Ritterschaft

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Der Ausdruck Ritterschaft ( mittelhochdeutsch ritterscaft ) bezeichnete im Allgemeinen den niederen Adel in Deutschland. Zur Ritterschaft im engeren Sinn wurden aber nur die Angehorigen des niederen Adels gezahlt, die rittermaßige Besitzungen ( Ritterguter ) hatten und als Teil der Landstande die Ritterschaft auf den Landtagen bildeten.

Die Ritterschaft im allgemeinen Sinn bezeichnete damit einen besonderen Geburtsstand neben dem Burger - und Bauernstand , den niederen Adel, der wiederum vom Hochadel zu unterscheiden war. Der Hochadel gehorte nicht zur Ritterschaft.

Der Wortbestandteil ? Ritter “ im Begriff ?Ritterschaft“ muss genauso wie in anderen neuzeitlichen Bezeichnungen wie ?Ritterbund“ oder der noch weitergehenden Begriffsvermischung ?Ritterorden“ relativiert werden. Die ?Ritterwurde“, also die Legitimation durch Schwertleite oder Ritterschlag war keine Voraussetzung fur die Zugehorigkeit zur Ritterschaft. Vielmehr wurde hier auf die Standesqualitat und nicht auf die eigentliche Ritterwurde abgestellt; siehe dazu: Deutscher Adel .

Die Ritterschaft im engeren Sinn bzw. die gutsbesitzende Ritterschaft wurde zur Zeit des Heiligen Romischen Reiches in Bezug auf Kaiser und Reich entweder in unmittelbare oder mittelbare Ritterschaft eingeteilt.

  • Die mittelbare Ritterschaft (gelegentlich auch als landesunmittelbar bezeichnet) bestand aus dem landsassigen Adel in den deutschen Provinzen und musste die Landeshoheit desjenigen Reichsstandes als Landesherrn anerkennen, in dessen Land ihre Besitzungen, die Ritterguter lagen, die entweder allodiale oder Lehensguter sein konnten (oder auch ? zumeist landesherrliche ? Pfandguter).

Politische Funktion

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Siehe : Geschichte der Landstande und Geschichte der Reichsritterschaft .

Auf den Landtagen bezeichnete sich der dort vertretene Adel , neben den andern Landstanden , den Pralaten und den Abgeordneten der Stadte, als die Ritterschaft . Die personliche Landstandschaft des Adeligen hing vom Besitz eines bestimmten Rittergutes und vom Nachweis mehrerer Generationen adeliger Vorfahren (gewohnlich 16 adeliger Ururgroßeltern) ab. Die landstandischen Familien waren in einer Matrikel verzeichnet, was zur Unterscheidung eines immatrikulierten und eines nichtimmatrikulierten Adels fuhrte. Nur der immatrikulierte Adel gehorte zur Ritterschaft.

Im Zusammenhang mit der Wahrnehmung politischer Rechte fing die Ritterschaft an, sich in Verbanden zu organisieren, die ebenfalls als Ritterschaften bezeichnet wurden. Diese Verbande wurden zunachst immer wieder verboten, so in der Goldenen Bulle von 1356 und erneut 1396. Erst 1422 ließ Konig Sigismund diese Ritterschaften offiziell zu.

Sie ubten politische Mitbestimmungsrechte in den Landtagen aus, wo die Rittergutsbesitzer die Ritterschaft innerhalb der Landstande bildeten. Die Landstandschaft stand ursprunglich allen Adligen einer Region als Personalrecht zu [2] , wurde mit der Zeit aber in Form eines Realrechts als Zubehor der Ritterguter selbst angesehen ( nobilitas realis ). In Preußen und auch in anderen Staaten wurden wegen ihrer Bedeutung fur die standischen und landschaftlichen Wahlen Verzeichnisse der Ritterguter gefuhrt, die sogenannten Rittergutsmatrikel . Wahrend ursprunglich nur Adlige Rittergutsbesitzer sein durften, konnten ab dem 16. Jahrhundert Ritterguter auch von Burgerlichen erworben werden, wobei die Ritterschaften durch die Immatrikulierung mitwirken mussten. Meist suchten die neuen Rittergutsbesitzer dann beim Landesherrn um Nobilitierung nach und wurden oft auch geadelt. Im 17. Jahrhundert gab es zunehmend auch burgerliche Rittergutsbesitzer, seit der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl stark an.

