Riccardo Drigo
(auch (franzosisch):
Richard Drigo
; *
20. Juni
1846
in
Padua
; †
1. Oktober
1930
ebenda)
[1]
war ein italienischer
Dirigent
und
Komponist
, der vor allem fur seine
Ballettmusiken
bekannt ist.
Seine Eltern waren der
Advokat
Eugenio Drigo und eine Schwester des adligen Patrioten Bortolo Lupati.
[2]
Riccardo Drigo studierte bei Antonio Jorich und P. Bresciani in seiner Heimatstadt und spater bei
Antonio Buzzolla
am Konservatorium in
Venedig
.
[1]
Mit 18 Jahren dirigierte er eine eigene
Messe
in der
Basilica di Sant’Antonio
. Seine erste
Oper
,
Don Pedro di Portogallo
, wurde am 26. Juli 1868 am Teatro Nuovo in Padua aufgefuhrt.
[2]
Drigo unterrichtete auch Klavier und erlangte bald in Padua und in anderen Orten Norditaliens, wie
Vicenza
und
Mailand
,
[2]
einigen Erfolg als Opern-Dirigent.
1879 ging er nach
Russland
, wo er am 19. September
[2]
als Dirigent an die Italienische Oper in
Sankt Petersburg
berufen wurde.
[1]
Die ersten Werke, die er dort auffuhrte, waren
Verdis
Un ballo in maschera
und
Aida
.
[2]
Zunachst scheint er nicht die Absicht gehabt zu haben, dauerhaft in Russland zu bleiben, zumindest war er in den ersten Jahren oft in Westeuropa, so bereits im April 1880 am Teatro di San Fernando in
Sevilla
und im Mai 1882 in
Forli
, wo er
Meyerbeers
Les Huguenots
dirigierte.
[2]
1884 fuhrte er in Sankt Petersburg seine eigene
Opera buffa
La moglie rapita
auf, mit einigem Erfolg.
[2]
Im Juni desselben Jahres war er wieder zuruck in Padua und dirigierte zur Wiedereroffnung des
Teatro Verdi
die Opern
Aida
,
Carmen
und
La Gioconda
; bei der Gelegenheit wurde ihm ein
Ritterorden
verliehen.
[2]
Nachdem Zar
Alexander III.
1885 die Italienische Oper in Sankt Petersburg aus
nationalistischen
Grunden schließen ließ, ging Drigo zunachst wieder nach Italien zuruck, wo er mit großem Erfolg in Padua und am
La Fenice
von Venedig wirkte, unter anderem mit Opern von
Boito
(
Mefistofele
),
Massenet
(
Le roi de Lahore
),
Ponchielli
(
Marion Delorme
) und
Puccini
(
Le Villi
).
[2]
Wieder zuruck in Sankt Petersburg nahm er am 1. September 1886 die sehr gut bezahlte Stelle eines Dirigenten des Kaiserlichen
Balletts
am
Mariinski-Theater
an.
[2]
[1]
Er war außerdem eine Art inoffizieller Nachfolger der ehemaligen Ballettkomponisten
Cesare Pugni
und
Leon Minkus
und hatte nicht nur Ballettmusiken anderer Komponisten zu uberarbeiten und durch neue Tanz-Einlagen zu erganzen, sondern komponierte auch eigene Ballette. Dabei arbeitete er eng mit den fuhrenden
Choreografen
Marius Petipa
und
Lew Iwanow
und mit den bedeutendsten und teilweise international beruhmten Tanzern zusammen,
[1]
wie
Elena Cornalba
,
Virginia Zucchi
,
Enrico Cecchetti
,
Carlotta Brianza
,
Pierina Legnani
,
Matilda Kschessinskaja
,
Olga Preobraschenskaja
,
Vaslav Nijinsky
und
Anna Pawlowa
. Neben eigenen Werken, wie
La Foret enchantee
(1887),
Le Talisman
(1889),
La Flute magique
(1893) und
Le Reveil de Flore
(1894), dirigierte er die Urauffuhrungen von
Tschaikowskis
Dornroschen
(1890) und
Der Nussknacker
(1892).
[2]
[1]
Auf Petipas Wunsch revidierte er 1895 die Partitur von
Schwanensee
, wobei er drei Klavierstucke Tschaikowskis aus dessen op. 72
orchestrierte
.
[2]
[1]
Zur Kronung von
Nikolaus II.
am 17. Mai 1896 schrieb Drigo die Musik zu dem Ballett
La Perle
.
[2]
Eine enge Freundschaft verband ihn mit dem Komponisten
Glasunow
, von dem er mehrere Urauffuhrungen dirigierte, darunter
Raymonda
(1898).
[2]
[1]
Zu den bekanntesten Balletteinlagen Drigos gehoren die Musik fur einen beruhmten
Pas de deux
im zweiten Akt von
Le Corsaire
(St. Petersburg, 1899) und mehrere Einlagen fur Pugnis
La Esmeralda
, darunter der beruhmte Pas de six oder
Pas de Jalousie
im zweiten Akt, beides in Zusammenarbeit mit Petipa. Seine eigenen Ballettwerke waren ebenfalls sehr popular. Das Ballett
Die Millionen des Harlekin
, erstmals 1900 aufgefuhrt, genoss internationales Ansehen, insbesondere die Serenade, die auch in unzahligen Versionen verbreitet war und noch in den 1920er Jahren von
Beniamino Gigli
aufgenommen und auf der ganzen Welt popular gemacht wurde.
[3]
Trotz seiner Erfolge scheint Drigo seine Hinwendung zum Ballett (anstelle der besonders fur einen Italiener naheliegenderen Oper) doch etwas bedauert zu haben, denn er meinte: ?...die Leute vom Ballett lieben die Musik nicht und sie ist ihnen keine Notwendigkeit“, ?...fur die ist selbst meine Musik zu ernst“.
[4]
Wahrend seines freiwilligen ?Exils“ besuchte Drigo gelegentlich Italien und kehrte aus einem solchen Heimaturlaub nur kurz vor der
Oktoberrevolution
1917 nach Russland zuruck, in offenbarer Verkennung der Lage. Er musste aus seinem bisherigen Zuhause im
Grand Hotel
von ?
Petrograd
“ ausziehen, weil die neue
Sowjetregierung
dort Buros eingerichtet hatte und lebte zeitweilig unter armlichen Umstanden in einem Lager zusammen mit anderen italienischen
Emigranten
.
[5]
Spater berichtete Drigo, wie er mit seinem Freund Alexander Glasunow oft stundenlang fur Brot anstehen musste.
[5]
Schließlich wurde Drigo am Mariinski-Theater wieder eingestellt und soll bei seinem ersten Auftritt vom Publikum mit 15-minutigen
Ovationen
empfangen worden sein.
[5]
Er musste jedoch miterleben, wie seine besten und popularsten Werke aus dem Repertoire des ehemaligen kaiserlichen Balletts gestrichen oder verandert wurden, weil sie nicht den Vorstellungen des neuen Regimes entsprachen,
[2]
und bestieg am 25. April 1920 zum letzten Mal in Russland das Dirigentenpult; im Publikum saß dabei der beruhmte
Basssanger
Schaljapin
.
[2]
Mit 74 Jahren kehrte Riccardo Drigo nach Padua zuruck, musste aber fast seine gesamte Habe in Russland zurucklassen, abgesehen von seinen
Manuskripten
.
[5]
In seinen letzten Jahren lebte er gemeinsam mit seiner Schwester Beatrice in bescheidenen Verhaltnissen,
[2]
und nahm sogar einen Posten als Kapellmeister des Teatro Garibaldi an.
[5]
Er schrieb auch noch 2 Opern, von denen seine letzte,
Il garofano bianco
, 1929 im Teatro Verdi seiner Heimatstadt uraufgefuhrt wurde.
[2]
Drigo starb 1930 im Alter von 84 Jahren in Padua, wo man spater eine Straße nach ihm benannte (die Via Riccardo Drigo).
[5]
- Don Pedro di Portogallo
, 1868
- La Moglie Rapita
, 1884
- Flaffy Raffles
, 1926
- Il Garofano Bianco
, 1929
- La Foret enchantee
, Ballet fantastique in 1 Akt, 1887
- Le Talisman
, Ballet fantastique in 4 Akten, 1889
- Le Porte-bonheur
, revidierte Fassung von
Le Talisman
fur das Teatro alla Scala, 1908
- La Flute magique
, Ballet comique in 1 Akt, 1893
- Le Reveil de Flore
, Ballet anacreontique in 1 Akt, 1894
- La Perle
, Ballet divertissement in 1 Akt, 1896
- Les Dryades pretendues,
Ballett in 1 Akt, 1899
- Les Millions d'Arlequin
(oder
Harlequinade
), Ballett in 2 Akten, 1900
- La Cote d’Azur,
Ballet comique in 2 Akten, 1902
- La Romance du Bouton de rose et du Papillon
, Ballet fantastique in 1 Akt, 1904 ? nie aufgefuhrt
- Le Conte du Bouton de rose
, revidierte Fassung von
La Romance de la Rose et du Papillon
fur das Mariinski-Theater, 1919
- La Esmeralda
,
von Cesare Pugni (1844)
- Pas d’action
(oder
La Esmeralda pas de six
) fur Virginia Zucchi (1886)
- Variation fur den
Pas des fleurs
(1886)
- Adaptation des
Pas des fleurs
in einen
Grand pas classique
(1899)
- Pizzicato
-Variation fur
Olga Preobrazhenskaya
als Fleur-de-Lys (1899)
- Variation fur
Nikolai Legat
(ca. 1900)
- L’Ordre du Roi,
von Albert Vinzentini (1886)
- Pas d’action
?
Le Pecheur et la Perle“ (The Fisherman and the Pearl)
fur Virginia Zucchi und
Enrico Cecchetti
(1887)
- Variationen fur Matilda Kschessinskaya und fur Nikolai Legat (1897)
- Le Corsaire
,
von Adolphe Adam (1856)
- Grand pas de deux
(Akt 1, 2) fur Emma Bessone und Enrico Cecchetti (1887)
- La Vestale
,
von Mikhail Ivanov (1888)
- Variationen ?
L’echo“
, ?
Valse Mignonne“
(fur Elena Cornalba), ?
L’amour “
(fur Maria Anderson) und fur Maria Gorshenkova (1888)
- Le Roi Candaule
, von Cesare Pugni (1868)
- Valse
und
Pizzicato
(1891)
- Adaptationen der Szene
Le Berceau du Papillon
und des
Pas de Venus
(1891)
- Bacchanale
(1891)
- Variationen fur die 3 Grazien, sowie Variation fur Anna Pawlowa in der Badeszene (Akt 3) (1903)
- Ondine
ou La Naiade et le Pecheur
, von Cesare Pugni (1843 and 1851)
- Variation fur
Anna Johansson
(1892)
- Pas de deux
fur Anna Pawlowa,
Pas de bouquet
, sowie Variationen fur den
Grand pas des Naiades
(1903)
- Das bucklige Pferdchen
(The Little Humpbacked Horse)
, von Cesare Pugni (1864)
- Musik fur einen neuen Prolog (1895)
- Valse und Variationen
fur den
Grand Pas des Nereides (1895 und 1912)
- Variation fur Olga Preobrazhenskaya fur den finalen
Grand Pas de deux
(1912)
- Mlada
, von Ludwig Minkus (1879)
- Variation fur Matilda Kschessinskaya und
Danse des slaves
(1896)
- La Bayadere
, von Ludwig Minkus (1877)
- Variation fur Matilda Kschessinskaya im
Grand Pas d’action
(Akt 4) (1900)
- La Camargo
, von Ludwig Minkus (1872)
- Der magische Spiegel
, von Arsenii Koreshchenko (1903)
- Adage
, sowie Variation fur Sergei Legat (1903)
- La Source
, von
Leo Delibes
und Ludwig Minkus (1866)
- Grand pas de deux
und eine mannliche Variation (1903)
- Die Puppenfee
, von
Josef Bayer
(1888)
- Pas de trois
(=
Puppenfee Pas de trois
) fur Matilda Kschessinskaya, Sergei Legat und Nikolai Legat (1903)
- Variation der franzosischen Puppe, fur Olga Chumakova (1903)
- Concetta Lo Iacono:
Drigo, Riccardo
. In: Fiorella Bartoccini (Hrsg.):
Dizionario Biografico degli Italiani
(DBI). Band 41: Donaggio?Dugnani. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1992.
- Gunhild Oberzaucher-Schuller:
Drigo, Riccardo
, in:
MGG
online
(Abruf am 20. Januar 2021)
- Jennifer Spencer:
Drigo, Riccardo
, in:
Grove Music online
(englisch; Abruf am 20. Januar 2021)
- Silvio Travaglia:
Riccardo Drigo. L’uomo e l’artista.
Guglielmo Zanibon, Padua 1929.
- Riccardo Drigo
, Biographie auf der Website der Marius Petipa Society (englisch; Abruf am 10. Januar 2021)
- ↑
a
b
c
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f
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(englisch; Abruf am 20. Januar 2021)
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- ↑
Harlequinade
auf der Website der Marius Petipa Society (englisch; Abruf am 28. November 2020)
- ↑
?‘...la gente del balletto non ama la musica e questa non e loro necessaria’ e (...) ‘Per loro anche la mia musica e troppo seria’“ (nach: B. Wladimir Assafiew:
Obalete
(Uber das Ballett), Leningrad 1974, S. 239). Hier nach: Concetta Lo Iacono:
Drigo, Riccardo.
In: Fiorella Bartoccini (Hrsg.):
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