Richard Trevithick, portratiert von
John Linnell
(1816)
Richard Trevithick
(*
13. April
1771
in
Illogan
,
Cornwall
; †
22. April
1833
in
Dartford
) war ein britischer
Erfinder
,
Ingenieur
und
Maschinenbauer
. Er entwickelte die ersten funktionsfahigen
Dampflokomotiven
.
Trevithick war das jungste von sechs Kindern und der einzige Sohn des Bergwerkingenieurs Richard Trevithick sen., der in der Dolcoath-Mine beschaftigt war. Er ging in
Camborne
zur Schule, interessierte sich aber mehr fur den Sport als fur Hausaufgaben (mit Ausnahme der
Arithmetik
, fur die er Begabung zeigte). Einer seiner Lehrer bezeichnete ihn als
langsam, ungehorsam, halsstarrig, verwohnt, oft abwesend und außerst unaufmerksam
. Als Kind hatte er oft Gelegenheit, die
Dampfmaschinen
zu beobachten, die Wasser aus den in Cornwall verbreiteten
Zinn
- und
Kupferminen
pumpten. Eine Zeit lang war der Dampfwagenpionier
William Murdoch
sein Nachbar.
Trevithicks erste Arbeitsstelle, im Alter von 19 Jahren, war in der East Stray Park Mine. Rasch stieg er zum Berater auf, ungewohnlich fur sein Alter. Er beschaftigte sich mit dem Bau und der Modifizierung von Dampfmaschinen, was zunachst dadurch erschwert wurde, dass
James Watt
bis 1800 ein Patent auf die Verwendung eines
separaten Kondensators
besaß und nicht bereit war, dieses an konkurrierende Ingenieure zu lizenzieren. 1797 heiratete er Jane Harvey aus
Hayle
, mit der er sechs Kinder hatte.
Trevithick befasste sich mit zunehmender Erfahrung mit der Verbesserung der Dampfmaschine, insbesondere mit ihrer Verkleinerung und der Herstellung starkerer
Dampfkessel
, die hohere Dampfdrucke lieferten und daher mehr Leistung brachten. Diese Anwendung von Hochdruckdampf (die damalige Bezeichnung fur Dampf, der mehr als atmospharischen Druck hatte) wird vielfach als Trevithicks wichtigste Erfindung angesehen.
1797 baute Trevithick sein erstes
Dampfwagenmodell
. Der Kessel wurde mit Hilfe eines gluhenden Gusseisenstabes geheizt, der anstelle der echten Feuerung in das Flammrohr gesteckt wurde. 1801 stellte er in Camborne eine seiner neuen kleinen Dampfmaschinen auf Radern vor. Diese
Straßenlokomotive
, bekannt als
Puffing Devil
, war neben
Nicholas Cugnots
Dampfwagen von 1769 eines der ersten bekannten Straßenfahrzeuge, das mit eigener Kraft lief. Der
Puffing Devil
beforderte Passagiere mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h, selbst uber Steigungen.
London Steam Carriage
Das Fahrzeug konnte den Dampfdruck aber nur fur kurze Zeit halten, so dass es von geringem praktischem Nutzen war. Es beinhaltete jedoch eine wichtige Erfindung in der Geschichte der Dampflokomotive: Wahrend die Patentschrift zum Entfachen des Feuers noch einen Blasebalg vorsah, lasst Trevithick den Dampf aus dem Zylinderauspuff durch den Schornstein abblasen. Mit dem Zug, den dieses
Blasrohr
erzeugte, wurde die Feuerung besonders wirksam angefacht. Diese Erfindung geriet aber bald wieder in Vergessenheit und wurde erst wieder 1816 von
George Stephenson
in seine Lokomotiven eingebaut.
1803 baute Trevithick ein weiteres selbstfahrendes Fahrzeug, den
London Steam Carriage
, das im Prinzip eine mit einer Dampfmaschine ausgerustete
Postkutsche
war. Es erregte die Aufmerksamkeit von Publikum und Presse, war aber im Betrieb wesentlich teurer als eine gewohnliche Pferdekutsche und konnte sich deshalb nicht durchsetzen.
Ebenfalls 1803 explodierte in
Greenwich
eine von Trevithicks stationaren Maschinen, bei dem Ungluck kamen vier Arbeiter ums Leben. Trevithick fuhrte den Unfall nicht auf eine fehlerhafte Konstruktion zuruck, sondern auf falsche Bedienung. Er geriet in scharfe Gegnerschaft zu James Watt, der stets vor der Gefahr von Kesselexplosionen gewarnt hatte. Watts Versuch, beim
britischen Parlament
ein Verbot von Trevithicks Maschinen durchzusetzen, hatte jedoch keinen Erfolg.
Zeichnung der Trevithicks Lokomotive von 1802
1802 baute Trevithick eine Hochdruckmaschine fur das Eisenwerk Pen-y-Darren bei
Merthyr Tydfil
in
Wales
. Er befestigte sie auf einem Fahrgestell und machte aus ihr eine Lokomotive. Das Patent verkaufte er 1803 an Samuel Homfray, den Besitzer des Eisenwerks. Homfray war so beeindruckt, dass er mit einem anderen Eisenwerkbesitzer wettete, die Lokomotive konne zehn Tonnen Eisen auf der Schienenbahn nach
Abercynon
ziehen, uber eine Distanz von 15,7 km.
Am 21. Februar 1804 konnte die Wette eingelost werden: Trevithicks Lokomotive zog 10 Tonnen Eisen, funf Waggons und 70 Manner uber die gesamte Strecke und benotigte dafur 4 Stunden und 5 Minuten, was einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von ca. 3,8 km/h entsprach. Ohne Last soll die Maschine 25 km/h erreicht haben. Besonders auffallig war bei dieser Maschine ein großes Schwungrad, mit dem die Bauweise stationarer Maschinen ubernommen wurde. Das inzwischen bewahrte Blasrohr wurde auch bei ihr eingesetzt.
Obwohl sie funktionierte, war der Lokomotive kein Erfolg beschieden, da sie zu schwer fur die fur Pferdewagen konzipierten gusseisernen Schienen war. Nach funf Monaten wurde ihr mobiler Betrieb eingestellt; die Maschine wurde nur noch als ortsfeste Anlage eingesetzt. Trevithick lieferte weitere Lokomotiven an verschiedene Grubenwerke. Eine davon sollte sogar bei der
Wylam
-Kohlenbahn in der Nahe von
George Stephensons
Geburtshaus betrieben werden. Ob sie jedoch in Dienst gestellt wurde, ist nicht bekannt.
1805 war Robert Vazie damit beauftragt worden, im Londoner Stadtteil
Rotherhithe
einen Tunnel unter der
Themse
zu bauen. Wiederholte Wassereinbruche behinderten die Bauarbeiten erheblich, woraufhin Trevithick als Berater engagiert wurde. Die Tunneldirektoren versprachen ihm 5000 Pfund, falls es ihm gelingen sollte, den 366 Meter langen Tunnel zu vollenden. Unter Trevithicks Leitung wurden die Bauarbeiten im August 1807 wieder aufgenommen. Nachdem 285 Meter ausgebrochen waren, ereignete sich am 23. Dezember ein Wassereinbruch. Als einen Monat spater 312 Meter erreicht waren, wurde der gesamte Tunnel uberflutet. Trevithick verließ den Tunnel als Letzter und ware beinahe ertrunken. Wenig spater gab die Gesellschaft das Projekt auf. Erst 1843 gelang es
Marc Isambard Brunel
, etwas weiter flussaufwarts den
Thames Tunnel
zu vollenden, den ersten Unterwassertunnel der Welt.
Catch me who can (1808)
Im Jahr 1808 baute Trevithick einen neuen vereinfachten Typ einer Dampflok und brachte sie nach London. Sie hatte kein Schwungrad mehr, sondern einen stehenden Zylinder, der uber eine Kurbelstange direkt auf die Triebrader wirkte; ein Antriebssystem, das sich bis auf den Stehzylinder spater durchsetzte. Die
Catch me who can
lief auf einer Kreisbahn beim heutigen
Bahnhof Euston
und diente eher der Publikumsbelustigung. Als das Publikumsinteresse nachließ und die Lok bei einer Fahrt auch noch entgleiste und umsturzte, verlor Trevithick nach nur zwei Monaten das Interesse an ihr. Er verkaufte sie an einen Messerschmied.
Der Erfinder der Dampflokomotive wandte sich nun anderen Projekten zu. Er erfand
Dampfkrane
,
Dampfbagger
,
Schraubenpropeller
, eiserne Tanks fur die Lagerung von Proviant und Wasser auf Schiffen,
Schwimmdocks
, eiserne
Bojen
und
Dreschmaschinen
. Im Mai 1810 erkrankte Trevithick an
Typhus
und starb beinahe daran. 1811 mussten er und sein Partner Robert Dickinson Bankrott anmelden. Trevithick kehrte nach Cornwall zuruck, arbeitete weiter an seinen Erfindungen und konnte bis 1814 seine Schulden zuruckzahlen.
1816 reiste Trevithick nach
Peru
und baute leichte Dampfpumpen zur Entwasserung der Silberminen in großen Hohenlagen, die sich in Einzelteile zerlegt mit Maultieren uber die steilen Bergpfade transportieren ließen. Nachdem er einige Schurfrechte erworben hatte, standen ihm endlich große Verdienste in Aussicht. In den Wirren des Burgerkriegs musste er eine Erzladung im Wert von 5000 Pfund aufgeben. Trevithick entschloss sich 1826, aus Sudamerika zu fliehen.
Trevithick traf im Hafen von
Cartagena
auf
Robert Stephenson
, der ihm 50 Pfund fur die Uberfahrt gab. Im Oktober 1827 kam Trevithick vollig mittellos in England an. Er arbeitete wieder an einigen Projekten, erkrankte dann jedoch an einer
Lungenentzundung
und starb eine Woche spater vollig verarmt und einsam. Die Beerdigungskosten fur das
Armengrab
auf dem Friedhof in Dartford bezahlten Arbeiter einer Fabrik, die einige seiner Patente verwerteten.
Die Genialitat von Trevithicks Erfindungen wurde erst spat richtig gewurdigt.
- Anthony Burton:
Richard Trevithick ? Giant of Steam.
Aurum Press, London 2000.
ISBN 1-85410-878-6
.
- L. T. C. Rolt
The Cornish giant: the story of Richard Trevithick, father of the steam locomotive.
Lutterworth Press 1960.
- Chronik der Eisenbahn, Band 1, Anfange 1690 bis 1835
. Heel, Konigswinter 2005.
ISBN 978-3-89880-413-4
.