Mit dem Erwerb eines Rittergutes gingen auch die mit dem Gut verbundenen Realrechte auf den neuen Eigentumer uber. Dazu gehorte zumeist die Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Patrimonialjurisdiktion , seltener auch die Hohe Gerichtsbarkeit (in aller Regel wurde die rechtsprechende Gewalt der Rittergutsbesitzer mit der Bauernbefreiung aufgehoben), außerdem die lokale Polizeigewalt (vergleichbar einem Burgermeister), teilweise noch bis ins 20. Jahrhundert. Ferner die Jagdgerechtigkeit , haufig Fischereirechte , Braugerechtigkeit und andere Bannrechte . Das kirchliche Patronatsrecht ist oft bis heute mit dem Besitz eines Rittergutes verbunden.

  • In Brandenburg (Kur- und Neumark) unterstutzte der Ritterschaft (Gutsbesitzer) [3] das Adelsalumnat der Ritterakademie Brandenburg und erhielt dafur so genannte (Schul)-Freistellen fur die Sohne wenig situierter Gutsbesitzer. Die Verpflichtung der kurmarkischer Rittergutsbesitzer blieb bestehen und wurde dann durch das zustandige Institut des Kur- und Neumarkischen Kreditinstitut ubernommen. Wie in Ostelbien allgemein ublich wahlte die Ritterschaft aus ihrer Mitte die regionalen Ritterschaftsrate .
  • Die Ritterschaft des Herzogtums Bremen ist aus der erstmals 1397 erwahnten des Erzstiftes Bremen hervorgegangen und heute eine Korperschaft des offentlichen Rechts mit Sitz in Stade .
  • In Mecklenburg bestand bis 1918 eine Abteilung des Mecklenburgischen Landtags mit der Bezeichnung Ritterschaft, im Gegensatz zu der von den stadtischen Vertretern gebildeten Landschaft , wahrend sich die Mecklenburgische Ritterschaft aus den Besitzern der Ritterguter zusammensetzte. Das Ritterschaftliche Gebiet umfasste ca. 46 % der Gesamtflache Mecklenburgs. Nach 1918 bestand die Ritterschaft bis 1945 als Verein fort.
  • In Hessen existiert bis heute die 1532 vom Landesfursten gegrundete Althessische Ritterschaft als alteste Stiftung im Bundesland Hessen.
  • Die Pommersche Ritterschaft erhielt vom Landesherrn im 18. Jahrhundert mehrfach finanzielle Zuwendungen, diese Gelder wurden zu großeren Melorationmaßnahmen genutzt. [4] In alteren schwedischen Schriften findet sich noch die Unterteilung in Vorpommersche und Rugianische Ritterschaft. [5]
  • Die Rheinische Ritterschaft existiert seit 1837 als Korperschaft des offentlichen Rechts unter dem Namen Genossenschaft des Rheinischen Ritterburtigen Adels . Sitz ist seit 1925 Schloss Ehreshoven an der Agger .
  • In Schlesien nahmen Abgesandte der Ritterschaft [6] regelmaßig Einfluss auf die Taxgestaltung [7] ihres Kreditunternehmens, der Schlesischen Landschaft.
  • Die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft ist eine private Vereinigung in Schleswig-Holstein , in der die adligen Familien, die im Lande ein Rittergut besitzen, zusammengeschlossen sind. [8] Sie unterscheiden sich in die Equites Originarii (die ?ursprunglichen Ritter“) und die Equites Recepti (die ?aufgenommenen Ritter“). Ferner gehoren zu ihnen die Adelsfamilien aus der Lauenburgischen Ritterschaft , welcher selbst auch die burgerlichen Gutsbesitzer im Kreis Herzogtum Lauenburg angehoren. Die schleswig-holsteinischen Ritterguter fuhren die Bezeichnung Adliges Gut , unabhangig von der Zuordnung ihres jeweiligen Besitzers zum historischen Adels- oder Burgerstand. Mitglieder der Ritterschaft sind jedoch nur die adligen Familien.
  • In Niedersachsen sind die Ritterschaften keine privaten Vereine, sondern Korperschaften des Offentlichen Rechts , die daruber hinaus Bestandteile der Landschaften (und zwar der Landschaften und Landschaftsverbande in Niedersachsen ) sind. (Siehe auch: Ritterschaften in der Gegenwart ). Immatrikulierte Mitglieder sind die Besitzer eines Rittergutes (mit einer land- oder forstwirtschaftlichen Mindestflache sowie einem castrum , also Herrenhaus) ? und zwar unabhangig davon, ob diese Familien dem historischen Adels- oder Burgerstand zuzurechnen sind.
  • Barbara Hammes: Ritterlicher Furst und Ritterschaft. Konkurrierende Vergegenwartigung ritterlich-hofischer Tradition im Umkreis sudwestdeutscher Furstenhofe 1350?1450. in: Veroffentlichungen der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden-Wurttemberg , Reihe B: Forschungen , Band 185, Kohlhammer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-17-021796-6 .
  • Marcus Weidner : Landadel in Munster 1600?1760. Stadtverfassung, Standesbehauptung und Furstenhof . Aschendorff, Munster 2000. ISBN 978-3-402-06641-6 .
  • Marcus Weidner: Die Matrikel der landtagsfahigen (und ?dubiosen“) Hauser des Furstbistums Munster von 1704. Entstehungsursachen ? Prufverfahren ? Funktion ? Verzeichnis (mit einer Liste der um 1655 zum Landtag verschriebenen Mitglieder der Munsterschen Ritterschaft) . In: Westfalische Zeitschrift , Jg. 147 (1997), S. 93?178.
  • Walther von Altrock : Der landwirtschaftliche Kredit in Preußen. Kur- und Neumarkisches Ritterschaftsliches Kreditinstitut und Neues Brandenburgisches Kreditinstitut. in: Veroffentlichungen des Koniglichen Preußischen Landes ? Okonomie ? Kollegium, Heft 17, Parey, Berlin 1915, S. 8. DNB
  • Walther von Altrock: Die ostpreussische Landschaft. in: Veroffentlichungen des Koniglichen Preußischen Landes ? Okonomie ? Kollegium, Heft 15, Parey, Berlin 1914. DNB

