit dieser Verfahrensweise unterstutzte der Papst ausdrucklich die Ruckeroberung Siziliens aus den Handen der Sarazenen. Robert hatte eine jahrliche Abgabe zu zahlen und trug fortan das Banner des Papstes. Die Belehnung, vor allem die Rechtsgrundlage des Papstes, ist Gegenstand einer intensiven historischen Diskussion.
[1]
Unter dem papstlichen Banner begannen die Hauteville-Bruder die Eroberung Siziliens. Um das Jahr 1060 fiel zunachst Reggio Calabria. Die Bewohner der Stadt ergaben sich kampflos den Belagerern. Von dort setzte Roger im Jahr 1061 nach Sizilien uber und eroberte Messina. Bis 1064 konnte er den Nordosten Siziliens unter seine Kontrolle bringen. Nachdem Roger in Kalabrien weitere Soldaten ausgehoben und eine Flotte aufgebaut hatte, unternahmen die Bruder erneut Eroberungszuge nach Sizilien. Nach dreijahriger, zaher Belagerung und erfolgreicher Flottenblockade nahmen sie am 15. April 1071 die Hafenstadt
Bari
ein, von wo die Byzantiner Aufstande gegen die Hauteville angezettelt hatten. Nachdem auch Palermo im Januar 1072 gefallen war, machte Robert Guiskard als sein Lehnsherr den Bruder zum Grafen von Sizilien, behielt aber Palermo, halb Messina und den nordostlichen Teil der Insel, das Val Demone, fur sich und kehrte nach Apulien zuruck. Im Jahr 1062 hatten die beiden bereits in einem Vertrag ein
Kondominium
fur die Eroberungen in Kalabrien vereinbart.
Bald nach der Wahl Hildebrands zum Papst Gregor VII. im Jahr 1073 kam es zum Streit zwischen dem selbst- und sendungsbewussten Pontifex und dem Herzog. Robert handelte in diesem Konflikt stets aus einer Position militarischer Starke heraus und bald hatte Gregor ihn als Verbundeten gegen den deutschen Konig notig. Somit konnte der Normanne aus dem epochalen
Investiturstreit
zwischen Papst und Kaiser Nutzen ziehen.
Eine Begebenheit aus dem Jahr 1073 verdeutlichte den Herrschaftsanspruch des Papstes: Robert erkrankte, so dass sich rasch das Gerucht verbreitete, er sei tot. Seine Frau
Sichelgaita
schwor derweil die normannischen Barone auf ihren damals etwa 13-jahrigen Sohn
Roger Borsa
ein. Papst Gregor brachte hingegen in einem Kondolenzschreiben zum Ausdruck, er erwarte, dass Sichelgaita den Sohn zur Investitur nach Rom bringe. Ohne das papstliche
Placet
? so der Standpunkt Gregors ? sollte es keinen normannischen Herzog geben. Das Lehen betrachtete der Papst als an die Person gebunden, der es erteilt wurde, und nicht erblich. Zur Uberraschung des Papstes aber beantwortete der totgeglaubte Guiskard das Kondolenzschreiben personlich.
Nachdem der Herzog des Ofteren Raubzuge in das
Patrimonium Petri
unternommen hatte, verhangte Papst Gregor auf der Fastensynode von 1074 den
Kirchenbann
uber ihn. Der Papst verfolgte nun eine Doppelstrategie. Ein Heer sollte aufgestellt werden, um den Byzantinern im Kampf gegen die
Seldschuken
zu helfen. In einem ersten Schritt wollte der Papst die Normannen besiegen. Doch dazu kam es nicht.
Landschaft bei Melfi, Basilicata (Monte Vulture)
Ruinen des
Castello di Arechi
in
Salerno
Der Bann verfehlte seine Wirkung. Es kummerte den Normannen, der nicht dafur bekannt war, viel Skrupel zu haben, uberhaupt nicht. Im Gegenteil, es schien so, als fuhlte er sich nun erst richtig ungebunden und als kame ihm die Exkommunikation gelegen. Als sich im Verlauf des Jahres 1076 der Streit zwischen Papst und Konig zuspitzte und Heinrich Papst Gregor zur Abdankung aufforderte, worauf Papst Gregor Heinrich exkommunizierte, zeigte sich der Papst dem Normannen gegenuber erstmals zum Einlenken bereit. Robert erhielt ein Friedensangebot. Der Herzog aber stellte sich zunachst taub und horte sich stattdessen die Gesandten des deutschen Konigs an. Dieser bot sich ihm als Lehnsherr an. Hoflich lehnte Robert ab. Er zog den Papst als Lehnsherrn vor. Denn dieser verfugte im Gegensatz zum Konig uber keine Truppen. Und nur Truppen konnten Robert gefahrlich werden.
