Roadmovie

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Roadmovie ist die Bezeichnung fur ein in den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten aufgekommenes Filmgenre . Die Handlung spielt dabei uberwiegend auf Landstraßen und Highways , die Reise wird zur Metapher fur die Suche nach Freiheit und Identitat der Protagonisten. Oft wird in diesen Filmen die erzahlende Wirkung von Liedern (hier ?Roadsongs“ [1] ) aus der Pop- und Rockmusik eingesetzt.

Als Vorbild fur die umherirrenden Figuren des Roadmovies kann Charlie Chaplin mit seiner Interpretation des Tramps gelten, der stets auf der Suche nach Gluck unterwegs ist. Ein weiterer Ursprung der Roadmovies findet sich im Western , in dem die Gegensatze von Wildnis und Zivilisation, von Freiheit und Unterdruckung bereits ausfuhrlich thematisiert wurden. In den 1950er Jahren wurde Marlon Brando mit Filmen wie Der Wilde (1953) zum Sinnbild einer Freiheitsliebe, die sich mit Gewalt und Gesellschaftshass paarte. Kenneth Anger nahm in Scorpio Rising (1964) das Motiv des Motorradrockers auf und konnotierte es weniger sozialkritisch als vielmehr religios. Bei Anger wurde erstmals Pop- und Rockmusik als erzahlendes Mittel eingesetzt.

Auch Roger Corman nutzte in seinen Exploitationfilmen die Handlungswelt der Motorradszene: In Die wilden Engel (1966) skizzierte er in seiner Geschichte um die Hells Angels das verlorene, von Nihilismus gepragte Leben der Rocker auf Amerikas Straßen. Zwei Jahre spater war Cormans Hauptdarsteller Peter Fonda zusammen mit Dennis Hopper und Jack Nicholson die treibende kreative Kraft hinter Easy Rider , dem Paradebeispiel des Roadmovies. Neben dem exzessiven, verstarkenden Einsatz von Rockmusik, etwa Born to Be Wild der Bluesrock-Band Steppenwolf , arbeitete Regisseur Hopper mit ungewohnlichen Stilmitteln wie Vorausblenden und Farbverfremdungen. Das Motiv des Fortbewegungsmittels als Fetisch , wie Hopper es etablierte, wurde in weiteren Roadmovies wie Monte Hellmans Asphaltrennen (1971) aufgenommen.

Europaische Filmemacher nahmen sich des Sujets in den 1970er Jahren an und verbanden es mit ihrem eigenen filmischen Ausdruck. Michelangelo Antonioni fugte ihm in Zabriskie Point (1970) seine manieristische Symbolsprache hinzu; Wim Wenders verband es in Alice in den Stadten (1974) und Im Lauf der Zeit (1976) mit dem Wanderschaftsmotiv des Bildungsromans . Um ein breiteres Publikum zu erreichen, wurden die Standards und Motive des Roadmovies ab den 1980er Jahren mit anderen Genres vermischt, etwa in Filmkomodien wie Auf dem Highway ist die Holle los (1981) oder Wir konnen auch anders… (1993), dem Horrorfilm ( Near Dark ? Die Nacht hat ihren Preis , 1987) oder dem Actionfilm ( Mad Max , 1979).

Auch in Lateinamerika ist seit den 1990er Jahren eine Haufung von Road Movies auszumachen ( El viaje , 1992, von Pino Solanas oder Una novia errante , 2007, von Ana Katz). Fruhe, vom Neorealismus gepragte brasilianische Road Movies ( filme de estrada ) sind Bye Bye, Brasil (1979) von Caca Diegues und Na estrada da vida (1980) von Nelson Pereira dos Santos . [2]

Den Boden fur das Roadmovie ebneten literarische Werke wie Jack Kerouacs Unterwegs und weitere Bucher der Beat Generation , die eine unruhige Wanderschaft als Ausdruck eines modernen Lebensgefuhls charakterisierten. Die Filme handeln vom Unterwegssein ihrer Helden und der Schwierigkeit, seinen Platz in der Welt zu finden. Unterschwellig geht es letztlich darum, das zu finden, was das Bezugssystem Gesellschaft verkorpert und im Inneren zusammenhalt. Ihr wird ein Spiegel vorgehalten.

Das gleichzeitig mit dem New Hollywood in den USA entstandene Roadmovie spiegelt zeitgenossisches Lebensgefuhl wider und transportiert neben den Darstellern zugleich deren Ideale wie Freiheit und Unabhangigkeit. Die Protagonisten stehen oft als Outlaws außerhalb des Gesetzes oder fordern vergeblich ihre Rechte bei der Gesellschaft ein. In Roadmovies ist das Ziel meist die idealisierte Projektion eines vom Protagonisten erschaffenen Konstruktes, das per definitionem unerreichbar bleibt.

Oft enden die Filme daher mit dem Tod der Hauptfiguren, etwa in Fluchtpunkt San Francisco (1971), Badlands ? Zerschossene Traume (1973), Sugarland Express (1974) oder Thelma & Louise (1991). Wurde Gewalt im Zusammenhang mit der Suche nach Freiheit zunachst haufig romantisiert, etwa in Bonnie und Clyde (1967), zeigte sich das Roadmovie in den 1990er Jahren zunehmend desillusioniert, etwa in den von jeder Rechtfertigung befreiten Gewaltautomatismen in Oliver Stones Natural Born Killers (1994).

Das Roadmovie macht durch die Inszenierung von Fortbewegung und Weiterentwicklung kulturelle Grenzuberschreitungen sichtbar. Insbesondere die lateinamerikanische Variante verkorpert dabei nicht nur den Freiheitsdrang, sondern oft auch die Sehnsucht, in die Heimat zuruckzukehren und die eigene Identitat zu bewahren. Sie beschwort nicht nur Weite und Geschwindigkeit des Reisens, sondern zeigt auch die kulturellen Distanzen der Raume. Das Unterwegssein ist nicht Lebensziel, sondern wird oft erzwungen. [3]

in der Belletristik
  • Jara Rossenbach: Die Reise als identitatsbildender Impuls im Quebecer Roman. Shaker, Aachen 2018 (Diss. phil. TH Aachen ) Das Roadmovie in frankophoner Literatur, 8 typische Vertreter
Wiktionary: Roadmovie  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Vgl. Paul McCartney : Lyrics. 1956 bis heute. Hrsg. mit einer Einleitung von Paul Muldoon . Aus dem Englischen ubersetzt von Conny Losche. C. H. Beck, Munchen 2021, ISBN 978-3-406-77650-2 , S. 259?260 (zu Helen Wheels ).
  2. Kathrin Sartingen: Transit Brasil: Transkulturalitat und Identitat im brasilianischen Film. In: Eva Gugenberger, Kathrin Sartingen (Hrsg.): Hybriditat ? Transkulturalitat ? Kreolisierung. Wien, Berlin 2011, S. 101 ff.
  3. Sartingen 2011, S. 110 f.