Einzelnachweise

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  1. Brockhaus Conversations-Lexikon Band 4. Amsterdam 1809, S. 287?288.
  2. Die Mitgliedschaft in der Althessischen Ritterschaft ist bis heute ein Personalrecht geblieben.
  3. Albrecht von dem Bussche: Die Ritterakademie zu Brandenburg . Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main/ New York / Paris 1989, S. 114. ISBN 3-631-40721-1 .
  4. Der Pommersche und Neumarksche Wirth . 46. Stuck, Fortsetzung der Abhandlung, Regal-Register, in: Zuverlassige Nachrichten von wichtigen Landes-und Wirthschafts-Verbesserungen , Erster Band, Unter der Bennennung des Pommerschen und Neumarkischen Wirths , Johann Franz Struck, Stettin 1778, S. 453. u. S. 773.
  5. Hieronymus Johann Struck : Neueste Grundgesetze der Staats-Verfassung in Pommern und Rugen Koniglich-Schwedischen Antheils wie sie 1720 bis Ausgang 1756 von der Konigl. Hochpreislichen Regierung ..... , Selbstverlag, Greifswald 1757, S. 654 f.
  6. Lieder bei dem Ballfest der Schlesischen Ritterschaft. Am 14. September 1841 , N. N. 1841, S. 1. ff.
  7. von Haugwitz-Rosenthal: Beleuchtung der Schrift des Rittergutsbesitzers W. von Fontaine auf Deutsch-Crawarn: Die Schlesische Landschaft als Credit-Institut , Wilh. Gottl. Korn, Breslau 1867, S. 28.
  8. Die ritterschaftlichen Familien auf: sh-ritterschaft.de, Website der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft

Einzelne Ritterschaften: