Richard Huelsenbeck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
(Weitergeleitet von Richard Hulsenbeck )
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Richard Huelsenbeck (1920)

Richard Huelsenbeck (eigentlich Carl Wilhelm Richard Hulsenbeck , im angelsachsischen Sprachbereich bezeichnete er sich spater als Charles Richard Hulbeck ; * 23. April 1892 in Frankenau ; † 20. April 1974 in Muralto , Schweiz) war ein deutscher Schriftsteller , Lyriker, Erzahler, Essayist, Dramatiker, Arzt und Psychoanalytiker . Sein starkstes Echo erregte er als Mitbegrunder und wichtiger Chronist des Dadaismus .

Richard Huelsenbeck wurde als Sohn des Dorfapothekers in der Frankenauer Lindenstraße geboren. Er wuchs ab 1894 in Dortmund und Bochum auf. In der Bibliothek seines Großvaters, des Landvermessers Christian Fink, las er Bucher uber James Cooks Reisen, Marco Polo , Plutarch , Dante und Petrarca . Richard Huelsenbeck war anfangs von Heinrich Heine sehr beeindruckt. Dessen Werk regte ihn an, Schriftsteller zu werden. Er studierte in Paris , Zurich , Berlin , Greifswald , Munster und Munchen Medizin , Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte. Ab 1914 lebte er in Berlin. 1916 ging er als Kriegsdienstverweigerer nach Zurich.

Dort wirkte Huelsenbeck beim Cabaret Voltaire mit und wurde zum Mitbegrunder der Dada-Bewegung . (Die Grunder des Cabaret Voltaire waren Anfang 1916 Hugo Ball , Emmy Hennings , Hans Arp , Marcel Janco und Tristan Tzara .) 1917 ging Huelsenbeck wieder nach Berlin, wo er mit Else Hadwiger , George Grosz und Raoul Hausmann eine Dada-Gruppe grundete. 1918 schrieb er sein Dadaistisches Manifest , das von den meisten Vertretern dieser Richtung unterschrieben wurde; neben den genannten Mitwirkenden am Cabaret Voltaire waren dies unter anderem Franz Jung , George Grosz, Gerhard Preiß und Raoul Hausmann.

Gedenktafel am Hause Lessingstraße 12, Berlin-Steglitz
Grabmal mit Huelsenherz, fotografiert beim Dada-Festival in Dortmund zu seinem 125. Geburtstag und zum 100. Jahrestag von Dada

Eine Kontroverse entwickelte sich mit Kurt Schwitters , den Huelsenbeck einen ?abstrakten Spitzweg , den Caspar David Friedrich der dadaistischen Revolution“ nannte, wahrend Schwitters ihn polemisch als ?Hulsendada“ bezeichnete (Aufsatz Merz vom 19. Dezember 1920). Hintergrund der Auseinandersetzung war wohl Huelsenbecks linkspolitisches Engagement, das sich mit Schwitters’ formal-spielerischem Ansatz schlecht vertrug. Huelsenbeck war Teilnehmer an der Ersten Internationalen Dada-Messe im Sommer 1920 in Berlin. Er trat auch als einer der Kritiker des Expressionismus hervor ? Huelsenbeck warf dieser Stilrichtung Verburgerlichung und einen Hang zur Asthetisierung vor und kritisierte deren Tendenz zur Abstraktion. Mit dieser Abgrenzung bemuhte er sich um die Profilierung des Dadaismus.

Bereits Anfang der 1920er Jahre stieg Huelsenbeck weitgehend aus der Kunstbewegung aus. Es folgten weite Reisen als Schiffsarzt der Hapag-Lloyd [1] und als Auslandskorrespondent großer Zeitungen.

1936 emigrierte er mit seiner Frau Beate Wolff, geb. Lochelt, dem gemeinsamen Sohn Thomas und der Stieftochter, die nach nationalsozialistischer Definition ? Halbjudin “ war, [2] in die USA nach New York . Ein Empfehlungsbrief Albert Einsteins [3] bewirkte, dass er das medizinische Examen nicht nachmachen musste. Unter dem Namen Charles R. Hulbeck arbeitete er als Psychiater und Psychoanalytiker.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg das Interesse an der Dada-Bewegung wieder erwachte, veroffentlichte er erneut Schriften uber den Dadaismus, in denen er Dada zum Existentialismus in Beziehung setzte. 1958 besuchte er seinen Geburtsort Frankenau erstmals nach dem Exil und verfasste uber diesen Besuch einen Artikel fur die FAZ . 1959 wurde eine Gedenktafel am Geburtshaus in Frankenau zur Erinnerung an seinen ersten Besuch angebracht.

Seit 1967 war er Mitglied der Deutschen Akademie fur Sprache und Dichtung . 1970 kehrte er nach Europa zuruck und lebte bis zu seinem Tode im Tessin . Auf der documenta 8 im Jahr 1987 in Kassel wurden Aufnahmen von Richard Huelsenbeck im Rahmen der Archaologie der akustischen Kunst 2: Dada-Musik als offizieller Ausstellungsbeitrag aufgefuhrt.

Huelsenbeck liegt auf dem Sudwestfriedhof Dortmund begraben.

Literaturmuseum

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  • Richard Huelsenbeck Literaturmuseum. Frankenau.
Cover zu En avant Dada. Die Geschichte des Dadaismus (1920)
  • Schalaben schalabai schalamezomai. Collection Dada, Zurich 1916.
  • Phantastische Gebete. Collection Dada, Zurich 1916.
  • Azteken oder die Knallbude. Eine militarische Novelle. Reuß und Pollak, Berlin 1918.
  • Verwandlungen. Roland, Munchen 1918.
  • Dada Almanach. Reiss, Berlin 1920 (Herausgeber).
  • En avant Dada. Die Geschichte des Dadaismus. Paul Steegemann, Hannover / Leipzig 1920.
  • Dada siegt! Eine Bilanz des Dadaismus. Malik, Berlin 1920.
  • Deutschland muß untergehen! Erinnerungen eines alten dadaistischen Revolutionars. Malik, Berlin 1920.
  • Doctor Billig am Ende. Wolff, Munchen 1921.
  • Afrika in Sicht. Ein Reisebericht uber fremde Lander und abenteuerliche Menschen. Jess, Dresden 1928.
  • Der Sprung nach Osten. Bericht einer Frachtdampferfahrt nach Japan, China und Indien. Jess, Dresden 1928.
  • China frißt Menschen. Orell Fussli, Zurich / Leipzig 1930.
  • Arthur Bryks. Editions ?Le Triangle“, Paris 1932. [4]
  • mit Gunter Weisenborn : Warum lacht Frau Balsam? S. Fischer, Berlin 1932.
  • Der Traum vom großen Gluck. S. Fischer, Berlin 1933.
  • Die Newyorker Kantaten. Cantates New-Yorkaises. Berggruen, Paris / New York 1952.
  • Die Antwort der Tiefe. Limes, Wiesbaden 1954.
  • Mit Witz, Licht und Grutze. Auf den Spuren des Dadaismus. Limes, Wiesbaden 1957.
  • mit Hans Arp und Tristan Tzara : Dada. Die Geburt des Dada. Dichtung und Chronik der Grunder. Arche, Zurich 1957.
  • Sexualitat und Personlichkeit. Entwicklung und Bedeutung mentaler Heilmethoden. Ullstein, Frankfurt am Main 1959.
  • Dada. Eine literarische Dokumentation. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1964 (Herausgeber).
  • Memoirs of a Dada Drummer. Hrsg. Hans J. Kleinschmidt. The Viking Press, New York 1974.
  • Reise bis ans Ende der Freiheit. Autobiographische Fragmente. Aus dem Nachlass hrsg. von Ulrich Karthaus und Horst Kruger. Lambert Schneider, Heidelberg 1984, ISBN 3-7953-0228-5 .
  • Reinhard Nenzel (Hrsg.): Mit Witz, Licht und Grutze. Auf den Spuren des Dadaismus. Autobiographie. [Erstausgabe: Wiesbaden 1957, Limes-Verlag] (=  Edition Nautilus ). Verlag Lutz Schulenburg, Hamburg 1992, ISBN 978-3-89401-194-9 .
  • Die Sonne von Black-Point. Ein Liebesroman aus den Tropen. Hrsg. von Herbert Kapfer und Lisbeth Exner . Belleville, Munchen 1996. ISBN 3-923646-45-3
  • Karl Riha (Hrsg.) Richard-Huelsenbeck-Lesebuch. Aisthesis, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89528-673-5 .
  • Dada-Logik 1913-1972. Hrsg. von Herbert Kapfer. Belleville, Munchen 2012, ISBN 978-3-943157-05-5 .

Horspielbearbeitungen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Commons : Richard Huelsenbeck  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Wolfgang U. Eckart : Richard Huelsenbeck. In: Wolfgang U. Eckart, Christoph Gradmann (Hrsg.): Arztelexikon. Von der Antike bis zur Gegenwart. 1. Aufl. C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, Munchen 1995, S. 198, 199; 2. Aufl. 2001, S. 171; 3. Aufl. Springer Verlag, Heidelberg / Berlin / New York 2006, S. 178, 179. Arztelexikon 2006 , doi : 10.1007/978-3-540-29585-3 .
  2. Uwe Henrik Peters: Psychiatrie im Exil: Die Emigration der dynamischen Psychiatrie aus Deutschland 1933?1939. Kupka, Dusseldorf 1992, ISBN 3-926567-04-X , S. 289.
  3. Karl Riha: Richard Huelsenbeck Lesebuch (= Nylands kleine Westfalische Bibliothek. 18). Aisthesis Verlag, Koln 2008, S. 119.
  4. Herbert Kapfer: Utop . Antje Kunstmann Verlag, Munchen 2021, ISBN 978-3-95614-455-4 , S.   427, 433 .
  5. BR Horspiel Pool-Huelsenbeck, Doctor Billig am Ende