Robert sohnte sich im Fruhjahr 1076 mit seinem normannischen Widersacher Richard von Capua aus. Gemeinsam nutzten sie die Verwicklungen des Papstes aus. Robert belagerte und eroberte das reiche und bedeutende
Salerno
und vertrieb den letzten langobardischen Fursten. So sehr Papst Gregor auch die Normannen verdammte und sie des Meineids bezichtigte ? Robert wusste sich argumentativ bestens zu helfen. Der Papst, so der Herzog, habe ihm stets die Ubertragung des Lehens verwehrt, daher sei er nicht dessen Vasall ? ein vertragsloses Verhaltnis. Ein Umstand, den die stets um Legitimation ihrer Herrschaft bemuhten Normannen fur sich nutzten. Bis 1080 gluhte die Feindschaft unvermindert weiter, mit deutlichen Vorteilen fur den Normannen. Papst Gregor musste nach dem
Gang nach Canossa
mit einem Gegenschlag aus Deutschland rechnen. Tatsachlich ließ Konig Heinrich Papst Gregor Pfingsten 1080 absetzen. Umso mehr war dem Papst an einem schnellen Friedensschluss mit den Normannen gelegen. So loste er Robert Guiskard im Juni aus den Fesseln der Exkommunikation ? nach sechs Jahren. Im Juni trafen sich der Guiscard und Papst Gregor in
Ceprano
. Aus Furcht vor den Entwicklungen um Heinrich sah sich Papst Gregor schließlich gezwungen, den beruchtigten Herzog zu seinem Bundesgenossen zu machen.
Der Strand Porto Atheras, wo Guiskard starb
Die Forschung außert sich vorsichtig hinsichtlich der Ziele des Herzogs. Strebte er tatsachlich die ostromische Kaiserwurde an? Berucksichtigt man die Akribie und Zahigkeit, mit der Robert die Griechenlandfeldzuge anging, liegt dieser Schluss nicht fern. Schon 1074 arrangierte Robert die Verlobung seiner Tochter Helena mit
Konstantin
, Sohn des ostromischen Kaisers
Michael VII.
Dukas. Damit deutete er schon damals seine Ambitionen an. Immerhin war er stark genug, das byzantinische Imperium an den Rand der Niederlage zu bringen. Dass seine Plane platzten, lag vor allem an der permanenten Unruhe in Italien, die ihn in aussichtsreichen Positionen unverrichteter Dinge abbrechen ließen. Bezeichnenderweise starb er auf griechischem Boden.
1081 zog Robert gegen den neuen byzantinischen Kaiser
Alexios Komnenos
. Dabei wurde er von dem Monch
Raiktor
begleitet, der die Identitat des abgesetzten Michael VII. angenommen hatte, in dessen Namen Robert zu handeln vorgab. Nach anfanglich herben Ruckschlagen ? die Venezianer versenkten die Flotte ? schlug er Alexios bei
Durazzo
in einer großen Schlacht (18. Oktober). Die Stadt selbst wurde am 16. Januar 1082
[2]
eingenommen. Robert drang noch bis fast vor Saloniki vor, bevor er zuruckeilen musste, um in Italien nach dem Rechten zu sehen. Aufstande in Apulien und die Notlage seines Lehnsherrn Papst Gregors VII. zwangen ihn dazu. Im Verlaufe des Jahres unterdruckte Robert zunachst die Rebellion und wutete in den Landern seines Gegners Jordan von Capua. Mittlerweile war Papst Gregor VII. in Rom in Bedrangnis gekommen. Konig Heinrich belagerte Rom und drang schließlich in die
Leostadt
ein (Juni 1083), im Jahr darauf ließ er sich vom
Gegenpapst
Clemens III.
zum Kaiser kronen. Wahrenddessen harrte Papst Gregor auf der
Engelsburg
aus und richtete Hilfegesuche an seinen Vasallen Robert. Der Kaiser zog noch einmal demonstrativ gen Suden, zu Kampfhandlungen kam es aber zwischen dem Deutschen und dem Normannen nicht. Als Robert schließlich neue Truppen ausgehoben hatte, war der deutsche Konig abgezogen. 1084 eroberten die normannischen Truppen Rom. Robert betrat die Stadt, um seinen Lehnsherrn Papst Gregor gegen den Willen der Romer wieder einzusetzen. Als sie auf Widerstand stießen, plunderten die Truppen des Herzogs die Stadt und brannten sie nieder. Die Plunderung Roms von 1084 gilt als Zasur fur das mittelalterliche Rom (Beginn 28. Mai 1084). Geschatzte 3/4 der Stadt lag in Trummern. Papst Gregor konnte sich nicht halten und folgte Robert an dessen Hof in
Salerno
, wo er 1085 starb.
Kaum kehrte ein wenig Ruhe in Italien ein, eilte Robert zuruck nach Griechenland, wo sein Sohn
Bohemund von Tarent
in Ruckzugsgefechte verwickelt war. Nach einigen Niederlagen gegen die mit Alexios verbundete venezianische Flotte schlugen die Normannen einen gegnerischen Schiffsverband bei
Korfu
entscheidend. Robert bereitete nun das Eindringen in das
Ionische Meer
vor, uber das er auf die Insel
Kefalonia
gelangte. Dort verstarb Robert uberraschend, vermutlich am 17. Juli 1085, in der Nahe von
Atheras
an einer
Typhus
- oder
Ruhrerkrankung
. Die Nachfolge als Herzog trat sein Sohn Roger Borsa an. Bohemund von Tarent, sein altester Sohn aus erster Ehe, schloss sich 1096 dem
Ersten Kreuzzug
an, in dessen Verlauf er sich das
Furstentum Antiochia
eroberte. Im Jahr 1130 verschmolz sein Neffe
Roger II.
das Herzogtum Apulien mit Sizilien zum
Konigreich Sizilien
.
- Friedrich Lorch
:
Robert Guiskard. Drama in funf Akten
. 1907
- Michele Scozia
:
Sichelgaita. Signora del Mezzogiorno
. 1994. Protagonistin des Buchs ist Roberts zweite Frau.
- Gabriella Brooke
:
The Words of Bernfrieda. Chronicle of Hauteville, the Chronicle of the Life of Fredesenda, Wife of Tancred of Hauteville and Mother of Robert Guiscard
. 1999. Protagonistin des Buchs ist Bernfrieda, die Mutter Robert Guiscards.
- Karl Simrock
schildert
Guiscardus
als Liebhaber der
Gismunda
, der Tochter des Fursten
Tancredus
, Witwe des
Herzogs von Capua
und Titelfigur der gleichnamigen Erzahlung in den
Deutschen Volksbuchern Bd. 6
(1847).
- Literatur zu Kleists Drama
- R. Samuel, H. Brown,
Kleist's Lost Year and the Quest for Robert Guiskard
. Spa 1981.
- Heinrich von Kleist:
Robert Guiskard, Herzog der Normanner. Studienausgabe
. Stuttgart 2011.
- Finch Allibone,
In Pursuit of the Robber Baron: Recreating the Travels of Robert Guiscard, Duke of Apulia, Calabria and Sicily
; Luton 1988
- Richard Bunemann
,
Robert Guiskard ? Terror mundi. Eroberer zwischen Rom und Konstantinopel
; in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 10 (1987), 627?644
- ders.,
Robert Guiskard. Ein Normanne erobert Suditalien
; Koln, Weimar u. Wien 1997.
- Salvatore Impellizzeri, (Hg.)
Anna Comnena: La precrociata di Roberto il Guiscardo
; Bari 1965
- Graham A. Loud
,
Coinage, Wealth and Plunder in the Age of Robert Guiscard
; in: English Historical Review 114 (1999), 815?843
- ders.,
The Age of Robert Guiscard: Southern Italy and the Norman Conquest
; London 2000
- Marguerite Mathieu (Hrsg.):
Guillelmus Apuliensis: La Geste de Robert Guiscard, Testi et Monumenti
, Testi 4, Palermo 1961
- Leon Robert Menager,
Les fondations monastiques de Robert Guiscard
; in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Bd. 39, Tubingen 1959, 1?116
- Huguette Taviani-Carozzi,
La terreur du monde. Robert Guiscard et la conquete normande en Italie. Mythe et histoire
; Paris 1996
- Otto Vehse
,
Robert Guiscard
; in: ders.,
Nordische Staatengrunder
, Hamburg 1943, 105?122
- John Julius Norwich
:
The Normans in the South 1016?1130
. London 1967. (Dt. Ubers. u. d. T.:
Die Wikinger im Mittelmeer : Das Sudreich der Normannen 1016?1130
. Wiesbaden 1968.)
- ↑
Josef Deer:
Papsttum und Normannen
(= Studien und Quellen zur Welt Kaiser
Friedrichs II.
; 1). Bohlau, Koln / Wien, 1972,
ISBN 978-3-412-95872-5
.
Dazu auch: Graham Loud:
The Age of Robert Guiscard.
- ↑
Durazzo ? Durchfahrtsgerechtigkeit.
In:
Brockhaus Konversationslexikon.
14. Auflage, Band 5, 1894,
S. 620
,
abgerufen am 17. Juli 2020
(wiedergegeben in der Retro-Bibliothek).